| Tiberius Ostorius Remmianus
In der Ferne sah Remmianus die kleine Zollstation in der Nachmittagssonne. Es schien zu stimmen, dass die Götter den Erdkreis in Italia geküsst hatten, denn hinter ihm verfinsterte noch immer eine Wolkenfront den Himmel, während vor ihm die Zollstation im herbstlichen Sonnenschein lag. Trotzdem fühlte der junge Tribun sich nicht sicher, denn er führte heute zum ersten Mal das Kommando über die Vorhut. Und auch wenn er wusste, dass Maturus diese Entscheidung nur getroffen hatte, weil es keine Hinweise auf Hinterhalt oder auch nur feindliche Reaktionen jenseits der Provinzgrenze gab, hatte ihm diese große Aufgabe Angst eingejagt. Wer konnte schon wissen, ob die Rebellen ihnen eine Falle stellten? Seit neustem war bekannt, dass Aurelius Ursus ebenfalls die Seiten gewechselt hatte und mit seiner Legion unterwegs war, um sich mit den Rebellen zu vereinigen. Das veränderte das Kräfteverhältnis weiter zu ihren Gunsten... jetzt standen sich jeweils fünf volle Legionen gegenüber, wobei die Legio I sicherlich keine Truppen zurücklassen musste. Damit war der Vorteil möglicherweise sogar aufseiten des Feindes! Und noch schlimmer war, dass es vor allem die Männer der Legio I waren, die die Grenzposten nach Italia bemannten und für die Sicherheit der italischen Straßen verantwortlich waren!
Umso beruhigter war der Ostorier, als sein Melder ihm berichtete, dass die Zollstation verwaist war. Und so passierte er kurze Zeit später unbehelligt die steinerne Säule, die die Provinzgrenze markierte und zugleich darauf hinwies, dass es nicht mehr weit bis Aquileia war. Mit einem Lächeln musste der Tribun daran denken, dass er heute zum zweiten Mal in seinem Leben nach Italia kam. Aber vor allem musste er an Divus Iulius denken, der vor mehr als hundert Jahren auch ein Heer nach Italia geführt hatte, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
"Anerriphtho kybos*!"
sagte er deshalb in Erinnerung an den großen Feldherrn, der unter anderem seine Heimatstadt zur Colonia erhoben und es ihm damit indirekt ermöglicht hatte, als römischer Bürger und Beinahe-Senator nach Italia zu kommen und sogar den Cursus Honorum zu beschreiten. Naja, neben Salinator natürlich. Der hatte ihn immerhin aus dem Provinznest in die ewige Stadt geholt und ihm sogar ein öffentliches Amt verschafft. Jetzt war sein Patron in Caesars Fußstapfen getreten und Remmianus musste seine Bürgerpflicht erfüllen. Zwar hatte er nie Soldat werden wollen, aber in diesem gefahrlosen Moment spürte er doch fast so etwas wie Mut und Stolz! Noch einmal wiederholte er die Worte des ersten Kaisers:
"Anerriphtho kybos*!"
Dann trieb er sein Pferd an und gefolgt von der Legionsreiterei der Legio XXV folgte er der Straße in Richtung Westen...
griech.: Die Würfel sind gefallen.
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