• Im Lagerhaus war es recht still geworden, seit Alwina weggezogen war. Boduognatos meinte aber: "Du hast recht Domine, es ist still geworden. Es ist sozusagen wieder so wie vorher, nur dass jetzt hier alles pieksauber ist".


    "Kein Wunder", antwortete ich, "nachdem hier die liebe Mella durchgetobt ist. Und Alwina kann ja auch kein Stäubchen herumlungern sehen".


    Allerdings, in der Truhe, in der ich nach einigen alten Abrechnungen aus der Anfangszeit meiner Tongrube suchte, war es doch noch ziemlich staubig. "Weißt du, Boduognatos, ich glaube, dass der ganze Staub von früher vor Mella und Alwina in dieser verdammten Truhe Schutz gesucht hat. Er hat hier sozusagen um Asyl gebeten". Ich holte mir ein paar Papyrusrollen mit den Fingerspitzen heraus. Als ich den entsetzten Blick von Boduognatos sah, ging ich vor die Tür und schüttelte sie dort aus.


    Als ich zurückkam fragte ich ihn, ob er mit seiner Klotzbeute fertig sei. Als er nickte, fragte ich: "Gibts hier in der Nähe eine Kneipe? Ich brauch jetzt ein Bier." Boduognatus meinte: "Ja, um die Ecke, direkt neben dem kleinen Stadttor. Die Taberna zum roten Gockel".


    Wir gingen hin. Das Bier war hervorragend.

  • Ein so gutes Bier hier in einer Kneipe in der letzte Ecke des Vicus Apollinensis? Das schien mir doch ein kleines Wunder zu sein. "He, Wirt, ein verdammt gutes Bier hast du da. Und man weiß nichts davon".


    Der Wirt kniff ein Auge zu: "Hab Geduld, so langsam spricht es sich herum. Neulich war sogar ein Togaträger hier".


    "Na, dann bring uns noch zwei, ich bin mit dem ersten nicht ausgekommen", antwortete ich, "weißt du zufällig, welchen Namen der Togaträger hatte?"


    Er füllte sorgsam unsere Becher und als er sie auf unserem Tisch abstellte, meinte er: "Die Namen von Togaträgern sind mir schnurzpiepegal. Hauptsache, sie trinken mein Bier".


    Auch ein Berufsethos, dachte ich mir und freute mich auf meinen vollen Becher. Und im Gesicht von Boduognatos konnte ich den Schimmer einer ähnlichen Regung erkennen.

  • Nach einer Weile bemerkte ich, dass der Wirt dem guten Laubasnius, dem Wirt der Taberna Barbarorum ziemlich ähnlich sah. Nicht, dass man die beiden hätte miteinander verwechseln können, aber es war schon recht deutlich. Und das Milieu der Kneipe hier ähnelte auch der Taberna Barbarorum.


    Ich fragte ihn gleich: "Weißt du, dass du dem Wirt von der Barbarorum sehr ähnlich siehst?"


    Er blieb stehen und lachte: "Dem Laubasnius? Ja, das ist mein jüngerer Bruder. Der hat aber nen Schuss in der Socke. Er erzählt immer so grausliche Geschichten, bei denen bald die Welt untergeht und so. Meine Alte kriegt immer Albträume, wenn wir ihn mal besucht haben".


    Also, wenn der Laubasnius immer noch aktiv war, dann musste die Welt doch noch im Lot sein, sagte ich mir. "Ja, ich gehe gern mal zu ihm rein, wenn ich mich amüsieren will. Aber ich bin lange nicht mehr da gewesen und bin jetzt nicht mehr auf dem neuesten Stand. Was hat er denn grade für eine Geschichte drauf?"


    Er kratzte sich am Kopf, "Das Letzte, was ich von ihm gehört hab, war was mit einem Massenmörder, der nach und nach die Sprößlinge von reichen Leuten in den Hades befördert. Und wenn er das erzählt hat, dann guckt er dich an und sagt: 'Du kannst dir jetzt an den Fingern abzählen, wie lange es noch dauert, bis Mogontiacum ausgestorben ist', oder so ähnlich. Und das amüsiert dich?"


    "Klar", sagte ich, "es ist fast so gut wie das Theater und kostet nichts".


    Sim-Off:

    hatte ein 'ist' vergessen

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