Wiedersehen macht Freude ...

  • Unaufhaltsam war die Zeit voran geschritten. Auf den schönsten Tag, den Prisca seit langem erleben durfte, folgte ein weniger schöner (dafür umso entscheidener) Tag und nunmehr war jener Tag gekommen, der wohl der Unschönste von allen drei werden würde. Dabei würde Prisca ausgerechnet heute den Mann wiedersehen, mit dem sie den schönsten Tag hatte verbringen dürfen! "Ach Fortuna, warum nur hast du mich verlassen? Habe ich dir nicht genug gehuldigt? Haben dir meine Opfer nicht gefallen? .... Ach, wie soll ich es ihm nur sagen?", haderte Prisca leise seufzend mit ihrem Schicksal während sie wartete und darüber nachgrübelte, wie sie es Scato am besten sagen sollte. Das mit den Spielen und das mit der Heirat …


    "Warum ...warum nur? Warum …" Warum musste es so kommen, wie es gekommen war?


    Prisca wusste keine Antwort darauf und die würde sie auch nicht auf dem Papyrus finden, auf dem sich die Abschrift eines Gedichtes befand, welches sie auf schmerzliche Weise an jenen Tag erinnerte und genau ihren Gemütszustand widerspiegelte:


    "Welch eine Nacht, ihr Götter und Göttinnen!
    Wie Rosen war das Bett! Da hingen wir
    Zusammen im Feuer und wollten in Wonne zerrinnen!
    Und aus den Lippen flossen dort und hier,
    Verirrend sich, unsre Seelen in unsre Seelen!-
    Lebt wohl, ihr Sorgen, wollt ihr mich noch quälen?
    Ich hab' in diesen entzückenden Sekunden,
    Wie man mit Wonne sterben kann, empfunden!

    [SIZE=7]Gaius Petronius Arbiter[/SIZE]


    Wieder und wieder überflog Prisca das Geschriebene und mit jedem Mal fühlte sie sich diesen Zeilen mehr und mehr verbunden …

  • Scato hatte die knappen Zeilen der Aurelia gelesen und war sich seitdem nicht mehr sicher ob diese der einzuhaltenden Diskretion oder aber einem anderen ernsten Umstand geschuldet waren. Mit einer doch recht tiefen Sorgenfalte auf der Stirn, zu heftiges Grübeln schlug ihm zuweilen aufs Gemüt, hatte er sich, ebenfalls der Diskretion willens, mit einem kleineren Tross auf den Weg gemacht um Prisca zu sehen.


    Nachdem sie beim Ianitor vorstellig wurden, blieben wieder einige Sklaven zurück, sodass nur noch seine beiden Leibsklaven Angus und Lupus weiter an seiner Seite weilten, dies jedoch auch nur bis zum Eingang des Raumes, den restlichen Weg, oder besser gesagt, die restlichen paar Schritte würde er alleine tätigen..


    "Prisca! Es ist so schön dich wiederzusehen, ich hoffe doch es ist dir gut ergangen?", sagte Scato freundlich, und wusste schon nach ein paar Tagen des nicht-sehens nicht so recht, wie er Prisca denn nun begrüßen sollte..

  • Nur wenige Tage lagen zwischen dem Ausflug nach Pygri, der cena bei den Flaviern und dem heutigen Tag und doch hätten diese Tage ereignisreicher nicht sein können. Prisca war völlig verwirrt und innerlich aufgewühlt. Immer und immer wieder hatte sie über die Entwicklung der Dinge nach gegrübelt ohne, dass es ihr etwas gebracht hätte in Bezug auf die eine Frage: Warum ...???


    Gerade las Prisca zum XVII-ten Mal die beiden letzten Zeilen des Gedichtes, als sie Schritte und eine vertraute Stimme in ihrem Rücken vernahm. Mit einem erfreut klingenden Seufzer wandte sie sich um und ein Lächeln umspielte flüchtig ihre Lippen, als sie die wenigen Schritte auf Scato zuging, die sie noch trennten. Vor ihm angekommen, wich der erfreut wirkende Glanz aus Prisca´s Augen jedoch einem eher wehmütigem Blick, mit dem sie ihn sekundenlang bedachte. Ihre Gefühle für ihn konnte Prisca schwerlich verbergen und umso schmerzlicher war die Erkenntnis, dass sie ihre ihre gefühle für ihn künftig würde tilgen müssen trotz allem, was zwischen ihnen geschehen war und noch hätte geschehen können. Für immer! Eine schmerzliche und dennoch schöne Erinnerung, die bleiben würde, auch wenn die Erkenntis darob mehr als schwer fiel.


