Lepidus schien kein Problem mit ihrer Mitgliedschaft zu haben, das war gut zu wissen. Irgendwie hatte Lucia die irrationale Angst gehabt damit nicht in Lepidus Sinn gehandelt zu haben. Doch das konnte sie ja jetzt getrost vergessen. „Ich hab damit gerechnet“, behauptete sie einfach mal. „Aber ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass das Ganze so schnell und unkompliziert von statten gehen würde.“ Hier sprach sie eindeutig die Wahrheit. Sie stellte sich das meiste ohnehin komplizierter vor, als es dann eigentlich sein würde und da war dieser Abend bei der Factio keine Ausnahme gewesen.
Doch mit der nächsten Aussage schaffte es Lepidus wieder Lucia für ein paar Momente baff zu erleben. Entweder er war ein besserer Schauspieler, als Lucia es ihm zutraute, oder er informierte sich tatsächlich nicht genauer über sie. Auf die Frage, ob sie das ungewöhnlich fand, schüttelte sie zögerlich den Kopf. „Ich vergess nur immer wieder, dass Frauen eindeutig mehr miteinander reden als Männer“, versuchte sie das ganze harmlos zu erklären. Sie hatte eigentlich gedacht, dass Lepidus ahnen würde, dass sie sich von den Sklaven über alles im Haus, inklusive ihm, informieren ließ und dass er es ihr gleich tat. Das würde sie wohl nochmal überdenken müssen… sofern er nicht jetzt durch ihre unbedachten Worte darauf kam. „Hab ich das richtig mitbekommen, dass du ausgerechnet der Aurata beigetreten bist? Haben die nicht eine ganz spezielle Rivalität mit der Veneta?“, wechselte sie mit einem ironischen Lächeln rasch das Thema.
Officium | Die Welt ist nicht genug
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"Die Factiones suchen immer gern nach neuen Mitgliedern und haben diese auch nötig. Von daher wäre es wohl fatal, wenn sie den Einstieg allzu bürokratisch gestalten würden", kommentierte der große Bruder mit einem Lächeln die Mitgliedschaft seiner Schwester. "Das ist richtig. Es ist die Aurata geworden. Bedingt durch meinen geschätzten Patron, der mir diese Möglichkeit eröffnet hat. Und naja, die Rivalität gibt es natürlich. Aber es ist ja bekanntlich Sport und wer sagt uns schon, dass aus dieser Rivalität nicht irgendwann auch Freundschaft werden kann?" Sehr wahrscheinlich war das natürlich nicht, aber man musste es ja auch nicht unbedingt auf etwas anderes anlegen. "Darüber hinaus bietet die Veneta auch keine schlechten Kontakte. Immerhin ist dort auch der amtierende Consul Decimus Livianus Mitglied. Ganz abgesehen davon, dass die Veneta bereits genug außergewöhnliche Persönlichkeiten angesammelt hat. Ich hätte mich ungern mit der Rolle eines Statisten begnügt, wenn es um die Ausrichtung des Rennstalls ging." Wobei er natürlich gleich relativierend anfügte. "Selbstverständlich möchte ich damit nicht deine eigenen Möglichkeiten in Frage stellen, in der Veneta etwas zu bewegen. Ich bin sicher, du hast ein gewisses Durchsetzungsvermögen, sofern du denn daran interessiert bist, dich wirklich aktiv in die Politik des Rennstalls einzubringen."
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In einer späteren Zeit hätte man Lepidus Verhalten wohl als oberlehrerhaft bezeichnet. Doch so empfand Lucia seine Kommentare einfach als nervige Besserwisserei. Sie rollte mit den Augen, doch da sie nichts anderes von ihm gewohnt war und sich selbst inzwischen als erwachsene Person betrachtete, verzichtete sie auf eine pampige Antwort.
Ob sie selbst etwas in der Veneta bewegen wollte, wusste sie noch gar nicht. Sie wiegte nachdenklich den Kopf hin und her und zuckte dann mit den Schultern. „Ich denke ich warte zunächst ab und lerne. Nicht dass ich irgendeiner dieser großen Persönlichkeiten noch vor den Kopf stoße!“ Ja, so wäre das wohl am besten. „Die nächsten Rennen werden so oder so äußerst interessant werden!“, sprach sie dann mit einem breiten Grinsen. „Ich wette mit dir, dass die Blauen euch um Längen schlagen werden!“ Sie rieb sich vorfreudig die Hände. „Das ist auch spannender, als wenn wir beide für die gleiche Factio wären.“ Das würde ein Spaß werden! Und niemand könnte etwas sagen, wenn sie mit ihrem Bruder eine kleine, harmlose Wette bezüglich des Ausgangs des Rennens abschloss.
