Die Gänge der Casa

  • Beim Teutates hatte dieses Gebäude zu viele Gänge. Sie war doch den richtigen Weg gegangen und irgendwie aber irgendwo falsch abgebogen. Jetzt fand sie doch tatsächlich von der culina nicht mehr zurück zum tablinum. Wie unangenehm das war. Sie war eine Diebin, die in Gebäude einbrechen konnte und fast im Schlaf wieder herausfand. Ebenso konnte sie nachts ohne Probleme durch die Städte finden, die sie unsicher machte und nun stromerte sie hier von Tür zu Tür. Das hatte sei davon, dass sie in Gedanken einfach nur dem Sklaven hinterher getappert war und auf nichts geachtet hatte. Nun gut...so viele Gänge und Türen konnte es doch nicht geben um wieder zurück ins Tablinum zu finden.

  • Livianus war gerade raschen Schrittes unterwegs zu seinen Räumlichkeiten, als er in einem Seitengang flüchtig eine junge Frau bemerkte, die mit dem Rücken zu ihm stand. Er wäre zuerst fast weitergegangen in der Annahme, dass es sich um eine der Haussklavinnen handelte, doch auf den zweiten Blick merkte er, dass ihm ihre Gestalt und ihr Haar nicht wirklich bekannt vorkamen. Er bremste sich daher ein und ging ihr ein paar Schritte hinterher. Vermutlich war sie nicht vollkommen Hausfremd, denn wie hätte sie es sonst bei den ganzen Sklaven vorbei bis hier zu den Gemächern der Familie geschafft. Aber neugierig wie er war, interessierte es ihm, um wen es sich handelte.


    "Kann ich dir irgendwie helfen?" fragte er neugierig als er nur noch ein paar Schritte hinter ihr standen.

  • Das war ja einfach nicht zu fassen und sie konnte auch bisher mit Fug und Recht behaupten, dass ihr so etwas so auch noch nicht passiert war. Während sie mit ihrem Schicksal haderte und ihren Gedanken nach hing, bemerkte sie nicht, dass sich ihr jemand näherte. Erst als er sie ansprach, wurde ihr bewusst, dass sie nicht allein war. Sie schaffte es gerade so nicht wirklich erschreckt zu wirken.
    "Ja, also. Eigentlich kannst du mir schon helfen. Passiert ist mir das zwar auch noch nicht, aber ich habe vergessen welche Tür zum Tablinum gehört."
    Dieser Mann kam ihr nicht bekannt vor als sie ihn mal genauer betrachtete. Dabei fiel ihr auf, dass er sie wohl auch noch nicht kannte. Ehe es irgendwie zu falschen annahmen kam, stellte sie sich rasch vor.
    "Ich bin übrigens Celeste. Die Scriba von Aquila. Davor habe ich schon für Serapio als Scriba gearbeitet. Aber da war ich mehr in Alexandria. Ähm..also..Salve..."
    Sie lächelte ein wenig schüchtern. Solch Situationen behagten ihr so gar nicht.
    "Ja, also...ich bin einem Sklaven bis zur culina gefolgt und war so damit beschäftigt meine Aufträge zu planen, dass ich nicht auf die Türen und die Ecken geachtet habe und ich wollte nicht jede Tür öffnen und schauen was sich dahinter verbirgt. Ich bräuchte also einen Hinweis...wenn es geht?"
    Hoffentlich konnte dieser Mann ihr helfen.

  • Aquila hat eine Scriba? Dazu noch eine Angestellte und nicht einen Sklaven wie er selbst? Wie kann sich der Junge das leisten? Das waren die ersten Gedanken, die Livianus durch den Kopf schossen. Er musterte die Frau ein wenig, während sie sich ihm vorstellte. Selbstverständlich gehörte es zum guten Anstand sich ebenfalls vorzustellen.


    "Ich bin Marcus Livianus, Serpaios Adoptivvater."