    "Ich ...ich freue mich sehr, dass … du hier bist", begann Prisca unsicher und mit leicht belegter Stimme zu sprechen. Sie musste sich kurz räuspern, denn beinahe hätte sie der Versuchung nachgegeben, sich einfach an Scato zu schmiegen (so wie vor Tagen im Meer) und ihn um einen Kuss zu bitten. Aber nein! Das darf nicht sein! Nicht mehr und nie wieder … werde ich so in Wonne zerrinnen dürfen, so wie in jenen entzückenden Sekunden, in denen ich hab empfunden, als unsere Seelen verwirrend ineinander geflossen sind …


    Prisca hatte keine Ahnung wie sie sich von nun an gegenüber Scato verhalten sollte und sie hatte arge Bedenken, dass es ihr jemals gelingen würde wieder zur "Normalität" zurück zu kehren. Dazu waren sie fast schon einen Schritt zu weit gegangen, oder? Gleichsam wie ihr Verstand mit dieser einen Frage zu kämpfen hatte, schlich sich noch eine weitere plagende Frage in ihr Gehirn: Hat er am Ende gar gewusst, dass Gracchus mir einen Heiratsantrag machen will? Es lagen ja nur wenige Tage zwischen diesen beiden Ereignissen und deshalb erschien Prisca diese Vermutung gar nicht so abwegig, nämlich, dass die Flavier bereits im Vorfeld die künftigen ehelichen und politischen Beziehungen zwischen ihnen und den Aureliern besprochen hatten.


    "Hast du davon gewusst? ...Von der cena! Und zu welchem Anlass ich eingeladen worden bin? ….Warum? Warum hat man mir den wahren Grund denn nicht vorab mitgeteilt?", unter tränenschwangeren Augen sprudelten möglicherweise verwirrend klingende Worte aus Prisca´s Mund, doch waren ihre Gedanken zu sehr verwoben in dem Netz aus Erinnerung, Wunschdenken und bitterer Erkenntnis als, dass sie in diesem Moment - der Verzweiflung nahe - hätte klarer denken können. ...

  • Der Flavier konnte aus seiner Konfusion keinen großen Hehl machen.. Er wusste schlichtweg nicht wovon Prisca sprach.. Cena? Da war was.. Er war zu einer Cena erschienen, wurde jedoch von Gracchus weggeschickt, ohne eine vernünftige Erklärung zu erhalten, doch was war dort geschehen?
    Scato, noch immer etwas unbeholfen aufgrund der plötzlichen Distanz der beiden, erwiderte ihren etwas wehmütigen Blick mit purer Konfusion..
    "Ich.. Ich weiß nicht worum es geht Prisca.. Was ist geschehen?", fragte er deshalb entschlossen und bestimmt, obwohl seine Verwirrung ob der gesamten Situation eindeutig durchschimmerte..
    Während er auf die Antwort wartete rasten ihm Millionen Gedanken durch den Kopf, die eine, eventuell sogar naheliegende, kam ihm gar nicht, vielleicht wollte er sie aber auch gar nicht in Betracht ziehen..

  • Bei allen guten Götter. Er ...er hat tatsächlich keine Ahnung was passiert ist. Einen Wimpernschlag lang sah Prisca geistesabwesend durch Scato hindurch. Sie hatte keinen Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner Worte und dabei hatte sie so sehr gehofft, dass er etwas anderes gesagt hätte. Dann hätte sie wenigstens einen Grund gehabt, ihn für die Unverschämtheit zu beschimpfen: Wie konntest du es nur wagen, so mit meinen Gefühlen zu spielen. Doch diese Absolution gab Scato ihr nicht. So sehr seine Ehrlichkeit erfreute, so sehr tat die bittere Erkenntnis weh, dass aus ihren Gefühlen und der gegenseitigen Zuneigung, in Zukunft niemals mehr erwachsen dürfte als bestenfalls eine gute Freundschaft. Nur Freunde sein? Nichts weiter? Eine Träne stahl sich aus Priscas linkem Auge und sie rann - wie in Zeitlupe - über ihre Wange, denn tief in ihrem Herzen hatte sie in Scato weit mehr als "nur" einen guten Freund gesehen. Viel mehr! Bereits auf dem Rückweg von Pygri hatte Prisca von einer gemeinsamen Zukunft mit Scato geträumt. Von einer Zukunft, die geprägt wäre von Zuneigung, Leidenschaft und … ja, von Liebe, doch dieses Wort würde nun für immer ein Mysterium bleiben.


