Cubiculum | Lucius Tiberius Lepidus

  • ~ CUBICULUM LUCIUS TIBERIUS LEPIDUS ~


    Hier entspannt sich Lucius Tiberius Lepidus nach einem anstrengenden Tag oder zieht sich zurück, um etwas Ruhe zu genießen. Gleichsam war dies das alte Cubiculum des Manius Tiberius Durus. Eigentlich hätte man diese Räumlichkeit wohl für immer verfluchen sollen, wenn nicht möglicherweise gar bereits ein Fluch auf ihr lastete. Doch Lepidus hielt es nicht für ratsam, geschweige denn zweckmäßig einen Teil des Gebäudes einfach unbenutzt zu lassen. So ließ er sämtliche privaten Gegenstände des Durus, die sich darin wohl noch befinden mochten, hinaustragen und bezog das Zimmer neu. Es erinnerte hier kaum noch etwas an den Verstorbenen.

  • Bewegt sind die Tage in jener Zeit, es fühlt sich nach Aufbruch an. Nicht wesentlich, doch immerhin ein wenig. Hatte Tiberius Lepidus seine bisherige Zeit in Rom damit verbracht in seiner Villa zu schmoren, die Menschen zu meiden und auf bessere Zeiten zu hoffen, so nahm er seit kurzem endlich wieder etwas in die Hand. Sowohl seine Mitgliedschaft in der Societas, als auch seine neuerliche Ernennung zum Aedituus ließen auf bessere Zeiten hoffen. Natürlich war er nicht begeistert einen Tempelverwalter zu geben, war dies doch alles andere als eine Stelle, auf der man einen Patrizier für gewöhnlich fand. Doch nach allem, was passiert war und nach all der Einöde, die das Leben aus seinem Körper saugte, konnte er sich wohl glücklich schätzen wieder einer Beschäftigung nachzugehen, zumal im ehrwürdigen Iuppiter-Tempel auf dem Capitol.


    Dass er letztlich doch mal als Diener der Götter enden würde, hätte er vor einiger Zeit noch kaum für möglich gehalten, hatte er doch in seinem Gespräch mit dem Senator Purgitius Macer noch ganz andere Vorstellungen. Achja, der Senator und Ehemann seiner Cousine Albina. Es war sehr freundlich von ihm, Lepidus mit ein paar Ratschlägen als Neuling in Rom weiterzuhelfen. Wahrscheinlich wäre es das beste ihm hin und wieder zu berichten, wie es denn in seinem Leben derzeit voranging, dachte sich Lepidus. Immerhin war der Purgitier vielleicht nicht uninteressiert, was aus seinen Empfehlungen geworden war, zumal die beiden auch noch verwandtschaftlich miteinander verbunden waren. Der Tiberier ließ sogleich einen Sklaven zu sich kommen, dem er einige Zeilen für einen Brief diktierte und ihn beauftragte diesen zur Casa Purgitia zu senden.

  • Als der Sklave das Cubiculum des Lepidus betrat, konnte man diesen mit großen offenen Mund gähnen sehen. Er war wohl gerade etwas eingenickt und bemühte sich wieder einigermaßen zurechtzufinden. Dann sah er den Sklaven mit einer Wachstafel in der Hand auf ihn zu stapfen. "Gib her, gib her!" Was mochte dies nur für eine Nachricht sein?



    Lucius Tiberius Lepidus
    Villa Tiberia
    Roma/Italia


    Salve geehrter Gönner Lucius Tiberius,


    durch höst unglückliche Umstände sitze ich nun im Carcer der Urbaner.
    Ich wurde auf offener Straße überfallen und musste meinen Besitz verteidigen. Da ich den Dieb verletzt habe wurde ich gefangen genommen.
    Nach Römischem Recht steht mir ein Advokatus zu, ich bitte euch, obwohl ich bereits schwer in euer Schuld stehe, mir einen Advokatus zu senden.


