Tablinium | Marcellus zu Besuch

  • Morag ging nicht, sondern bedeutete dem Petronier nur einzutreten und schloss danach die Tür. Im Tablinium war es etwas kühler und dunkler als im Innenhof. Hinter einem Schreibtisch saß Crispus, ein älterer Herr mit leichtem Bauchansatz und schütterem Haar, davor an einem Schreibpult der Sklave Privatus, sein Sekretär. Beide musterten den Fremden neugierig.


    "Salve! Wer bist du? Was führt dich hierher?"


    fragte der Alte freiheraus.

  • "Salve. Ich heiße Titus Petronius Marcellus. Ich bin von Mantua aus über Rom hierhergekommen um meine Verwandtschaft kennen zu lernen."
    "Während ich kurz und knapp die Frage beantwortete nahm ich eine militärische Haltung an. Dies also war mein berühmter Verwandter, der Primus Pilus ein harter aber gerechter Mann. Man sah ihm immer noch den Soldaten an und so war es für mich selbstverständlich dass ich knapp und präzise antwortete. Das Alter hatte ihn natürlich verändert, aber Ehre das Alter, stehe treu zu deinen Wurzeln, denn die Familie steht über allem. Er sollte von mir einen guten Eindruck bekommen und ich erinnerte mich an meinen Lehrer den Optio Mamercus wie ich mich gegenüber einem Ranghöheren zu verhalten hatte."

  • Zitat

    Original von Titus Petronius Marcellus
    "Salve. Ich heiße Titus Petronius Marcellus. Ich bin von Mantua aus über Rom hierhergekommen um meine Verwandtschaft kennen zu lernen."


    Petronius Marcellus... Petronius Marcellus... irgendwie sagte der Name dem Alten schon etwas. Aber er hatte keine Ahnung, wo er ihn einmal gehört hatte! Und Mantua war ein Ort, den er nun wirklich nicht mit Petroniern verband! War Reatinus damals nicht zur Prima gewechselt? Aber ein Petronier? Das war ihm nun wirklich kein Begriff!


    "Wir sind verwandt? Ich kenne gar keinen Petronius Marcellus aus Mantua! Inwiefern sollten wir denn verwandt sein?"


    fragte er deshalb etwas misstrauisch. Vielleicht war der junge Kerl vor ihm auch einfach ein Betrüger, der einem reichen und angesehenen Decurio auf der Tasche sitzen wollte!

  • "Nun meine Eltern waren Tiberius Sulpicius Torquatus und Petronia Fabia. Mein Bruder war Lucius Petronius Torquatus. Diesen müsstes du aus der Zeit kennen als die Familie noch hier in Germanien lebte. Ich selber bin erst in Mantua zur Welt gekommen."
    Donnerwetter Crispus war aber sehr misstrauisch Marcellus konnte es gar nicht glauben. Aber andererseits hatte er vielleicht doch recht, denn überall gab es Lug und Trug. Sicherlich hatte er dementsprechende Erfahrungen gemacht. Aber es bestätigte auch die Meinung des jungen Petroniers misstrauisch zu sein und immer noch mal zu hinterfragen. Wie schnell konnte man sonst in Schwierigkeiten geraten. Trotz des Misstrauens gefiel Marcellus Crispus, vielleicht mochten die einen oder anderen ihn für alt oder senil halten, aber wenn man seine Augen blitzen sah dann musste man erkennen das da ein richtiger Mann vor einem war.

  • Der Alte kniff ein wenig die Augen zusammen - das war sein Neffe? Zwar hatte er den Namen Fabias und Torquatus' schon lange nicht mehr gehört, aber seine Schwester und ihr Lebensgefährte waren Crispus natürlich sofort ein Begriff. Und ebenso auch ihr Sohn Petronius Torquatus, von dessen Tod er vor viele Jahren erfahren hatte... Aber Ähnlichkeiten waren kaum zu erkennen - naja, vielleicht die petronischen Locken, die auch Lucius hatte. Die Augen hatte er aber eindeutig von seinem Vater, dem wortkargen Sulpicier.


