Res Gestae des ehemaligen Quatuorviri viis in urbe purgandis Lucius Tiberius Lepidus

  • Consul Lucius Pleminius Laevus führte die Sitzungen des Senates nach einer kurzen Einarbeitung in sein neues Amt mit einer gewissen Effizienz, um gar nicht erst den Eindruck aufkommen zu lassen, der Senat wäre unproduktiv. Sein liebstes Mittel dazu war, immer wieder auf die Tagesordnung zu verweisen. So wie jetzt: "Nächster Punkt auf der Tagesordnung: Wir hören den Bericht über die Amtszeit des Lucius Tiberius Lepidus, der Rom als Quatuorvir viis in urbe purgandis diente."

  • Lepidus verzichtete natürlich darauf, seine Amtstaten auf dem Forum Romanum auszubreiten. Für einen kleinen Quatuorviri interessierte sich meist ohnehin niemand so wirklich, weshalb sich der Senat zweifellos besser eignete, Bericht abzulegen. Das mehr oder weniger fachkundige Publikum der hochgestellten Leute lag ihm ohnehin mehr als der sich häufig allzu merkwürdig gebärdenden Pöbel. So bedankte er sich beim neuen Consul und sprach zu der versammelten Senatorenschaft.


    "Patres conscripti! Ich freue mich heute, nachdem ihr mich vor über einem Jahr in eurer Weisheit in das Collegium der Quatuorviri viis in urbe purgandis entsandt habt, wieder vor euch stehen zu können, um Bericht abzulegen. Ich möchte euch sogleich darauf aufmerksam machen, dass sich meine Rede, trotz aller notwendigen Kürzungen, eventuell ein wenig ziehen könnte. Doch es war ein aufregendes und geschäftiges Jahr in den Angelegenheiten der Straßenreinigung, weshalb ich euch über die vielen Tätigkeiten nicht im Unklaren lassen möchte" Wahrscheinlich hatte er jetzt bereits die ersten Senatoren eingeschläfert, die sich womöglich kaum für das Thema der Säuberung der Straßen Roms interessierten. Allerdings glaubte der Tiberier nicht, dass sich der Senat allzu häufig mit dieser Angelegenheit befasste - vielleicht gerade ein einziges Mal im Jahr, wenn die Quatuorviri Rechenschaft ablegten. Von daher hoffte er zumindest ein klein wenig Aufmerksamkeit zu erhalten. "Der Beginn meiner Amtszeit zeichnete sich durch eine Aufarbeitung der Praxis der Straßenreinigung aus. Dabei fielen mir einige Mängel auf, welche die Effizienz des Collegiums behinderten. Es gab weder eine Aufstellung über die Schwere der Verschmutzung in Rom, noch irgendeine Möglichkeit Prioritäten auf einzelne Straßen oder Stadtteile zu setzen, da schlicht die Informationen nicht zusammengetragen wurden. Dies hat sich nun geändert. Ich entwarf ein recht unkompliziertes Drei-Stufen-Modell, welches jede städtische Region und insbesondere die vielbenutzten Hauptstraßen in ihrem Verschmutzungsgrad einteilt. Nach jedem Rundgang der Quatuorviri kann eine Neubewertung erfolgen und je nachdem, in welchem Stadtteil der größte Säuberungbedarf besteht, kann das Gremium nun einen besonderen Fokus auf diesen oder jenen legen. Nach der Zustimmung meiner Kollegen, arbeiteten wir das ganze Jahr über nach diesem System und es gelang uns in mehreren Regionen und auf einigen Hauptstraßen signifikante Besserungen der Sauberkeit zu erzielen, weshalb sich das System nachweislich bewährt hat."


