Vor der Curia Iulia: sehen und gesehen werden

  • Lange war Aelius Quarto fort gewesen. Während der Herrschaft Salinators – den er selbst zumeist 'Mörder', bestenfalls 'Usurpator' nannte – hatte er die Stadt verlassen und sich im Norden, in Mantua verborgen. Nach seiner Rückkehr war er im Haus der befreundeten Senatoren Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus untergekommen und hatte zwar Gäste empfangen, aber es nicht verlassen.
    Doch an diesem sonnigen Sommertag ließ er sich in einer Sänfte zum Forum Romanum bringen. Denn er hielt die Zeit für gekommen, sich wieder in der Öffentlichkeit zu zeigen.
    Auf seinen Sohn gestützt und in Begleitung einiger Klienten, begab sich der alte Consular zu dem engen Platz, der zwischen Rostra und Curia Iulia lag. Sein groß gewachsener, aegyptischer Leibsklave ging ihm voran.


    Vor den Stufen der Curia machte er halt und sah zum Eingang hinauf. Sein Blick wanderte über die schlichte Fassade.
    “Sie steht noch da, wie ich sie kenne.“, brummte er: “Wenigstens äußerlich, immerhin.“

  • Nakhti schaute auch hinauf, als sein Herr über das komische, recht schmale und hohe Haus vor ihnen sprach. Was er mit 'äußerlich' meinte verstand der schlichte Sklave jedoch nicht. Lag es daran, dass er selbst noch niemals drinnen gewesen war?
    Er hätte wohl auch nicht länger darüber nachgedacht, wenn er nicht so sehr damit beschäftigt gewesen wäre ein grimmiges Gesicht zu machen. So war der Gedanke gleich wieder verschwunden und der Aegypter wieder ganz darauf bedacht, dass niemand seinem Herrn etwas böses antat.

  • Es mag ein sonniger Sommertag gewesen sein, doch hatte Titus an diesem Tag mal wieder Kopfschmerzen zu erleiden, nicht dass ihm das viele Denken dazu trieb, nein, die damalige Knüppelattacke in der Casa der Decimer in Roma war der Verursacher. Die Verletzung war bisher nie wirklich geheilt und gerade an solchen Tagen, wenn die Sonne am heißersten schien, direkt auf seinen Schädel, da juckte es erst und anschließend wandelte sich der Juckreiz in einem Schmerz um. Er verfluchte diesen Legionarius, wenn er ihn nur einmal zwischen die Finger bekäme, dann würde er ihn höchstpersönlich erwürgen und anschließend in den Tiber versenken. Doch dafür musste er dieses Legionarus erst einmal Treffen, doch seine Legion wurde nach Germania zurückbeordert. Nun ja.


    Titus war auf jeden Fall vom Palatin mit einigen Staatssklaven unterwegs. Sie gingen die lange Treppe hinab, direkt am Atrium Vestae vorbei, um über dem Forum Romanum zur Curia zu landen. Hatte er doch ein blendende Idee, warum sollte er die Senatoren wegen dem Census anschreiben, wenn sie sich doch an einem Ort wie ein Rudel Wölfe versammelten. Sich gegeneinander in Debatten zerfleischten. Als Titus das Atrium Vestae erreichte, dachte er kurz darüber nach, ob er seine geliebte Tochter besuchen sollte, kam aber anschließend zum Entschluss dass es wohl keine gute Idee sei, nicht dass er sie bei irgendeiner Zeremonie störte. Also gingen allesamt in schnellen Schritten gradlinig zu Curia. Angekommen erstürmte ein voreiliger Sklave die Empore und rempelte gegen einen alten Senator, Akten vielen dabei zu Boden. Der Sklave zuckte sofort zusammen und entschuldigte sich. Titus sah das Übel nicht kommen, doch als es passiert war, erkannte er sofort den Senator, der Patron von Livianus. Er griff zu den Sklaven und zog ihn beiseite. "Consul Aelius, ich bitte vielmals um Entschuldigung." Das war definitiv kein guter Einstand, wollte doch Titus den Consul als Patron gewinnen sowie er es mit seinem Sohn besprochen hatte. Schöner Mist!