    Prisca musste wahrlich mit den Tränen wie auch mit den Worten ringen, die kaum aussprechbar waren, angesichts der Tatsache, dass sie damit jegliche Illusion von einer gemeinsamen Zukunft zerstören würde. Doch es führte wohl kein Weg daran vorbei:


    "Dein Verwandter … Ma ...Manius Flavius Gracchus, er … er hat an diesem Abend verkündet, dass er mich zur Frau nehmen will … Der guten Beziehungen unserer Familien wegen und mein Cousin hat der Verbindung zugestimmt. Die Hochzeit soll nach der Domitilla´s mit Tiberius Lepidus stattfinden. Außerdem hat Gracchus die Spiele, die ich zu Ehren deines Wahlsieges veranstalten lassen wollte als für einen solchen Anlass als zu großzügig betrachtet. Aus diesem Grunde sollen die Spiele nunmehr einer möglichen neuen Kandidatur deiner Person dienen und mit der Bekanntgabe meiner Hochzeit verbunden werden." Schluchzend kam die ganze bittere Wahrheit über Prisca´s bebende Lippen und man sah ihr deutlich an, dass sie keineswegs Freudentränen vergoss während sie Scato verzweifelt, entschuldigend und hilfesuchend zugleich in die Augen sah.


    Was hätte ich denn darauf erwidern sollen? Ich war völlig ahnungslos und wurde regelrecht von dieser Entwicklung der Dinge überrumpelt. Das mit der Hochzeit UND den Spielen! Hätte ich denn ein Zerwürfnis unserer Familien riskieren sollen??? Stumm vermochten Priscas Augen diese Entschuldigung zu vermitteln, die sie jedoch nicht laut aussprechen durfte.


    Wie würde Scato diese Neuigkeiten wohl aufnehmen? Prisca stand immer noch schluchzend da und rang mit ihrer Fassung. Sie ging vom schlimmsten aus, nämlich, dass Scato sich wortlos umdrehen- und gehen würde. Nein bitte tu mir das nicht an. Bitte, nur das nicht. Bitte! … Gib mir die Schuld, beschimpf mich, schlag mich … Nur, bitte sag etwas! Prisca sah flehentlich und sehnsüchtig zu Scato auf, denn sie wünschte sich in diesem Augenblick nichts mehr als, dass er sie einfach in den Arm nehmen würde, oder er wenigstens ein paar tröstende Worte finden würde. Sollte dieser Wunsch schien genauso weit entfernt zu sein, wie eben der nach einer gemeinsamen Zukunft mit ihm. Wenn uns schon nicht das Glück der Ehe vergönnt sein mag, so zumindest das Glück einer guten Freundschaft. Oder vielleicht sogar mehr? Die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt und mit ihr glaubte Prisca an ihrem gebrochenen Herzen sterben zu müssen, welches - wie zum Trotz - gerade umso wilder in ihrer Brust schlug ...

  • Noch immer war er unsicher was ihm Prisca vermitteln wollte. Sicher, der Flavier spürte dass etwas nicht stimmte, er merkte auch dass sich Priscas Gemüt von Augenblick zu Augenblick verschlechterte, und dennoch kam und kam er nicht darauf was dies denn alles zu bedeuten hatte, bis ihn die Realität wie ein Streitwagen, oder Elefanten des Hannibals, erdrückte..
    Gracchus?! GRACCHUS?! Dieser alte Zauderer, mehr damit beschäftigt durch die Gänge der Villa Flavia zu schleichen als etwas zu bewegen? Der Gracchus der erst kürzlich seine Gattin betrauerte? Der Gracchus der ihn erst kürzlich zu sich zitierte um etwas über flavische Werte, den Wert der Familie und so weiter zu belehren?


    Scatos Faust ballte sich zusammen, wurde weiß, rot, während sein Atem tiefer und tiefer wurde, und die Tränen, Trauer, Wut und Enttäuschung begannen seine Augen von unten her zu umspülen..
    "Manius Gracchus.", kam es nur aus seinem Mund, so als würde er nun erkennen wer sein Gegenspieler war, wobei sich sein Mund kaum mehr öffnete als es die aufeinander gebissenen Zähne erlaubten..
    Scato wusste nicht was er tun sollte.. Nicht in dieser Situation. Er wollte Prisca umarmen, sie küssen, ihr zur Seite stehen, aber er stand wie angewurzelt da, die Wut lähmte ihn, und er hatte Mühe die Zurückhaltung zu bewahren..


    "Ich...", begann er einen Satz und wusste nicht wie er ihn vollenden sollte, da war sie, die einzige Person durch die er je hatte nachvollziehen können was all die Dichter und Schreiber mit ihren Gedichten zu vermitteln versuchten, und ausgerechnet diese Person würde ihm nun genommen werden, von seinem eigenen Fleisch, und würde ihm bald tagtäglich in der Villa begegnen und den Stachel immer weiter in das seine treiben..


