Vom Westen her gellte das Schreien und Lachen angetrunkener Bürger immer schriller über die Mauern. So langsam wurde es Zeit. Die Kameraden schnappten sich je eines der Fässer, legten sie keuchend um und rollten sie langsam an der langen Reihe der Barracken vorbei Richtung Osttor. Hinter den Ställen war der gestampfte Boden mit Stroh ausgelegt. Das machte das Rollen der schweren Fässer zwar mühsamer, dämpfte aber gleichzeitig das unregelmäßige Gepolter. Zwischen den Werkstätten und Magazinen wurde der Boden wieder härter und unmittelbar vor den Ostmauer kamen die schwitzenden Tirones schließlich auf grobes Pflaster. Auf den Wehrgängen beiderseits des Tores hatten die beiden Posten gerade erst Stellung bezogen und glotzen nun irritiert von der Mauer auf die heran rumpelnden Urbanerrekruten.
„Heee, ihr da unten! Was soll das werden?“
Die Tirones knallten die stinkenden Fässer in's Dunkel neben das geschlossene Tor und wischten sich keuchend den Schweiß von der Stirn. Hispo atmete ein paarmal tief durch, blickte prüfend zu Antias und trat dann in den schwachen Schein einer Wandfackel.
„Order vom Optio! Der Abfall muss noch in die Grube!“
„Abfall? Zu spät! Da geht heut kein Müll mehr raus!“
„Verstanden!“ bestätigte Hispo, machte auf dem Absatz kehrt und zog Antias hinter sich her.
„Hab ich dir doch gesagt! Wir hätten uns beeilen sollen, verfluchter Mist!“
Antias blickte auf die Mauer zurück und entgegnete lautstark: „Wer ist denn auf der Latrine nicht fertig geworden? Ich vielleicht?“
Und jetzt nichts wie zurück!
Eilig huschten sie durch die immer schwärzer werdenden Lagergassen, an den Werkstätten vorbei hinter den Ställen entlang zurück zu den Unterkünften. Mit untergeschlagenen Armen wartete Fimbria bei den restlichen Fässern. „Und, wie läuft's?“ Antias zuckte schnaufend die Achseln und schnappte sich ein neues Fass, Hispo tat es ihm gleich und beide verschwanden wieder tief über ihre rollende Last gebeugt in der noch jungen Nacht.
„Das artet ja in Arbeit aus.“ murrte Hispo halblaut.
„Du kannst dich immer noch in die Barracke verziehn', ich nehm's dir garantiert nicht übel.“
„Jetzt, wo's interessant wird? Vergiss es.“
Schon von den Werkstätten aus hörten sie die Posten auf dem Wehrgang diskutieren und als sie mit ihrem fauligen Nachschub auf das Pflaster hinauskamen, über dem bereits stechende Schwaden übelsten Gestankes umher wallten, wurden sie von heiserem Gekeife empfangen.
„Heeee ihr Seuchenvögel! Hört ihr schlecht? Hier kommen nur noch Kuriere raus! Kein Abfall! Kapiert?“
Die Fässer wurden schwungvoll zu den anderen neben das Tor gewuchtet.
„Jawohl! Kapiert!“ Schön die Nerven behalten! Betont lässig schlenderten die Tirones wieder der Lagergasse zu, um hinter der ersten Hausecke loszuhetzen wie von Furien gejagt; vor sich die düsteren Durchgänge, hinter sich das schwächer werdende Belfern des Postens.
„Heee! Was ist mit dem Scheiß hier? Kommt zurück, verdammt!“
Vor den Unterkünften war Fimbria inzwischen nervös dabei, Stroh in eines der beiden übrigen Fässer zu stopfen. „Und, wie läuft's?“ fragte er auf's neue die heran hastenden Rekruten. Außer Atem stützen sich Antias und Hispo auf das offene Fass und sogen gierig die frische Abendluft ein.
„Läuft“ keuchte Antias und lächelte gequält.
„Meinst du … er kommt uns nach?“ japste Hispo.
„Den Posten verlassen? … sicher nicht.“
„Und wenn er einen Offizier holt?“
„Wegen so was? Da fängt er sich nur einen epischen Anschiss.“
„Hoffen wir's.“
Antias ließ seinen Blick noch einmal in langem Bogen über die ihm heimisch gewordenen Unterkünfte schweifen. Wenn das hier schief ging, war er vermutlich geliefert. So oder so. Dann bedachte er Fimbria mit einem aufmunternden Grinsen.
„Fertig?“
„Fertig.“
„Also gut.“
Unter einer Wolke jenseitigen Gestanks ging es diesmal zu dritt wieder an den Barracken vorbei, hinter den Ställen entlang zu den Werkstätten. Im Durchgang zum Hof der Waffenschmiede machten sie halt. Antias richtete sein Fass auf und nahm den Deckel ab. „Bist du sicher Fimbria?“ Fimbria stieß brummend die Luft aus. Ursprünglich hatte der Plan eine andere Rollenverteilung vorgesehen, aber Fimbiras Nerven hatten bereits am Morgen zu flattern begonnen und das Theater mit den Wachen wäre eindeutig zu viel für ihn geworden. Also war der Plan geringfügig modifiziert worden. Dafür hatte Fimbria sein Fass immerhin persönlich aussuchen und polstern dürfen. Hispo wurde langsam ungeduldig und schnappte Fimbria unter der Achsel. „Na los jetzt.“
Mit vereinten Kräften hievten sie den stämmigen Tiro hoch, versenkten ihn im Fass und pressten den Deckel wieder fest. Als er gerade im Begriff war, das Fass wieder zu kippen, fiel Antias noch etwas ein.
„Psssst .. Fimbria .. wo sind meine Sachen?“
„Schon drin, ich sitz drauf.“ kam es dumpf aus dem Fass.
Also weiter. Fässer in die Waagerechte und vorwärts zum Osttor.