    "Das ist ja eine Überraschung! Ich hab' nicht mehr von Fabia gehört seit... naja, seit Torquatus nach Mantua versetzt worden ist! Wie geht es ihr?"


    fragte er deshalb gleich.

  • Traurig senkte Marcellus sein Haupt. Doch die Trauer um seine verstorbene Mutter durfte ihn nicht davon abhalten klar und deutlich Antwort zu geben. "Mutter ist leider auch schon vor Jahren gestorben, ich war unter der Obhut meines Lehrers, dem ehemaligen Optio Mamercus und habe meine Ausbildung bei ihm beendet. Ich stehe somit alleine ohne Eltern da. Mantua hat mich nicht mehr halten können und so bin ich nun unterwegs um meine Wurzeln kennen zu lernen."Der junge Petronier war allein und stand vor dem Nichts, aber er wollte sich nicht geschlagen geben. Irgendwo musste es doch die Möglichkeit für den Start in ein neues Leben geben. "Nun es hatte geheißen, dass ich mich zu dir begeben soll wenn der Fall eintritt, dass ich ohne Familie dastehen sollte. Du könntest mir am besten Raten wie ich mein Leben angehen könnte." Marcellus hoffte inständig darauf das Crispus ihm wirklich vernünftige Ratschläge geben könnte wo seine Stärken liegen könnten und was für ihn als sinnvolle Tätigkeit richtig wäre.

  • Fabia war tot? Crispus seufzte tief - natürlich hatte er schon seit Jahrzehnten nichts mehr von ihr gehört, aber er hatte noch eine Menge guter Erinnerungen aus Kindertagen! Mela und er hatten sie natürlich immer beschützt - wenn sie nicht gerade mit ihr gestritten hatten. Und natürlich erinnerte er sich noch an den Abschied, als sie zusammen mit Sequester in seinem Quartier gestanden war und erklärt hatte, dass sie ihrem "Mann" und Sohn - Marcellus' totem Bruder - in seinem Quartier gestanden war und erklärt hatte, dass sie nach Mantua ziehen würden. Er hatte versucht, ihr das auszureden, mit dem kleinen Kind zu reisen, aber sie hatte gesagt, dass sie Sequester nicht verlassen würde...
    Aber jetzt waren alle drei tot und vor ihm stand der einzige Verbliebene aus diesem Zweig der Familie, der niemanden mehr zu haben schien - mit Ausnahme dieses Optios natürlich, den der Alte nicht kannte...


    "Du kannst natürlich gern bei mir wohnen, Titus."


    wechselte er schließlich in die vertrauensvolle Anrede - immerhin war das sein Neffe!


    "Ob ich dir aber Wurzeln bieten kann, weiß ich nicht - als Fabia noch hier gewohnt hat war ich selbst noch bei den Adlern wie dein Vater und wir haben uns selten gesehen. Aber wie gesagt, du kannst gern bei mir leben und ich werde dich unterstützen, wie es sich für einen ordentlichen Onkel gehört!"


    Zu schade, dass Lucius jetzt nicht mehr bei ihm wohnte - sie waren wohl ungefähr im gleichen Alter!

  • "Ich danke dir sehr für dein Angebot das ich gerne annehmen werde. Allerdings möchte ich mich bei dir auch nützlich machen, du sollst nicht denken dass ich so einer bin der sich in ein gemachtes Nest setzen will. Also sollte ich dich irgendwo unterstützen können so würde ich das gerne für dich machen. Verfüge über mich wie es dir beliebt."
    Der junge Marcedllus war seinem Onkel sehr dankbar für sein Angebot und der junge Mann nahm sich vor seinem Onkel durch Leistung zu beweisen, dasss er sich auf ihn verlassen konnte. Den marcus Petronius Crispus war jetzt seine Familie und Marcellus würde alles für ihn tun.
    Vielleicht konnte sein Onkel ihn auch beraten wie oder wo er sich einbringen könnte um seinen Weg zu gehen.
    "Wenn ich dich noch etwas fragen dürfte und zwar wie könnte ich es anstellen eine Arbeit zu bekommen oder sollte ich zu den Adlern gehen? Ich kann Lesen, Schreiben und Rechnen, beherrsche Griechisch in Wort und Schrift. Eine grundlegende militärische Ausbildung hätte ich ja auch schon dahingehend. Was würdest du mir empfehlen??? Ich möchte dich bitten mir deinen Rat zu geben."