    "Prisca...", sagte er, immer noch völlig neben sich, und ging einige Schritte auf sie zu, griff ihre Hand, und wusste dennoch nichts damit anzufangen. Unter anderen Vorzeichen hätte er ihr heute wohl ebenfalls eine Verbindung vorgeschlagen, vielleicht auch erst nach ein paar weiteren Treffen, aber dennoch, es wäre wohl dazu gekommen, und nun muss er mit ansehen wie Gracchus sie ihm stahl, bei ihrer Vermählung würde er anwesend sein müssen, würde gute Miene zum bösen Spiel machen müssen, eine grausame Idee der Götter..


    Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, zum einen suchte er seine aufkommenden Tränen zu verbergen, und zum anderen wollte er ihre nicht sehen. Er hegte keinen Groll gegen sie, seine Gefühle ihr gegenüber waren unverändert jedoch war sie in weite Ferne gerückt, alles was war, war Vergangenheit, oder würde Vergangenheit werden müssen, er hatte keine Gefühle für irgendjemanden vor ihr, wie schwer könnte das schon sein? Sehr schwer, beinahe unmöglich, auch das wusste er.


    "Warum du?", fragte er sie, obwohl es mehr ein Gesprächsfetzen seines inneren Monologes war welcher entkommen war. Warum Prisca? Es gab in Rom hunderte ledige Patrizierinnen, warum ausgerechnet Prisca? Wusste Manius womöglich von ihren Treffen? War es eine Rache für Domitilla? Wollte er Scato zeigen wo sein Platz ist?
    Wut stieg wieder auf, Wut, Hass, düstere Emotionen, als hätte der Flavier davon nicht schon mehr als genug.

  • "Ja, warum ich?", tonlos und resigniert klingend wiederholte Prisca die Frage, auf die selbst sie keine rechte Antwort wusste. Doch halt! So ganz stimmte dies nicht, denn Prisca hatte durchaus eine Vermutung: Es ist, weil Gracchus meinem Wort allein nicht traut, dass ich niemals und niemandem sein Geheimnis verraten werde. Er will ganz sicher sein, indem er mich durch das Ehegelübde an sich bindet. Das war zumindest der einzige plausible Grund der Prisca einfiel, nachdem sie sich stunden- und tagelang das Gehirn darüber zermartert hatte, weshalb Gracchus ihr wie aus heiterem Himmel einen Antrag gemacht hatte.Oder will er mich nur heiraten um zu beweisen, dass nicht sein Verwandter Piso Schuld daran gewesen ist, dass ich ihm in unserer Ehe keine Kinder schenken konnte So recht mochte Prisca an diese Version nicht glauben, doch würde sie diese Scato noch eher mitteilen können, als das Geheimnis um Gracchus´ Liebschaften.


    "Ich weiß es nicht.", entschied Prisca kurzerhand, nichts von ihren Gedanken preis zu geben, auch wenn es ihr schwer fiel sich nicht mitzuteilen. Oh ihr Götter, warum nur darf ich nicht Scato heiraten und mit ihm glücklich sein? Diese Frage quälte Prisca noch mehr, nun da sie seine Reaktion beobachtete. Scato wirkte schockiert und fassungslos, doch er verachtete sie nicht - nicht sie - sondern wohl eher seinen Verwandten. Seine Augen glänzten den ihren gleich, voller Tränen und dieser Anblick versetzte Prisca einen schmerzhaften Stich ins Herz, in dem Augenblick da er ihre Hand ergriff.


    Dankbar umschlossen Priscas Finger sofort die Seinen und einer Ertrinkenden gleich zog sie sich schluchzend an ihn, hob dabei sanft seine Hand an, führte sie an ihre Lippen und hauchte einen Kuss auf seine Haut: "Sag mir bitte, dass ich träume und wir immer noch in Pyrgi sind. … Nur wir beide. Am Stand … und über uns die Sterne, funkelnd und hell. Ich wünschte wir wären dort. Nur du und ich. Ach wär ich doch nur frei für ....Dich", wisperte Prisca mit versagender Stimme und ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust. Sie durfte das eigentlich nicht sagen, nicht einmal daran denken und schon gar nicht durfte sie ihm so nahe sein und doch konnte und wollte Prisca ihre Gefühle nicht verbergen - auch auf die Gefahr hin, es damit für sie beide nur noch schlimmer zu machen.

