Einmal quer durch die Thermen

  • Die Holzpantoletten klackten auf dem beheizten Boden, als sich Sextus mit Purgitius Macer so in Richtung der größeren Bäder begab. Ein ihnen folgender Sklave trug ein paar Handtücher pflichtschuldig hinter ihnen her, während sie sich so gemütlich ihren Weg bahnten. Wie jeden Tag war die Therme natürlich reichlich voll und nicht gerade leise. Überall unterhielten sich natürlich die Leute, ob im Wasser oder auch draußen. Ein Haarausreißer schreite lauthals durch die Gegend und bot seine Dienste an – solange, bis er jemanden gefunden hatte, der seine Dienste in Anspruch nahm und dann dafür weiterbrüllte. Irgendwo rechterhand taten einige Masseure ihr Werk und entlockten ihren Kunden das ein oder andere Grunzen und Stöhnen. Und von der großen Palästra kamen natürlich ähnliche Geräusche von den Ringern und Gewichthebern. Dazu kamen noch eine Vielzahl an Verkäufern, die nur dann und wann von den Balneatoren beiseite gescheucht wurden. Oder ganz hinausgeworfen, wenn sie zu sehr störten.
    “Bezüglich der Rennen ist meine Planung noch nicht so weit vorangeschritten, wie ich gestehen muss“ griff Sextus das Thema im Gehen wieder auf und ließ den Consular das Ziel ihrer kleinen Wanderung bestimmen. Vielleicht wollte der Purgitier vor dem Baden sich noch mit Sand und Öl abreiben lassen, um sich zu säubern, oder er wollte direkt ins Wasser. Sextus hatte da weniger Präferenzen und wollte sich einfach anschließen. “Ich habe einen meiner Klienten losgeschickt, um bei der Veneta, Purpurea und Praesina anzufragen, während ich bei der Russata“, wobei Sextus mit einer kleinen Geste auf Macer deutete, “Albata und Aurata die nötigen Informationen einholen wollte. Ich hoffe, dass alle Factiones sich beteiligen, allerdings muss ich gestehen, dass ich nicht weiß, inwiefern der Bürgerkrieg Einfluss genommen hat und ob überhaupt alle Factiones noch geeignete Rennpferde besitzen.“

  • Anders als Aurelius Lupus hatte Macer für den Thermenbesuch durchaus klare Präferenzen, in welcher Reihenfolge er welche Räumlichkeiten und Angebote zu nutzen gedachte und steuerte daher recht zielstrebig den Baderaum mit den lauwarmen Becken an, da Aurelius Lupus kein anderes Ziel zu haben schien. "Das wäre auf jeden Fall sehr schön, alle Factiones bei diesem Rennen vertreten zu haben", freute sich Macer über die Planung. "Aber du hast Recht, der Bürgerkrieg könnte auch dort seine Spuren hinterlassen haben. Weniger bei den Pferden würde ich allerdings vermuten, als bei den beteiligten Personen der Rennställe oder auch bei den Fahrern. Da hat man ja mitunter andere Sorgen in dieser Zeit", spekulierte er, während er sich über ein großes rundes Wasserbecken beugte und abwechselnd Wasser über seinen linken und seinen rechten Arm laufen ließ. "Zumal ja einige Factiones auch vorher schon recht wenig aktiv waren. Von der Albata habe ich zum Beispiel schon ewig nichts mehr gehört."

  • Dem Consular folgend tat Sextus dem Mann gleich und wusch sich langsam und gründlich die Arme in Vorbereitung auf das eigentliche Bad. Im Hintergrund heulte immer wieder der arme Trottel auf, der sich die Haare von der Brust reißen ließ, was nach jedem Schrei in einer ganzen Reihe sehr farbenfroher Beschimpfungen mündete. Soweit als möglich, versuchte Sextus das zu ignorieren und sein Gespräch ruhig fortzusetzen.
    “Hierbei hast du ganz sicher recht. Ich habe im Gegensatz zu dir keine Erfahrungen über das Leben in der Stadt zu dieser Zeit, nahm allerdings aufgrund der Handelsblockade wohl an, dass die Nahrungsmittel sehr knapp waren. Da wäre es nicht das erste Mal, dass das ein oder andere auch wertvolle Tier geschlachtet worden wäre, oder im Vorfeld für den Feldzug eingezogen.
    Allerdings trifft dies, wie du schon richtig bemerkt hast, auch auf die Fahrer zu. Die Einschränkungen und die Einziehungen, versteht sich, nicht das Geschlachtetwerden aus Nahrungsmittelgründen.“

