Er war den ganzen Tag auf und ab getigert. Nervös, sich die Worte zurechtlegend, und dennoch keine findend. Er hatte nach allen schicken lassen, Axilla, Silanus und Avianus, vielleicht würde Atticus mitkommen, wer wusste das schon? Irgendwie hoffte er auch das keiner erscheinen würde, und er würde sagen können dass er zumindest versucht hatte.
Er betete zu den Göttern dass Avianus zuerst kommen würde, er verstand ihn, irgendwie, und würde ihm sicherlich beistehen wenn er die große Beichte überbringen musste. Er konnte es nicht länger aufschieben, und wusste nicht was er zu erwarten hatte. Nicht einmal den Sklaven konnte er in die Augen sehen während er wartete und weiterhin hin- und herlief..
Es gibt da was... - Oder: Ein Iunier vor seiner schwersten Schlacht.
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Sobald er konnte, hatte er sich auf den Weg in die Casa Iunia gemacht. Sibel hatte er vorsichtshalber in der Castra gelassen, immerhin wusste er nicht worum es ging und wollte ein Drama wie beim letzten Mal lieber vermeiden. Natürlich war er verdammt neugierig, weswegen Seneca ihn sprechen wollte, was auch immer es war, vermutlich war es wichtig, ansonsten hätte er auch einfach einen Brief schicken können. Zügig trat er durchs Vestibulum ins Atrium und erblickte dort seinen Cousin.
"Salve, Seneca. Schön dich zu sehen", grüßte er ihn sogleich. Obwohl ihr letztes Treffen so lange noch gar nicht her war, freute er sich dennoch, seinen Vetter wiederzusehen, doch die Nervosität die dieser ausstrahlte, ließ ihn innehalten, als er auf seinen Verwandten zuging.
"Alles in Ordnung?", fragte er überflüssigerweise. Wann war Seneca jemals nervös? Um eine Kleinigkeit konnte es sich nicht handeln, die ihn beschäftigte, sodass Avianus nicht mehr sicher war, ob er sich weiterhin freuen sollte oder es einen Grund zur Besorgnis gab. -
Den Göttern sei Dank! Avianus! Seneca fiel ein Stein vom Herzen auch wenn das bedeutete dass es von nun an nur noch bergab gehen konnte..
"Avianus." sagte Seneca und rang sich ein Lächeln ab, während er seinen Vetter bei beiden Schultern packte.. "Sie hat ja gesagt." fuhr er fort und umarmte ihn zugleich, bevor er ihn wieder aus der Umarmung entließ..
"Ich dachte sie zu fragen wäre der schwere Teil, aber es euch zu sagen, also nicht dir, aber meiner Familie, wirkt momentan sehr viel schwieriger." sprach er und tigerte umgehend weiter.. Er hasste diesen Moment, er wusste auch nicht was schlimmer war, das Warten oder das Sprechen, aber beides würde ihm nicht unbedingt Freude bereiten. -
"Hat sie?", fragte er grinsend zurück, als er Seneca in die Arme schloss, "Ich freue mich für dich, wirklich!" Nachdem er Seneca wieder losgelassen hatte, klopfte er ihm noch anerkennend auf die Schulter. Sein Cousin … Vater und verlobt. Verrückt. Doch er hatte sich das bisschen Glück verdient.
Und Seiana hätte zweifellos keinen besseren Kerl abkriegen können, vielleicht einen von höherem Stand, aber keinen besseren.
Anschließend wusste Avianus nichts mehr zu sagen, was seinen Vetter beruhigen würde, und der wanderte ohnehin bereits mit unverminderter Nervosität weiter durchs Atrium. Die Situation war kompliziert, keine Frage, selbst erlebt hatte er allerdings noch nie, wie kompliziert sie wirklich war. Das würde er also heute nachholen. Denn was der Rest der Familie dazu sagen würde, würde sich heute noch zeigen. Avianus jedenfalls wusste nichts anderes mehr zu tun, als sich eine Sitzgelegenheit zu suchen und abzuwarten, bis eben jeder Rest sich in der Casa einfand und hoffte für das anschließende Gespräch schlicht und ergreifend das Beste. -
Da war der Kerl gerade mal ein paar Tage zu Besuch, sagte noch nicht einmal persönlich 'Salve', und schon meinte er, einen herbestellen zu können wie einen Hund!