    Euer ergebener Diener,


    Rhianus Vagus


    "Rhianus wer?", musste der Tiberier erst einmal überlegen und überlegen, doch dann leuchtete es ihm wieder ein: "Achja, der Rattenfänger, sieh mal einer an." Hmm... sollte er einen Advocatus senden? So verpflichtet fühlte er sich diesem Peregrinen ja in der Tat nicht. Aber andererseits hatte er sein Haus von diesem pelzigen Vieh befreit. Ein Advocatus wiederum kostete Geld, Geld das der Peregrine ihm sicher nie zurückzahlen könnte. Naja, er würde Rhianus Vagus erst einmal besuchen gehen und sich Näheres über den Fall anhören. Dies aber erst morgen, da der Tiberier noch keine Lust verspürte aufzustehen. Er streckte sich kurz, lehnte sich dann aber sofort wieder zurück. Einen Tag mehr oder weniger im Cacer, das machte dem Rattenfänger sicher nichts aus.

  • Nachdem im Vereinshaus der Societas Claudiana et Iuliana so breit über eine neue Satzung diskutiert wurde, hatte Lepidus schon recht ungeduldig auf die Antwort von Dives aus Ostia gewartet. Er selbst konnte, eingebunden durch seine Verpflichtungen als Duumvir, leider nicht an dieser kleinen Sitzung der Societas teilnehmen, wollte es sich aber in seiner Funktion als Vicarius natürlich nicht nehmen lassen, selbst etwas dazu beizusteuern. In der Tat hatte die Satzung, die Dives mit an seinem Brief anfügte eine etwas andere Gestalt angenommen. Auf dem ersten Blick dachte der Tiberier, dass der Iulier noch einmal wirklich alles umgestellt hätte. In Gedanken ging er schon durch, dass dies bestimmt noch etliche Diskussionen nach sich ziehen würde, wenn Dives die bereits neu ausgearbeitete Satzung in Frage gestellt hätte. Ein genauerer Blick ließ jedoch erkennen, dass die besprochenen Punkte nicht verworfen wurden, sondern ihren Weg mehr oder weniger in der entsprechenden Form auch in die Version des Dives Einzug erhalten hatte. Die in oder andere Präzisierung und Ergänzung wurde vorgenommen, gegen die der Tiberier prinzipiell nichts einzuwenden hatte. Überhaupt las er sich eigentlich nur den Punkt IV wirklich Wort für Wort durch, denn dies war dem Tiberier doch der wichtigste und der größte Fortschritt, der mit dieser Satzung gemacht wurde. Aber offensichtlich akzeptierte auch der Iulier das Ergebnis, so dass alles in Ordnung schien. Der Magister wurde nun auch vor den Sodales genannt, auch ein wichtiger Streitpunkt während der Besprechung mit Tasius und Crassus, aber letztlich unbedeutend, so dass Lepidus hier auch nicht die Lust verspürte weiter intervenieren zu wollen. Alles in allem blieb dem Tiberier damit nur dem Iulier eine positive Antwort zu übersenden. Damit würde es wohl nicht mehr lange dauern, bis die Satzung tatsächlich offiziell wurde. Ein erfolgreiches Stück Arbeit, was sich durchaus sehen lassen konnte.

  • Erneut ein Brief aus Ostia. Und erneut von Dives. Allein für den Lesestoff musste er dem Iulier wohl dankbar sein. Dann blickte er sich um und stellte fest, dass die fertige Antwort auf den ersten Brief, den Tiberius hatte verfassen lassen, immer noch hier herumlag. Verdammt nochmal, der sollte doch schon längst zur Post gebracht werden, dachte sich der Tiberier. Aber nun las er erst einmal. Die Information eines Vortrages, obwohl in der Stadt auch Aushänge zu erblicken waren, war für Lepidus völlig neu und demzufolge freute er sich natürlich sehr eingeladen zu werden. Nachdem er den Cursus Iuris bestanden hatte, war sein Interesse an Rechtsfragen natürlich auch nicht unerheblich und der Wink mit der zusätzlichen Qualifikation für ein eventuelles Vigintivirat war natürlich passend, von daher musste er gar nicht lange überlegen und würde zusagen.