    Inzwischen fühlte sich Sextus auch ausreichend nass und sauber, um etwas weiter zu gehen. Immerhin wollte er nicht hier an den Waschbecken schon vollständig aufweichen. Das 'Opfer' im Hintergrund hatte wohl auch inzwischen genug und den Haarausreißer wieder weggescheucht. Allerdings zu einem nicht ganz günstigen Zeitpunkt, wie ein kurzer Blick hinüber offenbarte, denn dieser war mit seiner Arbeit ganz offensichtlich nicht fertig geworden. Lediglich ein Streifen mit darunterliegender sehr weißer Haut lief quer über die doch sehr behaarte Brust eines Thermenbesuchers, gesprenkelt von ein, zwei Blutströpfen, was dem noch immer Schimpfenden entfernte Ähnlichkeit mit einem Dachs oder einem dieser seltenen Streifenhörnchen aus Asia verlieh.
    “Bezüglich der Albata habe ich auch keine Neuigkeiten. Ihre Inaktivität mag an ihrem Vorsitzenden liegen und seiner langjährigen Abwesenheit in Aegyptus. Auf die Entfernung lässt sich wohl keine Factio vernünftig lenken.
    Auch von den anderen Factiones ist bislang der Rücklauf recht ernüchternd. Ich hoffe ja noch, dass sich hier noch mehr Begeisterung entwickelt. Das letzte Rennen ist immerhin auch schon eine lange Zeit her. Man sollte meinen, die Rennställe wären dahingehend ungeduldiger, ihr Können einmal wieder auf die Probe zu stellen.“

  • Auch Macer war von dem Geschrei des Haarausreißers beziehungsweise seines Opfers kurzzeitig etwas abgelenkt, versuchte es dann aber so gut es ging zu ignorieren. Er konnte sich ohnehin nicht erklären, warum jemand ernsthaft dessen Dienste in Anspruch nehmen sollte. Stattdessen wusch er an dem Wasserbecken nach den Armen auch sein Brusthaar und machte sich dann auf den Weg zu einem der großen lauwarmen Badebecken, da auch Aurelius Lupus seine Waschung beendet zu haben schien. "Ja, bezüglich der Albata magst du Recht haben", griff er den zweiten Gesprächfaden dabei auf, da er die Schlachtung von Wagenlenkern nicht weiter vertiefen wollte. "Anwesenheit einiger verantwortlicher Personen in Rom ist letztlich doch unverzichtbar, um eine Factio zu führen, möchte ich meinen. Zumal man seine Fahrer ja sicher gerne auch fahren sehen möchte", ergänzte er. Aber auch ohne diesen Punkt stellte er es sich tatsächlich sehr schwer vor, über größere Distanzen etwas organisieren zu können. Bis man die Einladung zu einem Rennen überhaupt zugestellt bekommen und beantwortet hatte, konnte bei ein paar Wochen Postlaufzeit ja das Rennen selber schon vorbei sein.


    Am Becken angekommen, stellte Macer seine Badesandalen davor ab, stieg über die Beckenkante und ließ sich vorsichtig ins Wasser gleiten. "Das wäre zumindest zu wünschen, dass die anderen Factiones etwas mehr Interesse entwickeln. Immerhin dürfte es genug Zuschauer geben, die sehnsüchtig auf ein gutes Rennen warten und ihre Lieblinge wieder fahren sehen wollen. Und die besten Rennen leben ja nun einmal auch davon, dass viele Factiones dabei sind. Ohne den Lieblingsgegner ist ein Rennen ja nur halb so spannend."