    Nach dieser Ausführung merkte Lepidus, dass er seine Zuhörer bei der Stange halten musste. Für den Übergang zum nächsten Thema griff er deshalb nach einem rhetorischen Kniff, um durch eine besonders eindringliche Formulierung, einen eventuell bereits in den Schlaf gefallenen Senator, wieder zu erwecken. "Abseits dieser bürokratischen, aber effizienten Maßnahme, gab es insbesondere eine Feststellung in meinem Amtsjahr, welche ich euch nicht vorenthalten möchte." Lepidus erhob seine Stimme: "Auf unseren Straßen wird durch Müll gemordet!" Ein kleiner Blick durch die Reihen, bevor es mit der Erklärung weiterging. "Womöglich werden einige von euch das Phänomen kennen: Es mag fast so alt sein, wie Rom selbst. Immer wieder werfen Bürger unachtsam ihren daheim produzierten Müll einfach aus dem Fenster auf unsere schönen Straßen. Im glücklichsten Falle handelt es sich dabei dann nur um bloße Verschmutzung, die beseitigt werden kann, doch allzu häufig kommt es durch diese rücksichtlosen Handlungen zu Verletzungen der ahnungslosen Fußgänger und letztlich besteht sogar die Gefahr von Todesfällen. Ich hielt es deshalb für ratsam, dieses Problem mit der entsprechenden Härte anzugehen. Tod und Körperverletzung sind ohnehin ein Fall für die Gerichte, doch wir müssen auch schon die Taten bestrafen, die diese Folgen nicht haben und nur potenziell gefählich für Leib und Leben sind. Auf meine Initiative beschlossen wir innerhalb des Collegiums insbesondere darüber zu informieren, welche Folgen das Verhalten der Bürger im Umgang mit ihrem Abfall haben kann und gleichsam haben wir in der Praxis die überführten Fensterwerfer mit sehr hohen Geldstrafen belegt. Abschreckung scheint hier das einzig praktikable Mittel zu sein und ich hoffe, dass die Nachfolger in diesem Jahr diese Praxis fortsetzen, um den berüchtigten Fensterwurf nach und nach Vergangenheit werden lassen können - auch wenn dies sicher noch eine Zeit dauern wird."


    "Selbstverständlich haben wir auch allgemeinere Bekanntmachungen erlassen. Viele Einwohner Roms scheinen bisweilen vergessen zu haben, dass sie den Teil der Straße vor ihrem Haus frei zu halten haben und dass sie für die Sauberkeit mitverantwortlich sind. Wahrscheinlich ist dies auch ein Grund für die zunehmende Verschmutzung der Stadt innerhalb der letzten Jahre. Vielleicht mag dies auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Quatuorviri in der Vergangenheit nicht hart genug durchgriffen. Auch hier verhängten wir höhere Geldstrafen, als dies wohl früher der Fall gewesen ist - freilich allerdings noch mit Abstufungen im Ausmaß der Verschmutzung, die vor einem jeweiligen Haus begutachtet wurde. Auch dadurch glaube ich, haben wir es geschafft, die Verschmutzungssituation ein wenig zu verbessern und dass es nun deutlich mehr Menschen gibt, die sich mit der Reinigung ihres Straßenabschnitts beschäftigen."


    "Des Weiteren möchte ich euch ebenso nicht vorenthalten, dass die Quatuorviri viis in urbe purgandis temporär für die Dauer des letzten Jahres eine Kompetenzerweiterung erfuhren. Auf unseren Rundgängen wurden zunehmend Schmierereien registriert, welche sich gegen unseren Kaiser richteten. Schmierereien kommen sicher alltäglich vor, doch in dieser außergewöhnlichen Häufigkeit und Ähnlichkeit stellten sie eine Besonderheit dar. Ich benachrichtigte daraufhin die Aediles sowie die kaiserliche Kanzlei, welche sich ebenso besorgt über diese Entwicklung zeigte und bot gleichsam an, die Reinigung der entsprechenden Wände zu organisieren. Die kaiserliche Kanzlei sprach anschließend eine Sonderkompetenz aus, wodurch wir Quatuorviri nicht nur die Reinigung der Straßen, sondern speziell auch die gegen den Kaiser gerichteten Schmierereien bekämpfen konnten. Da wir durch entsprechende Einnahmen - nicht zuletzt durch die Strafgelder - einen guten Kassenstand hatten, konnten wir die Aediles, in deren Bereich dies eigentlich fallen würde, sinnvoll unterstützen und entsprechende Reinigungsaufträge ausschreiben. Die Schmierereien wurden daraufhin gezielt beseitigt und meines Wissens nach, untersucht derzeit eine Abteilung der Praetorianer diesen Vorfall."


    "Mit den alltäglichen Arbeiten eines Quatuorvir möchte ich dann nicht weiter langweilen. Ich bearbeitete Beschwerden, führte das Strafgeldregister und nahm diverse Ermittlungen gegenüber Personen vor, denen eine Verschmutzung unserer Straßen zur Last gelegt wurde." So kam denn Lepidus nun auch fast zum Ende seines ausführlichen Berichts. "Selbstverständlich ist auch innerhalb des letzten Jahres unter meiner Beteiligung, Rom nicht zu einer glänzenden schmutzfreien Stadt geworden. Dies erfordert wohl noch deutlich längere Anstrengungen - falls dies überhaupt im Bereich des Vorstellbaren liegt. Auch konnte ich nicht alle Projekte abschließen, die ich mir persönlich noch vorgenommen hatte. Beispielsweise plante ich noch eine allgemeine Säuberungskampagne für die Straßen vor den öffentlichen Gebäuden Roms. Auch dafür gab es noch gewisse finanzielle Rücklagen. Ich habe den entsprechenden Plan und die vorbereiteten Reinigungsaufträge allerdings für die Nachfolger hinterlegt, auf dass sie - so sie dies ebenso für eine sinnvolle Sache halten - zum Abschluss bringen können. Das Feld ist demzufolge für die Nachfolger bereitet und gemeinsam mit meinen Kollegen hinterlasse ich eine funktionierende Struktur, auf der sich aufbauen lässt."