    Natürlich konnte er ihr erklären, wie sie zum Tablinum kam, doch so schnell wollte er sie nicht wieder ziehen lassen. Schließlich hatte ihn die vermeintliche Scriba ein wenig skeptisch gemacht. Serapio hatte bisher ausschließlich militärische Posten inne was es immer schwierig machte Frauen im Haushalt zu beschäftigen. Vor allem wenn sie keine Sklavinnen waren. Und Aquila hatte eben für das Vigintivirat kandidiert. Natürlich waren die Decimer gut situiert, doch sein junger Verwandter hatte gerade einmal den untersten Rang des Cursus Honorum erreicht. In beiden Fällen war die Anstellung einer Scriba mehr als ungewöhnlich. Noch dazu einer weiblichen. Recht direkt, wenn auch nicht unfreundlich, platzte die Frage schließlich aus den Decimer heraus.


    "Verzeih meine Direktheit, doch wofür braucht Aquila eine Scriba?"

  • Also die Vorstellung haute sie fast aus ihren Schuhen. Da stand also tatsächlich Serapios Vater vor ihr. Sie hatte schon eine Menge über ihn gehört, aber bisher noch nicht gesehen und irgendwie hatte man ihr auch nicht gesagt, dass er da war. Oh weh...wie unangenehm.
    "Es freut mich dich kennen zu lernen,"
    sagte sie also brav und anständig. Die nächste Frage überraschte sie fast noch mehr als die Person, die vor ihr stand. Er wusste also auch nicht von ihr. Na gut. Das war nicht schlimm. Es hatte sich ja gerade geändert.
    "Ich habe mit Seiana gesprochen. Ich bin erst vor Kurzem aus Alexandria hierher gekommen. Nachdem Serapio Alexandria verlassen hatte, bin ich dort noch etwas länger geblieben. Ich hatte noch ein paar Aufträge zu erledigen. Dann kam der Krieg und es war schwierig nach Italia zu kommen. Ich habe es erst jetzt geschafft. Wie gesagt, ich habe bei Seiana vorgesprochen und da Serapio im Moment wohl keine Scriba benötigt und Aquila jemanden zu seiner Unterstützung braucht, beschäftigt sie mich weiter. Deswegen bin ich hier."
    Was ihre kleine Nebenaufgabe war, wollte sie hier so nicht herausposaunen. Ob es hier einen Sklaven gab, der ihr vielleicht helfen konnte? Als sie sich umsah, war natürlich keiner zu sehen. Wie immer.

  • Seiana hatte diese Entscheidung also getroffen und das ohne ihren Onkel zuvor zu konsultieren. Livianus wusste nicht so recht ob er damit einverstanden sein sollte. Nicht das Seiana alleine Entscheidungen traf, schließlich war sie lange auf sich alleine gestellt gewesen und konnte mit den meinsten Entscheidungen ebenso gut umgehen wie ein Mann an ihrer Stelle es vormochte. Sondern vielmehr die Tatsache das Aquila eine Scriba hatte. Wie würde es auf Magistrate oder Senatoren wirken, wenn der junge Decima mit einer eigenen Scriba auftauchte, war er in ihren Augen doch selbst nicht viel mehr als ein Gehilfe für durch aus nicht unwichtige, aber auch nicht wirklich staatstragende Aufgaben. Livianus machte sich sorgen, dass es ein schlechtes Bild abgeben könnte und dann auch noch eine Frau. Abgesehen davon, dass es bei Außenstehenden einen falschen Eindruck erwecken könnte, war auch nicht sichergestellt, dass Aquila durch ihre Nähe nicht unnötig abgelenkt war. Er bohrte daher nach.


    "Und du unterstützt ihn also wobei genau?"