  • Noch ein wenig tropfend folgte Sextus dem Consular in Richtung Becken. Sein Handtuch warf er noch mit einer lässigen Bewegung dem Sklaven hinter ihm zu und ließ die Holzsandalen am Rand stehen, um sich am beheizten Fußboden nicht die Füße zu verbrennen. Langsam ließ er sich in das handwarme Wasser gleiten und erst einmal so einweichen. Bequem lehnte er sich dazu zurück an den Beckenrand und hörte Purgitius zu.
    “Da ist deine Erfahrung definitiv größer als meine. Ich muss gestehen, dass ich bislang eher weniger die Rennen besucht habe und selbst auch keiner Factio angehöre, obgleich mein Vetter Ursus ja seinerzeit der Princeps der Factio Aurata war. Allerdings hoffe ich, dass du recht hast, und so die übrigen Factiones ebenfalls für dieses Rennen gewonnen werden können. Bei der Aurata bin ich zuversichtlich, aber ich denke, ein Rennen nur aus Russata und Aurata wäre doch etwas langweilig für die Zuschauer. Zumindest bei der Veneta bin ich aber durchaus sehr zuversichtlich. Auch die Purpurea war zuletzt aktiver. Zumindest bei den letzten Rennen, soweit ich das richtig im Kopf habe.“

  • "Ja, nur mit Russata und Aurata wäre das Rennen in der Tat ein wenig schwach besetzt", stimmte Macer mit traurigem Gesichtsausdruck zu. "Aber wenn die Veneta mitmacht, wäre das sicher ein großer Gewinn. Zumindest bei mir zehrt sie noch von ihrem großen Ansehen vergangener Tage. Das waren einige große Rennen, die sie geliefert hat und es waren zum Teil einige sehr markante Köpfe, die an ihrer Spitze standen oder hinter den Kulissen tätig waren." Namen kamen Macer natürlich keine mehr in den Kopf, aber er war lange genug bei der Russata gewesen, um viele legendäre Erinnerung zu haben. Oder Erinenrungen, die irgendwann zu Legenden wurden.


    An die Purpurea hatte er dagegen keine speziellen Erinnerungen. "Die Purpurea war zuletzt aktiver? Mag sein, aber besonders aufgefallen ist es mir nicht. Wer steht denn da überhaupt derzeit an deren Spitze?", erkundigte er sich dann. Es war zwar sträflich, dass er als Chef einer Factio die anderen Chefs nicht kannte, aber bei den Wirren der letzten Zeit hielt er es für ein ganz klein wenig verzeihlich.

  • “Du meinst den Princeps Factionis?“ fragte Sextus kurz noch einmal nach, um sich etwas Bedenkzeit zu verschaffen. Er hatte sicherlich den Namen schon einmal gehört, aber wie lautete er? Die Purpurea war auch eine der Vereinigungen, bei der sein Klient Tiberius Lepidus anfragen sollte, daher hatte er sich den Namen des ranghöchsten Ansprechpartners gar nicht erst explizit gemerkt. War das der Helvetier gewesen, von dem er sonst noch nichts gehört hatte? Oder doch jemand anderes? Nein, es war jemand anderes. Der Matinier? “Ich meine, Senator Matinius, aber ich bin mir nicht gänzlich sicher. Und zumindest bei dem letzten größeren Rennen hatte sie den dritten Platz hinter der Russata und Aurata, wenn ich es recht erinnere. Aber das weißt du vermutlich besser als ich. Wie bereits gesagt, sind meine Kenntnisse des Rennsports eher... theoretischer Natur. Wobei ich auch nur wenig mehr Begeisterung für Gladiatorenspiele an sich aufbringen kann. Doch zumindest ist mir hier der sportliche Anteil etwas... greifbarer.“ Bei Gladiatorenkämpfen gab es klare Regeln, es gab Schiedsrichter, es gab sowas wie erkennbares Können bei den Protagonisten. Bei Wagenrennen gab es Pferde, die im Kreis liefen. Wobei Sextus dies so dem Vorsitzenden einer Factio wohl nicht sagen würde.