    Über die Bezeichnung 'Freund' machte sich der Tiberier im Grunde nur wenige Gedanken, obwohl Dives dies in seinem Brief sehr zurückhaltend äußerste. Natürlich durfte er Lepidus einen Freund nennen. Immerhin hatten sie ja schon einiges im Rahmen der Societas auf die Beine gestellt und dann war natürlich auch noch diese halbe Verschwörungssache um Probus. Ja, gerade gemeinsame Geheimnisse schweißen zusammen. Überemotional wollte er das allerdings nicht bewerten. Freunde gab es in allen möglichen Formen und Ausprägungen. Das Wort an sich sagte erst einmal nicht viel, es würde sich wohl in der Zukunft noch zeigen von welcher Art diese Freundschaft sein würde. Jetzt musste der Tiberier aber erst einmal eine Antwort schreiben und dabei am besten gleich beide Nachrichten zusammen beantworten.

  • Gerade kam der Tiberier wieder nach Hause, nachdem er gemeinsam mit Helvetius Varus und Purgitius Macer gesprochen hatte. Belagerung, das hieß Versorgungsnot. Schnell ließ er sich von seinen Sklaven einen Überblick verschaffen, was noch im Haus zur Verfügung stand. Gleichsam schickte er sofort ein paar Leute los, die auf den Märkten holen sollten, was man noch bekommen konnte. Entsprechend viel Geld musste er ihnen mitgeben, denn falls überhaupt noch etwas zu holen war, dann würde es sicher ein halbes Vermögen kosten. Doch überleben hatte ja auch bekanntlich seinen Preis.


    Aber Lepidus ließ nicht nur nach Gütern Ausschau halten, sondern schickte einen weiteren Sklaven in die etwas abscheulicheren Viertel Roms. Im Tiberier war eine Idee gewachsen, als er gemeinsam mit Macer und Varus sprach. Für ihn stand fest, dass er irgendetwas unternehmen musste. Einfach herumsitzen und nichts tun, hätte ihn umgebracht. Salinator war fast geschlagen, seine Schreckensherrschaft, die der Tiberier als solche empfand, bald beendet. Nur noch ein klein wenig Zeit musste vergehen und alles wäre vorbei. Macer hatte völlig recht, wenn er sagte, dass es sicher Unruhen geben würde, wenn diese Belagerung mehr als ein paar Tage anhalten würde. Er hielt dann beides für möglich, sowohl, dass sich die Unruhen gegen den Vescularier wandten oder dass die Bürger einfach versuchen würden aus der Stadt hinauszukommen. Doch für den Tiberier stand natürlich fest, dass es nur eine Möglichkeit geben durfte. Die Gleichung war doch auch recht einfach: Stürze den Tyrannen, der Krieg ist vorüber, die Belagerung hat ein Ende und die Münder werden wieder gestopft. Das musste den Menschen klar werden und warum sollte man extra warten bis in einigen Tagen der Hunger einsetzen würde, wenn man sich der ausweglosen Lage doch schon jetzt bewusst war?


    Lepidus hatte sich in der Vergangenheit schon öfter mit etwas skurilen Gestalten eingelassen. Da verwunderte es kaum, dass er sich wieder mit dem ein oder anderen Kleinkriminellen einließ. Die Leute, die er hatte auffinden lassen, waren von ganz ähnlicher Gestalt. Bei den Göttern, wie er es hätte verfluchen können, sich mit solchem Gesindel abzugeben, doch die Not erforderte nun einmal eine etwas geringere Hemmschwelle und die Fähigkeit sich die Hände schmutzig zu machen. Fast ewig musste er mit ihnen verhandeln. Geld sei während einer Belagerung nichts wert, sprachen sie und Lepidus konnte immer nur antworten, wenn die Belagerung vorbei ist, wäre das absolut genug. Sie trieben den Preis immer weiter in die Höhe und der gute Patrizier musste für ihre beschaulichen Dienste mehr hingeben, als ihm jemals lieb gewesen wäre, wenn es die Situation nicht absolut erfordert hätte.


    Wie dem auch sei, er hatte einen kleinen Plan für diese Leute. Im Prinzip ein minimaler und beschaulicher Beitrag. Die Idee war fast schon lächerlich, aber irgendetwas musste der Tiberier tun. Diese Leute waren dazu da, ein wenig Stimmung zu machen und ein paar Parolen auszurufen. Es war nur eine Handvoll, weshalb die Wirkung womöglich absolut gering war, aber es war vielleicht ein kleiner Beitrag, um den Hass und die Verzweiflung in Anbetracht der Belagerung in die richtige Richtung zu lenken, zumindest dachte sich das der Tiberier...

