[Templum Divi Augusti]

  • Es war ein wunderschöner Morgen, friedlich und ruhig, nur einige Vögel zwitscherten fröhlich im Atrium Vestae umher. Eine Atmosphäre die in letzter Zeit allzu wenig vorkam. Waren doch die vergangen Wochen mehr als turbulent. Erst stiften die Verteidiger des Vescularius Unruhe, dann die Legionäre des jetzigen Augustus, gefolgt von der aufgebrachten Bevölkerung, die als wütender Mob durch die engen Straßen Roms liefen und ein Chaos der Verwüstung hinterließen und zu guter Letzt die Wahlen zum Cursus Honorum. Doch nun, ach ja…

    Messalina öffnete leicht ihre Augen, drehte sich auf den Rücken und rekelte sich einmal kräftig. Dann blickte sie zum offenen Fenster und sah wie ein Sonnenstrahl, sie folgte ihn, direkt auf einer ihrer vielen Statuette mit dem Bildnis vom ersten Augustus hinabfiel. Es sah so aus als wäre die Statuette von göttlicher Ummantelung umgeben. Ein Zeichen oder dergleichen. Messalinas Herz fing an zu pochen. Ganz warm wurde es ihr am ganzen Körper. Sie zog mit der rechte Hand die Decke beiseite und stand schließlich auf. Sie hatte nur einen Gedanken, nämlich ihren Augustus ein Opfer darzubringen. Sodass sie sich im besten Gewand, Tracht, einkleiden lies. Ganze drei Stunden dauerte die Prozedur bis sie endlich bereit war die eigentlichen Vorbereitungen zu treffen.


    Zuallererst musste sie sich entscheiden welches Tier sie denn den vergöttlichen Augustus anbot. In ihren Augen war keines gut genug, jedenfalls keines was Rom aktuell zu bieten hatte. Trotzdem versuchte sie ihr Glück auf dem Forum Boarium. Sie sah reichlich an Ziegen, Schafen, Hunde, Vögel… gar Pferde. Doch bisher hatte sie sich erfolgreich wehren können keines der anmutigen Tiere opfern zu müssen. Irgendwann wird auch für sie die Zeit kommen, bei der sie keinen Schritt zurück machen konnte und ein Pferd dran glauben musste. Aktuell jedoch konnte sie weiterhin auf andere Tiere ausweichen. So blieb sie stehen als sie ein jungen Stier von weiten sah. Sie ging auf das Tier zu, dieser schabte kräftig mit den Hufen, dass die Platten auf dem Boden Risse bekamen. Dabei machte er ein tiefes Ausatmen, sodass die ausgeatmete Luft direkt in Richtung Messalina Nase entgegen strömte. Sofort erkannte sie, dass das Tier ideal für die Opferzeremonie war. Sie lies daraufhin das Tier bezahlen und wies ihre Tempeldiener an alles vorzubereiten.


    Nachdem weitere vier Stunden vergangen waren. Messalina sich mit allerhand Zeug und einigem Personal auf zum Templum Divi Augusti machte. Andere den Stier herbrachten und befestigten, was sich als äußerst schwierig herausstellte. War das Tier jung, doch nicht viel leichter zu bändigen als ein Ausgewachsener. Sodass mehr als 15 Sklaven nötig waren. Messalina begutachte bevor sie die Empore hinaufstieg den jungen Stier, ob auch alles ordnungsgemäß vollzogen wurde wie die Beschmückung vor allem das Vorhandensein des Stirnschmucks, das dorsuale, einem Band das sich über den Rücken zog wie auch die infulae. Sie war zu frieden, sie hätte es nicht besser machen können und dass hatte schon etwas zu bedeuteten. Denn sie war wie in vielen Dinge nicht so einfach zufrieden zu stellen.


    Sie ging ganz allein die Empore hinauf, die mitgebrachten Dinge samt foculus wurden vorab vor der großen Skulptur des Augustus bereit gestellt. Doch bevor sie ins Innere schritt, sammelte sie all ihre Kräfte und war höchst angespannt. Sie ging zu einem Becken und wusch sich ihre Hände sehr gründlich. Und sprach zusätzlich folgende Worte. " Reinige den Verstand. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist." Diese Aufzählung möge für viele ein Standard gewesen zu sein, doch half ihr dieser, um ihre Nervosität zu verdrängen. Sie schritt langsam voran, immer näher kam ihr Augustus. Wie sehr hätte sie ihn persönlich kennen gelernt, alles hätte sie dafür gegeben. Wirklich alles! Sie sah sich die Skulptur an, als ein junger Mann wurde er dargestellt. Es gefiel ihr.


    "Mein Divus Augustus! Du der Rom aus dem Bürgerkrieg führte. Du der das Imperium zum neuen Glanz erstrahlen lässt. Du der als Friedenstifter bekannt ist. Du der uns zu Wohlstand verschaffte. Du der den Staatsfeind Antonius vernichtete. Du der uns Vestalinnen nahe stand.
    Ich danke dir, dass du mich inspirierst. Ich danke dir, dass du mein Herz berührst. Ich danke dir, dass du uns allen Römerinnen und Römer Frieden bescherst. Ich, Decima Messalina, Priesterin der Vesta gelobe dir ewige Treue. Nichts wird mich je davon abbringen. Meine Liebe gehört auch dir."
    Nachdem die Worte gesprochen waren konnte sie damit beginnen die Opfergaben an den Divus Augustus zu übergeben.


