Diese Szene spielt sim-on vor dieser Szene hier.
Leider hatte ich offensichtlich eine sehr lange Phase mit RL-Stress und deshalb Motivationslosigkeit für das IR. Deswegen muss ich jetzt nach und nach einige Sachen nachtragen, die eigentlich eben chronologisch schon früher stattgefunden haben als mein aktueller Handlungsstrang.
Sein Leben hatte sich stark verändert, als Rom nicht nur belagert, sondern sogar erobert worden war, und die Kämpfe jetzt in den Straßen stattfanden. Es war, als ob er verkauft worden wäre, und zwar an einen Herrn, bei dem keine klaren Regeln herrschten. Bei dem sich noch keine eindeutige Hierarchie unter den Sklaven herausgebildet hatte. Bei dem eher sogar jeden Tag neue Unfreie in den Haushalt dazustießen.
Es war ein Alptraum gewesen. Alles hätte passieren können, alles nur Vorstellbare war möglich gewesen. Sogar Recht und Gesetz des Römischen Imperiums waren nicht mehr gesichert gewesen. Und Phaeneas hatte Angst gehabt. Große Angst. So wie er die letzte Zeit Angst um Lucianus‘ Leben gehabt hatte, Angst davor ihn zu verlieren. Wieder allein zu sein. Ja, es war auf eine abstruse Art passend. Zu genau dem Zeitpunkt, zu dem Lucianus gestorben war, hatte er auch seinen Schutz verloren. Phaeneas hatte Lucianus‘ Schutz sehr geschätzt. Es war ein außergewöhnlicher Schutz gewesen. Der ihn nicht nur vor der Willkür der Welt bewahrt hatte, sondern ihm im Haus fast Immunität gewährt hatte. Nicht mal kleine Versehen waren von anderen Mitgliedern der Familia mit mehr als strafenden Worten geahndet worden. Eine sehr sehr lange Zeit, in der er kein einziges Mal geschlagen, getreten, gedemütigt, bedroht und erpresst worden war, ging zu Ende. Eine unglaubliche Zeit. Aber sie ging zu Ende, wie alles im Leben.
Der Bithynier hatte sich seitdem noch mehr zurückgezogen als sonst. Er hatte fast kein Wort mehr gesprochen. Und er hatte auch nicht mehr wie sonst gelegentlich das Bedürfnis, sich ein wenig oberflächlich mit anderen Menschen abzugeben, um sich wenigstens ein bisschen der Illusion hinzugeben, nicht ganz allein auf dieser Erde zu sein. Wann immer er konnte, zog er sich zurück in das Zimmer, das er auch während der Saturnalien benutzte. Denn nur dort konnte er das, was auf ihn einstürzte, wirklich zulassen. Und das musste er, denn die Intensität, mit der es kam, ließ ihm keine Wahl. Als seine Mutter verkauft worden war, war es genauso gewesen wie bei Lucianus' Gefangennahme, die Fassungslosigkeit hatte Phaeneas erstarren lassen. Aber bei Lucianus' Tod war es ganz anders gewesen als bei dem seiner Mutter. Als sie gestorben war, war sie schon so lange endgültig aus seinem Leben weg gewesen, dass es keinen wirklichen Unterschied mehr gemacht hatte. Aber bei Lucianus hatte es ihn eiskalt erwischt. Denn bis zum Schluss hatte ja die Hoffnung bestanden, er könnte doch zurückkommen. Es war so naiv gewesen zu glauben, bei Freien könnte es anders kommen als bei Unfreien und Phaeneas würde es nie wieder tun. Wen das Schicksal einmal gezwungen hatte zu gehen, würde nie wieder zurückkehren. Völlig egal, wie abstrus die Situation gewesen war, als Sklave der Hinrichtung seines Herrn beizuwohnen. Verkehrte Welt eben. Aber es war so gewesen.