  • Warten, warten, warten... - daraus bestand das ganze Leben des Tiberiers. Ungeduldig blickte er stets in die Zukunft und es schien ihm stets, dass sein Leben schneller an ihm vorbeizog als ein Streitwagen. Auf Ewigkeiten schien er während der Salinator-Herrschaft verdammt zu sein, die voranschreitende Zeit mit jeder Faser seines Körpers zu spüren. Doch nun? Nicht nur die Herrschaftsverhältnisse änderten sich, sondern das ganze Leben des Tiberiers war die reine Christenjagd geworden. Plötzlich erhielt er das, wonach er sich so sehr sehnt - den wichtige und für einen Patrizier gänzlich unverzichtbare Ordo Senatorius. Er wäre wohl auf ewig Aedituus geblieben, wenn ihn sein sich bisher als äußerst und auch einflussreicher Patron ihm dies nicht ermöglicht hätte. Was sollte ein Patrizier ohne Ordo auch schon anfangen? Die religiösen Ämter waren ihm größtenteils verschlossen. Die Politik - das primäre Feld der Patrizier - ebenfalls ungangbar. Das Wirtschaften galt für einen Mann von Adel, der etwas auf sich hielt, als schändlich, ganz zu schweigen vom Beitritt in die Legion oder einer anderen militärischen Einheit. Nein, ohne Ordo Senatorius war ein Patrizier zu nichts zu gebrauchen - sein Wert war in diesem Fall noch deutlich geringer als der eines Plebeiers.


    Es verstand sich von selbst, dass Lepidus die Erhebung in den Ordo sogleich nutzte, um sich für das Vigintivirat zu bewerben. Endlich in die Politik und seinen großen Verwandten nacheifern, die sich auf diesem Felde so hervortaten. Ein großer Wunsch ging in Erfüllung. Doch damit hatte die Arbeit gerade erst angefangen.


    Fieberhaft ging der Tiberier in seinem Cubiculum auf und ab. Was sollte er in seiner Rede vor dem Senat nur alles erzählen? Wie würde er die Senatoren von sich überzeugen können? Und für welche konkrete Arbeit innerhalb des 20-Männer-Kollegiums sollte er seine Präferenz äußern. Er schwankte in dieser Frage hin und her, letztlich beschränkte sich seine Wahl jedoch auf zwei Kollegien - auf die Tresviri capitales und die Decemviri. Erstaunlich, dass gerade der Tiberier zwischen diesen beiden Kollegien schwankte. Jeder wusste doch, dass die Decemviri deutlich angesehener waren und meist mit von Männern seines Standes besetzt wurden. Doch er konnte nicht leugnen, dass er durch seine Beschäftigung mit der Kriminalarbeit, inbesondere durch den von ihn absolvierten Cursus Iuris, eine gewisse Faszination für dieses Feld entwickelt hatte. Aber das war ohnehin nebensächlich. In dieser Frage musste er schließlich auch taktisch denken. Wie viele der Senatoren, die unter Salinator bereits eine Patrizierfeindliche Haltung angenommen hatte, würden sich nun noch im Senat befinden? Wie sollte er allgemein die Stimmen derjenigen gewinnen, die ihn noch nicht kannten? Würde man es nicht als mutige Besonderheit auffassen, dass ein Patrizier das Amt bei den Tresviri bevorzugte? Gut möglich, dass er dadurch Aufmerksamkeit erringen konnte. Letztlich würden aber ohnehin die Senatoren selbst über die Besetzung der Ämter entscheiden. Seine Präferenz würde da vielleicht nicht einmal etwas bedeuten. Lepidus musste seine Rede vielleicht so ausarbeiten, dass eine leichte Präferenz für die Tresviri erkennbar war, ohne dass er sich nicht bewusst wäre, dass die Decemviri im Grunde das natürliche Gremium für ihn waren. Letztlich würde er mit beiden sehr gut leben können, sollte er es denn überhaupt schaffen, die Senatoren von sich zu überzeugen. Nervös und nachdenklich blickte er auf einen seiner Sklaven, der bereits eine Tabula bereithielt, damit ihm Lepidus die Rede diktieren konnte. "Nun gut, dann fangen wir mal an..."