  • Das verstand sich für Crispus sowieso von selbst - wer in seinem Haus lebte und zur Familie gehörte, der war ihm auch untertan und musste tun, was er sagte. Das hatte Crispina damals lernen müssen und das würde auch Marcellus lernen, der aber offensichtlich sowieso diesbezüglich unproblematisch war. Er schien sogar direkt eine Anstellung zu suchen! Ganz schön viel auf einmal!


    "Erstmal musst du dir keine Sorgen machen - du kannst hier wohnen, solange du willst. Meine Geschäfte laufen gut genug, dass ich dich hier bequem mitversorgen kann. Du musst also nicht sofort Geld herbeischaffen und kannst dir alles in Ruhe überlegen."


    Trotzdem wollte er natürlich etwas dazu sagen, denn auch dem alten Petronier gefiel es nicht, wenn junge Leute nichts mit ihrer Zeit anzufangen wussten!


    "Ich kenne dich noch nicht sehr gut, deshalb kann ich dir noch nicht sagen, was für dich geeignet wäre. Wenn dein Vater dafür gesorgt hat, dass du was übers Militär lernst, wird er gewollt haben, dass du zu den Adlern gehst, nehme ich an. Der Militärdienst ist eine ehrenvolle und gute Sache, das ist klar. Ich selbst habe auch meinen vollen Militärdienst geleistet und bin bis zum Primus Pilus aufgestiegen - alles was du hier siehst, verdanke ich dem Militär!"


    erklärte er die erste Möglichkeit und wies mit der Hand auf den Raum. Tatsächlich hatte er sich diesen ja von seinem Entlassungsgeld gekauft!


    "Wenn du einmal dort bist, gibt's allerdings kein zurück. Aber kandidiere ich momentan als Duumvir und werde vielleicht bald an der Spitze dieser Stadt stehen. In dieser Funktion könnte ich sicherlich auch Hilfe gebrauchen von Leuten, denen ich vertrauen kann. Vielleicht könntest du mir zum Beispiel als Scriba zuarbeiten - auch wenn ich mein Amt dann wieder niederlege könnte ich dir sicher helfen, in der Verwaltung Karriere zu machen! Und mein Sohn Lucius - er ist so alt wie du ungefähr - wird auch früher oder später einen guten Sekretär brauchen!"


    Für die Petronier, die seit jeher im Staatsdienst gestanden waren, waren dies wahrscheinlich die einzig denkbaren Alternativen. Das hieß...


    "Beide Wege sind erfolgversprechend und auf beiden kannst du dich nützlich machen und unserer Familie Ehre bringen. Aber wie gesagt - du musst dich jetzt noch nicht entscheiden."

  • Der junge Petronier war dankbar über die wohlgesetzten Worte seines Oheims. Dieser hatte selbstverständlich recht für Marcellus gab es tatsächlich nur zwei Alternativen, entweder zu den Adlern oder in die Verwaltung gehen. Das lag anscheinend allen Petroniern im Blut. Was letztendlich für ihn richtig war musste Marcellus sich noch genauer überlegen. Er würde sich das alles bei seinen obligatroischen 15 Meilenlauf durchdenken. So antwortete er voller Dankbarkeit: "Ich danke für deine Überlegungen und gut gemeinten Ratschläge. Ich lasse mir alles noch durch den Kopf gehen. wenn du es erlauben würdest möchte ich mich jetzt zurückziehen und zuerst ein Bad nehmen um den Staub aus den Gliedern zu bekommen und mich vernünftig einkleiden." Tatsächlich bemerkte der junge Mann erst jetzt wie verdreckt und staubig seine Kleider und er selber aussahen. Er war froh das sein Oheim darüber hinweg gesehen hatte.

