• Centho verließ mit Dracon die Villa Claudia und begab sich mit offenem Blick für seine Umgebung in Richtung Forum. Er wollte die Stimmung einfangen, sich ein Bild über den Zustand der Stadt und vor allem über die Anwesenheit von Militär machen.
    Es war offensichtlich, daß die Stadt nicht unter den jüngsten Ereignissen gelitten hatte. Wie eh und je liefen Menschen aller Herrenländer durch die Straßen, die Häuser waren in einem guten Zustand und die Stimmung ließ keine allzu großen Spannungen vermuten.
    Die Angst vor Meuchelmördern oder Verhaftungen war offenbar nicht sehr verbreitet, er sah viele lachende Gesichter. Die Streifen der Cohortes Urbanae waren in gewohnter Wahrnehmung unterwegs. Bald erreichten sie das Forum.
    Auch hier standen die Menschen beisammen und sprachen mehr oder weniger intensiv miteinander, ...Centhos Anspannung ließ etwas nach, er blieb stehen, hob die Hände, als würde er etwas kostbares anpreisen und wandte sich an Dracon.
    Caput mundi,...ROMA,... es klang wie ein Glaubensbekenntnis aus Centhos Mund und sein Habitus schien die Würde und Bürde eine uralten Adelsgeschlechts geradezu auszustrahlen.
    Er straffte sich ein wenig, bog den Rücken durch und schaute in die Runde.
    Ja,...auch wenn in den Provinzen gerne kopiert wird,...hier ist das Original...
    Wenngleich ihn ein unbestimmtes Gefühl der Leere befiel. Alle rund um ihn herum schien nach etwas zu trachten. Jene Senatoren dort steckten die Köpfe zusammen,...warum wohl? Um dem Wohle der Stadt zu dienen oder eher um ihre eigene Position gewinnbringend zu platzieren?
    Unweit schleppten sich sechs nubische Sklaven an einer aufgebretzelten reichlich fülligen Matrone unbestimmten Alters ab, die ihre Position zum neuen Machthaber für seinen Geschmack ein wenig zu sehr zur Schau stellt. Ein Schauer lief Centho über den Rücken. Tausende Geräusche, lagen wie ein permanentes Murmeln über dem Forum, Menschen, Menschen, Menschen,...irgendetwas in ihm revoltierte gegen diese Wahrnehmungen. Die Matrone ließ sich unweit seiner Position vorbeischleppen um ihn kokettierend zu mustern.
    Centho verzog irritiert belustigt die Augenbrauen hoch und wandte sich wieder Dracon zu.
    Nun,...was sagst du...?
    Sein Frage trug den leisen Hauch der Ironie mit sich.
    ...das ist doch etwas anderes als Londinium?
    Dort hatte er Dracon angeworben...oder sollte er besser sagen,...gekauft? Neben ihm ertönte ein gehässiges Lachen und zwei der Senatoren entfernten sich. Offenbar teilten sie die Ansichten der Zurückbleibenden nicht. Plötzlich bemerkte er einen schalen Geschmack im Mund.
    Vielleicht musste man weit weg sein um sich nach etwas zu sehen.

