[Tablinum] Jede Menge Arbeit

  • Ocella hielt die Antwort des Iuliers auf seinen Brief in den Händen und las sie sich langsam durch. Ein Sklave hatte sie ihm unmittelbar ins Tablinum gebracht, als er sie erhielt und das Siegel des Iuliers erkannt hatte. Wie gewöhnlich waren kamen mehrere Anweisungen dazu - Ocella hatte auch nichts anderes erwartet - es passte aber sehr gut, dass er zum Gespräch mit Lavenius dazubestellt wurde. Der Großhändler hatte genug gelt, um einen großangelegten und mehrere mittelgroße Wahlkämpfe zu unterstützen und er würde sich sicherlich erkenntlich zeigen, wenn ihm der Handel in Ostia wieder ermöglicht werden würde. In jedem Fall wäre eine Spende seinerseits ein großer Schritt für jeden Wahlkampf. Und darauf spekulierte Ocella natürlich.


    So besprach er mit seinem Wahlkampfleiter Lutatius Frugi die Planungen. Der Helvetier würde Lavenius in seinem Lager aufsuchen, ihn zum einem Gespräch einladen, wozu dieser mit Sicherheit umgehend erscheinen würde, und gemeinsam mit dann zum Gespräch mit dem Iulier im Officium Duumvirorum erscheinen. Natürlich war hier sein Kontakt zu den Händlern von Vorteil.


    Besonders aufmerksam gingen Ocella und Frugi dann den Teil des Briefs durch, der den Herennier betraf. Der amtierende Aedil solle vollständig ins politische Aus gestellt werden, schrieb der Duumvir, was natürlich nichts anderes hieß, als eine vernichtende Wahlkampfrede. Eigentlich war geplant, ihn mit keinem Wort zu erwähnen, ihn quasi vollkommen aus dem Wahlkampf zu streichen. Es sollte so aussehen, als hätte er nicht das Aedilsamt bekleidet hatte (was er, wenn man es genau betrachtete ohnehin nur nominell tat). Wenn man nichts macht, macht man auch nichts verkehrt, sagte Ocellas Großvater Gracchus immer. Jedoch: Wer nichts macht, hat auch nichts, mit dem er werben könnte. Nun gab es aber klare Anweisungen von Seiten des iulischen Wahlkampfs... Natürlich würde Ocella eine solche Rede gemeinsam mit seinem Maiordomus zusammenzimmern können, die Konsequenzen daraus wären aber unumkehrbar. Es galt also nun, sich auf eine Schlammschlacht einzustellen. Frugi würde in den nächsten Tagen mit den ostianischen Händlern zusammenkommen und alles zusammensuchen, was dem Herennier schaden konnte. Als Aufhänger würde der lächerliche Vorgang um Lavenius dienen, auf den langsam aber stetig hingearbeitet würde. Es galt den Herennier zu demontieren, vollständig und gründlich. Damit würde er sich zwar nicht unbedingt nur Freunde machen, vor allem nicht bei einigen Scribae in der Curia, die mit Herennius politisch verbunden waren, aber der Aedil wäre politisch tot und hätte selbst im Ordo Decurionum nur noch marginalen Einfluss.


    Unter die Planungen kam ein Haken und Frugi verließ das Haus wieder. Ocella hingegen erledigte letzte Arbeiten an den Einladungsbriefen für die Jubiläumsfeier der Villa Iuliana.

  • Das Gespräch mit dem Hortensier hatte noch die ganze Nacht gedauert. Und die beiden potentiellen Collegae hatten bereits viele Ideen für den Wahlkampf ausgetauscht. Die beiden waren sich sofort sympathisch, wofür auch Frugi immer wieder sorgte, indem er in unregelmäßigen Abständen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Männern hervorhob, aber auch auf Eigenschaften, in denen sich beide ergänzten, hinweis. Es war ein gutes Gespräch und die beiden jungen Männer schlossen schließlich in den frühen Morgenstunden eine Übereinkunft über ihr Bündnis für die kommenden Wahlen.