  • Pyrgi.. So wie Prisca davon sprach wünschte er sich einfach nur seine Zeit dort mit ihr zu verbringen.. Keine Politik, keine Ränkespiele, einfach nur ein komfortables Leben mit ihr führen, nicht mehr und nicht weniger...
    Aber sie waren wohl beide schon bis zum Hals in der Schlangengrube versunken die man für gewöhnlich Roma nannte.. Intrigen, Affären, Macht.. Im Prinzip waren sie naiv gewesen auch nur zu hoffen dass es jemals funktionieren könnte, war man doch nie wirklich frei, und trotzdem war die Wahrheit viel härter als die schlimmsten Befürchtungen..
    "Ich werde Pyrgi nie vergessen.. Dich nie vergessen.. Wie sollte ich auch?", fragte Scato, und meinte es im doppelten Sinne.. Schließlich würde sie ihm täglich über den Weg laufen, und wer weiß? Die Villa Flavia war recht groß, nicht dass Scato bereits vor der Eheschließung an die Untergrabung eben jener dachte, aber er konnte derlei Gedanken auch nicht Unterdrücken.
    "Ich wünschte ich könnte etwas tun Prisca... Ich meine.. Wann ist die Eheschließung?", fragte er, und war sich bewusst dass er sowieso nichts machen konnte. Auf der anderen Seite jedoch würde er die Eheschließung kaum mit ansehen wollen, und könnte sich eventuell rechtzeitig davonstehlen und weit entfernt von Rom in Missmut und Selbstmitleid versinken.. Ein eigentlich unvorstellbarer Zustand.

  • Dich nie vergessen, wie sollte ich auch?… Dir aber auch nie mehr so nah sein dürfen, wie damals in Pyrgi. Wie soll ich das nur ertragen? Prisca seufzte tief und wehmütig blickte sie Scato dabei ini die Augen. Seine Worte klangen so endgültig und ohne jede Hoffnung. Wie sollte das zwischen ihnen nur weiter gehen … auch wenn nichts mehr zwischen ihnen weiter gehen durfte … es aber irgendwie musste es ja weiter gehen…


    "Die Verlobung soll baldmöglichst schon bekannt gegeben werden. Die Hochzeit wird allerdings erst nach der Domitilla´s, mit dem Tiberer stattfinden. Ein genauer Termin steht somit noch nicht fest", antwortete Prisca fast schon erleichtert klingend, als ob ihnen dieser zeitliche Aufschub etwas bringen würde. Die Realität sah anders aus. Was soll und kann Scato schon daran ändern? Nichts! ...Und ich kann erst recht nichts daran ändern.


    "Mögen die Götter mich verurteilen und strafen für meine Gedanken, doch ich kann einfach nicht anders. Ich muss immerzu an dich und an die schöne Zeit in Pygri denken. … Nur du und ich", wisperte Prisca und ihr sehnsüchtiger Blick in seine Augen verrieten wohl das Wunschdenken dahinter, auch wenn es keine Möglichkeit gab dieses laut auszusprechen: Ich wünschte mir, wir hätten es einfach getan! Vereint in Lust und Leidenschaft, unseren Gefühlen folgend und keinen einzigen Gedanken an die Konsequenzen verschwendend. Doch die Zeit ließ sich leider nicht zurück drehen, geschweige denn aufhalten. Nur die Zukunft, die könnte man womöglich ändern oder neu gestalten, oder bliebe auch dies - für immer und ewig - ein unerfüllbarer Wunschgedanke? ....

  • Scato hörte stumm zu.. Nach der Hochzeit von Lucius und Domitilla?! Hatte Gracchus etwa doch geahnt welche List Scato ausgeheckt hatte und ihn mit Prisca bestraft?! So langsam schien der Flavier paranoid zu werden, oder war doch etwas dran? Er wusste es nicht, wenn dem jedoch so wäre, wäre dies ein ganz übler Stil.. Und es hätte theoretisch auch von ihm kommen können..



    "Die Götter haben kein Urteil über uns zu fällen. Erst gaben sie uns die Welt, nur um sie uns in einem tragischen Spiel wieder zu entreißen Prisca.", sagte Scato, und griff sanft ihre Hand, wohlwissend dass er es eigentlich nicht tun sollte..
    "Wie soll ich mit dir unter einem Dach leben? Wisse, dass du nur ein paar Türen weiter mit ihm bist. Ich war immer kalt, berechnend, soll das die Strafe sein? Dass sie mir die einzige Person nehmen für die ich mich erwärmen.. Oder mehr noch.. Für dich etwas empfinden konnte?"

  • "Ja, die Götter spielen wahrlich ein tragisches Spiel mit uns", stimmte Prisca niedergeschlagen zu und blickte dabei auf Scato´s Hand, in der die ihre ruhte. Ist es tatsächlich ein von Göttern gelenktes Spiel? Ein Spiel dessen Regeln wir weder kennen noch mitbestimmen dürfen? Wenn ja, so standen sie beide im Augenblick wohl eindeutig auf der Verliererseite. Diese Überlegung setzte Prisca noch mehr zu, denn so betrachtet wollte und konnte sie sich absolut nicht damit abfinden, dass zwischen ihr und Scato von nun an nichts mehr sein durfte. Keine Gefühle, keine Zuneigung ...keine Leidenschaft …


    "Wer sagt denn, dass wir nichts mehr für einander empfinden dürfen? Die Götter? Die Gesellschaft? Wer bestimmt denn die Regeln in diesem tragischen Spiel und wer will uns letztendlich verbieten, bei diesem Spiel mitzuspielen? Was haben wir schon großartig zu verlieren, wenn augenscheinlich ohnehin NUR der Wille der Götter geschieht?", kam es trotzig und aufbegehrend zwischen Priscas bebenden Lippen hervor, als sie ihre Augen wieder auf Scatos Antlitz richtete: "Ich möchte nicht, dass der Götter grausames Spiel all das zerstört, was zwischen uns ist" Tja, was war das schon? Im besten Fall ging es um ein paar harmlose Küsse und einen "Ein-Tages-Flirt" wenn man das Treffen in Pygri so bezeichnen mochte.