  • Rom. Er sah es mit eigenen Augen. Der Claudier hatte Recht. Alles war größer und imposanter. Erdrückend für einen Mann aus der Provinz. Einen ehemaligen Gladiator, der in einer Zelle gelebt hatte. Mit seinem relativ guten Einkommen nicht mal schlecht. Der geträumt hatte davon, hier in der Arena stehen, im Kolosseum, zu Kämpfen und zu Siegen. Sein Name hätte, eingeritzt auf ewig, an einer Mauer gestanden und von seinem Ruhm berichtet. Begeisterte kauften Öllampen und kleine Figuren auf denen er dargestellt wäre. Brachten Geld ein, von dem er hätte gepflegt und gut umsorgt leben können. Oder er wäre Tod. Besiegt von einem Besseren, bei einem dieser Kämpfe auf Leben und Tod. Hier gab es keine Aussicht durch einen Gönner gerettet zu werden. Das Unterschied Rom von der Provinz. Wobei er immer noch der Meinung war, dass Lügen und Intrigen, gegen seinen Ludusbesitzer, ihn beinahe den Kopf gekostet hatten.
    Die Schattenseiten dieser Größe lagen im Detail. Diebe, Gesindel, Mörder trieben sich hier herum. Der Geruch des vielen Geldes lockte sie an. Dracon schmeckte das weniger. Er musste aufmerksamer sein. Vieles war unübersichtlicher und er musste überlegter vorgehen. In der Provinz zu schupsen war ungefährlicher. Hier musste er aufpassen, wen er zur Seite rempelte. Dracon befiel eher Beklemmung bei der Masse der Menschen. Er richtete sein Augenmerk wieder auf die, die sie umgaben, an ihnen vorbei drängten. Manche mit Misstrauen, herablassend, einige mit Furcht, andere respektvoll. Am schlimmsten waren die Togaträger mit einem Sack voll Sklaven um sich. Dracon ließ sich nicht einschüchtern und stand wie ein Wellenbrecher vor seinem Dominus. Ihm entging nicht, dass diese Dicke Römerin ein Auge auf den Claudier warf und das sehr offensichtlich. Die hatte viel Geld und war nach Dracon’s Geschmack. Ein kleines bisschen weniger Hüft und Bauchspeck, dann wäre sie perfekt. Solche hatte er sich in Londinium in seine Celle kommen lassen. Der Umstand, dass er die Frau unauffällig beobachtete und der Zeitpunkt der Frage seines Dominus ließen nur einen Schluß zu. „ Du hast Chancen bei ihr. Die hat einiges ….ähm, an Sesterzen. Bist du an einem Gespräch interessiert?“ Dracon kam in Fahrt. Das war keine Lupa, außerdem brauchte der Claudier Mal was Handfestes um den Kopf frei zu bekommen. „ Drei Besuche und du siehst wie ein Athlet aus.“ Dracon hatte das letzte geflüstert. Selten, dass er sich, wenn er gefragt wurde so ins Zeug legte. Bei so einer Frau. Ob es in den Lupanaren hier ähnliche Frauen im Angebot gab? Ein Säckchen mit Sesterzen war ihm geblieben. „ Ja, völlig anders, kräftiger, voluminöser, griffiger…“ Es machte bei Dracon Klick. Sein Dominus meinte die Stadt. „ Ich meinte...“ Seine Lippen aufeinander gepresst, sah er zu Boden, seine Stirn legte sich in Falten. Vollkommen danebengegriffen. Er hatte sich von ihrem Anblick überwältigen lassen.

  • Ein wenig konsterniert sah Centho Dracon an, ...was redete der da? fragte er sich als ihm auffiel wo sein Begleiter hinsah. Ein Grinsen verkneifend entgegnete er, Nun, ich bin sicher die Matrone wäre nicht abgeneigt deinen Mutmaßungen Beweise folgen zu lassen,...wobei ich dir nur bedingt zustimme,...sie scheint weniger an mir als an dir interessiert zu sein.
    Er knuffte den Riesen gegen den Oberarm und begab sich weiter in Richtung Therme. ...das Problem ist nur,...ich habe einen Termin und kann dich unmöglich missen um den Anforderungen zu entsprechen... Doch hatten sie im Prinzip noch genug Zeit für einen kurzen Blick auf den Circus Maximus...Centho war sicher, das würde Dracon die dicke Schrulle vergessen lassen.

  • Dem ersten Teil stimmte Dracon mit einem breiten Grinsen und eifrigem Nicken zu. Beim zweiten Teil der Ausführungen seines Dominus, sah er ihn fragend an. „Dominus, bist du dir sicher, dass sie mich meint? Sie hat wirklich mich gemeint!!“ Centhos Knuff bestärkte ihn in dem Glauben. Dracon reckte die Brust raus, fuhr sich über den kahlen Kopf. Der Nachsatz des Dominus war fast enttäuschend. Dracon brummte und dachte es wäre zu schön gewesen. Aber der Dominus brauchte ihn an seiner Seite. Vielleicht nach dem Termin oder am Abend nach seinen Pflichten, wenn er nicht mehr gebraucht wurde. „ Der Termin, Dominus, gehen wir.“Mit stolz geschwellter Brust ging Dracon voraus und machte seinem Dominus Platz.

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