    Am nächsten Morgen kam Ocella dementsprechend nur langsam in die Gänge. Um seine Müdigkeit abzuschütteln, machte er einige kleine sportliche Übungen im Garten und zog sich dann in seinem Cubiculum um. Als er dann schließlich ins Tablinum trat, erwartete ihn bereits der Ianitor Griego, der eine Tabula in der Hand hielt. Als Ocella das iulische Siegel entdeckte, griff er umgehend nach der Tabula, nickte dem Sklaven zu, der daraufhin das Tablinum in Richtung seines Aufenthaltsraums wieder verließ, und öffnete die Tabula.


    Als er sich den Text durchlas fluchte er leise in sich hinein. Das Gespräch mit dem Hortensier hatte erst nach dem Gespräch mit dem Iulier stattgefunden, sodass er noch nicht auf der Gästeliste zu finden war. Nichtsdestotrotz hatte Ocella seinen Mitwahlkämpfer über die Jubiläumsfeier informiert, wobei er dem Iulier dem Namen noch mitteilen wollte. Dem musste er jetzt umgehend nachkommen, damit die Einladung noch verschickt werden konnte.


    So setzte er sich, noch bevor er das Haus verließ, an den Arbeitstisch und setzte einen Brief an den Iulier auf.

  • Eigent hatte sich Ocella vorgenommen, etwas Arbeit mit nach Hause zu nehmen, um nicht den ganzen Tag in der Curia sitzen zu müssen. Doch zeigte sich jetzt, wo er zu Hause war, eben keine Zeit fand, die einzelnen Akten durchzuarbeiten, geschweige denn überhaupt vernünftig zu lesen. Immer wenn er grade einigermaßen in der Materie war, störte ihn irgendetwas; sei es die laute Stimme seiner Mutter, die bereits seit geraumer Zeit in Ostia zu Gast war und zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Anstalten machte, zurück nach Roma zu reisen und die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Haushalt in der Casa effizienter zu gestalten. Das wiederum sorgte bei den Haushälterin und insbesondere bei der gallischen Köchin und Haushältern, als auch bei Griege, dem spanischen Ianitor, für Unbehagen und beide nutzten jede Gelegenheit, den üblichen Trott beizubehalten. Ocella wusste, dass das der Haushalt gut aufgestellt war, er wusste aber auch, dass er, würde er seiner Mutter widersprechen, vermutlich den Rest des Tages damit verbringen, sich anhören zu müssen, wie wenig die Jugend von heute ihre Eltern noch respektierte und wie viele Haushalte sie bereits erfolgreich neuorganisiert hatte.


    So entwickelte sich in der Casa eine Atmosphäre regelmäßiger Anspannung. Und es wurde immer klarer, dass es wohl irgendwann zu einem klärenden Gespräch zwischen Ocella und seiner Mutter kommen musste. Doch versuchte der Helvetier dies noch möglichst weiter hinauszuschieben, damit er nicht neben den ganzen Problemen mit Stadtverwaltung, Classis und Palmanertruppen nicht noch einen weiteren Kriegsschauplatz zu eröffnen. Doch würde sich das wohl nicht so lange hinauszögern lassen, wie Ocella es sich vielleicht gewünscht hätte. Jedenfalls heute würde er sich einen häuslichen Konflikt nicht aufzwingen lassen. Doch morgen oder übermorgen müsste es wohl soweit sein, damit hier nicht noch irgendwo ein kleiner Tropfen das Fass zum Überlaufen bringen könnte.

  • Jetzt reichte es!


    Am Abend platzte Ocella endgültig die Hutschnur. Nachdem es im Fauces zu einem lauten Wortgefecht zwischen seiner Mutter und dem Ianitor gekommen war, knallte der Helvetier seinen Stilus neben die Tabulae auf den großen Schreibtisch.


