...und eine weitere aufsehenerregende Kandidatur zeichnete sich ab: Denn der Consul verkündete:
"Der ehemalige Quaestor Principis Lucius Tiberius Lepidus kandidiert als Triumvir Capitalis. Er hat das Wort!"
...und eine weitere aufsehenerregende Kandidatur zeichnete sich ab: Denn der Consul verkündete:
"Der ehemalige Quaestor Principis Lucius Tiberius Lepidus kandidiert als Triumvir Capitalis. Er hat das Wort!"
"Patres Conscripti!", erschall der Begrüßungsruf, den der Tiberier irgendwie schon müde war zu sprechen. Je öfter man es sagte, desto merkwürdiger klang es. Aber alles klang komisch, wenn man es nur oft genug hintereinander sagte, selbst so etwas einfaches wie Schüssel, Schüssel, Schüssel... aber gut, hier war eine Rede zu halten. Die Stimme von Lepidus war heute ein klein wenig kräftiger und lauter angelegt als sonst, gerade damit die zwischenzeitlichen Abstufungen noch von allen gehört werden konnten und gleichsam die Worte ihren damit unterstrichenen Subtext nicht verloren. "An diesem Tage erleben wir wohl nicht nur die Wiederholung dessen, dass ich für ein Amt des Cursus Honorum kandidiere, sondern gleichsam eine Wiederholung bezüglich der Stufe, auf der ich dies tun werde. Viginitivir war ich in der Tat schon... einige wenige unter euch werden sich vielleicht noch erinnern. Damals wie heute ist es auch mein Wunsch bei den Tresviri Capitales meinen Dienst für Rom zu leisten. Damals wurde mein Wunsch freilich nicht erfüllt und der Senat hat mich in seiner Weisheit in ein anderes Collegium gesandt. Auch wenn ich die Zeit bei der Straßenreinigung sehr genossen habe und ihr Senatoren völlig richtig entschieden habt, so halte ich dennoch eine Amtszeit in den Reihen der Tresviri für durchaus sinnvoll. Bereits damals habe ich mich intensiv auf dieses Amt vorbereitet, eine Vorbereitung, die ich niemals für Taten verwenden konnte. Damals wie heute möchte ich darauf verweisen, dass ich durch einen abgeschlossenen Cursus Iuris gewisse Qualitäten in Strafangelegenheiten mitbringe. Außerdem hoffe ich durch meine vergangenen Amtszeiten gezeigt zu haben, dass an meinem Pflichtgefühl nicht zu Zweifeln ist und ich meine Aufgaben mit großer Sorgfalt ausführe." Und wenn er das vielleicht durch hatte, dann konnte er ja vielleicht noch Testamente vollstrecken oder Münzen pressen. Es gab noch so viel, was er nicht erlebt hatte... Traurig, dass die meisten in ihrer Laufbahn nie die Gelegenheit hatten das alles auszukosten. Historisch hatte der Tiberier hier eine einmalige Chance...
"Ich möchte im Grunde nun keine langen Ausführungen darüber machen, weshalb es sinnvoll ist, erneut unter die Vigintiviri zu gehen. Jedes Amt des Cursus Honorum kann wohl aus gutem Grund erneut bekleidet werden. Zudem bin ich überzeugt, dass jedes einzelne Amt auf jeder Stufe des Cursus Honorum wertzuschätzen ist und mit den fähigsten und kompetentesten Männern besetzt werden sollte, was ihr sicherlich ähnlich sehen werdet. Ein auf die nächste Stufe des Cursus Honorum ist für mich auch derzeit gar nicht möglich, da ich kein Senator Roms bin. So bleibt mir jedoch weiterhin die Möglichkeit mich um Rom verdient zu machen und Erfahrung für mögliche höhere Aufgaben zu sammeln, sollte ich denn jemals als würdig genug angesehen werden, mit solchen betraut zu werden. Als Quatuorvir arbeitete ich bereits eng mit den Aediles zusammen und während meiner Questur wurde ich unter anderem mit der Arbeitsweise des Palastes und des Kaisers vertraut. Als Teresvir hätte ich nun die Möglichkeit einer engen Zusammenarbeit mit den Praetores, wobei ich sicherlich noch viel lernen kann." Je mehr Erfahrung, desto besser. Es sei denn man war irgendwann alt, vergreist und unansehnlich. Dann nutze einem die Erfahrung natürlich auch nicht mehr so viel, wenn man damit schließlich nicht zu Taten schreiten konnte. Aber mit etwas Glück musste Lepidus nun auch nicht bis er 60 war zwischen Vigintivirat und Quaestur hin und her springen. Da fiel ihm ein, dass er sich fest vorgenommen hatte, der guten Fortuna noch ein Opfer darzubringen. Dieses launische Weib verlangte eindeutig zu viel Aufmerksamkeit.