Nein, Axilla hatte wenig Lust, sich mit Seneca zu unterhalten. Der Kerl hörte ja doch nie zu, und Axilla hatte die Hoffnung aufgegeben, dass das irgendwann einmal anders sein würde und ihr Cousin wieder anfangen würde, sich nicht so egoistisch zu benehmen. Ja, sie hatte vor langer Zeit einen Brief von ihm gekriegt, der so etwas wie Hoffnung hatte aufkeimen lassen, in dem er darum gebeten hatte, sich mit ihr auszusöhnen. Und im Grunde war Axilla diese ganze Streiterei auch mehr als leid. Sie war es einfach leid, die Erwachsene zu sein. Sie war es leid, die Vernünftige zu sein. Sie war es leid, die Mutter der kompletten Familie scheinbar zu sein, die alle an ihre Pflicht erinnerte, die jeder nur zu gerne vergaß. Sie war es einfach leid, zu reden und zu reden und dann mit anzusehen, dass es nichts änderte. Sie war es einfach alles leid.
Und eben deshalb hatte sie Seneca damals auch nicht geantwortet. Und auch jetzt war sie nicht wirklich erpicht auf ein Gespräch, egal, worum es auch gehen würde. Es hatte noch nicht einmal angefangen, und tief in ihrem Innersten war sie es jetzt schon wieder einfach leid. Die Leichtigkeit und die Hoffnung, die ihre Gedanken einst beherrscht hatten, die waren spätestens mit dem Bürgerkrieg verloren gegangen. Axilla war doch endgültig einfach erwachsen geworden.Sie seufzte also einmal beim eintreten, als sie Stimmen schon hörte, aber noch nicht verstand, worum es ging. Irgendjemand war noch da. Axilla tippte auf Silanus – der nächste Iunier, mit dem sie nicht mehr so viel redete. Allerdings hier wohl eher, weil er ihr aus dem Weg ging und nicht, weil sie es leid gewesen wäre. Vielleicht war er ja ihrer überdrüssig. Axilla wusste es nicht, sie kam nie dazu, ihn zu fragen.
“Also, was gibt es so dringendes, dass ich unbedingt sofort.... oh, Avianus! Schön, dich zu sehen! Ich wusste gar nicht, dass du heute vorbeikommen wolltest!“ Der letzte Teil war mit erheblich mehr Enthusiasmus gesprochen als der erste. Ihr Vetter bekam auch zur Begrüßung ein kleines Küsschen auf die Wange. Zwar standen sich Axilla und Avianus nicht so nahe, wie sie es ihrer beider verstorbenen Vetter Merula hatte, aber doch nahe genug für diese familiäre Begrüßung. -
Na das fing ja hervorragend an.. Seneca warf seinem Cousin direkt einmal einen Blick zu der ein 'Ich habs dir ja gesagt' indizierte. Geduldig wartete Seneca ab bis Axilla Avianus begrüßt hatte, nur um sich ebenfalls an seine Verwandte zu wenden..
"Ich freue mich dich zu sehen Axilla, und hoffe auch dass deine Familie wohlauf ist." sagte er höflicherweise, wobei er sich tatsächlich vor allem für ihre Kinder interessierte. Es war eine seltsame Situation, so angespannt, dabei dachte er gerne an die alten Zeiten zurück in denen Axilla und Seneca noch zusammenhielten wie Pech und Schwefel. Doch diese Zeiten waren vorbei, sie hatten sich geändert, wie sich so viel im Laufe der Jahre verändert hatte sowohl die Umstände als auch die Menschen selbst.
"Verzeih dass ich mich nicht früher angekündigt hatte. Die Nachricht des neuen Kaisers erreichte uns spät, und nachdem die Truppen vereidigt wurden, machte ich mich auch gleich auf den Weg." noch gab sich Seneca versöhnlich, fast kleinlaut, vielleicht gelang es ihm ja dadurch den großen Knall etwas abzufedern..