  • Crispus nickte knapp, wie er es auch früher als Offizier nach den Meldungen seiner Männer gemacht hatte.


    "Zum Baden würde ich dir raten, rüber in die Thermae Iuliani zu gehen - bis wir hier genügend Wasser heiß gemacht haben, bist du längst wieder hier!"


    erklärte er - immerhin hatte die Domus Petronia kein eigenes Bad und die Thermen waren fast um die Ecke!


    "Wenn du Klamotten brauchst - ich glaube, von Lucius ist noch bisschen was da - Lucius is' übrigens mein Sohn, er is' in Rom. Naja, andererseits bist du ein Stückchen größer als Lucius, aber du kannst's ja 'mal anprobieren!"


    Der Sohn eines Legionärs hatte vermutlich keine großen Klamottenvorräte auf der Reise von Mantua nach Mogontiacum mitgenommen. Und auch wenn Marcellus größer war, waren die meisten römischen Kleidungsstücke ja so weit geschnitten, dass sie auch einem Größeren passten...


    "Ich werd' Gallicus sagen, dass er dir das Zimmer von Lucius herrichtet! Wenn du vom Bad zurückkommst, kannst du bestimmt schon einziehen!"

  • "Vielen Dank für deine Hilfe, ich werde sofort zur Thermae Iuliani aufbrechen, denn so wie ich aussehe bedarf es sicherlich erst einmal einer ordentlichen Grundreinigung. Gerne nehme ich dein Angebot hinsichtlich der Bekleidung an."


    So drehte sich Marcellus um und verließ seine neue Heimat. Sein Weg führte ihn direkt zur Thermae wo er es sich gut lassen gehen würde. Schließlich hatten er und sein Bruder sich vorrangig in den kleinen Bachzuläufen Mantuas gebadet. Selten hatten sie daheim die Möglichkeit besessen in einer Thermae sich reinigen zu können. Der junge Mann blinzelte in die Sonne die ihre Strahlen mit wohliger Wärme über ihm ausbreitete. Sie stärkte sein Gemüt und ließ ihn mit Zuversicht in die Zukunft blicken.

  • Crispus nickte - der Junge hatte wirklich eine Wäsche bitter nötig! Deshalb wollte er ihm natürlich auch nicht im Wege sein:


    "Gut, Moment."


    sagte er deshalb und rief dann:


    "Gallicus!"


    Der Sklave schien vor der Tür gewartet zu haben, denn er öffnete sofort und steckte seinen Kopf herein.


    "Petronius Marcellus is' mein Neffe. Er wird erstmal hier wohnen! Mach' ihm das Zimmer von Lucius klar. Und such' ihm was zum Anziehen aus Lucius' alten Sachen!"


    Der alte Morag nickte nur und ging wieder. Damit konnte der alte Petronier sich wieder seinem neuen Familienmitglied zuwenden:


    "Dann geh' mal baden! Wenn du 'nen Moment wartest, gibt Gallicus dir bestimmt gleich 'ne frische Tunica mit. Und dann können wir ja heute Abend zusammen Abendessen - was meinst du?"

  • Marcellus freute sich als sein Oheim ihm zum Abendessen einlud. Bei den Göttern er war schon ausgehungert wie ein Löwe, von einem richtigen Abendessen hatte er auf seiner Wanderschaft geträumt. Daher antwortete der junge Mann mit einem strahlenden Lächeln: "Oh das wäre wundervoll, ich habe schon lange nichts mehr vernünftiges zu mir genommen. Ich könnte einen ganzen Bären verspeisen." Wenn man den jungen Petronier so ansah, dann konnte die Äußerung schon der Realität entsprechen, denn er schien sehr ausgehungert zu sein. Auf seinem Weg hatte Marcellus nur hier und da eine Suppe oder ein undefinierbares Fleisch zu sich genommen. Er besaß zwar etwas Geld wollte dieses aber nicht einfach sinnlos rausschmeissen. So boten sich ihm auf seiner Wanderschaft die Früchte der Natur an und ein Schluck Wasser aus den Flüssen die er querte.

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