Es war der Abend vor der Wahl. Servianus stand am Stadttor nach Süden hinaus. Innenseitig im Tor war ein Schrein des Apollo, des Gottes des Reisenden eingelassen. Mehr ein Kultbild vielleicht als ein eigentlicher Stein und darum über Jahre vernachlässigt worden. Und somit war er genau das passende Objekt für Servianus Ambitionen gewesen.
Einen neuen Schrein zu errichten hatte sich rasch als viel zu teures Unterfangen für seinen engen Geldbeutel herausgestellt. Also hatte er stattdessen einen Schrein gesucht der schon bestand und nur erneuert werden musste.
Zielgerichtet hatte er also etwas gesucht, was eine Erneuerung nötig hatte, aber gleichzeitig nicht zu groß war. Und dieser Stein war genau das richtige gewesen.
Die Zeiteinteilung war bewusst knapp gelegt worden um genau am heutigen Abend fertig zu werden. Und um ein Haar hätte es nicht geklappt. Noch vor einer Stunde hatten die Handwerker die letzten Konturen des Reliefbildes nachgezogen und Maler hatten Farbschichten erneuert, damit es wieder in alter frische glänzen konnte. Gerade diese Farben waren allerdings etwas, woran sich Servianus nur bedingt erfreuen konnte. Ein zu tiefes Loch hatten sie in seinen Geldbeutel gerissen.
"... und somit danken wir Titus Iulius Servianus, der morgen zum Magistrat kandidiert für seinen Einsatz, diesen Ort zu erhalten, auf dass die Götter auch in Zukunft ihre schützende Hand über die Reisenden von und nach Mantua halten." weckte ihn die Worte jenes Mannes der die Vorstellung der vollendeten Arbeiten übernommen hatte.
Servianus knipste sein Politikergesicht mit dem falschen aber echt wirkenden Lächeln an und winkte in die Menge:
"Danke ihr Bürger Mantuas, ich danke euch von Herzen. Aber nicht um des Dankes willen habe ich es getan, sondern es als meine Pflicht angesehen, dieser Stadt etwas zurückzugeben, die mir so viel gegeben hat." um ein Haar hätte er gesagt, die ihn so freundlich aufgenommen hatte. Aber darauf hinzuweisen, dass er kein hießiger war, wäre wohl ein großer Fehler gewesen. Viel mehr konnte er in einer Soldatenstadt, dass sein Hinweis auf die Pflicht gut ankommen würde.
"Ihr wisst, dass ich mich morgen für die Magistratur unserer schönen statt bewerben möchte. Aber nicht für mich möchte ich hier bei solch einem Anlass Werbung machen, sondern für mein wichtigstes Projekt. Keiner ist hier unter uns, der nicht schon von den jährlichen Hochwassern betroffen war. Wie viele von uns haben schon Verluste erlitten, einige gar ihr leben verloren. Und daher möchte ich eine neue Hochwasserordnung umsetzen, die euch und euren Besitz schützen soll, die Aufräumarbeiten noch weiter strukturieren und beschleunigen soll, auf dass die Unbill der Natur geringeren Schaden an unserer Stadt anrichten soll und Mantua weiter gedeie und eine führende Rolle unter den italischen Städten einnehme."
Letzteres war vielleicht etwas übertrieben, aber wer woltle sich nicht gerne wichtiger fühlen, als er war.
Und nun lade ich euch ein, auf meine Kosten hier zu bleiben und zu speisen. Ich danke euch."
Es waren nicht die teuersten Speisen, die die Wirte der umgebenden tabernae nun herausbrachten, vielmehr einfache, sättigende, dem Publikum angemessen.