    Allerdings war Prisca überzeugt, dass auch ihr werter Gatte in spe - Manius Flavius Gracchus (mit dem sie so manches "delikates" Geheimnis teilte) - nach der Eheschließung kaum von seinen Gefühlen und Neigungen würde Abstand nehmen nur, weil er sich nunmehr in der Verantwortung gegenüber einer Frau sah, deren Reize ihn kaum zu beeindrucken vermochten im Vergleich zu seinen gleichgeschlechtlichen Artgenossen. Selbst das hätte Prisca noch hingenommen aber die Tatsache, dass ausgerechnet dieser eine Widerling, der sie entführt und gedemütigt hatte ihr größter Konkurrent wäre … nein, warum soll ich mich nicht auch vergnügen dürfen und mein Leben weiter leben? Mit wem auch immer, denn das Leben war einfach zu kurz …


    "Können wir uns nicht weiterhin nahe stehen? Uns gegenseitig Wärme und Zuneigung spenden? So wie Freunde es eben tun, oder gar ... wie Bruder und Schwester?" Zugegeben wäre das nur ein schwacher Trost, eine Notlösung sozusagen, im Vergleich zu den Möglichkeiten wie sie Liebenden zur Verfügung standen. Aber immerhin wäre es ein Ansatz, ein erster Schritt und eine Lösung, um sich nicht gänzlich voneinander loszusagen:"Bitte! ...Bitte sag mir, dass du immer noch etwas für mich empfindest. Zumindest soviel, dass du mit mir unter einem Dach leben- und mir weiter in die Augen blicken kannst, wann immer wir uns begegnen." Als wäre die Realität für sie beide nicht ohnehin schon schwer genug zu ertragen, so hoffte Prisca inständig, dass sie beide wenigstens in ihren Träumen würden glücklich werden können ...

  • Der Flavier hatte nun wirklich mit allem gerechnet, aber als die Worte "Wie Bruder und Schwester" fielen, wusste er nicht so recht damit anzufangen. Wie Bruder und Schwester in ägyptischen Herrscherhäusern vielleicht, aber nicht im schicklichen, klassischen Sinn.
    Aber sie fuhr fort und flehte ihn an, und natürlich hatte er noch Gefühle für sie, wie hätten sie verschwinden sollen? Aber gerade dass machte es ihm doch so schwer..


    "Natürlich habe ich noch Gefühle für dich Prisca! Wie könnte ich die nicht haben? Häte ich diese nicht, so würde ich nicht hier stehen, so würde ich mich nicht so verhalten! Aber du wirst ihm gehören! Ihm! Obwohl ich noch meine Laufbahn vor mir habe, und obwohl ich es in mir habe dass Rom mir zu Füßen liegen könnte! Warum nur du? Warum nicht eine andere Tochter aus gutem Hause?", fragte Scato und wurde durchaus etwas lauter, allerdings nicht im bösen Sinne..
    "Ich weiß nicht ob ich das kann, ich werde es versuchen, aber ob ich es kann? Wer weiß. Vielleicht gehe ich zu den Legionen, leiste ein Tribunat. Wer weiß Prisca, ich wünschte wir würden die Quartiere teilen, aber dieses Glück bleibt mir verwehrt, bleibt uns verwehrt, stattdessen muss ich wieder einmal zum Wohle der Familie gute Miene zum bösen Spiel machen."

  • Gute Miene zum bösen Spiel? Wie soll das funktionieren. Ich an Gracchus`Seite und Scato … will zu den Legionen und sein Tribunat leisten? Prisca sah Scato entsetzt an als sie sich vorstellte, wie er womöglich irgendwo in einer Provinz sein Leben, im Kampf gegen die Feinde Roms riskieren würde. Nein, diese Vorstellung war zu schrecklich! Warum nur ich? Prisca biss sich auf die Zunge und schwieg, obwohl sie den (ihrer Ansicht nach) wahren Grund zu kennen glaubte: Damit ich das delikate Verhältnis zwischen Gracchus und diesem widerlichen Decimus niemals verraten werde, denn das würde ihm womöglich seinen guten Ruf im Senat und in ganz Rom kosten. Eine Männerliebe und noch dazu mit einem ehemaligen Günstling des Vesculariers. Hätte Prisca nicht absolute Verschwiegenheit geschworen, so hätte sie Scato womöglich davon erzählt, doch ihr Ehrgefühl verbot ihr selbiges zu tun, wofür sie sich innerlich furchtbar schämte.