    "Zuletzt möchte ich vielleicht noch eine Anregung für den Senat vorbringen, die aus meinen Erfahrungen im Amt resultiert: Vielleicht wäre es für die Zukunft sinnvoll darüber zu diskutieren, ob die Aspekte der Bestrafung von Verschmutzung und die Pflicht zur Sauberkeit gesetzlich festgehalten wird. Vielleicht wäre es für die Quatuorviri günstig, ihnen eine Lex an die Seite zu stellen, ähnlich wie dies für die Aediles mit der Lex Mercatus im Falle des geschäftlichen Treibens bereits der Fall ist. Dies sei aber nur eine Anregung. Wenn ich recht infomiert bin, gab es ein entsprechendes Gesetz bereits vor langer langer Zeit, wurde aber dann wohl irgendwann wieder abgeschafft. In Anbetracht der derzeitigen Verschmutzungssituation scheinen wir derartiges aber womöglich wieder nötig zu haben. So zumindest meine bescheidene Anregung, die ihr, werte Senatoren, natürlich verwerfen oder weiter diskutieren könnt, wenn ihr dies als hilfreich erachtet."


    "Ansonsten Danke ich euch sehr, dass ihr mir zugehört habt und stehe für Fragen bezüglich meiner Amtszeit nun gerne zur Verfügung."

  • Lepidus musste noch einmal ganz genau hinhören. Waren das nicht die sanften Geräusche der Köpfe einiger Senatoren, die an die Schultern ihrer Sitznachbarn klatschten, weil sie ermüdet und schwach in Schlaf gefallen waren? Der Tiberier suchte mit seinen Augen die Reihen der Senatoren ab, um festzustellen, wer wohl die Augen geschlossen hatte. Etwas komisch kam er sich ja schon vor. Da stand er nun, alles ausgebreitet, was er hatte, nein, eigentlich hatte er sogar noch einiges mehr, was er erzählen könnte, aber jetzt auch nur noch ein Wort anzubringen wäre für die alten Männer wohl nur noch ein stärkeres Schlafmittel. In dieser Stille und sich hilflos sich umblickend, suchten seine Augen den Consul, der diesen Punkt beenden würde oder ja vielleicht sogar selbst einen Kommentar oder eine Frage hatte. Ansonsten würde sich Lepidus wohl kleinlaut und ungehört verabschieden müssen. Naja, immerhin brachte dieser Ausflug in den Senat etwas Abwechslung in den tristen Alltag, auch wenn ihm nicht allzu viel Sinn anhaftete.

  • Die Glieder schwer wie Blei, der Geist wie in Watte gepackt hatte Vala sich durch einen großen Teil seiner Amtszeit als Prätor gequält und musste sich Tag für Tag eingestehen, dass er mit seiner Prätur nicht an seine glanzvollen Amtszeiten vergangener Tage würde anschließen können und noch einiges leisten musste um sie nicht vollkommen in den Sand zu setzen.
    Mit beiläufigem Blick verfolgte er die Rede des gewesenen Vigintivirs Tiberius und wollte sich erst nicht zur Sprache melden, da die Müdigkeit ihm wie Blei durch die Glieder kroch ... doch irgendwas sagte ihm, dass dies nicht unkommentiert stehen bleiben durfte.


    So hob er die Hand und ließ sich das Rederecht geben, bevor er erst sich und dann die Stimme erhob: "Entsinnt man sich der Komplikationen, der deine Kandidatur anfangs unterworfen war, Tiberius, darf man nun zurecht behaupten, dass du es durchaus verstanden hast viele der Bedenken auszuräumen. Meines Erachtens nach sogar über die von den meisten Magistraten gebotene Sorgfalt und Einsatzbereitschaft hinaus..." , schloss Vala und wandte sich fortan an seine Mitsenatoren, "...weshalb ich, so seltsam das klingen mag, den Gedanken gerade des Consular Decimus aufgreifen möchte und Lucius Tiberius Lepidus für eine vom Senat Roms verliehene Diploma ob vorbildlicher Amtsführung vorschlage.
    Auch wenn ich mit der Form des Vorgehens des Decimus nach wie vor meine Probleme habe... in der Motivation hatte er meines Erachtens nach hinsichtlich des Tiberius Recht."