"Setz dich doch. Ich hoffe Onkel Silanus wird bald ebenfalls erscheinen." natürlich kam sich Seneca dumm dabei vor Axilla einen Platz anzubieten, denn schließlich wohnte er schon lange nicht mehr hier... Aber er wollte höflich sein, und sie hatte ja sowieso nicht gerade die beste Laune mitgebracht, sodass er sehr behutsam vorgehen wollte. Und zur Not würde er Avianus mit seiner Geschichte vorschicken.. Dann wirkte seine schon weniger schlimm.. Plan II stand also auch schon bereit. -
Sowie als nächstes Axilla eintrat, erhob Avianus sich. "Salve, Axilla", grüßte er seine Cousine knapp aber freundlich, obwohl es sich für ihn etwas befremdlich anfühlte, als sie ihn vergleichsweise herzlich begrüßte und Seneca … naja … gar nicht. Dabei wusste er schon lange genug, dass das Verhältnis der beiden recht unterkühlt war und Senecas Blick schien ihm ebenfalls eindeutig, nur selbst miterlebt hatte er es eben noch nie. Immerhin hatten sich die beiden sicherlich lange nicht gesehen und nach allem was er von Seneca erfahren hatte praktisch keinen Kontakt.
"Ich hatte auch nicht direkt geplant vorbeizukommen, dennoch … es freut mich, dich wiederzusehen. Ich vermute, ich bin heute aus demselben Grund hier wie auch du", erklärte er vage und kannte den genauen Grund ja eigentlich bereits. Nur würde er über den sicherlich kein Wort verlieren. Er setzte sich wieder und erst jetzt fiel ihm auf, dass er zum ersten Mal mit dem versammelten Rest der Iunii an einem Tisch sitzen würde. Vielleicht auch das letzte Mal, dachte er zynisch. Je nachdem wie Seneca das Gespräch anging eben. Zumindest bemühte der sich um freundlichen Ton.
"Du könntest dich solange ebenfalls setzten, Seneca", schlug er vor, bevor sein Vetter am Ende erneut mit blanken Nerven durchs Atrium tappte, sich damit nur selbst verrückt machte und ihn noch dazu. -
Offensichtlich als letztes Familienmitglied traf Silanus im Atrium ein. Er war überrascht gewesen, als ihm ein Sklave sagte, dass sein Neffe Seneca nach ihm schicken hatte lassen und noch überraschter, als der Sklave damit herausrückte, dass auch die anderen in Rom lebenden Familienmitglieder auf gleiche Art und Weise in das Atrium bestellt wurden. Gespannt trat er auf die bereits versammelten Iunier zu und grüßte.
"Salvete zusammen!"
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Axilla wusste zwar noch immer nicht, was das Ganze überhaupt sollte, aber bitte, setzte sie sich hin. Offenbar hatte Seneca auch Silanus noch herbeordert, denn er wollte noch auf sein Erscheinen warten.
“Ich weiß es nicht, ich habe noch keine Spione in der Kanzlei“, scherzte sie halb. Aber kaum, war es ausgesprochen, kam Silanus auch überraschenderweise gleich an. Axilla schenkte ihm ein Lächeln. "Salve, Lucius." Da er ihr sehr gekonnt aus dem Weg gegangen war in der letzten Zeit, verzichtete sie darauf, aufzuspringen und ihn noch herzlicher zu begrüßen. Nicht, dass ihr Vetter vor Schreck gleich wieder rückwärts umfiel. Außerdem saß sie gerade bequem.
“Wenn jetzt Serrana auch noch auftaucht, fühl ich mich beunruhigt“, scherzte sie erneut, um über die kleine Wahrheit hinwegzutäuschen, dass dieses Familientreffen sie wirklich etwas beunruhigte. Seneca hatte sich sehr von allen zurückgezogen gehabt und bestellte sie nun offenbar alle hier ein. Folglich musste es etwas geben, was er dringend allen mitteilen wollte, oder wovon er zumindest wollte, dass alle es hörten. Ein kleiner Hoffnungsschimmer wollte aufkeimen, dass er endlich wieder ein Teil dieser Familie zu sein gedachte und sich für sein unmögliches und ehrloses Verhalten zuvor zu entschuldigen gedachte. Allerdings wischte Axilla diesen Gedanken sofort wieder zur Seite. Sie wollte da gar keine Hoffnung haben, um nicht sogleich wieder nur enttäuscht zu werden, weil es doch etwas gänzlich anderes war. Lieber sorgte sie sich und irrte sich dann, als in Vorfreude zu sein und dann enttäuscht zu werden. -
"Onkel Silanus! Wie schön dich nach so langer Zeit wiederzusehen!" begrüßte Seneca seinen Onkel freudig, schließlich stand er bei ihm in der Beliebtheitsskala noch nicht auf dem letzten Platz.. Was sich aber sicherlich noch ändern könnte heute..