    Sextus sah an sich herunter, wo gerade das Thema Sport aufkam. Während des vergangenen Jahres und des Feldzuges hatte er abgenommen. Sichtbar. Zwar sah man seinem Körper an, dass er auf ihn achtete und trainiert hatte, aber was Muskelmasse anging war dort einiges verloren, was früher mehr hervorgestochen war. Er musste mehr essen, und mehr trainieren. “Wobei ich persönlich im Anschluss an unser Gespräch und das Bad hier wohl auch etwas greifbarerer dem Sport nachgehen sollte“, fügte er daher im leichten Plauderton noch an, ehe er sich wieder gänzlich dem Thema an sich widmete.
    “Auch habe ich überlegt, eventuell mehrere Fahrer jeder Factio zum Start zuzulassen, dass ein Rennfeld von zumindest sechs Fahrern hoffentlich erreicht wird. Ein Duell mag zwar auch sienen Reiz haben, aber ich denke, es ist erbaulicher für die Zuschauer, wenn sie möglichst vielen Fahrern zujubeln können.“

  • Nachdenklich kratzte sich Macer am Kopf. "Stimmt, Senator Matinius war das. Aber wohl nur pro forma. Die Arbeit haben da glaube ich schon lange andere gemacht." Macer war sich zumindest ziemlich sicher, den Senator selber nur sehr selten getroffen zu haben im Zusammenhang mit Wagenrennen.


    Dass Aurelius Lupus mit der Faszination des Wagenrennes nichts anfangen konnte, traf bei Macer wiederum auf kein Verständnis. "Für Gladiatorenspiele kann ich mich auch nur mäßig begeistern, aber wieso dir die sportliche Leistung nicht greifbar ist beim Wagenrennen, das wundert mich schon. Bist du selber schon einmal einen Wagen gefahren? Oder schnell im Wettkampf geritten?" Letzteres wohl bestimmt, immerhin war er auch mal Offizier gewesen, und da machte man zuweilen aus Spaß ja solche Wettritte. Macer konnte ja nicht ahnen, dass Aurelius Lupus an die militärische Bewegung zu Pferd ein paar ganz spezielle Erinnerungen hatte. "Wenn dir nach einer solchen Erfahrung das Bestreiten eines Rennens, ein erfolgreiches Bestreiten noch dazu, nicht als sportliche Leistung erscheint, dann weiß ich es auch nicht! Von der Renntaktik und allem was dazu gehört ganz zu schweigen." In Macers Stimme schwang ganz deutlich Begeisterung mit, als er diese Argumente vorbrachte, auch wenn sie objektiv gesehen wohl kaum als Argumente taugten, wenn man sich eben nicht für Wagenrennen begeistern konnte.


    Bezüglich der Planung mit mehreren Fahrern pro Factio nickte Macer nur deutlich mit dem Kopf. "Aber ja, das ist ganz sicher sinnvoll, mehrere Fahrer pro Factio zuzulassen, wenn das Starterfeld sonst zu klein wäre. Von einem Rennen nur mit zwei oder drei Fahrern hat niemand etwas. Dann entfällt doch viel von der Spannung und Faszination, wenn sich die Fahrer gar nicht richtig Duellieren können. Erst wenn es voll ist auf der Bahn kann man doch richtig taktieren."