  • "Nein, das geht so nicht... Noch einmal, noch einmal... Schlag die Falte doch einmal richtig!", hörte man aus dem Cubiculum des Tiberis hören, der gerade damit beschäftigt war, sich unter der Beihilfe einiger Sklaven die Toga candida anzulegen. Lepidus war an diesem Morgen höchst gereizt. In der vergangenen Nacht konnte er kaum die Ruhe finden, die er benötigte, um in wirklich entspannter Art in seine wohl bisher größte Herausforderung zu gehen. Auch fühlte er, dass sein Hals etwas gereizt war. Er hoffte, dass er seine Stimme in den vergangenen Tagen bei den Proben nicht überstrapaziert hatte oder dass er gerade in diesem Augenblick krank wurde. Das wäre doch nun wirklich der schlimmste anzunehmende Unfall und darüber hinaus auch noch großes Pech. Vielleicht hätte er Apollon noch ein Opfer für Gesundheit darbringen sollen? Verdammt, nun war es zu spät


    So kam es, dass bei der Ankleidung am Morgen auch seinem ganzen Ärger noch einmal Luft gemacht wurde. Beim Anlegen der Toga wurden eigentlich keine Fehler gemacht, doch der Tiberier fand hier und da stetig einen neuen Vorwand, alles noch einmal von vorne zu machen. Wie nervig doch all dieser Trubel war. Wie unqualifiziert er seine Sklaven plötzlich fand. Das alles grenzte doch an Sabotage.


    Während der Ankleidung sprach er seine vorbereitete Rede erneut vor, versuchte ein wenig auf seine Stimme zu achten und hoffte, dass er sich das alles halbwegs gut merken würde, denn natürlich war eine freie Rede immer etwas imposanter als eine bereits vorgefertigte herunterzulesen. Zufrieden blieb er bis zuletzt nicht und irgendwann gab er es auch schlicht auf. "Verdammt nochmal, es war das Vigintivirat!", sprach er dann in sich selbst hinein, damit er sich nicht aufführte, als wenn er bereits für das Consulat kandidieren würde. Er musste doch nun wahrlich die Rhetorik nicht völlig neu erfinden, um Eindruck zu schinden. Dennoch half ihm auch diese Einsicht nicht unbedingt weiter. Er würde wohl erst bei Abschluss der Wahl wieder einigermaßen Ruhe finden. Zuvor blieb es einfach eine Angelegenheit, die die Nerven vollkommen überstrapazierte. Mit etwas mürrischer Miene verließ er dann letztlich das Haus und ließ sich zur Curia bringen. Ach, wäre doch dieser Tag schon gelaufen...

  • Eigentlich hatte sie schon früher mit Lepidus sprechen wollen…. viel früher. Aber es war einfach immer etwas dazwischen gekommen! Dann hatte sie heute eigentlich ich Lepidus Officium kommen wollen… eigentlich… Lucia hatte sich einfach nicht überwinden können und nun stand sie hier vor Lepidus Cubiculum und rang die Hände. Sie war eigentlich schon bettfertig: Ihre langen Haare waren in zwei Zöpfe geflochten, sie war barfuß aber wenigstens hatte sie sich ein Tuch um die Schultern geschlungen. Spät abends wurde es noch empfindlich kühl.
    Sie hatte einfach keine Ruhe gefunden. Es musste heute sein! Dreimal war sie aus ihrem Zimmer und wieder zurück getreten und jetzt hatte sie es tatsächlich bis zur Tür ihres Bruders geschafft.


    Sie wollte mit Lepidus sprechen, es wurde Zeit. Aber sie wollte es auch wieder nicht. Sie sollte klopfen, ganz leise… vielleicht hörte er es ja nicht, dann hätte sie es zumindest versucht. Zögerlich hob sie die Hände und ließ die Fingerspitzen gegen die Tür fallen. Es gab den Hauch eines Lautes. Das musste sie nochmal probieren, es musste doch zumindest hörbar sein. Jetzt erzeugte sie tatsächlich ein leises Klopfen… Eins – zwei- nein ein drittes Mal traute sie sich nicht… Mit wummernden Herzen und angehaltenem Atem verharrte Lucia auf der Türschwelle.
    Hatte Lepidus sie gehört?