"Zunächst einmal liebe Familie tut es mir leid dass ich euch in dieser Manier herbestellt habe. Es gehört sich nicht, doch ich habe nicht viel Zeit in Rom, und ab und zu überkommt mich dann wohl doch der Offizier." scherzte Seneca und merkte schnell dass dies wohl keine angebrachte Situation war um den Familienclown zu mimen..
"Liebe Familie. Ich hab es versucht, versteht ihr? Ich hab es versucht. Zum Wohle meiner Familie ein Beziehung aufzugeben ist viel verlangt, und ich bin Soldat, nun sogar außerhalb Roms, wo die gesellschaftlichen Fehden und Ränkespiele an Bedeutung verlieren." begann Seneca recht sachlich zu erklären, ohne sich dem Kern der Botschaft auch nur im entferntesten zu nähern. Währenddessen tigerte Seneca auf und ab und gestikulierte mit den Händen, während er vor allem Avianus immer wieder fixierte.
"Ich habe es weit gebracht. Ich bin Ritter, Tribunus, und das nicht zuletzt dank euch." dabei blickte er nun seinen Onkel an, welcher ihn bei seinem Vorhaben unterstützt hatte, ähnlich wie Seiana und Vala..
"Das birgt aber auch Verantwortung, und Freiheit für mein eigenes Handeln. Ich habe keinen Vater dem ich hörig sein müsste. Ich habe mich nie in der Gesellschaft Roms profiliert. Ich traf Kaiser und Senatoren und war nur ein Gesicht in der Masse der anderen Soldaten." der Iunier löste sich selbst ein wenig aus der Verantwortung, bevor er noch einmal tief durchatmete, denn jetzt wurde es ernst..
"Wie ihr alle wisst habe ich seit geraumer Zeit eine Beziehung zu Decima Seiana. Ich kenne eure Bedenkung, eure Einwände und eure Meinungen zur genüge und ich bin auch nicht hergekommen um euch um Erlaubnis oder Absolution zu fragen. Ich wollte euch informieren, ich wollte euch sehen und es euch von Angesicht zu Angesicht sagen. erklärte Seneca und kam dann auch endlich mal zum Punkt..
"Ich werde sie heiraten." sagte der Iunier knapp und musste sich überraschenderweise auch hier ein Grinsen verkneifen, "Es war nichts geplantes, nicht arrangiertes. Es hat sich so entwickelt." versuchte er zu erläutern und gestikulierte ein wenig mit den Händen, "Ich weiß ihr werdet mich hassen, oder verfluchen, oder euch von mir abwenden. Aber sowohl sie als auch ich haben uns von den gesellschaftlichen Verpflichtungen in Rom abgewandt. Wir denken nicht in Iunia gegen Decima. Wir denken nicht an Vergangenheit oder wer wem etwas getan hat. Es ist eine Entscheidung für uns, und nicht gegen Andere. Und ich hoffe dass euch, mein eigen Blut, noch immer an meiner Seite wissen kann."
Er dachte zwar nicht daran sich zu entschuldigen, wollte sich aber dennoch möglichst diplomatisch ausdrücken, was ihm seiner Ansicht nach gelungen war..
"Und falls ihr euch Erwärmen könnt, so würde ich mich freuen wenn ihr zur Hochzeit erscheinen würdet."