  • Corvus gehörte zu den Begleitern Quartos und als alter Soldat und ehemaliger Gardist behielt auch er die Menge im Auge. Auf diesen Aegypter war kein Verlass. Der war zwar groß und kräftig, aber auch dumm und schaute nur mit eng geschlitzten Augen in die Luft.
    Doch auch Corvus konnte nicht verhindern, dass ein unachtsamer Sklave im Gedränge des belebten Platzes seinen Patron anrempelte. Irgendwelche Schriftstücke fielen zu Boden. Aber noch bevor Corvus dem Kerl die Ohren langziehen konnte, mischte sich ein älterer, elegant gekleideter Mann ein; vielleicht der Herr des törichten Sklaven?
    Corvus trat einen Schritt beiseite und dabei auf eines der Pergamente. Aufmerksam fasste er den Mann ins Auge. Kannte er ihn? Wohl eher nicht.

  • Quarto nahm den Stoß kaum wahr und geriet glücklicherweise auch nicht ins Wanken.
    Er wandte sich nur überrascht um. “Was?“
    Vor sich sah er einen Mann, er ihn mit 'Consul' und seinem Namen ansprach. Das gefiel ihm.
    “Es ist nichts geschehen.“

  • Würde Titus nicht in aller Öffentlichkeit stehen, hätte er den Sklaven einen riesigen Tritt verpasst. Doch so blieb ihm nichts anderes übrig als sich für diesen zu entschuldigen. "Du musst wissen. Der Verbrecher Vescularius hat alle tüchtigen staatlichen Sklaven verheizt. Götter sei Dank ist die Tyrannei nun endlich vorbei." Damit konnte er bestimmt gut punkten, indem er zugab, dass er den Salinator nicht folgte. Doch die Erwähnung, dass er Palma vorerst ebenso wenig traute verschwieg er. Wusste er nicht wie das Verhältnis zwischen Consul Aelius und Palma war. Doch eines war ganz sicher. "Mein herzliches Beileid für deinen schmerzlichen Verlust. War doch dein Bruder uns immer Wohlgesonnen." Er nickte kurz, sah zu einem Mann der neben dem Senator stand und ihm mit Adlersaugen begutachtete, irgendwie unheimlich, dann wieder zum Senator selbst. "Decimus Varenus. Neffe vom Senator Decimus Meridius. Primicerius a rationibus." Quatro war nach Meinung Titus der beste Kandidat, beide dienten zum Beispiel nicht dem Militär und beide hielten viel von Divus Iulianus.

  • “Ja, den Göttern sei gedankt.“, stimmte Paetus murmelnd und gedankenverloren zu, als der Mann das Ende der Tyrannei begrüßte.
    Interessiert hörte er, wie sich ihr Gegenüber vorstellte, nachdem er sein Beileid zum Ausdruck gebracht hatte. Schon wieder fiel dabei der Name des großen Decimers Meridius, von dem Paetus erst kürzlich gehört hatte. Bei jenem Essen war es der Enkel gewesen, jetzt stand der Neffe vor ihnen. Er versuchte sich alles zu merken, besonders aber, dass dieser Decimus Varenus, wie er sich nannte, ein Primicerius aus dem kaiserlichen Palast war.

  • Als Klient des Aelius Quarto, gehörte auch Sedulus zu dessen Begleitern. Als sie vor des Curia Iulia waren, kam es plötzlich zu einem Zusammenstoß. Da Sedulus ein klein wenig abseits stand weil er sich gerade mit einem Bekannten unterhielt, bekam er leider nur die Hälfte mit. Als besagter Bekannte sich schließlich verabschiedete, trat Sedulus zu den anderen hinzu. Er zupfte seinem Verwandten Corvus an seiner Tunika.


    Sag Corvus, um was geht`s hier gerade?


    Flüsterte Sedulus neugierig mit Blick zu seinem Patron.

  • Quarto ließ sich von dem allgemeinen Gemurmel nicht aus der Ruhe bringen. Vielleicht hörte er es auch gar nicht.
    “Ich danke für deine Anteilnahme. Es war ein großer Verlust, für uns und für Rom.“


    Er stockte kurz, als Meridius' Name fiel, ging dann aber darüber hinweg.
    “Das hier ist mein Sohn, Gaius Aelius Paetus. Und diese Herren sind meine Klienten Quintus Germanicus Sedulus und Decius Germanicus Corvus.“, stellte er die wichtigsten seiner Begleiter vor.