    "Flavius Gracchus wollte mir mit seinem Eheversprechen womöglich nur Gutes tun.", fand Prisca schließlich eine fast schon ironisch klingende Begründung: "So erspart er mir die Schmach, fortan als unfruchtbar geltende Witwe mein Dasein hier in Rom fristen zu müssen. Denn wer will schon eine Frau wie mich zur Gattin, die immer noch keine Kinder zur Welt gebracht hat? Wie du vielleicht weißt, habe ich meinem verstorbenen Ehemann Beizeiten keinen Nachkommen schenken können." An wem von beiden es tatsächlich gelegen haben mochte, wissen wohl nur die Götter. Vielleicht hatte es auch nur an genügend Gelegenheiten gemangelt, ehe Piso durch sein frühzeitiges Ableben endgültig einen Schlussstrich unter die Familienplanung gezogen hatte.


    "Nur eine Fehlgeburt vermag ich vorzuweisen und das in meinem Alter. So gesehen bin ich wahrlich nicht DIE ideale Ehefrau für so manchen aufstrebenden Römer. Auch für dich nicht", kam es schwer über Pricsas bebende Lippen während sie Scato wehmütig ansah: "Du vermagst es tatsächlich in dir zu haben, dass Rom dir eines Tages zu Füßen liegen wird. Und nichts wünsche ich mir sehnlicher, als diesen Tag miterleben zu dürfen." Ein flüchtiges Lächeln begleitete diesen aufrichtigen Wunsch, ehe ihre Mundwinkel wieder ernst und traurig nach unten glitten:


    "Ach wen ich dir doch nur garantieren könnte, dass ich ..."Ein tiefer Seufzer entrang sich Priscas Brust: "dir einen gesunden Sohn schenken könnte, dann … würde ich ALLES dafür tun. Selbst meinen Tod würde ich klaglos hinnehmen mit dem Wissen, dass dieses Kind von dir wäre. Es kostete viel Überwindung das alles zu sagen und dennoch wollte Prisca nicht, dass Sacto sich wegen ihr für immer grämen würde, oder er gar eine Dummheit begehen würde.


    "Du darfst deine Karriere wegen mir nicht aufs Spiel setzen, hörst du! Versprich mir das. … Du bist ein sehr guter Politiker, aber kein guter Soldat!"Wer von beiden gefährlicher lebte, stellte Prisca mal dahin und auch wenn das jetzt seltsam klingen mochte, so war ihre Überlegung recht simpel: Das Blut EINES Politiker wird wenigstens vor aller Augen, auf den Stufen des Senats vergossen während das eines Soldaten - unter Tausenden - auf einem staubigen Schlachtfeld versickern würde. . Soldaten mochten Helden sein, doch Prisca brauchte keine Helden und schon gar keine Toten. Sie wollte im Grunde nur einen Mann, dem sie ihr ganze Leidenschaft, ihre Lust und ihr Vertrauen schenken wollte. Einen Mann wie Scato! Doch das Schicksal verwehrte ihr diesen Wunsch:"Auch für mich wird es schwer sein, dir jeden Tag zu begegnen und dir so nah zu sein in dem Wissen, dass wir fortan füreinander unerreichbar sind." Eindringlich sah Prisca zu Scato auf und obgleich ihre Augen voll Tränen schwanger schimmerten, huschte ein aufmunterndes Lächeln über ihre Lippen: "Und dennoch will ich zu dir halten und immer für dich da sein, egal was kommen wird …"

  • "Warum plante er dann selbst dich zu heiraten? Immerhin ist seine Frau noch nicht allzu lange verschieden.", gab Scato zu bedenken auch wenn es wohl ein nur allzu paranoider Gedanke war dass Gracchus nur um ihn einen reinzuwürgen Prisca heiraten würde..
    "Und ich wünsche mir dich an meiner Seite zu sehen wenn Rom dann vor mir liegt. Nicht als Freundin, oder.. Tante?", erklärte Scato und sah sich dann mit dieser zukünftigen und absurden Familiensituation konfrontiert..
    Ihren Einwurf mit seinem Kind überging der Flavier, es war müßig, er dachte momentan nicht an einen Erben sondern daran eine Frau zu ehelichen, Prisca zu ehelichen, doch da diese Option erloschen war, müsste er sich früher oder später mit einer der klassischen Zweckehen begnügen müssen, eine grausige Vorstellung jetzt, wo er kurzzeitig erfahren hatte was es heißt etwas zu fühlen..
    "Als senatorischer Tribun würde ich wohl nicht an der Front dienen, doch es poliert meinen Lebenslauf auf, wer weiß Prisca.. Ich dachte so viel.. Plante so viel.. Ich weiß nicht wo mich meine nächsten Schritte hinführen.", nachdenklich blickte er sie an.. Was hätte nicht alles sein können, was würde nun sein?
    "Es freut mich dass wir weiterhin, irgendwie, verbunden sind. Doch diese Aussicht wird ungemein getrübt, ich wünschte ich könnte uns einen Weg aufzeigen.. Eine Lösung.. Doch ich denke es ist zu spät oder nicht?"