...am besten unbewaffnet. -
"Salve, Lucius", grüßte auch Avianus zurück und rang sich ein Lächeln ab. Damit wären sie wohl vollzählig. Abwartend blickte er zu Seneca, der auch gleich das Wort ergriff, lange um den heißen Brei herumredete, natürlich nicht auf seinen Rat gehört hatte und noch immer auf und ab stiefelte. Hier und da spürte er Senecas Blick auf sich ruhen, war sich dann aber nicht ganz sicher, was sein Vetter von ihm wollte. Ihm brauchte er all das schließlich nicht lang und breit zu erklären, denn er wusste selbst, wie es war, eine Frau zu lieben, die er nach Meinung aller anderen nicht lieben sollte. Ein- oder zweimal schenkte er ihm dann schlicht ein knappes, hoffentlich ermutigendes Nicken, denn soweit war ja alles in Ordnung.
Wenig später rückte er mit der Sprache heraus. Avianus, der selbst ja bereits eingeweiht war und ohnehin schon länger wusste, das Seneca geplant hatte, sich zu verloben, beobachtete nun in erster Linie Axillas und Silanus' Reaktionen, bevor er selbst zu der gegenwärtigen Situtation kurz Stellung nehmen wollte. Für ihn war die Sache ja klar.
"Ich vertraue darauf, dass du weißt, was für dich und Seiana das Richtige ist, und dass du darauf achtest, auch anderen damit nicht zu schaden", erklärte er kurz und musterte dabei erneut die beiden weiteren Iunii im Raum, "Wenn du also heiratest, lasse ich es mir also sicher nicht nehmen, dabei zu sein." Er lehnte sich mit verschränkten Armen im Sessel zurück und hoffte natürlich dass die beiden anderen seinem Beispiel folgen würden. Mit irgendwelchen Fehden hatte er ja nichts zu tun, im Gegenteil, vor den Decimi, die er kannte, hatte er großen Respekt und schätze sie als Leute, die verantwortungsvoll und vorbildlich dem Reich dienten, und seinem Verwandten vertraute er. Anschließend sah mit einem schmalen Lächeln zu Seneca. Der hatte seine eigentlich Entscheidung bereits gekannt, aber vielleicht half es ja, mit gutem Beispiel, so dachte er, voranzugehen. -
Sie hatte es gewusst! Sie hatte es GEWUSST! In dem Moment, in dem Seneca ihr damals gesagt hatte, dass er die Beziehung beenden wollte hatte sie es bei allen Göttern gewusst, dass er sie angelogen hatte!
Dennoch schockte die Erkenntnis Axilla, dass Seneca es tatsächlich so aussprach und auch noch die Unverfrorenheit hatte, solche Dinge von sich zu geben, dass es ihnen beiden egal war, wer was gesagt hatte. Ja, natürlich war es ihnen beiden egal, denn die beiden und sonst niemand anderer hatte gelogen, betrogen, gedroht, erpresst. Die beiden und sonst niemand anderer hatten sich in der schlimmsten Art und Weise verräterisch und treulos verhalten, wie man es nur konnte. Natürlich wollten sie da nicht hören, dass andere ihnen dieses Verhalten vorwarfen. Natürlich konnten sie sich da generös und vergebend geben, da sie nur sich selbst vergeben mussten!
“Das kannst du nicht!“ entfuhr es Axilla dennoch entsetzt, gerade einmal einen Moment, nachdem Avianus, unwissend wie er war, leichtfertig zugesagt hat. Im selben Augenblick sprang sie auch schon auf und ließ ihrer Enttäuschung, ihrer Wut und ihrer Sorge dann auch freien Lauf.
“Dieses Weib ist ehrlos!Sie ist infam! Sie hat ihrem Mann ihr Wort vor den Göttern gegeben, ihm treu zu sein, und hat ihn betrogen! Sie hat all das, wofür eine Frau Ehre erringen kann, mit Füßen getreten! Und als ich zu ihr gegangen bin, um sie zu bitten, es sein zu lassen und gefälligst zu ihrem verfluchten Wort zu stehen, hat sie MEINE KINDER bedroht! Meine Kinder, Seneca! Wegen deinem verfluchten Schwanz musste ich mir Drohungen gegen MEINE KINDER anhören! Und gegen Lucius, und gegen Avianus, und gegen jeden Iunier in ganz Rom!Und du, du ehrloser Hund, was hast du getan, als ich es dir gesagt habe? Häh? Was hast du gesagt, als ich dir erzählt habe, was diese Hure getan hat? Du hast dich gegen deine Familie gestellt, nur um weiter mit einer verheirateten Frau ficken zu können! Und nicht mit irgendeiner, nein, nein, sondern mit der Frau deines Vorgesetzten! Desselben Mannes, der auch schon unsere Cousine hat töten lassen. Der verdammt gefährlich ist. Und der schon verdacht geschöpft hatte!