    PROMACHOS!!!!!


    hallte seine Stimme durchs Haus und schlagartig herrschrte Ruhe. Jedoch ließ der alte Maiordomus auf sich warten, sodass Ocella, nun noch etwas lauter nach ihm rief:


    PROMACHOS!!!!!!!


    Schon erschien der Sklave im Türrahmen und schaute in das aufgebrachts Gesicht des Helvetiers.


    Meine Mutter, Adalgisa, Griego und du selbst. Ins Tablinum. Sofort!


    Der Maiordomus nickte und verschwand für einige Momente, bevor er mit den führenden Persönlichkeiten des Haushalts wieder auftaucht. Ocella bot seiner Mutter und Promachos Plätze an, während die anderen beiden stehen bleiben sollten. Dann atmete er einige Male tief durch, bevor er er anfing zu sprechen. Dies tat er ruhig, aber bestimmt. Manchmal passierte ihm bei den S-Lauten eine kleine Überbetonung, die Promachos - wäre es eine Rhetoriklektion gewesen - sicherlich angemahnt hätte. Ocella war das aber im Moment egal.


    1. Meine Mutter ist Gast in diesem Haus und wird mit allem Respekt behandelt, der ihrer Stellung angemessen ist. Auswüchse von Respektlosigkeiten werden in Zukunft bestraft. Im Zweifel auch mit Körperstrafen. Ist das soweit klar?!


    Er schaute in die Runde und nahm nur Nicken zu Kenntnis. Von seiner Mutter erhielt er ein anerkennendes Lächeln, zumal sie wohl erwartete, dass er auch weiterhin ihre Position stärken würde. Doch das hatte er keineswegs vor.


    2. Mutter, mein Haushalt funktioniert prächtig. Er funktionierte prächtig, als ich hier ankam und er wird auch morgen noch prächtig funktionieren. Adalgisa sorgt dafür, dass genug Lebensmittel da sind und sie auch vernünftig zubereitet werden. Griego sorgt dafür, dass Reparaturen durchgeführt werden, wenn Dinge zu Bruch gehen und hällt unerwünschtes Gesindel aus dem Haus. Und Promachos sorgt dafür, dass meine Anweisungen umgehend ausgeführt werden und dass ich über alle wichtigen Sachen auf dem Laufenden gehalten werde. Du bist als Gast hier und nicht als Hausherrin. Lass die Sklaven arbeiten und sie werden dafür sorgen, dass es hier gut geht.


    Seiner Mutter stockte kurz der Atem. Jedoch wäre sie nicht Pinnia Postumia gewesen, wenn sie nicht zumindest versucht hätte aufzubegehren.


    Aber ich muss doch...


    Doch Ocella ließ bei diesem Thema keinen Widerspruch gelten. Er sorgte mit einer hastigen Handbewegung dafür, dass seine Mutter verstummte.


    Du musst gar nichts, Mutter. Du bist hier zu Gast. ICH muss dafür sorgen, dass es hier läuft. Wenn es nicht liefe, wüsste ich es. Und wenn ich es nicht wüsste, würde ich es von Promachos erfahren. Doch es läuft. Mach dir also keine Sorgen darum.


    Erneut schaute Ocella in die Runde, ob es Widerworte ijedweder Art gab. Bei den Sklaven war das nicht der Fall. Doch setzte seine Mutter nochmal an, um ihr Missfallen auszudrücken. Doch auch hier ging Ocella forsch dazwischen.


    Wenn es dann nichts weiter gibt... Ich mus arbeiten.


    Promachos gab den Sklaven ein Zeichen, sodass diese das Tablinum verließen. Pinnia Postumia blieb noch einige Augenblicke sitzen und machte mit sich die Chancen aus, in der jetzigen Situation und in der momentanen Stimmung ihres Sohnes die Lage doch noch zu ihren Gunsten zu wenden. Doch entschied sie sich letztlich gegen eine solche Auseinandersetzung, erhob sich und ging vom Tablinum direkt in ihr Cubiculum. Und Ocella hoffte, dass jetzt zumindest für die nächste Zeit Ruhe in seinem Haus herrschte.

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