So bitte ich euch, wie in den vorangegangenen Wahlen, um eure Stimme, auf dass ich Rom erneut dienen und von nutzen sein kann. Danke, dass ihr meinen Worten gehört schenktet!" Und der Vorhang fällt. Wäre es nicht eine so sklavische Geste, er hätte sich wohl verbeugen müssen.
Macer wartete eine Weile, bevor er sich zu Wort meldete, auch wenn er als Consular sicher nicht allzu lange warten musste. "Du sagtest, dass du keine langen Ausführungen machen möchtest, weshalb deine Kandidatur sinnvoll ist", leitete er seine Frage mit einem Zitat aus der Kandidaturrede ein. "Aber mich würde genau das doch sehr interessieren. Wieso gehst du einen Schritt zurück, hinter die zuletzt erreichte Stufe? Wieso kandidierst du nicht erneut als Quaestor? Du hast dem Kaiser persönlich als Sekretär gedient - stellst du da dein Licht nicht allzu auffällig unter den Scheffel, wenn du jetzt als Vigintivir antrittst?" Ohne dem Kandidaten einen Vorwurf machen zu wollen fand Macer diese strategische Entscheidung tatsächlich verdächtig. Verdächtig genug, um eben hier nachzufragen.
Wie viele Senatoren doch immer 'eine Weile warteten', bevor sie etwas sagten. "Vielen Dank für diese Frage, Senator Purgitius" Ohja, in der Tat, jede Frage ist eine gute Frage "Zunächst gibt es eine Reihe von Gründen, weshalb ich für das Kollegium der Tresviri kandidiere und nicht für ein anderes Amt: 1. Meine frühere Vorbereitung auf genau jenes Amt, weshalb ich glaube, es sehr gut auszuführen, 2. Die praktische Erfahrung, die mir durch die Zusammenarbeit mit den Praetores zuteilwerden könnte, 3. Meine Bildung in Rechtsangelegenheiten, die sich als Tresvir wahrscheinlich gut anwenden lässt"
"Wenn es nun um die konkrete Gegenüberstellung von Vigintivirat und Quaestur geht, so ist folglich zu sagen, dass sich in Abwägung der dafür sprechenden Gründe aus meiner Sicht und genau in dieser gegenwärtigen Zeit jenes dem anderen zu bevorzugen ist. In dieser Situation geht es ja nicht darum, ein Amt zu belegen, um dann die Voraussetzungen für das Folgende zu erfüllen, was dann als Grund für das höchstmögliche Amt herhalten könnte. Hier geht es schlicht darum, zu erwägen, in welchem Amt ich derzeit Rom besonders dienlich sein kann. Und zur Metaphorik des 'Rückschritts': Ich denke es ist jedem hier im Senate selbst überlassen, ob er die Kandidatur als Vigintivir als Rückschritt betrachtet und demzufolge womöglich glücklicher wäre, wenn er mich lieber auf einer erneuten Quaestur 'stagnieren' sähe. Ich selbst glaube nicht, dass diese Kategorien angemessen sind. In einer Gegenüberstellung scheint mir das Gründegewicht, wie ich darlegte, zu diesem Zeitpunkt zugunsten der Tresviri auszuschlagen, nicht mehr und nicht weniger"
Auch nach dieser Erklärung verstand Sextus die Intention des Tiberiers nicht. Wenn er die Quintessenz des Wunsches zusammentrug, blieb für ihn nicht mehr übrig, als ein 'ich wollte schon immer einmal Testvir Capitalis sein'. Gut, manche Menschen wollten Vigil werden, oder Gerber, oder Fleischer. Tiberius Lepidus wollte wohl gerne nochmal Vigintivir sein. Aber verstehen musste Sextus weder die einen Wünsche, noch den hier und jetzt.
“Wenn du praktische Erfahrung anstrebst und dich um Recht und Ordnung verdient machen möchtest, warum kam für dich da beispielsweise kein Tribunat bei den Cohortes Urbanae infrage? Dort hättest du mit denselben Verbrechern zu tun wie als Tresvir, könntest nicht nur den Praetores, sondern auch dem Praefectus Urbi helfen und würdest überdies wichtige Erfahrungen in der Verwaltung einer militärischen Einheit erlangen. Ich weiß, du bist Patrizier, und für unsereins ist ein Tribunat nicht Pflicht, Aber bei den Cohortes Urbanae müsstest du weder die Stadt verlassen und so deine religiösen Ambitionen aufgeben, noch würde es für neutrale Beobachter wie ein Rückschritt aussehen. Hast du dir über diese Möglichkeit Gedanken gemacht?“ wollte Sextus wissen.