  • Auch Lepidus war schon so gut wie Schalffertig. Allerdings beliebte er auch an diesem Abend sich noch von einer Sklavin ein wenig vorzulesen. Ovids Metamorphosen waren es heute. Ein fabelhaftes Werk, um langsam wegzudösen. Als es dann realtiv zart an seine Tür klopfte, wurde die Vorlesung unterbrochen und Lepidus schickte die Sklavin, um die Tür zu öffnen. "Ah, Schwester. Wir haben uns den ganzen Tag gar nicht gesehen - schön, dass du wenigstens noch gute Nacht sagen möchtest." Zumindest ging der Tiberier einfach mal davon aus, dass ihr Erscheinen einen solch trivialen Grund haben mochte.

  • Hörte sie da etwa eine weibliche Stimme bei ihrem Bruder? Erschrocken wich Lucia von der Tür zurück. Bei sowas wollte sie Lepidus eindeutig nicht erleben! Wohin? Wohin? Nur schnell weg! Hektisch sah sich Lucia um, doch da ging die Tür schon auf. Eine Sklavin, angezogen, mit einem Buch in der Hand… Lucia atmete erleichtert auf, nur um im nächsten Moment das Herz in der Kehle schlagen zu spüren. Er war da, er hatte die Tür aufgemacht und er hatte sie gesehen… Jetzt gab es kein Zurück mehr!


    Doch Lepidus lieferte ihr die perfekte Ausrede um es für diesen Abend doch noch gutsein zu lassen. Sie müsste ihm nur artig gute Nacht wünschen… und dann eine weitere Nacht wachliegen. Nein! Sie zog das jetzt durch! „Ja, das wollte ich auch… aber… ich müsste dich auch nochmal kurz sprechen.“ Mit einem zögerlichen Blick auf die Sklavin fügte Lucia an: „Unter vier Augen, wenn es dir nichts ausmacht…“ ‚Und wenn ich dich nicht grade bei was… Wichtigem störe.‘, versuchte sich noch durch einen äußerst unsicheren Blick anzuhängen

  • Lepidus gab der Sklavin ein Zeichen, auf dass sie sich fortbewegen sollte, obwohl es ihm eigentlich egal war, wenn seine Sklaven irgendetwas mitbekamen. Die waren schließlich alle viel zu loyal und unterwürfig, als dass sie von ihrem Wissen irgendetwas haben konnten. "Nun denn, was gibt es denn so 'geheimes' zu besprechend?"

  • Lucia trat aus der Tür um die Sklavin hinauszulassen und schloss diese anschließend. Dabei wurde ihr unangenehm bewusst, dass ihre Hände zitterten. Um sie davon abzuhalten verschränkte sie ihre Finger fest vor dem Bauch.
    „Ich - nun ja… es wird nicht lange geheim bleiben und darum geht es auch nicht. Ich fürchte nur dass dir nicht gefallen wird, was ich dir zu sagen habe und das muss doch keiner mitbekommen, denke ich zumindest, deshalb wollte ich unter vier Augen mit dir sprechen, weil es wirklich besser so ist und wenn du nicht schon sitzen würdest, würde ich dir vermutlich raten dich zu setzen, aber das tust du ja schon und ich rede hier dummes Zeug.“ Wie ein Wasserfall flossen die Worte aus Lucias Mund und erst ganz am Ende schien sie wieder fähig zu sein Luft zu holen. Sie selbst lief dabei unruhig auf und ab und fand einfach nicht den rechten Anfang. Nervös versuchte sich Lucia vergeblich an einem Lächeln und gestand: „Ich weiß nicht wie ich es sagen soll….“

  • Es war doch immer wieder amüsant, seine Schweser so nervös zu sehen. Zitternde Hände und unsichere Worte ließen so manchen Menschen recht albern aussehen, wie Lepidus fand. Und wie sie da so sprach - so überhaupt nicht auf den Punkt kommend und sich immer wieder hin und her windend. Ein herrliches Schauspiel. Jeder Theaterbesuch wäre heute völlige überflüssig gewesen. So lächelte Lepidus immer noch, obwohl ihn doch ein wenig die Ahnung beschlich, dass es sich nicht um etwas scheinbar belangloses handelte. Man wusste ja, dass Frauen immer reagierten, als würde die Welt untergehen, selbst wenn es sich nur um zerbrochenes Geschirr oder einen toten Sklaven handelte. Doch irgendetwas schien tatsächlich anders zu sein. Etwas weniger lächelnd und dafür nun einen etwas skeptischeren Ton annehmend, fragte er einfach nur: "Was genau hast du angestellt?"