  • Gut, oder nicht. Es kam also Keiner um ihr zu helfen. Während sie den Decimer anlächelte, seufzte sie innerlich. 'Stur lächeln und winken. Nur Stur lächeln und winken,' dachte sie sich während sie überlegte was sie wohl erzählen sollte oder konnte. Vielleicht gab er sich damit zufrieden wenn sie einfach ihren Hauptauftrag einfach immer wieder wiederholte.
    "Bei dem wo er so Hilfe benötigt. Wenn er gewählt wird, dann wird er jemanden brauchen der ihm den Schriftverkehr abnimmt und zur Hand geht wenn er es wünscht. Du weißt es sicher selbst am Besten, aber er hat mit seinem bevorzugten Amt ordentlich was zu tun und jetzt wo das Leben in Roma wieder anläuft wird es vermutlich mehr werden als sonst. Ich werde einfach da sein wenn ich gebraucht werde."
    Celeste war richtig stolz auf sich als sie schließlich endete. Das war gut gewesen. Ganz sicher musste es gut sein. Na gut, sie hoffte es einfach. Wahrscheinlich war es nicht gut gewesen. Sie seufzte und sah sich wieder um. es sollte keiner sonst hören und daher sprach sie die nächsten Worte recht leise.
    "Und ich soll darauf achten, dass er einen Blödsinn anstellt und es verhindern wenn es in meiner Macht steht. Ich habe Seiana versprochen mein Möglichstes zu tun. Aber so wie ich ihn bisher kennengelernt habe, sollte es keine all zu schwere Aufgabe werden. Einfach nur zur Vorsicht damit er sich seine Zukunft nicht verbaut."
    Jetzt war sie aber wirklich stolz auf sich. Sie hatte die Wahrheit gesprochen. Das passierte nicht sehr oft. Eigentlich sagte sie schon die Wahrheit. Sie ließ nur gern mal das ein oder andere weg was halt nicht jeden so interessierte. Es war eben nicht so, dass sie immer die Wahrheit sagte und auch nicht immer so, dass sie log. Es war eine für sie bisher meistens gesunde Mischung gewesen damit sie in zwei Welten ihren Weg gehen konnte. Ach ja. Lächeln nicht vergessen und das tat sie auch nicht.

  • Das war eine Aussage mit der Livianus endlich etwas anfangen konnte, auch wenn er noch nicht wusste ob es ihm gefiel, dass sein Nichte Seiana eine Aufpasserin auf Aquila angesetzt hatte. Er war noch jung, keine Frage, doch er war bald römischer Magistrat und auf dem besten Wege es innerhalb der nächsten Jahre zum Senator zu bringen. Aber wie dem auch war, seine Nichte hatte bestimmt ihre Gründe so zu handeln und bei nächster Gelegenheit wollte er sie danach fragen. Diese junge Scriba jedenfalls konnte nichts dafür. Daher lockerte sich sein bis dahin eher strenger und musternder Blick wieder.


    "Ich verstehe."


    Dennoch verlor er noch nicht das Interesse an der jungen Frau. Immerhin musste es ja etwas geben, das sie dazu befähigte Aquila vor unbedachten Schritten zu bewahren. Eine besondere Ausbildung oder eine Gabe, die sie zumindest Kompetenter oder Erfahrener machte, als einen jungen römischen Magistraten der dabei war sich auf das oft sehr glatte politische Parkett Roms zu wagen.


    "Und davor hast du also meinem Sohn Serapio als Scriba gedient. In Alexandria, wenn ich richtig gehört habe? Du wirkst nicht sehr orientalisch, wenn ich das so feststellen darf. Ich würde eher sagen irgendwo aus den Norden, deinem Haar nach zu urteilen. Was hat dich nach Alexandria verschlagen? Es ist auch sehr ungewöhnlich eine Frau mit einer solchen Aufgabe zu betrauen. Welche Ausbildung hast du genossen?"

