Auch Torquata fiel die zunehmende Lautstärke des syrischen Marktschreiers auf.
"Sei still!", fuhr sie ihn in seiner griechischen Muttersprache an und kehrte damit ganz die vornehme Domina nach außen.
Der syrische Händler verstummte auf der Stelle und blinzelte sie in einer Mischung aus Erstaunen und Verärgerung an. Aber er hielt den Mund.
Ihre Mutter hatte ihr früh beigebracht, wie man sich aufdringliche Händler vom Leib halten konnte und wie man sie zur Räson brachte.
Energisch griff Torquata nach einer Tunika in Hadrianus' Größe und begutachtete sie kritisch. Schafswolle. Sehr kratzig und auch die Vernähung des Saums ließ zu wünschen übrig.
Inzwischen hatte der Syrer angefangen, seine Ware anzupreisen. Wiederum auf Griechisch. Torquata stellte einige Fragen zu Material und Farbfestigkeit und inspizierte noch einige andere Exemplare.
Schließlich reichte sie Hadrianus eine einfache Tunika aus dunkelblauer Baumwolle und eine aus rostrot gefärbtem, feinem Leinen. Sehr diskret, aber nicht so billig wie es Bürger der Unterschicht tragen würden. Vor allem, weil sich am Kragen und an den Ärmeln schwarze Mäandermuster befanden.
"Diese, würde ich sagen, für den privaten Gebrauch", meinte sie. "Ich hoffe, du bist mit einer dezenten Farbwahl einverstanden. Wenn du etwas Auffälligeres und Edleres brauchst, kann ich dir auch diese Smaragdgrüne hier empfehlen." Sie deutete auf eine teuer aussehende, seidene Tunika.
"Und für den Dienst..." Sie wandte sich an den Händler und fragte auf bestem Griechisch, ob er auch Kleidungsstücke aus widerstandfähigeren Materialien anbot. Der Händler begann augenblicklich, in seinen Beständen zu wühlen und förderte einige schmucklose Tuniken zu Tage, die aus einem gröberen Leinen gefertigt waren und deren Nähten eine größere Reißfestigkeit versprachen.
Torquata griff nach der Grauen. "Diese Farbe dürfte nicht ganz so schmutzanfällig sein."
Die Jagd...auf Zutaten...und andere Dinge...
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Fontinalis erschrack, hatte er gerade richtig gehört? Torquata herrschte den Händler an und dieser tat was er tun musste. Die klappe halten.
Eine so zierliche Person und dann so eine Stimme. Er verstand zwar nicht die Sprache, aber sicher war es keine Einladung zum essen.
Noch voll von Bewunderung für Torquata begutachtete er die Tuniken die sie ihm Vorschlug.
Es waren keine billigen, aber auch keine teuren. Genau das was ein Mann seines Standes tragen konnte ohne aufschneiderisch zu wirken.
Während er die privat Tuniken bewunderte hielt sie ihm bereits die nächsten vors Gesicht.
Grau, schlicht, einfach und anscheinend stabil. Genau das was ein Soldat brauchte.
Ich nehme die zwei teuren, und sieben von den grauen verkündete der Centurio stolz. -
Der syrische Händler lächelte wie ein Fuchs und nannte den Preis:
"Vierhundert Sesterzen!"
Natürlich war er viel zu hoch, aber ein Soldat von Auswärts hatte ja wohl kaum Erfahrung mit dem Handel in Rom! Und das junge Ding neben ihn war bestimmt nicht alt genug, um Preise wie solche zu begreifen. -
400 Sesterzen? Ich glaube die Marktaufsicht würde bei einer Kontrolle bei dir sicher fündig werden. Fontinalis hatte zwar keine Ahnung ob der Preis gerechtfertigt war, aber handeln könnte nie schaden. Auch wenn es ein anderes handeln war als ursprünglich. Man könnte fast schon von Erpressung sprechen. Aber eines wusste der Hadrianus. Wenn ein Händler das Wort Aufsicht hörte, wurden diese schnell weich und gaben nach.
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Der Syrer lächelte süffisant. "In Rom freier Markt, Preise frei. Hauptsache ich Steuern zahlen. Marktaufsicht nichts tun können", meinte er im gebrochenen Latein. "Entweder du zahlen 400 Sesterzen, oder du gehen."
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Jeder Händler hatte Dreck am stecken. Das wusste der Centurio.
Hör mal. Ich diene unter den Adlern. Wenn ich das Gefühl hab hier stimmt was nicht, dann hole ich die urbanen. Die zerpflücken dein stand und finden garantiert was. Aber weil ich heute einen verdammt guten tag habe gebe ich dir 200. -
Der Syrer ließ sich nicht abschrecken. Dafür war er ein zu alter Hase. Was der Centurio natürlich nicht wusste: Die Castra Praetoria bezog die Tuniken für die Tirones regelmäßig von ihm und bekam dafür beträchtlichen Rabatt. Welcher Centurio oder Tribunus wäre so blöd, für einen einfachen Soldaten, diesen Einkaufsvorteil einzubüßen?