Er stand hier, hier in diesem Raum, und hatte seine Hände um meine Kehle schon gelegt, damit ich ihm verrate, wer mit seiner Frau vögelt, nur weil er gedacht hatte, ich könnte etwas wissen, nur weil ich mit dieser treulosen Unperson zusammen gearbeitet habe in der Acta! Und nur wegen dir hab ich es ihm nicht gesagt. Nur wegen dir, weil du dennoch Teil dieser Familie warst.
Und was ist der Dank dafür?“
Axilla konnte es immer noch nicht fassen. Fassungslos rang sie nach Worten. Sie konnte das einfach nicht fassen. “Nur deinetwegen habe ich ihren Ehebruch nicht öffentlich gemacht. Aber wenn du dich jetzt so gegen deine Familie stellst und die Frau, die das Leben meiner Kinder bedroht hat, in diese Familie holen willst, dann höre: Dann bist du nicht mehr Teil meiner Familie. Dann bindet mich kein Band mehr an dich und ich werde aufdecken, was ihr getan habt und sie als die infame Person anzeigen, die sie ist. Dieses Weib wird nie auch nur einen Fuß in dieses Haus setzen, das schwöre ich bei den Geistern unserer Vorfahren.“
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Noch immer mit verschränkten Armen hörte er Axillas Schimpftiraden zu und runzelte dabei mehrmals die Stirn, erst recht, als er feststellen musste, dass Seneca ihm noch immer nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte. Dass Seiana noch verheiratet gewesen war, enttäuschte ihn nicht so sehr wie die Tatsache, dass Seneca es ihm verschwiegen hatte. Verdammt heikel war die Sache schon vorher gewesen, aber er war zumindest davon ausgegangen, ausreichend Bescheid zu wissen. Und ausreichend war in diesem Falle gleichbedeutend mit alles.
Und noch dazu überraschte ihn die Geschichte von Seneca und seiner Geliebten immer mehr. Sein stets so kontrolliert und bedacht wirkender Vetter hatte, zu einer Zeit als er sich noch durch die Mannschaftsränge gearbeitet hatte, mit der Ehefrau des damaligen Praefectus Praetorio geschlafen. Seneca hatte ihm einmal erzählt, er hätte alles für sein Weib riskiert und damit eindeutig nicht untertrieben. Avianus schenkte Seneca einen wenig begeisterten Blick. Mit ihm würde er hier allerdings ganz bestimmt nicht diskutieren. Er konnte seinem Cousin schlecht völlig unerwartet in den Rücken fallen. Nein, das war eine Sache zwischen ihnen beiden. Jetzt ging es um mehr.
Auch Axilla hatte ihn überrascht mit der Wut, die in ihren Augen aufblitzte, und den mehr als nur scharfen Worten, und das obwohl in Seneca einst gewarnt hatte. Ihre Drohungen ließen ihn leicht angesäuert den Kopf schütteln.
"Du wirst gar nichts öffentlich machen", fiel er Axilla fast ins Wort, "Oder willst du unsere Familie etwa auseinander reißen? Ist es wirklich das was du willst? Denn dann bin auch ich kein Teil dieser Familie mehr, da hast du mein Wort." Der letzte Satz war ihm nicht leicht über die Lippen gekommen und er machte eine kleine Pause. Immerhin war es doch zu einem großen Teil seine Familie, für die er nach Rom gekommen war, für die er Soldat geworden war, für die er schon die Frau, die er liebte, hintan gestellt hatte.
"Wenn dir die Iunii auch nur das Geringste bedeuten, wirst du dich zurückhalten. Was glaubst du, hilft es uns, wenn du die beiden verrätst? Worum geht es hier eigentlich? Um Rache? Oder denkst du ernsthaft, du machst damit irgendetwas besser? Denkst du, auf die restlichen Iunii wirft es kein schlechtes Licht, nur weil du dich von Seneca lossagst?" Das würde sie nämlich allein tun müssen. Er jedenfalls stünde nicht an ihrer Seite, wenn sie den Menschen verriet, der für ihn von allen Iunii am meisten zu seiner Familie gehörte. Und alte Fehden mit anderen Familien interessierten ihn ohnehin seit jeher einen feuchten Dreck.