  • Jetzt sollte sie eigentlich mit dem Geständnis herausbrechen. Lepidus hatte sie direkt danach gefragt und es war an ihr endlich mit der Sprache herauszurücken. Doch im Gegensatz zu den die belanglosen Worten, die eben wie ein Wasserfall aus ihr herausgeplätschert waren, blieben ihr die wirklich wichtigen zunächst im Halse stecken.
    Lucia hatte das Gefühl, dass ihr ganzer Körper still stand. Ihr Herz wartete mit dem Schlagen. Sie holte zitternd Luft und schaffte es endlich ein raues Flüstern hervorzubringen: „Ich werde heiraten.“
    Das war die Essenz. Sie würde jemanden heiraten, den ganz offensichtlich nicht ihr Bruder ausgesucht hatte.

  • Lepidus verzog etwas unverständlich das Gesicht. Voller Unverständnis entgegnete er völlig ohne nachzudenken. "Ja, selbstverständlich wirst du heiraten! Was ist denn das für eine Aussage? Macht dir das etwa Angst?" Für Lepidus drückte dieses 'Ich werde heiraten' irgendeine Art von Verzweiflung aus, die das ganze Wesen von Lucia schließlich auch derzeit ausstrahlte. Es war für ihn mehr ein: 'Ich werde heiraten - und das finde ich furchtbar', aber dass es sich dabei tatsächlich um den realen Vollzug des Heiratens ging und nicht um die grundsätzlich Aussicht mal zu heiraten, daran konnte Lepidus doch nun wirklich nicht denken, wo er doch schließlich selbst sich darum kümmerte, was er sogleich auch nachschob. "Ich hab derzeit sehr aussichtsreiche Kandidaten für dich im Angebot - wahrscheinlich sogar einen Flavier. Glaub mir, das wird alles nicht so schwierig. Ich dreh dir sicherlich keinen an, mit dem du nicht zurechtkommen würdest. Also Kopf hoch." Gesagt und Ruhe könnte man denken.

  • Im ersten Moment glaubte Lucia ihr Bruder würde ihr seinen Segen geben und ein Hauch von Erleichterung bahnte sich an. Dann wurde jedoch klar, dass er sie vollkommen falsch verstanden hatte und ihre Knie wurden weich. Sie ließ sich, noch während Lepidus sprach auf den Hocker sinken, auf dem eben noch die vorlesende Sklavin gesessen hatte und schüttelte erst sachte, dann immer heftiger den Kopf.
    „Nein! Nein… Ich meine, ich… ich bin quasi verlobt.“, es klang erstickt. Warum sie jetzt das Wörtchen quasi da rein setzen musste, wusste sie selbst nicht. Es klang, als ob es da noch irgendwelche Zweifel gäbe. „Ich habe schon jemanden. Deine Kandidaten… Es tut mir so leid!“ Ihre Stimme zitterte und sie spürte, wie ihr die Tränen kommen wollten. Doch noch konnte sie diese zurückkämpfen. Sie tat dies zwar eigentlich auch irgendwie für Lepidus, aber für den Moment musste sie ihn so bitter enttäuscht haben. Etwas das nie, NIE gewollt hatte! Sie wagte es nicht Lepidus anzusehen, aus Angst vor seiner Reaktion und starrte deshalb krampfhaft auf den Boden.