  • Ob er was war? Wettrennen mit einem Wagen? Sextus bestieg noch nicht einmal wirklich gern eine Sänfte. Von einem Pferderücken ganz zu schweigen.
    Er lächelte leicht schief und hob in einer entschuldigenden Geste die Hände. “Ich glaube, dass dies eine Leidenschaft für junge Männer ist, sich in derartigem Wettkampf zu messen. Meine Jugend allerdings war von strengem Lernen und der Vorbereitung auf das Amt des Haruspex geprägt und ließ für derlei keine Zeit. Meine körperliche Ausbildung war vielmehr klassisch gehalten.
    Allerdings kann ich sehr wohl erkennen, dass dies eine sportliche Leistung sein ist.“
    Nun, eigentlich konnte er genau das nicht, aber wie sagte man das einem echten Rennliebhaber möglichst diplomatisch? “Nur eben eine, zu der mir der rechte Bezug nicht ohne persönliches Bedauern leider fehlt.“ Kurz zuckte er fast jungenhaft mit den Schultern.


    Und konzentrierte sich dann wieder auf das eher wesentliche. “Ich hoffe jedenfalls, insgesamt ein Rennfeld von fünf, idealerweise sechs Fahrern aufstellen zu können. Und hoffe ebenso, dies mit den jetzigen Factiones bewerkstelligen zu können, wobei ich wie gesagt dank deiner Zusage nun bei Russata, Veneta und Aurata schon zuversichtlich bin.


    Darüber hinaus werde ich auch Gladiatorenspiele anbieten. Denn was wären munera ohne sie? Immerhin haben diese hier ihren Ursprung. Ich hatte gehofft, einige Gladiatoren aus Massilia verpflichten zu können wie vor einigen Jahren mein Verwandter Aurelius Corvinus. Dessen Spiele waren ein großer Erfolg, an den ich anzuknüpfen gedenke.“

  • "Die Rennfahrer sind meist deutlich jünger als wir, das stimmt", erwiderte Macer zustimmedn den Verweis auf die Leidenschaften jüngerer Männer, auch wenn er Aurelius Lupus vom Alter her nicht so einschätzte, dass er tatsächlich schon viel älter war als die ältesten der bekannten aktiven oder ehemaligen Rennfahrer. "Aber wahrscheinlich hast du Recht und der eine fühlt sich eher zu diesem Sport hingezogen, der andere eher zu jenem."


    Die Gladiatur gehörte dabei eher zu jenen Beschäftigungen, mit denen wiederum Macer wenig anfangen konnte, trotz all ihrer Tradition. Dementsprechen wusste er auch nicht allzu genau, ob Gladiatoren aus Massilia von besonderer Qualität waren. Nach seinen Erinnerungen an vergangene Gladiatorenspiele brauchte man ihn da erst Recht nicht fragen, denn da stand schon sein schlechtes Gedächtnis im Weg. "Selbstverständlich, gerade bei einer Munera hätten Gladiatorenspiele ihren richtigen Platz", stimmte er daher erst einmal zu. "Hast du entsprechende Kontakte nach Massilia, über deine Gens? Und hat es mit dieser Schule in Massilia etwas besonderes auf sich?", fragte er dann interessiert weiter, während er sich leicht im Wasser bewergte und die Wellen beobachtete.

  • Zum Glück hatten sie nun anscheinend dieses Riff namens Wagenrennen erfolgreich umschifft und Sextus konnte wieder etwas weniger diplomatisch bedacht einfach erzählen, was er plante und so vielleicht ein wenig Werbung im Vorfeld machen.
    “Mein Vetter Corvinus hat zu seiner Zeit als Ädil schon einmal erfolgreich Kontakt zum Lanista der dortigen Gladiatoren aufgenommen, so dass der Kontakt relativ problemlos wieder aufgenommen werden kann, auch durch Freunde meiner Gens im dortigen Gebiet dort. Vielleicht ist dir die Geschichte meiner Familie nicht bekannt, aber bevor wir in den Patrizierstand erhoben wurden, waren wir erfolgreiche Händler, und hierdurch ergeben sich auch nach nun drei Generationen noch der ein oder andere Kontakt in viele Teile des Reiches, unter anderem eben auch nach Gallia Narborensis.
    Und bei besagten letzten Spielen erfreuten sich diese Gladiatoren großer Beliebtheit. Nachdem ich gehört habe, dass die stadtrömischen Ludi zum Teil dazu genötigt worden waren, ihre Gladiatoren den Plänen des Usurpators zu opfern, wollte ich von Außerhalb einige Gladiatoren engagieren, um so die Qualität auch zu sichern. Jene Gladiatoren sollten durchgängig trainiert sein und auch in vollständiger Mannstärke. Immerhin sollen die Gladiatorenspiele in nichts den Wagenrennen nachstehen. Auch wenn beide so wohl unter schwierigen Voraussetzungen stattfinden werden.“