  • Diese Taktik schien die Bessere gewesen zu sein. Die Keltin fühlte sich nicht mehr ganz so von seinem Blick durchbohrt. Außerdem hatte wurde die Angst etwas weniger gleich einen Fluchtversuch starten zu müssen. Er verstand es also? Irgendwie blieb da ein kleiner Zweifel und nur wenige Worte später, wusste sie warum er geblieben war. Mein Güte war dieser Mann neugierig. Serapio hatte ihm also nicht so viel von ihr erzählt und scheinbar auch nicht, dass sie hin und wieder als seine Alibifreundin bei Gesellschaften zur Seite gestanden hatte. Da sie nicht wusste in wie fern es der Vater ihres alten Arbeitgebers wissen durfte, blieb dieser Fakt also außen vor.
    "Du hast Recht. Ich bin nicht orientalisch. Ich komme aus dem Norden. Meine Familie ist keltischen Ursprungs, arbeitete dann für eine römische Familie. Nach dem unsere Eltern kurz nacheinander gestorben waren, übernahm die römische Familie unsere Ausbildung. Ich lernte auch schreiben und rechnen. Als wir größer waren, kamen meine Schwester und ich nach Roma. Sie starb etwas später leider auch. Hier in Roma lernte ich auch deinen Sohn Serapio kennen. Eingestellt hatte er mich bereits hier in Roma. Nach Alexandria bin ich dann mitgegangen. Ich habe bei ihm viel lernen können und ich denke, ich weiß was Aquila tun sollte um nicht negativ aufzufallen. Es mag für eine Frau ungewöhnlich sein, aber Serapio hat mir die Befähigung zugetraut als ich noch nicht so viel Ahnung hatte. Jetzt kann ich dir aber versichern, dass ich mir eine ganze Menge angenommen habe."
    Nicht viele kannten so viel ihrer Vergangenheit und sie sprach auch nicht gern darüber. Scheinbar hatte sie aber wohl soweit ausholen müssen um den Mann vor sich von sich zu überzeugen. Dass sie so um ihren legalen Auftrag kämpfen musste, hatte sie sich auch nicht träumen lassen.

  • "Ich vertraue der Einschätzung meines Sohnes. Wenn du ihm gut gedient hast und er mit deiner Arbeit zufrieden war, so wirst du ebenso gut dem jungen Aquila zu Diensten sein. Gutes Personal wird zudem immer eine sichere und gut bezahlte Anstellung bei uns finden. Solltest du bei deiner neuen Tätigkeit nicht genügend ausgelastet sein, so bin ich mir sicher, dass wir ein weiteres Tätigkeitsfeld für dich finden werden. Ich selbst bin vor kurzem zum Consul für die kommende Amtsperiode gewählt worden und habe daher bestimmt auch immer einen Auftrag parat, den ich dir zuweisen kann. Du kannst also gerne bei mir hin und wieder vorbeischauen. Auch finanziell sollte es nicht zu deinem Nachteil sein."


    Livianus machte sich bereits Gedanken darüber, wie sein Scriba Callinus die zusätzliche Arbeit, die während des Consulats auf sie zukam, bewältigen würde. Eine zusätzliche hilfreiche Hand war da bestimmt nicht fehl am Platze. Und warum einen weiteren Scriba einstellen und einarbeiten, wenn bereits hier jemand zur Verfügung stand, mit dem man in der Familie gute Erfahrungen gemacht hatte.

  • Man konnte nicht beschreiben wie froh sie war, diesen Decimus endlich von sich überzeugt zu haben. So langsam hätte sie sich auch keinen anderen Rat als die Flucht nach vorn gewusst. Aber sie hatte es geschafft. Was sie dann aber wirklich überraschte war die Frage ob sie ihm nicht auch helfen konnte und sogar für ihn arbeiten. Überraschung machte sich im Gesicht der nicht mehr ganz so blonden Blondine breit.
    "Ähm...ja...natürlich," stotterte sie sehr blöd daher. "Wenn Aquila mich nicht benötigt und ich nichts zu tun für mich haben sollte, werde ich nachfragen kommen."
    Jetzt hatte sie sogar schon zwei für die sie arbeiten konnte. Das war wirklich mehr als sie erwartet hatte. Natürlich war die Frage noch wie einnehmend Aquila sein würde, aber wenn man seinen Geldbeutel aufbessern konnte und vor ehrliche Arbeit scheute sie sich nicht. Dann war er noch Consul. "Ähm...da gratuliere ich zur Wahl, Consul." Oh weh, nur nicht umkippen. Tief durchatmen. "Das Angebot ist sehr freundlich von dir."

  • "Ich danke dir Celeste. Und nun werde ich dich nicht weiter aufhalten."


    Livianus deutete mit der Hand in die Richtung des Ganges, aus der er gekommen war und wollte ihr gerade erklären, wie sie zum Tablinum gelangte, als eine Sklavin um die Ecke bog.


    "Melitta! Zeig der jungen Dame den Weg zum Tablinum."


    Das Sklavenmädchen nickte und lächelte Celeste erwartungsvoll an, während Livianus sich verabschiedete.


    "Ich wünsche dir also noch einen schönen Tag Celeste. Man sieht sich."

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