"Wenn du ihn dafür verurteilst, die falsche Frau gefickt zu haben, kannst du mich gleich mit vor die Tür werfen", warf er schlussendlich noch ein und blickte verbissen auf die Tischplatte hinab. -
Natürlich bemerkte Seneca den missgünstigen Blick seines Cousins und er erwiderte ihn nur damit dass er kurz auf den Boden blickte.. Es war halt passiert.. Was sollte er sonst noch dazu sagen? Die Familie stand nun vor den bekannten Tatsachen und musste einen Weg finden damit umzugehen. Es gab kein Zurück, eine Auflösung der Verlobung war schlicht und einfach keine Option die auch nur im entferntesten existierte..
Dass Avianus ihn in Schutz nahm vernahm Seneca mit Stolz, und kurz entwickelte sich so etwas wie Mannschaftsgeist, auch wenn er merkte dass dieser ganze Streit eine furchtbare Sache war, und die Iunier eigentlich geschlossen Mannschaftsgeist zeigen sollten..
"Ich weiß wer was zu dir gesagt Axilla!" entgegnete Seneca relativ ruhig, er hatte diesen Kampf schon so oft geführt, es waren nur noch Windmühlen, "Ich bin kein Teil eurer Fehde. Ich bin weiß nicht wer wem was getan hat!" fuhr er fort und erhob sich erneut, "Du musst nie mehr ein Wort mit mir sprechen Axilla. Du musst sie nie mehr sehen wenn du das nicht willst. Aber denke an Silanus, denke an Avianus. Die beiden verlassen sich auf dich, sie haben enge Kontakte zum Praefectus Urbi. Mach ihnen das nicht kaputt, um ihres Willen." versuchte er an die Vernunft seiner Cousine zu appellieren, während er auf seinen Cousin zeigte. Dieser hatte gerade auch eine interessante Andeutung gemacht, und er hoffte dass Axilla wenigstens seine Beziehung zu Sibel einigermaßen sportlich nahm, allerdings teilten sich Sibel und sie auch keine Vorgeschichte.
"Ich hab dich enttäuscht, das verstehe ich, aber es ist meine Entscheidung. Ich sag es noch einmal, um der Familie willen, behalten wir diese Geschichte zwischen uns. Eine Veröffentlichung schadet allein Seiten und nutzt keiner." -
Jetzt mischte sich da auf einmal Avianus ein! “Wieso, hat dein Liebchen auch geschworen, die Iunii zu vernichten?“ schnappte sie ungehalten. Erst einen Moment später merkte sie, dass Avianus gar nichts für ihre Wut konnte, und es tat ihr auch gleich wieder leid. Senecas Einwürfe ließ sie an sich vorbei ziehen, während sie durchatmete, um sich wenigstens für ihren Vetter einigermaßen zu beruhigen. “Tut mir leid, Avianus. Du kannst hier nichts dafür, ich will dich gar nicht anfahren. Über deine... Liebschaft oder was auch immer, reden wir gleich. Aber das hier... das muss zuerst geklärt werden.“
Sie atmete noch einmal deutlich hörbar durch und versuchte zumindest, ihren Zorn in grenzen zu halten, was aber eher schlecht als recht gelang.
“Wag es ja nicht, Seneca, mir jetzt mit Familie zu kommen. WAG ES JA NICHT! Ich habe stets ALLES für diese Familie getan, habe meine Wünsche hinten an gestellt und jedes Opfer gebracht, das von mir erwartet wurde. Ich habe einen Mann geheiratet, den ich nicht liebe, ich habe Rom verlassen, um meine Familie zu schützen, ich habe meine Kinder allein zurück gelassen, um den Cornelius unserer Familie gewogen zu machen. Also wage es ja nicht, mir jetzt irgendetwas davon zu erzählen, dass man für seine Familie Opfer bringen müsste. Welches Opfer hast du denn schon jemals für die Familie erbracht, hm? Also erzähl mir jetzt ja nichts von der Familie.Seiana hatte ihre Chance. Es geht und ging mir nie um Rache. Sie hatte ihre Chance, sich zu erklären. Sie hatte ihre Chance, irgend etwas zu sagen. Sie hatte ebenso jede Chance, sich von ihrem Mann zu trennen, für dich. Sie hätte sich scheiden lassen können, sie hätte sich erklären können, sie hätte an mein Mitgefühl appellieren können, sie hätte einfach sagen können, dass sie dich liebt und ohne dich nicht leben will oder sonstigen Unsinn. Das hätte sie alles tun können, das hätte ich alles verstanden.