  • In Gedanken strich Macer das 'vielleicht' aus dem Satz des Aureliers und ersetzte ihn insgesamt eher durch ein 'ganz sicher ist mir die Gesichte deiner Gens komplett unbekannt', so dass er zu den weiteren Ausführungen dann auch nur freundlich und neutral nickte und lächelte. Familiengeschichten waren noch nie seine Stärke gewesen und neben der Gesichte der eigenen Familie hatte er gerade so mit einiger Müge die wichtigsten Versatzstücke aus der Familie seiner verstorbenen Frau noch im Kopf. Für andere Gentes war da schlicht kein Platz. Aber das sagte er natürlich nicht, sonder stimmte den weiteren Ausführungen ehrlich zu. "Ja, das klingt natürlich nach einer sehr sinnvollen Überlegung. In der Tat dürfte die Ludi in Rom und auch anderenorts in Italia sehr gelitten haben unter dem Krieg, während andere Ludi in den Provinzen verschont blieben. Zumal man sich dort dann auch sicher freut, Gladiatoren nach Rom entsenden zu dürfen. Bleiben solche Gladiatoren dann nach den Kämpfen hier oder kehren sie dann typischerweise wieder in ihre Schulen zurück?" erkundigte er sich dann weiter, weil er in diesem Geschäft einfach viel weniger Bescheid wusste als bei den Wagenrennen.

  • Inzwischen hatte Sextus durchaus das Gefühl, gut durchgeweicht zu sein, so dass er gegen einen Beckenwechsel sicherlich nichts einzuwenden gehabt hätte. Oder gegen eine kleine Ruhezeit außerhalb des Wassers. Da sein Gesprächspartner allerdings keine Anstalten machte, ebenfalls ein solches Bedürfnis zur Schau zu tragen, im Gegenteil danach aussah, als gefiele es ihm, hier im warmen ein wenig gar zu ziehen, blieb Sextus natürlich an Ort und Stelle und führte das Gespräch locker weiter.


    “Nein, üblicherweise kehren sie mit ihren jeweiligen Besitzern dann auch wieder zurück in ihre eigenen Schulen. Bisweilen nutzen die Lanistae die Gelegenheit eines solchen Auftrittes, um sich noch für einige kleinere Veranstaltungen buchen zu lassen und das ein oder andere Geschäft abzuschließen. Zumeist nutzen sie auch die größere Auswahl von Sklaven auf den hiesigen Märkten, um sich neue Talente für ihre Schulen einzukaufen.
    Doch soviel vorweggenommen, so deine Frage hierauf letztlich abzielt, durch dieses eher kurzzeitige Engagement ist es natürlich erheblich kostspieliger, dem Volke Roms diese Attraktion zu bieten. Allerdings ist es angesichts der Vorkommnisse der letzten Zeit denke ich eine lohnenswerte Investition in die Zukunft, für ein wenig Zerstreuung zu sorgen. Und dies in einem durchaus größeren Rahmen.“

  • Genaugenommen zielte Macers Frage auf gar nichts ab, abgesehen von der Schließung eigener Wissenslücken. Daher half ihm auch die vorweggenommene Antwort nichts weiter, sondern warf vielmehr weitere Fragen auf. "Wieso kostspieliger? Man zahlt nicht nur die Miete für die Gladiatoren, sondern auch sämtliche Kosten für die Anreise und Abreise?", erkundigte er sich weiter, da das der naheligendste Gedanke war.


