Nach seinem Abschied hatte Audaod eine weite und anstrengende Reise zu bewältigen. Von Mogontiacum ging es in südlicher Richtung zunächst über Borbetomagus rhenusaufwärts weiter nach Argentoratum und von dort aus nach Augusta Raurica. Das Wetter machte es in diesen Tagen bereits unmöglich, den direkten Weg über die Alpes Montes einzuschlagen. Statt dessen war ein Umweg über Vesontio und Cabillonum weiter in südwestlicher Richtung bis nach Lugdunum notwendig, der durch Gallia Narbonensis letztlich nach Massilia führte. Von dort aus ging es schließlich entlang der Küste nach Italia, wo man bequem der Via Aurelia nach Rom folgen konnte.
Wesentlich erleichtert wurde die Reise durch zwei Faktoren. Erstens reiste Audaod nicht allein, sondern in Begleitung. Da war einerseits Radbod, der etwas unbeholfene aber sehr hilfsbereite junge Kerl, den es aus Mogontiacum fortgetrieben hatte und der Audaod - wie dieser vermutete aus purer Verzweiflung - nun zur Seite stehen wollte (seine Kochkünste waren im Übrigen ausgezeichnet!).
http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/37.jpgAndererseits war da Publius Vennonius Caldus, der eine Reisekutsche und vier gut gerüstete Leibwächter zu ihrer kleinen Gesellschaft beisteuerte. Und nicht nur das, Vennonius hatte auch eine ganze Menge Wissen im Gepäck. Wie sich nämlich bald herausstellte, hatte Vennonius eine juristische Ausbildung durch den reichsweit bekannten Juristen Publius Iuventius Celsus genossen, die er auf der Reise alsbald mit dem sehr interessierten Audaod teilte. Doch nicht nur das. Als schnell herauskam, weshalb der junge Duccius nach Rom ging, begann der Vennonier sein gesamtes Wissen über die stadtrömische Gesellschaft, den Umgang innerhalb der Senatorenriege, Unterhaltungsmöglichkeiten und das Geldverdienen mit Audaod zu teilen.
"Junger Duccius, lass dir gesagt sein: Dies ist jenes Wissen, das dir den Einstieg in eben diese besagte römische Gesellschaft - du freilich würdest sie bezeichnen als Klüngel, so wage ich zu behaupten - in erheblicher Art und Weise zu erleichtern vermag. Wahrlich und wahrlich, angesichts deiner hehren Bestimmung, der dich der erhabene und ruhmreiche Iuppiter höchstselbst wohl zugeführt haben mag, sehe ich es als meine geheiligte Pflicht an, dich angemessen und würdig auf diese atemberaubende und rühmliche Destination vorzubereiten!"
So pflegte der Vennonier in seiner recht abgehobenen und schwülstigen Art zu sagen und Audaod nickte beipflichtend. "Ganz wie du es sagst", antwortete er dann. Und während Radbod das ein oder andere Mal einsam auf seinem Pferd dahintrottete, fuhr Audaod in Vennonius' Kutsche mit und führte Diskurse. Oder hörte sich Ein-Mann-Diskurse seines Lehrers an. Audaod amüsierte die Art des Vennoniers nicht selten, wenngleich er nicht verkannte, dass er bei dem Mann viel Neues erfuhr. Besonders sein juristischer Sachverstand wurde geweckt und geschärft, was sich vor allem an so manchem anschaulichen Problem anhand der geltenden Gesetzestexte zeigte.
Schließlich aber versäumte Audaod es ebenso wenig seine Fertigkeiten im Ring- oder Schwertkampf im Wettstreit mit ihren recht robusten Leibwächtern auf einem guten Stand zu halten, wofür so manche Rast die Zeit bot.
Und zu guter Letzt sah Audaod es außerdem als seine Pflicht an, auch dem guten Radbod einen Teil seiner Zeit zu widmen, der die Reisegesellschaft durch seine Kochkünste bei Laune hielt und für das ein oder andere erheiternde Gespräch zu haben war. So wurde auch bei stetig sich verschlechterndem Novemberwetter die Stimmung nicht oder jedenfalls nie dauerhaft trüb, was Audaod als sehr komfortabel empfand.