Viele dachten bei einem Militärtribunat ja ausschließlich an ritterliche Tribunen, die Truppen führten und Befehle über den Kasernenhof brüllten. Aber ein senatorischer Tribun war ja eigentlich eher eine Verwaltungskraft und der Assistent des eigentlichen Truppenführers. Mit militärischem Exerzieren hatte das eigentlich weniger zu tun, auch wenn man im späteren Leben dann gut mit 'militärischer Erfahrung' angeben konnte.
"Auch dir vielen Dank für deine Wortmeldung, Senator Aurelius Lupa" *Hust* *Hust* Das hörte sich so an, als wäre der Hals des Tiberiers nach seinen Ausführungen etwas kratzig geworden und während er mit diesem Räuspern und Husten seinen Satz nur mühevoll zu Ende bringen konnten, schien es als hätte er ausversehen den Namen des Senators zu einer Wölfin verweiblicht. Ein Glück war kein Pöbel anwesend, der sich über diesen anzüglichen Sprachgebrauch hätte amüsieren können. Lepidus beeilte sich seine Stimme wieder zu gewinnen und einfach weiter zu sprechen. Ob dies noch ein unbewusster oder gar bewusster Nachtrag zur plötzlich erfolgten Beendigung des Patronageverhältnisses zwischen den beiden war, darüber konnten wohl nur die informierten Senatoren grübeln. "Selbstverständlich war ich sehr umsichtig bei der möglichen Kandidatur und habe mir selbstverständlich meine Gedanken gemacht, ja. Das versteht sich natürlich von selbst, insbesondere dann, wenn man - wie es offenbar für einige von euch überaus ungewöhnlich erscheint - für eine Stufe des Cursus Honorum noch einmal kandidiert. Also versichere ich hier noch einmal, dass ich persönlich alle Gründe wohlerwogen habe und dass auch ein Tribunat derzeit nicht zur Debatte steht" Hoffentlich war das genug Politiker-Sprech. Die Frage war ja zum Glück nur ob sich der Tiberier Gedanken gemacht hatte. Ja/Nein-Fragen waren natürlich immer dankbare Aufgaben. Hier konnte er sich zum Glück etliche Ausführungen darüber ersparen, dass man so ein Tribunat auch nicht hinterhergeworfen bekam. Darüber hinaus dauerte der Prozess bis man denn endlich mal eingesetzt wurde viel zu lange. Sicher locker ein ganzes Jahr bis er vielleicht sein Tribunat hatte, dann noch ein Jahr, bis er damit fertig war. Nein, das konnte man sich nun wirklich sparen, vor allem als Patrizier. Darüber hatte der Tiberier vor so lange wie möglich vom militärischen Dienst fern zu bleiben. Dafür war er persönlich einfach nicht der Typ. Auch diese persönlichen Befindlichkeiten konnte er sich zum Glück ebenfalls sparen anzubringen"Da ich meine Kandidatur sorgsam bedacht habe, werde ich sie auch keinesfalls zurückziehen, selbst wenn mir hier heute noch dieser und jener Senator das ein oder andere Arbeitsangebot unterbreiten sollte" Na, das war doch wenigstens ein paar kleine Lacher wert? Zumindest Lepidus trug es mit einem charmanten Lächeln vor. "So sollte es doch heute primär eher um meine Eignung für das entsprechende Amt gehen, damit ihr eure Wahlentscheidung nach bestem Gewissen treffen könnt"
Oh, ja, sehr beeindruckend und originell. Die Beleidigung hab ich ja noch nie gehört... dachte Sextus nur äußerst trocken und rollte die Augen entnervt himmelwärts. Offensichtlich hatte der Tiberius sich vorgenommen, auf den Verlust des Patrons mit kindlicher Bockigkeit zu reagieren, was sich durch die gesamte Antwort durchzog. Zumindest den Teil, den er wohl zu beantworten gedachte, die ebenfalls gestellte Frage nach dem WARUM hatte er ja geflissentlich ignoriert.
“Ich danke dir für diese eloquente und inhaltlich detailreiche Antwort“ bemerkte Sextus also nur trocken. Auch wenn er sich fragte, wie seine oder auch Purgitius Macers Antwort jemals als Angebot hätte aufgefasst werden können. “Auch wenn ich bemerken muss, dass mein Gewissen hierbei ein wenig mehr logische Argumente bräuchte, um jemanden bei einem derartigen Rückschritt zu unterstützen...“ Sextus setzte sich einfach wieder. Auf dieses Niveau der Argumentation hatte er wenig Lust. Was ein Kandidat sagte, wie er sich präsentierte und wie er für seine eigene Sache eintrat, war immerhin dessen Sache. Sextus konnte da nicht den Erzieher für jeden spielen.
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