  • Da hätte er doch fast gedacht, dass seine Res Gestae völlig unbeachtet bleiben würde. Das wäre ja auch nur allzu absurd. Wer interessierte sich schließlich nicht für die wunderbare Welt der Straßenreinigung? Dass der Duccier sich zu Wort meldete, war aber auch irgendwie zu erwarten - so viel Geld, wie er diesem zugesteckt hatte, musste er sich ja auch langsam mal ein wenig erkenntlich zeigen. Auch wenn der Tiberier natürlich auch gern noch inhaltlich einige Fragen beantwortet hätte, so war er gegenüber dem Lob natürlich nicht abgeneigt.


    "Vielen Dank, Senator. Deine Worte ehren mich und bestätigen mich in der pflichtbewussten Ausführung meines Amtes, worin ich mich nach Kräften bemühte. Gleichsam möchte ich natürlich dem Senat zur Kenntnis geben, dass ich eine Verleihung einer Diploma durch den Consul Decimus einst in seiner heimischen Casa abgelehnt habe. Die Wertschätzung meiner Arbeit ehrte mich selbstverständlich, doch fürchtete ich, dass die Auszeichnug durch den Consul den Anschein - ich betonte das Wort des Anscheins ausdrücklich - erwecken könnte, nicht möglichst objektiv verliehen worden zu sein. Ein Votum durch den über alle Zweifel erhabenen Imperator oder des Senats, der, wie ich meine, in der Vergangenheit die Auszeichnungen verlieh, würde hier natürlich ein anderes Bild abgegeben und mir und allen anderen Menschen, die davon erfahren, aufzeigen, dass ich diese Auszeichnung tatsächlich verdient hätte" Kunstpause. "Selbstvertsändlich besteht hier auch immer noch Raum für Kritik an meiner Arbeit, falls nicht alle Anwesenden, wie der Senator Duccius, der Meinung sein sollten, dass eine Auszeichnung in diesem Falle verdient wäre. Dies liegt natürlich ebenso in meinem Interesse, um mich zukünftig zu verbessern, woran mir fast noch mehr liegt als an einer Auszeichnung" Das bisschen Heuchelei musste natürlich noch sein, wobei gleichsam nicht zu leugnen war, dass er sich schlicht ein bisschen mehr Reaktion gewünscht hätte.



    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

  • Während man im Senat immer noch eine Stecknadel fallen hören konnte, blickte Lepidus fast schon eingeschläfert von der Atmosphäre zum Sitzungsleiter, dem Consul Lucius Pleminius Laevus. Nachdem Vala den Vorschlag dem Senat unterbreitete hatte, wäre es wohl an ihm das weitere Prozedere zu bestimmen.

  • Gracchus war noch immer der Ansicht, dass es mehr als impertinent gewesen war wie Senator Duccius den damaligen Consul Decimus ob der Verleihung jener Diplomata war angegangen, wiewohl es ihm durchaus kurios erschien, dass eben dieser Senator Duccius nun eine neuerliche Verleihung selbiger Auszeichnung forderte, dass gleichsam Tiberius, welcher augenscheinlich implizit dem - oder gar jenem expliziten - Consul die Eignung zur Beurteilung einer Magistratur im Sinne des Imperium Romanum absprach, dies noch einmal betonte. Doch letztlich stand Tiberius Lepidus in dieser Angelegenheit allfällig nur zwischen den Fronten, welche im Senat bisweilen nichts mit objektiven Tatsachen hatten gemein, denn obgleich Gracchus kaum je überhaupt an einer Front stand, so war er doch um so indignierter sofern es doch einmal geschah. Seine persönliche Front zu Duccius Vala zumindest war mehr als verhärtet - und dies einzig aus - rein subjektiv - gekränkter Familienehre.
    "Da ein Votum zur Verleihung einer Diploma letztlich ebenfalls auf subjektiven Ansi'hten beruht, sollten wir allfällig zuerst ein Gesetz erdenken, welches die Grundlage zur objektiven Bewertung einer Magistratur schafft"
    , wandte er sich seinem Sitznachbarn ein wenig spöttisch zu – keine offizielle Meldung im Senat, doch zweifelsohne in der vorherrschenden Stille laut genug als dass es in der gesamten Curia noch zu hören war.

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  • Der Consul hatte diesen Kommentar ebenfalls gehört und warf Gracchus einen kritischen Blick zu. "Flavius, hast du dem Antrag von Duccius irgendetwas hinzuzufügen?"

  • Mit einem Blick so unschuldig wie derjenige des Opferstieres welcher zum Altar wurde geführt, schüttelte Gracchus den Kopf.
    "Nein, Consul, dem habe ich nichts hinzuzufügen."

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