    Sich selbst vorzustellen schien offenkundig unnötig, nachdem Varenus ihn schon namentlich angesprochen hatte.

  • Was war das? Er wurde von allen Seiten beobachtet wie auf einem Präsentierteller stand er da. Die Blicke waren mehr oder weniger freundlich. Ganz irritiert schien Titus zu sein, als er vernommen hatte, dass zwei Klienten aus der Familie der Germanicer stammten. Eine von wenigen Familien die Titus absolut nicht gern um sich hatte. Doch müsse er wohl damit leben, wenn er Klient von Consular Aelius werden möchte. Beim Consular schien es auch nicht unvermeidlich zu sein, dass bei seinen vielen Klienten auch der eine oder andere Germanicer unter seine Fittiche war. Und wer weiß, vielleicht würde eines Tages die Familie Decima und die Germanica wieder zusammen um einen Tisch liegen, so wie in alter Zeit als noch Meridius Legat war. Manchmal wurden aus Feinden die besten Freunde.


    Er registrierte also, dass die beiden da zwei Geramnicer waren, ein Senator und ein Eques. Der Jüngere der Sohn vom Consular war. Hätte sich Titus auch denken können, so ganz unähnlich waren sich Vater und Sohn nämlich nicht. Den Sklaven der ständig zum Himmel blickte und wohl nach Iuppiter Ausschau hielt, beachtete er erst gar nicht. Er nickte dem Sohn des Consular zu. "Es freut auch mich dich, Aelius Paetus, kennen zu lernen. Du folgst ein großes Erbe.", dabei lächelte er. Die beiden anderen begrüßte er zögerlich, fast verbissen. "Senator Germanicus und Germanicus." Klang irgendwie komisch, nun denn, so war es eben. Jeder musste mal irgendwann über seinen Schatten springen.


    Waren damit die Begrüßungsfloskeln als beendet anzusehen?

  • Corvus nickte dem Mann knapp zu: “Decimus.“, und sah ihn weiterhin fest, wenngleich ohne Argwohn an. Ihm waren die Feinheiten decimisch-germanischer Beziehungen weitestgehend entgangen, hatte er die letzten Jahre doch in Mantua und Misenum verbracht und war davor in Aegyptus gewesen.

  • “Wie geht es dort oben?“
    Quarto wies auf den Palatin, der auf der anderen Seite über dem Forum Romanum aufragte.
    “Es ist lange her, dass ich der Kanzlei vorstand. Aber damals taugten die Sklaven dort auch schon nichts.“

  • Noch bevor die Vorstellung von statten ging meinte Sedulus noch zu Corvus.


    Hmm, ein Decimer also. Ich war zwar erst vor kurzem im Palast, aber an ihn kann ich mich nicht erinnern.


    Auch Sedulus nickte ohne eine Miene zu verziehen. Kannte auch er die Problematik der beiden Familien und hatte sogar schon mit dem ein oder anderen Decimer einen kleinen bis größeren Disput ausgefochten. Allerdings mit dem Großteil dieser Sippe, hatte er kaum etwas zu tun.


    Decimus!


    Grüßte er ihn schließlich.

  • Seine Blicke schweiften des Öfteren zu den beiden Germanicer. Doch dann als der Consular ihm wegen dem Palatin ansprach, konzentrierte er sich nur auf den Senator Aelius. "Hektisch würde ich meinen. Viele Beamte sind weiterhin verschollen und wichtige Positionen blieben bisher unbesetzt. Auch solche Posten die du vor langer Zeit innehattest, ... " Wenn es auch die Dienstbezeichnung 'Magister Domus Augusti' so nicht mehr gab. Immerhin aber 'Praefectus Augusti'. Die Abteilungen wurden seit einigen Jahren auf mehrere Procuratoren-Schultern verteilt, sodass es in der Theorie keinen Vorsteher oder so mehr gab, aber praktisch es dem Procurator a libellis zuzuschieben wäre, zumindest hielt der Pompeius daran fest. Titus hingegen sah es eher als hinderlich an, wenn jemand allein der Kanzlei vorstand, hatte doch solch eine Personen keine Ahnung von allen Wissensgebieten. "...sodass ich als Primicerius mehr Verantwortung zu tragen habe als vorgesehen." Doch das störte Titus überhaupt nicht. Seine Arbeit war gut. Auf jeden Fall hatte sich bisher niemand darüber beschwert.