"400 bleiben 400!" -
300. Mein letztes Wort. Fontinalis sah zu Torquata hinüber. Bis jetzt hatte sie sich vornehmlich zurück gehalten. Was meinst du? Wieviel würdest du bezahlen?
Dann blickte er wieder den Händler an. -
Schon längst hatte Torquata den Händler durchschaut. Diese dachte nämlich, dass er es hier mit zwei Unwissenden zu tun hatte.
"Nun, ich würde so viel zahlen, wie es die Ware wert ist", antwortete sie laut und hielt dem Syrer seine Ware unter die Nase.
Wohlweislich verwendete sie dieses Mal absichtlich Latein, damit es auch alle Umstehenden laut und deutlich mitbekamen.
"Nun schau dir doch diesen schlecht genähten Saum an!", keifte sie plötzlich so lautstark los, dass alle Leute im Umkreis von zwanzig Schritten aufhorchten und sich nach ihr umdrehten.
"Überall Bagatellen! Und die schlechte Qualität der Farbe erst! So unregelmäßig wie sie ist, wird die Tunika nach dem zweiten Waschgang so fleckig aussehen, als hätte ich sie gar nicht gewaschen! Und für so etwas willst du 400 Sesterzen?! Und woher soll ich wissen, dass du mich nicht betrügst mit der festigkeit des Stoffs? Schau es dir doch an! Grobmaschig wie Sackleinen! Das kann man ja nicht mal einem Bettler zumuten! Und dafür willst du einen Preis, für den ich beim Händler Iokos eine ganze Festgarderobe aus feinster Seide bekommen könnte?! Was für eine Unverschämtheit! Du kannst froh sein, dass du diese Lumpen überhaupt loswirst, du Betrüger!"
Der Händler sank mit jedem lauten Wort mehr in sich zusammen, als auch Umstehende begannen, unflätige Bemerkungen zu machen.
"Für wie dumm hältst du uns Römer eigentlich?! Glaubst du, wir bezahlen für schlechte Billigware teures Geld?!"
Schließlich brach der widerstand des Händlers auf Druck der schimpfenden Menge zusammen und er hob die Hände in Kapitulation. "Schon gut, schon gut! Wie viel du bezahlen wollen?"
Torquata beäugte noch einmal energisch die Tuniken und sagte dann fest: "Dreißig Sesterzen!"
"Dreißig?!" Der Syrer riss die Augen auf und fing an zu jammern, dass er doch auch leben müsse. "Nicht gehen, das nicht gehen!", rief er aufgeregt. "Für hundert Sesterzen ich verkaufen können!"
Torquata blieb hart. "Hundert?! Dass ich nicht lache! Nein, dreißig!"
"Sechzig!"
"Fünfunddreißig!"
Der Händler schüttelte resigniert den Kopf.
Torquata atmete tief durch und seufzte theatralisch. "Na schön, im Angesicht deiner harten Arbeit, will ich dir vierzig Sesterzen zahlen, aber das ist mein letztes Wort!"
Als der Syrer daraufhin das Gesicht verzog, zuckte Torquata scheinbar teilnahmslos die Schultern und wandte sich, noch immer sehr gut hörbar für die Menge, an Hadrianus. "Dann eben nicht. Komm, Hadrianus, schauen wir uns woanders um. Ich bin mir sicher, dass Händler Iokos bessere Ware zu besseren Preisen anbietet."
Und kaum hatten sich die beiden Einkäufer abgewandt, hörte Torquata den Syrer schon rufen. "Gut! Gut! Vierzig Sesterzen! Ich verkaufen für vierzig Sesterzen!"
Blitzschnell drehte sich Torquata um und meinte laut: "Gut, also vierzig Sesterzen für alle Tuniken zusammen!"
Mies gelaunt packte der Syrer die geforderten Tuniken zusammen und und reichte sie Torquata. -
Fontinalis lauschte den Ausführungen Torquatas. Sie begann in einem normalen Ton während sie mit einer der Tuniken hantierte. Langsam aber sich würde sie lauter, so daß auch umher stehende und vorbei gehende sie genau verstanden. Manche schüttelten den Kopf und gingen weiter ihres Weges. Andere hingegen blieben stehen und hörten aufmerksam zu und nickten hier und dort anerkennend.
Aber als am Ende der Preis genannt wurde, verschlug es ihm fast die Sprache. Er hätte jetzt 300 bezahlt , Torquata hatte ihn auf 40 Sesterzen gedrückt. Das machte eine Ersparnis von 260 Sesterzen. Eine beträchtliche Summe. Soviel hatten machen Familien nicht im Jahr zur Verfügung.