  • Nun, die Worte waren nun doch so deutlich, dass selbst einer vom Schlage Lepidus sie endlich verstehen musste. Dennoch machte sich erst einmal nur Ungläubigkeit in seinem Gesicht breit. So richtig einordnen konnte er das ganze gerade überhaupt nicht und sein Gehirn war wohl eher damit beschäftigt eine Deutung zu finden, die nun überhaupt nicht das bessagte, was eigentlich gesagt wurde. "Wie? Was? Verlobt? Du HAST jemanden? Das ist doch völlig unmöglich!" Lepidus sprang aus seiner vormals bereits liegenden Position auf, ging ein wenig durch den Raum, wandte sich der Wand zu und dann wieder seiner Schwester: "Du willst mir doch jetzt nicht im Ernst erklären, du wärst verlobt. Wie konnte das denn passieren?" Wieder wandte sich der Tiberier ab, nur um sich kurz darauf erneut umzudrehen. "Wer? Wem hast du dich törrichterweise versprochen? Ist es Dives? Ach, blödsinn, der hat doch gerade geheiratet! Ist es dieser Silanus, den wir gerade erst zu Gast hatten? Oder doch nicht jemand aus der Veneta? Ach Lucia, du solltest einigen Männern hier und dort eine gute Gesellschaft sein, aber dich doch nicht gleich verloben!" Die Stimme von Lepidus hob sich merklich - für einen Moment schien er tatsächlich seine Gelassenheit ein wenig zu verlieren, auch wenn er von einem Wutausbruch wohl noch weit entfernt zu sein schien.

  • Lucia zuckte erschrocken zusammen, als ihr Bruder aufsprang. Sie wünschte es wäre tatsächlich unmöglich, so wie ihr Bruder sagte, doch es war die bittere Wahrheit. Bangen Herzens verfolgte sie seinen Weg auf und ab. Sie beobachtete gebannt, wie seine ebenfalls nackten Füße sich auf den Bodenfließen hin und her bewegten. Auf die Frage wie das passieren konnte entwich ihr tatsächlich ein leises, hysterisches Kichern, das sie rasch mit ihrer Hand erstickte. Noch schien ihr Bruder zwar nicht grade erfreut und hob seine Stimme tatsächlich etwas, doch er schrie sie immerhin nicht an und sie wollte ihn keinesfalls reizen. Zumindest nicht mehr, als sie musste.


    Dives, Silanus, einer aus der Veneta? Lucia schüttelte mit zusammengepressten Lippen den Kopf. „Ich hab das ja auch nicht geplant!“, verteidigte sie sich belegt. „Ich wollte… Es tut mir wirklich leid!“ In diesem Moment wollte Lucia Lepidus am liebsten die ganze Wahrheit erzählen, doch sie traute sich einfach nicht. Jetzt konnte sie auch nicht verhindern, dass ihr die Tränen in die Augen traten. Sie senkte den Blick und murmelte zu ihren eigenen eiskalten Füßen: „Es ist Duccius Vala.“

  • Nicht geplant, nicht geplant... wie meinte sie denn das nun wieder. Man verlobte sich doch nicht aus heiterem Himmel oder irgendwie "aus versehen". Nun würde sie endlich mit der Sprach rausrücken - dabei fing sie nun sogar anzufangen zu weinen. Aus dem Gemurmel heraus, meinte Lepidus den Namen Duccius Vala gehört zu haben. Für einen Augenblick erstarrte der gute Bruder völlig zur Salzsäule. Mehre Sekunden vergingen und Lepidus sagte nichts, kein Wort, keine Regung, er war völlig still, fast unheimlich still. Bis dann plötzlich und mit einem Mal sich seine ganze Körperspannung aufhob und eine völlige Gelöstheit einsetzte. Sein Brustkorb hob sich auf und ab; erst nach und nach wurde erst ein leiser, dann ein immer lauter werdender Ton hörbar. Lepidus... lachte! Es war erst ein zaghaftes Lachen, dann ein stärkeres. Er versuchte sich die Hand vor den Mund zu halten, konnte sich aber kaum zurückhalten. Aus dem innigsten Gefühl heraus lachte er herzhaft und freudig und ging auf seine Schwester zu. Er hockte sich neben sie und sprach nur mit breitem Grinsen. "Also ich hätte es dir fast abgenommen! Man hast du mir einen Schrecken eingejagd!" Die Amüsiertheit des Tiberiers nahm überhaupt kein Ende. "Einen solch gemeinen Streich hast du mir ja schon seit frühester Kindheit nicht mehr gespielt! Und wie ernsthaft du bleiben kannst. Du hast Glück, dass du aus edlem Hause bist, sonst hättest du wahrlich Schauspielerin werden müssen!" Der Tiberier musst sich fast schon den Bauch halten "Haha, großartig! Duccius Vala... Haha, also nein, ich werd nicht mehr, Haha."

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