Weißt du inzwischen wieder, weshalb du mich noch gerufen hast? Wolltest du mir vielleicht etwas erzählen? Irgendwas mit deiner neuen Stelle, irgendwelche neuen Kontakte, vielleicht irgendwelche Neuigkeiten die dich und eine Frau einschließen?“ Das letzte fand Lucia doch bei weitem am spannendsten, wunderte sie sich doch langsam, da sie Lepidus noch nie mit einer Frau hatte turteln sehen. -
"Mich und eine Frau? Ich hoffes, es gibt dahingehend keine Gerüchte", man wusste ja nie, wozu der römische Klatsch fähig war. "Es ist derzeit keine Frau in Aussicht, die sich politisch zu ehelichen lohnen würde", gab der Tiberier bekannt und zerschlug damit wahrscheinlich auch jegliche Vermutungen, man könne ihn jemals 'turteln' sehen. Frauen waren doch an sich nur ein Hindernis. Sie hielten einen von der Arbeit ab und flößten einem niedere Gedanken ein. Wenn schon, dann musste es für Lepidus auch irgendeinen Vorteil haben, sich mit einer einzulassen. "Aber falls dir je eine Frau auffällt, die den Interessen unserer Familie zugute kommen würde, kannst du mir gerne bescheid sagen." Diesen Satz konnte der Tiberier nicht sagen, ohne wenigstens ein bisschen in sich hineinzulachen. "Ansonsten gibt es eigentlich nichts weiter. Mein Amt nimmt derzeit natürlich die meiste Zeit in Anspruch. Es ist eine höllische Arbeit für die Reinigung der Straßen zu organisieren. Aber es wird dich vielleicht freuen zu hören, dass meine Leistungen derzeit sehr wertgeschätzt werden. Selbst der Consul hat mich schon mit einem ausdrücklichen Lob bedacht."
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„Ach, Gerüchte gibt es immer.“ Lucia machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich werde dir Bescheid geben, wenn ich ein Schädliches zu Ohren bekomm. Aber die von denen ich weiß, sind ohnehin entstanden, als ich mit Manlia über dich spekuliert hab.“ Sie zuckte mit den Schultern und erlaubte sich ein freches Grinsen. „Mach dir keine Sorgen. Es sind keine unpassenden Kandidatinnen dabei und so verkehrt ist es auch nicht, wenn die Mütter da draußen wissen, dass du im Grunde interessiert wärst.“ Obwohl Lucia es extrem schade fand, ihren Bruder wohl nie beim Tändeln mit einer Frau zu erwischen, war ihr die Aufgabe nach einer geeigneten Partnerin Ausschau zu halten nicht unangenehm, im Gegenteil. Sie nickte also und sprach: „Ich werde die Augen aufhalten.“
Er kam auf sein Amt und was er bisher schon erreicht hatte zu sprechen und Lucia nickte abermals. Straßenreinigung war jetzt wirklich nicht das beste Amt was ihr Bruder hätte bekommen können, aber das würde sie ihm zum einen nie sagen und zum anderen schien es sich für ihn ja trotz allem auszuzahlen. Also bemühte sie sich stolz zu erstrahlen. „Das ist ja wunderbar! Ich wusste du würdest alle beeindrucken!“ -
Interessant. Seine Schwester spekulierte also ganz gerne über ihn. Wahrscheinlich gab er auch durch die Verschleierung seines Privatlebens auch allen Anlass dazu. Er würde das wohl im Auge behalten. "Ja, in der Tat. Ich habe nichts gescheut, um dem Amt meinen persönlichen Stempelaufzudrücken. Wenn dies auch noch positiven Anklang findet, freue ich mich natürlich umso mehr." Und dies klang noch fast bescheiden für die Art von Selbstzufriedenheit, die der Patrizier empfand. "Wenn es von deiner Seite aus nichts mehr zu besprechen gibt, so würde ich sagen, trennen wir uns hier erst einmal wieder. Es wartet noch ein klein wenig Arbeit auf mich - aber ich bin überzeugt, wir werden uns schon bald wieder ausführlich unterhalten können."
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Lucia schüttelte langsam den Kopf. „So direkt, weiß ich nichts mehr… Aber ich muss mich jetzt ohnehin mit meinen Freundinnen besprechen. Wäre doch gelacht, wenn ich nicht mehr über diese Sergia herausfinde, als ihr lieb ist!“, mit einem vorfreudigen Lächeln stand Lucia mit Schwung auf und rieb sich die Hände. Dann straffte sie die Schultern, lächelte ihren Bruder an und sprach: „Versprich mir alles zu erzählen, was du über die Verlobte von Iulius Dives zufällig aufschnappst.“ Sie wartete nicht auf eine Antwort, die negativ hätte ausfallen können, sondern rauschte aus dem Raum. Sie hatte Recherche zu tun!
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