    "Und sonst, nun ja, der Augustus setzt alles daran, dass der Palatin wieder zu seiner alten Stärke kommt." Dazu gehörte auch ortsbedingt die Domus Aeliana, doch das heikle Thema wollte so Titus von sich aus ungern ansprechen, war er doch teilweise Leiter unter Vescularius für das Umbauvorhaben gewesen. Bei der Bemerkung über die Sklaven musste Titus reichlich grinsen, sich gar das Lachen verkneifen. Nicht nur die Sklaven sondern auch größtenteils die Notarii. "Du gedenkst den Palatin wieder zu dienen?" Seine Unterstützung hätte er.


    Sim-Off:

    edit: Sätze angefügt

  • “Ich? Nein, nein, gewiss nicht.“
    Quarto hob abwehrend die Rechte.
    “Ich bin alt. Damit müssen sich jüngere Männer herumschlagen. Männer wie du.“
    So etwas wie ein Lächeln war auf seinem Gesicht erkennbar. Varenus war zwar deutlich jünger als er, aber 'jung' gewiss auch nicht mehr.
    “Außerdem kenne ich den Cornelier nicht gut, der sich jetzt Augustus nennt. Ähm... ich kenne ihn... natürlich. Er saß lange mit mir im Senat, wie ich, bei den Consularen. Aber hat er dort viel gesagt? Nein... nein, nein. Ein schweigsamer Senator und oft über Jahre weg, als Statthalter in... ach, was weiß ich wo...?“
    Er zuckte mit den Schultern.
    “Aber er wird jetzt auch merken, dass es zum Regieren eine funktionierende Kanzlei braucht. Mit Legionen allein kann man es eben nicht.“
    Das klang fast ein wenig spöttisch.

  • Wunderbar, dass die Begrüßung zwischen Consular Aelius und Varenus sich zu seinem ausführlichen Gespräch ausgedehnt hatte. Die anderen Klienten wie Statisten wirkten. So und nicht anders würde es Varenus weiterhin wollen, vor allem, weil der Consular Worte von sich gab die Varenus hätte nicht besser sagen können. Und dieser sich sogar traute, nicht nur im Geheimen, darüber zu sprechen. Auf die Anspielung hin, dass Titus jung sein, konnte er sich das Lachen dann doch nicht mehr verkneifen. "Unter den Senatoren wäre ich wohl der Jüngste."


    Nach einer kurzen Pause fasste er sich wieder. "Deine Worte sind auch meine Worte.


    Ähm... irgendwo im Osten ...?" Mehr wusste auch er nicht. "Vielleicht sind dafür seine Taten um so gewaltiger?" Ob positiv oder negativ, das würde sich wohl bald herausstellen müssen. "Bisher habe ich den Cornelier nur über das Payprus kennen gelernt, doch hat er uns Beamten zu einem Plausch eingeladen. Mal sehen was dabei rumkommt, jedoch ist meine Erwartung eher gedämpft bis gar nicht vorhanden."
    Varenus nickte bei der letzten Aussage. "Und daher wäre es auch in deinem Interesse, Consular. Wenn du einen höheren Beamten am Palatin zu deinen Verbündeten zählen könntest."


    Sim-Off:

    Heute ist der Wurm drin :P

  • “Oh, natürlich.“, meinte Quarto verschmitzt.
    Er hatte einen wirklich guten Tag erwischt. Monatelang hatte er abgestumpft und in sich gekehrt gewirkt und oft auch nicht mehr ganz in der Gegenwart. Aber dieser Auftritt in der Öffentlichkeit tat ihm sichtlich gut.

  • Paetus verfolgte das Gespräch seines Vaters aufmerksam. Nicht zuletzt hatte er ihn heute hierher begleitet, um zu lernen. Denn er wusste, dass vor der Curia Iulia oft Kontakte geknüpft wurden, Verabredungen getroffen und nicht selten mehr Politik gemacht wurde, als in dem hohen Haus selbst.
    Nicht anderes, als eines Tages selbst Senator zu werden, konnte sein Ziel als Sohn eines Consulars sein. Und es war, daran war nicht zu zweifeln, der für ihn vorgesehene Weg – wobei er immer fürchtete, die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen zu können.
    Also passte er gut auf.

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