Der Centurio kramte das Geld hervor, drückte es dem Händler in die Hand und beugte sich zu dem Händler nach vorne und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Willst du mich nochmal verschicken, dann schicke ich meinen Centurionen Kollegen der urbanen vorbei...
Dann drehte er sich zu Torquata um, Danke das du die Verhandlungen geführt hast. Der hätte mich fast über den Tisch gezogen. Ich steh in deiner Schuld. -
Torquata lächelte leicht. "Nichts zu danken. Feilschen ist einfach eine überlebenswichtige Fähigkeit in der urbs aeterna. Da hast du es in Mantua viel besser."
Sie schlenderten durch die Reihen der Händler und wühlten sich durch das Gedränge, bis sie schließlich zu einem alten Kräuterweib kamen.
"Guten Tag", grüßte Torquata höflich. Ihr Vater hatte ihr von Anfang an beigebracht, der älteren Generation den nötigen Respekt entgegenzubringen. "Ich benötige den hispanischen Crocus."
Die alte Frau holte sogleich einige in Seide gewicktelte Päckchen hervor und faltete das Material auseinander, sodass das kostbare gelbe Gewürz sichtbar wurde.
Vorsichtig hielt Torquata es an ihren Nase und sog mit geschlossenen Augen den köstlichen Duft ein. -
Da hatte sie recht. In Mantua kannte man die Händler und die kannten ihre Kunden. Auch änderten sich die Preise dort, aber so wirklich jemanden über den Tisch ziehen wollten dort niemand. Zumindest hatte es noch nie jemand bei Fontinalis versucht.
Einige Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her, bis Torquata ein stand mit Kräutern entdeckte.
Nachdem sie ihren Wunsch geäußert hat und die alte die geforderte Ware hervor gekrammt hatte glaubte er ein Lächeln in ihren Augen zu erkennen.
Das ist das Gewürz das du suchst?Sim-Off: sind das Blätter oder ein Pulver. Und wie riecht das Zeug? Bin kein Gewürz Fachmann
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"Ja..." Noch einmal sog Torquata das volle Aroma des Crocus ein - es erinnerte sie an Zuhause...und es machte sie traurig...
"Meine Mutter hatte es oft für ihre Rezepte verwendet." -
Jetzt konnte Fontinalis nicht anders. Er musste ebenfalls daran riechen. Es roch neu und unbekannt und sehr intensiv.
Natürlich entging ihm nicht das die Stimme von Torquata sich verändert hatte. Sie Klang auf einmal traurig. Deiner Aussage entnehme ich das sie nicht mehr unter den lebenden weilt? -
Ohne es zu wissen hatte Hadrianus einen wunden Punkt getroffen und es schmerzte sie sehr. "Nein, meine Eltern starben vor einigen Jahren bei einem Raubüberfall auf unser Landgut bei Misenum. Aber ich lebe auch erst seit wenigen Wochen hier in Rom." Torquata sah zu der alten Frau hinüber. "Für wie viel verkaufst du ein halbes Päckchen?"
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Wie gemein diese Welt doch sein konnte. Es hatte den Anschein als ob diese Frage sie noch trauriger gemacht hat. Dann sah er die alte Frau an die im Begriff war eine Preis für die Ware zu berechnen.
sag mir einfach was das Päckchen kostet. Ich werde dafür aufkommen.
Dann grinste er Torquata an. Kein Widerspruch -
Erstaunt blickte Torquata Hadrianus an. "Was? Aber...es wird vermutlich mehr kosten als all deine Tuniken zusammen!"
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Fontinalis grinste weiter. Aber dank deiner Verhandlung habe ich mir 260 Sesterzen
Dann sah er wieder zu der alten Frau. Ein Päckchen kosten 100 Sesterzen.
Noch eher Torquata etwas sagen konnte kramte er die geforderte Summe zusammen und übergab sie ihr, im Gegenzug erhielt er das Päckchen in die Hand. Welches er sofort mit einem Lächeln an die eigentliche Besitzerin weitergab. Hier. Das ist für dich -
Stumm vor Staunen nahm Torquata das Päckchen an sich und ihr stiegen Tränen in die Augen, als sie realisierte, dass es das Netteste war, was ein Mensch in den Jahren nach dem Tod ihrer Eltern für sie getan hatte...abgesehen von Dives natürlich.
"Danke", brachte sie hervor und wischte sich kurz über die Augen. -
Fontinalis sah leicht verwirrt den Sklaven an, welcher verwirrt den Centurio anblickte.
Der Hadrianer wunderte sich das man eine Frau mit einem Gewürz zum weinen bringen konnte. Oder war es eher die Erinnerung an ihre Mutter? Das war eher wahrscheinlich.
Du brauchst mir nicht zu danken. Ich danke dir. während dieser Wort schaute er ihr tief in die Augen, ihre grauen Augen.
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