    Dass sein Gesprächspartner gleichzeitig bereits über das Verlassen des Wassers nachdachte, war für ihn dagegen gar nicht naheliegend. Selber genoss er es nämlich sehr hier im warmen Becken und konnte sich gut vorstellen, noch länger hiert zu verbringen. AUf jeden Fall aber noch länger hier in den Thermen.

  • Kurz blinzelte Sextus und überlegte die sinnigste Antwort auf die Frage, da für ihn eben jene mit etwas kaufmännischem Denken eigentlich so offensichtlich schien. Vielleicht wollte der Purgitius auch nur freundlich sein und das Gespräch am Laufen halten. Wobei er eigentlich nicht so aussah, als wolle er lediglich höflich sein. Zumindest also spielte er ehrliches Interesse so gut, dass Sextus keine Anzeichen für weiterführende Unterstellungen fand. Was die Frage nicht unbedingt weniger verwirrend machte, die Beantwortung derselben allerdings einfacher. Irgendwie.


    “Nun, es ist wie bei jeder Ware: Von je weiter her sie kommt, umso teurer ist sie. Natürlich rechnet jeder Lanista seine Preise, zu denen er seine Gladiatoren auftreten lässt, so, dass er selbst dabei einen Profit davon trägt, der das Risiko des Todes des Gladiators auch mit abdeckt. Du musst ja bedenken, dass die Ausbildung und der Unterhalt eines Gladiators ein nicht unerhebliches Maß an Geld kostet, schon allein die medizinische Betreuung, dazu noch die Unterbringung und die Ernährung der Gladiatoren, dazu in der Regel noch den Preis für die Anschaffung des Gladiators an und für sich. Kräftige, gesunde und junge Sklaven sind immerhin überall gefragt und dementsprechend wertvoll.
    All dies hat ein Lanista als Geschäftsmann natürlich einzukalkulieren, ebenso dann wie die Reise und die Unmöglichkeit, in dieser Zeit andere Verträge einzugehen. Letzteres erhöht vor allen Dingen die Preise während großen Festtagen wie den Volcanalia oder den Ludi Plebei.
    Natürlich hat ein einzelner Editor nicht die gesamten Kosten für jeden einzelnen Gladiator zu tragen. Immerhin kämpft so ein Gladiator in seinem Leben mehrfach, gerade eine Reise nach Rom bietet dem Lanista zusätzliche Möglichkeiten zum Einkauf, wie bereits erwähnt, und zum pflegen späterer, lukrativer Kontakte.
    Und so kalkuliert er seinen Preis entsprechend dem Angebot und der Nachfrage seiner Ware und berechnet dabei Reisewege ebenfalls mit ein, so dass zu einem gewissen Maß die Anreise und hiesige Unterbringung natürlich auch von meiner Person nun bezahlt werden wird, wenn man es denn so sehen mag.“

  • Macer hörte aufmerksam zu und nickte zwischendurch schon manchmal leicht als Zeichen, dass er den Erklärungen folgen konnte. Tatsächlich hörte sich alles sehr schlüssig an und er war auch froh, dass die Antwort seine eigene Vermutung bestätigte. "Klingt sehr logisch und nachvollziehbar", antwortete er daher. "Das erklärt die Preise sehr schlüssig. Und scheint dann wohl etwas anders zu sein als bei den Wagenlenkern. Die werden ja nicht ausgeliehen, sondern wechseln eher von einem Rennstall zum anderen. Reisekosten gibt es da natürlich auch für größere Rennen, aber die trägt dann nicht unbedingt der Veranstalter, sondern eher die Factio, die bei dem Rennen umgekehrt auf Erträge aus dem Preisgeld hofft", erläuterte Macer im Gegenzug das Renngeschäft, in dem er sich wesentlich besser auskannte als bei den Gladiatoren. Da er aber nicht wusste, ob das Aurelius Lupus überhaipt interessierte, sprach er erst einmal nicht weiter, sondern bot vorsichtig einen Themenwechsel an. "Wollen wir noch hier bleiben, der das Becken wechseln?"

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