    "Hier entzünde ich dir Weihrauch, bekannt als Suffimenta, gefertigt im Atrium Vestae. Bestehend aus Bohnenkraut, dass am 23. September zu deinem Geburtstag persönlich von mir letztes Jahr geerntet wurde. Aus Asche der verbrachten Föten vom Fest der Fordicidia und aus Pferdeblut aus dem Pferdeschwanz des rechten Zugpferdes der siegriechen Biga vom Fest Equus october." Wenn auch bei dem Gedanken Pferdeblut ein kleines mulmiges Gefühl aufkam. "Hier Kuchen und Gebäck, gebacken im Atrium Vestae aus dem Getreide das zwischen dem 7. Maius und dem 14. Maius von den tres maximae frisch geerntet, anschließend geröstet und zermahlen wurde. Hier Wein, aus den edelsten süßen Trauben aus meiner Heimatstadt Tarraco, genau nach deinen Geschmack. Hier diese Statuette, die am heutigen Tage durch dich berührt wurde." Alles zusammen roch einfach wunderbar und die Statuette funkelte.


    "Unser aller Divus Augustus! Wir danken dir für deine Lehre!" Sie machte anschließend eine Drehung nach rechts um mit dem blutigen Opfer fortfahren zu können.


    Draußen waren bereits alle Vorbereitungen getroffen, sodass Messalina sicher zum Altar vor dem Tempel schritt. Dort aus einer Schüssel reichlich Mola Salsa schöpfte und es über das Tier streute, beginnend am Kopf hinab zum Schwanz. Anschließend wurde dem Tier der Kopfschmuck abgenommen und dieser mit Wein begossen. Zusätzlich bestrich sie das Opfermesser ebenso mit Mola Salsa. Alles musste genau stimmen. Sie war bereit. Doch bevor sie den jungen Stier selbst ins Jenseits beförderte, sprach sie:


    "Mein Divus Augustus! Ich opfere dir diesen prächtigen ungezähmten Stier. Der göttlicher Geist- und Lebenskraft symbolisiert. Der für Stärke und Majestät steht. Doch bitte ich dich, führe und forme den jetzigen Princeps, der deinen Namen trägt, nach deinem Ebenbild. Lass ihm deine Weisheit und Verstand zukommen. Lass ihm wie du es getan hast, die Würdigung meines Kultes erkennen." Ein wenig Selbstnutz war ja nie verkehrt. Messalina wollte alles selbst erledigen, denn nur so konnte sie sicher sein dass nichts unvorhersehbares geschah. Auch wenn der Stier recht kräftig war, so mussten auch die Vestalinnen mit solch einer Situation umzugehen lernen. Denn es gab viele Rituale die nur allein von Vestalinnen praktiziert wurden, auch dort ebenso große Tiere geopfert wurden. Sodass sie reichlich um den Tötungsakt unterrichtet wurden. Es lag nicht immer an die Größe und Kraft des jeweiligen Opferhelfers, sondern vielmehr an der Technik.


    Sie griff also zum großen Hammer. "Mein Divus Augustus, nimm ihn bitte zum Dank." Sie holte gekonnt aus und schlug schwungvoll den Hammer direkt auf den Schädel des jungen Stieres. Der sofort zu Boden fiel und nur noch leise Geräusche von sich gab. Dann griff sie zum Opfermesser und wie besessen durchschnitt sie ihm die Kehle. Es spritzte wie aus Kannen, eine riesige Sauerei. So sehr, dass Messalinas weiße Tracht teils Blut durchtränkt. Ihre zarten Hände und ihr engelsgleiches Gesicht von Blutflecken besudelt war. In Ekstase schnitt sie immer weiter, um die Organe freizulegen. Sie war in den Akt so sehr verfallen, dass sie sich teilweise vergaß. Ein paar Opferdiener nahmen einige Behältnisse zur Hand und versuchten flink das fließende Blut aufzufangen. Sodass Messalina anschließend die Organe herausschneiden konnte, aufstand und die exta zum Altar brachte. Fast apathisch wartete sie auf das Urteil des Haruspex.

  • Kein Zeichen, mucks Mäusen still war es. Hatte sich doch Messalina zumindest ein Bang, Boom oder so gewünscht. Ein Katzengejammer hätte es zur Not auch getan. Nun ja, Divus Augustus hatte wohl einiges zu tun. Doch würde sie ihn weiterhin lieben. Er war eben ihr ein und alles. gleich nach der Familie und Vesta. Das eigentlich die Organschau ausschlaggebend war, ob gute oder schlechte Organe pfff...


    Sie kam allmählich wieder zu sich und schüttelte sich einmal ganz unauffällig, erst dann sah sie das viele Blut auf dem Boden wie auch auf der Kleidung tragend. Die Spritzer Blut auf ihre sanften Lippen leckte sie geschwind ab… Bähhh…. Wieso hatte sie es getan? Sie verstand sich selbst nicht mehr, vielleicht lag es einfach an der großen Enttäuschung. Dass der Haruspex zwischenzeitlich die Leber des Tiers überprüfte und keine Fehler feststellen konnte, tja… das bekam sie nur am Rande mit. Erst als er "Litatio!" schrie, signalisierte sie ihre Anteilnahme durch ein kurzes Nicken. Von der Verteilung des Fleisches wollte sie nichts wissen, war doch dieses ihrer Meinung nach nicht berührt worden, auch wenn der Haruspex die Litatio verkündete.


    Enttäuscht, dass der Tag erst so phänomenal begann und dann katastrophal endete ging sie sich reinigen, lies sich von den Helferlein putzen und stieg anschließend die Stufen hinab, ohne ein Wort zu äußern. Heute würde sie zu niemanden mehr sprechen, nicht einmal zu Divus Augustus. Nur allein sitzend und aus dem Fenster blickend… vielleicht auch dabei eine ihrer vielen Statuetten wischend, mal schauen.

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