Sermo war endlich angekommen. Nicht nur körperlich. Nein, er fühlte sich vielmehr endlich zuhause. Dieses neue Castellum war nun nicht mehr nur reines Übergangslager im Bewusstsein des baldigen Auszugs, so wie es in Confluentes der Fall gewesen war. Nein, hier in Mogontiacum würde er die nächsten Jahre verbringen. Dauerhaft, sesshaft. Sermo mochte dieses Gefühl, das sich in Nikopolis damals als Tribunus Angusticlavius nicht so recht hatte einstellen wollen. Zu hektisch waren die Zeiten des Bürgerkriegs gewesen, als dass er tatsächlich sich völlig heimisch hätte fühlen können, zumal er die Legio XXII Deiotariana ohnehin nur als Duchgangsstation angesehen hatte. Aber dies hier, diese Ala...seine Ala! Das war mehr als Sermo sich je hätte träumen lassen.
Es war der Tag nach seinem Einzug ins Praetorium. Nachdem Sermo vormittags in der Principia die täglichen Augaben erledigt hatte, hatte er sich nun auf einem Scherenstuhl an seinem neuen privaten Schreibtisch im Tablinum niedergelassen und fühlte andächtig über die saubergeschäuerte Holzoberfläche. Die Tischbeine wiesen feine Schnitzereien auf und auf dem Tisch befanden sich lediglich zwei frische Wachstafeln, ein Griffel, ein Tintenfass plus Feder und drei neue Papyri.
In Sermos Rücken hing seine Hasta Pura an der Wand und Sermos Haussandalen kratzten bei jeder Bewegung über ein hübsches Mosaik, das eine typische Concordiagruppe, also Mars und Venus in Eintracht beeinander, auf einer Waldlichtung zeigte. Ein vorsichtiges Räuspern riss Sermo aus seinen Gedanken. Er sah auf und erblickte Cleon.
"Cleon. Ich brauche dich erstmal nicht, die Briefe möchte ich selbst schreiben."
Der Sklave sah überrascht aus. "Wie du wünschst, Herr", sagte Cleon und wandte sich achselzuckend um. Er würde schon eine Beschäftigung finden, wenn Sermo ihn gerade nicht beanspruchte.
Sermo nahm sich eine der Schriftrollen zur Hand und dachte nach. Er musste seinem Patron schreiben, unbedingt. Und von seiner Cousine Valentina hatte er auch lange nichts mehr gehört, ebenso wenig von deren Bruder Valerian. Er würde also zwei Briefe nach Rom schreiben. Und einen an Duccius Vala womöglich. Sermo breitete den Papyrus vor sich auf dem Tisch aus und nahm das Tintenfass zur Hand. Nachdenklich fuhr er sich über das bärtige Kinn, während er sich seine Worte zurechtlegte.
Schließlich hörte man eine Zeit lang das kratzende Geräusch einer Federspitze auf Papyrus...
Consular
Spurius Purgitius Macer
Casa Purgitia - Roma
Mein Patron, ich sende dir herzliche Grüße aus dem frühlinghaften Mogontiacum!
Nach meiner Berufung zum Praefectus Alae Secundae Numidiae hatte ich viel um die Ohren. Ich hoffe, dass meine wenigen Briefe dich zwischenzeitlich erreicht haben, fürchte aber mangels einer Antwort deinerseits, dass sie irgendwo auf dem Weg über die Alpen verschütt gingen.
Insofern darf ich dir nochmals freudig mitteilen, dass ich mittlerweile mein eigenes Kommando führe. Unter meinem Befehl wurde die Ala nach Mogontiacum verlegt, was viel Aufwand nach sich zieht und auch jetzt noch den Tagesablauf beherrscht, bis sich das Lagerleben hier eingependelt hat.
Ansonsten gab es nur wenige Veränderungen. Ich bin noch immer unverheiratet, jedoch auf der Suche nach geeigneten Partien im Kreise der lokalen Eliten. Dafür bin ich sowohl finanziell als auch in meinem Ansehen aufgrund des Kommandos jetzt so gut situiert, dass ich wohl keine Probleme haben werde, entsprechende Angebote zu erhalten.
Um beim Thema Frauen zu bleiben: Wie geht es deiner holden Gattin? Ich fürchte ich bin absolut im Rückstand, was deine neuesten familiären Entwicklungen angeht. Ich bete jedenfalls, dass Iuno ihre schützende Hand über deine Familie hält und dir zahlreich Nachkommen schenkt.
Ich wünsche dir göttlichen Segen und verbleibe mit hoffnungsvollem Gruß,
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ALA II NUMIDIAE - MOGONTIACUM
ANTE DIEM III KAL IUL DCCCLXIV A.U.C.
(29.6.2014/111 n.Chr.)