Warm schien die Sonne auf das Gesicht des Knaben. Liebkoste seine feinen Gesichtszüge, die von dunklen, kurzen Haaren gesäumt waren. Ein Junge, der von vielen gerade mal auf vier oder vielleicht fünf Sommer geschätzt wurde. Er war jedoch zwei Jahre älter. Er war nur nicht sonderlich groß gewachsen. Eher schmal von der Gestalt und reichlich blass in seinem Gesicht. Auch wenn er gerne draußen war, aber die heiße Sonne Italias nicht immer vertrug und sich in der Mittagshitze in den Schatten jeglicher Villae oder Gärten flüchtete. „Marcus Antonius. Ich verurteile Euch zum Tode!“, flüsterte der Knabe. Er kniete zwischen einem Zypressenbaum und den sanft blühenden Rosen zu seiner rechten. Unter seinen Knien spürte er die harte und bröckelige Erde, die die Wurzeln der Blumen und Bäume beherbergte. Vor ihm stand der Kaiser. Groß und mächtig. Sein Wort war das Gesetz im Imperium. Seine Handlung die eines Gottes. Der Kaiser war jedoch eine Figur. Geschnitzt aus Holz, bemalt mit den Pigmenten, die die Erde ihnen schenkte. Gekleidet in kleinsten Stoffen, die von den Resten der Tuniken stammte. Eine Sklavin hatte dem Jungen das Spielzeug gefertigt. Eine Sklavin der Claudier im Exil, in der Villa als einer der Sklaven ungeschickterweise das Spielzeug des Flaviers zertreten hatte. Welche Tränen, welches Schimpfen der kleine Flavier an diesem Tag gezeigt hatte. Oh, er hatte gedroht, dass der dumme Sklave ausgepeitscht werden würde. Eine leere Drohung, denn es wussten alle Sklaven, dass Sciurus das Sagen hatte, nicht der kleine Flavier. Aber die Sklavin hatte ein Herz mit dem Jungen gehabt und, Titus würde es niemanden sonst gegenüber vielleicht zu geben, die Figur war viel schöner als seine Alte. „Ich verurteile dich zum Tode. Denn du hast Hochverrat begangen. Ich, Caesar, aus dem Geschlecht der Iulier.“ Titus pausierte in seiner Rede einen Augenblick. War Caesar schon Kaiser gewesen? Und... war nicht Augustus... ach, egal. Er hatte es vergessen, was ihm sein Lehrer, der Grieche, vor einigen Wochen dazu gelehrt hatte. Der Kaiser hob einen Stecken – es war ein kleiner Ast des Rosenstrauches, kaum größer als Titus kleiner Finger – und er ließ ihn herunter saußen. Auf ein Bündel Gras, das Marcus Antonius repräsentieren sollte. „So ist die Gerechtigkeit der Kaiser.“, grunzte Titus befriedigt, als Marcus nun tot vor ihm lag. Das Gras war in alle Richtungen zertreten.
„Das hast du gut gemacht, Caesar!“ Titus hob die Figur vor sein Gesicht und lächelte seinen Imperator glücklich an. „Ich weiß, mein Sohn. Eines Tages wirst du die Verräter hin... hin... töten.“ Titus nickte bei dem Auftrag des Imperators, den er mit tieferer Stimme nach gestellt hatte. Der Knabe erhob sich und steckte die Figur an den Gürtel seiner Tunika. Suchend sah er sich im Garten nach Gesellschaft um, aber die Sklaven waren beschäftigt, er kannte bisher kaum jemand in der Villa. Sie waren erst vor zwei Tagen hier angekommen nach einer langen Reise vom Süden Italias hier her. Nachdem die Nachricht sie ereilt hatte, dass nun Frieden in Rom herrschte und sie wieder zurück kommen konnten. Da. Der Flavier entdeckte ein lohnendes Ziel. Langsam und mit leisen Sohlen schlich er an den Rosen vorbei. Vorsichtig auf die Säulen des Hauses zu, in dessem Schatten eine Stadttaube nach den Körnern pickte. Er war nicht kräftig, einen langen Marsch schaffte der Junge auch nicht, aber flink und geschickt konnte man ihn durchaus schimpfen. Mit den Zehen trat er auf, damit seine Ledersandalen ihn nicht doch noch verrieten. Dann stürzte er nach vorne und schlang die Hände um die Taube, die erschrocken auffliegen wollte. Doch für das Vogeltier war er kräftig genug und hielt es fest. Auch wenn er dabei auf dem Bauch lag und das Tier ihm mit den erschrockenen Vogelaugen direkt ins Gesicht sah, sogar versuchte ihn zu piecken. „Du wirst meinen Streitwagen für den göttlichen Caesar ziehen.“, sprach der Knabe und lächelte. Nur müsste er den Vogel irgendwo einsperren können. Wo nur? Bei all dem Überlegen bemerkte der Knabe die nahenden Schritte nicht.
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