  • Warum er ausgerechnet mich heiraten will? Nun, weil er mich damit für immer an sein Geheimnis binden kann! Zu gerne hätte Prisca ihre Vermutung laut geäußert, doch durfte sie Scato nichts davon sagen. Niemandem dürfte sie jemals von dem Geheimnis erzählen! Das hatte sie Gracchus geschworen und daran hätte Prisca sich auch gehalten, wenn er sie nicht zur Gattin genommen hätte, … aber anscheinend vertraut mir Gracchus nicht genug. Warum sonst hätte er sich, so kurz nach dem Tod seiner Frau , eine Neue entschieden, wenn nicht aus diesem Grund? Weil ich ihm so gut gefalle? Pah! Wahrscheinlich wäre er viel lieber frei für seinen Geliebten, diesem widerlichen Kerl. Andererseits denkt er wohl, seine Passion künftig ausleben zu können, ohne sich mir gegenüber verstellen zu müssen, dachte Prisca mit leichter Verbitterung daran, dass sie womöglich ihren künftigen Gatten mit dem verhassten Decimer würde teilen müssen. Doch "kampflos würde sie ihren Mann auf keinen Fall aufgeben: Soll er sich ruhig mit seinem Liebhaber vergnügen, so lange er auch bei mir liegt, bis ich endlich schwanger bin!!


    Wenngleich Gracchhus nicht unbedingt der Wunschvater ihres Kindes (oder besser derer vieler) war, so blieb Prisca eben nicht unendlich Zeit, um besonders wählerisch in Bezug auf den Kindsvater zu sein. Wie sähe das jetzt aus, wenn ich seinen Antrag nachträglich zurück weise? "Oh seht mal her, die Witwe Prisca hält es nicht für nötig, einen Flavier zu heiraten. Ob er ihr nicht gut genug ist, oder zu alt?" Womöglich würden er und ich zum Gespött von ganz Rom! Und dann? Dann gäbe es am Ende niemals wieder eine Verbindung zwischen den Familien.Nein nein, das darf ich auf keinen Fall riskieren, ihn mit dem Wunsch zu brüskieren, mich mit einem anderen zu liieren … und das nicht nur des Reimes wegen. Warum? Warum nur, bist du nicht schon eher in mein Leben getreten? Und warum, ... musst ausgerechnet du mein Herz derart berühren, schweiften Priscas Gedanken wieder zurück zu Scato und wehmütig sah sie ihm in die Augen, als sie seine hoffnungsschwangere Frage hörte.


    Zu spät … oder nicht? … Nicht? … Es nie zu spät, hieß es doch immer so schön. Und dennoch sah Prisca keine Lösung und gab es in ihren Augen keinen Weg in eine gemeinsame Zukunft, in eine Ehe, die erfüllt sein könnte von leidenschaftlicher Lust und Liebe: "Ich denke, ich ...fürchte, es ist zu spät …", So sehr ich es auch bedaure, weil ich dich liebe kam es leise über Prisca´s bebende Lippen, gepaart mit einer Sehnsucht in ihren Augen, die ihre Liebesbezeugung kaum verhehlen mochte, während sie mit festerer Stimme weiter sprach: "Gracchus und mein Cousin haben die Ehe bereits ausgehandelt und diese womöglich schon nach außen getragen, da die Eintragung ins Eheregister zeitnah erfolgen soll. Wenn ich die Ehe JETZT absage, dann wäre das ein offener Affront gegenüber deine Familie. Hinzu käme möglicherweise der Spott der Leute. Das könnte die Beziehungen zwischen unseren gentes für immer zerstören. Das kann - und darf - ich nicht riskieren. Das verstehst du doch? …. Nein, es gibt wohl keinen anderen Weg als diesen. Was uns bleibt, ist zumindest die schöne Erinnerung und hoffentlich eine tiefe Freundschaft, die uns fortan verbinden mag" Mit einem tiefen Seufzer rang Prisca mit den Worten, die sie eigentlich nicht aussprechen wollte. Sie wollte Scato nicht nur als Freund, nein, sie wollte nach wie vor ihm gehören ...

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