Des Rhianus Mauer

  • Auza sah ihn etwas ungläubig an. "Wir fangen jetzt wirklich schon mit dem Schreiben an? Und das sind gleich so viele und so lange Wörter..." Rhianus schien ein ehrgeiziger Lehrer zu sein. Warum nahm er nicht für den Anfang kürzere Wörter, wie ut, vidi, in... Aber sie wollte auch nicht zu sehr widersprechen oder undankbar erscheinen, schließlich brachte er ihr das ja alles freiwillig und umsonst bei. Also fügte sie ein "Aber gut ich werd es versuchen." hinzu.


    Das erste Wort war "memoria", es erschien Auza wie ein unüberwindbares Hindernis. Aber was hatte Rhianus gesagt sie sollte die Wörter aufteilen. "me-mo-ri-a" jetzt musste sie sich erst mal nur um das me kümmern. Nachdem sie es einige Male laut für sich ausgesprochen hatte. Meinte sie die Buchstaben M und E identifiziert zu haben. Oder kam da eventuell noch ein H vor. Sie entschied sich das H erst einmal weg zu lassen und schreib die beiden Buchstaben auf. Den Stilus richtig zu halten war gar nicht schwer, im Grunde war es genauso wie das halten einer Nadel oder wie wenn sie etwas mit einem Stock in den Sand gemalt hatte, dass einritzen der Buchstaben in die Wachstafel war dagegen schon etwas anderes. Welchen Teil des Buchstabens malte sie als Erstes? Fing sie oben oder unten an? Außerdem musste sie aufpassen den Stilus nicht zu stark oder zu schwach in den Wachs zu drücken.
    Schließlich hatte sie das alles für das ganze Wort wiederholt und etwas unbeholfen das Wort memorhia auf die Wachstafel geritzt. "Woher weiß ich eigentlich wann ein H im Wort vor kommt und wann nicht?"

  • "Das hörst du meistens." Ich versuchte zu erklären. "Bei einem H im Wort, verlängert sich der Buchstabe, hör: Mehmoria wäre mit H und memoria ist ohne H. Nachdem das erklärt war schaffte sie den Satz. Wir übten weiter und ich erklärte ihr ein bisschen Grammatik, Satzstellung, den Unterschied zwischen Konsonanten und Vokalen. Bis sie, als die Sonne zu sinken begann, schließlich einen kleinen Text schreiben könnte. "Gut gemacht." Ich lachte, das ging wirklich schnell. "Es ist spät geworden.", stellte ich fest. "Es wird Zeit für mich zu gehen." Ich drückte ihr die beschriebene Wachstafel , zwei weitere und den Stilus in die Hand. "Damit du üben kannst."

  • Natürlich musste sie noch viel üben, um wirklich richtig lesen und schreiben zu können. Aber sie hatte das Gefühl heute, dabei einen großen Schritt nach vorne gekommen zu sein. Sie konnte immer noch nicht ganz glauben das Rhianus ihr einfach so das schreiben und lesen bei gebracht hatte. Irgendwie passte das alles nicht so ganz in die von ihr gemachten Erfahrungen und ihr Weltbild.
    "Vielen Dank." sagte sie und lächelte ihn an, als sie die Wachstafeln in Empfang nahm. "Vielleicht kann ich mich ja irgendwann einmal für das hier revanchieren."

  • "Klar, wenn ich weis wo ich dich finden kann. Dann könntest du auch Mathematik lernen." Sagte ich wärend ich mir fertig machte. "Ne, Kleiner?",ich streichelte Lupus über den Kopf. "Wird Zeit das wir mal wieder an die Arbeit gehen."

  • Auza musste lachen. "Ich biete an mich zu revanchieren und das Erste, das du tust ist mir noch mehr Hilfe anbieten." Mit einem Augenzwinkern fügte sie hinzu. "Mit dir stimmt irgendetwas nicht." Dann musste sie einen Augenblick überlegen. Rhianus wollte wissen, wo er sie finden konnte. Ihre wirklich Adresse wollte sie ihm aber nicht geben, zumal er ja auch noch nicht einmal ihren richtigen Namen kannte. "Wie du mich finden kannst? Hmm ich bin oft auf dem Markt, ansonsten kannst du hier am Stand auch eine Nachricht für mich hinterlassen. Wo kann man dich denn sonst treffen?"

  • Ich lachte ebenfalls. "So bin ich leider, kann aber auch anders." Ich schulterte meinen Rucksack. "Vom nördlichem Stadttor aus, die achte Gasse links. Bei genauem Hinsehen findest du ein Loch in einer Hauswand. Dort lebe ich momentan. Es war zwar nur ein Loch, aber es war mein Loch. Kalt aber Trocken und geschützt. Ich verabschiedete mich und schritt dann fröhlich singend fort: Neues Glück liegt auf den Wegen, die Welt ist groß und sie ist mein. Alte Träume die brach gelegen Ich lass die Sorgen Sorgen sein...

  • Auza sah ihm noch einen Moment nach. Ein wenig beneidete sie ihn. Gut nicht um das Loch in dem er lebte, sondern um seinen Optimismus und das Vertrauen in andere Menschen, dass ihr im Laufe der Zeit abhanden gekommen war.
    Dann drehte sie sich auch um und machte sich auf den Weg nach Hause.

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