Aber sie hat NICHTS davon getan. Das einzige, was sie getan hat, war dieser Familie zu drohen. Eine Ehe bedeutet, Teil einer anderen Familie zu werden. Und genau das wollte sie nicht. Man droht nicht mit der Zerstörung einer Familie, deren Teil man sein möchte.Ich hab dich die ganze Zeit geschützt, Seneca, weil ich dich als Verwandten liebe. Aber wenn du mich zwingst, mich zu entscheiden, dann weißt du, wie meine Entscheidung ausfällt. Nicht ich habe den Rubicon überschritten. Nicht ich habe eine Fehde“ Axilla betonte das Wort auf eine Art und Weise, die klar machte, wie lächerlich sie allein diesen Vorwurf fand. “vom Zaun gebrochen. Das war ganz allein deine tolle Geliebte. Sie hat es zu einer persönlichen Angelegenheit gemacht, dass ihr erster Geliebter sie nicht heiraten wollte, nicht ich. Sie hat gedroht, nicht ich. Sie hat die Ehe gebrochen, nicht ich. Sie hat sich geweigert, sich von ihrem Mann zu trennen für dich. Sie hat sich damals gegen dich entschieden und dich als nur gut genug fürs Bett befunden, und du blinder Tölpel siehst das noch nicht einmal.
Und jetzt stehst du hier, erzählst mir etwas davon, dass ich an die Familie denken soll. Und du hast noch nicht einmal genug Anstand, wenigstens den Versuch zu unternehmen, dich oder sie zu entschuldigen für das, was ihr beide getan habt. Nein, Seneca, nicht ich reiße die Familie auseinander. Nicht ich habe Fehler begangen oder diese Familie in Gefahr gebracht. Also erzähl mir jetzt nicht, was ich zum Wohle der Familie doch tun oder lassen soll.“
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"Zeiten ändern sich Axilla. Menschen ändern sich genauso! Ich kenne sie nun schon lang genug, und nie, ich wiederhole nie, hat sie von einem Groll gegen unsere gesamte Familie gesprochen!"..nur gegen Axilla.. Aber das beruhte ja offensichtlich auf Gegenseitigkeit..
"Axilla, hör zu.." begann er nun wieder etwas ruhiger zu sprechen, während er seine Hände zu einer Art Ball formte und dabei selbst nicht ganz verstand warum, "Ich weiß was du für diese Familie getan hast. Und ich weiß was du alles tun würdest nur um sie zusammen zuhalten." er kratzte sich kurz an der Nase, "Ich kann es nicht ändern, und ich will es auch nicht ändern. Es ist mein größter Wunsch, ich liebe sie, und als Ritter bin ich nun in der Lage auch diesen Schritt zu gehen." natürlich versuchte er seiner Cousine immer noch ein wenig Verständnis abzuringen, aber biss er wohl auf Granit, "Ich liebe dich Axilla, und ich liebe auch Avianus und Silanus und unsere ganze Familie. Aber ich muss das tun, und ich will das tun. Wenn du nicht mehr mit mir sprichst, mich verfluchst, oder mich in Rom denunzieren willst, sei's drum. Ich werde euch alle immer lieben und stets versuchen euch zu Unterstützen, aber es gibt Dinge die ich für mich entscheiden muss und entschieden habe. Ähnlich wie ihr eure Entscheidungen trefft und mich nicht immer einbezieht."
Seneca hatte eigentlich keinen Mumm mehr um auch nur noch 5 Sekunden den Blicken seiner Verwandten ausgesetzt zu sein..
"Nun.. Ich denke es ist nun alles gesagt. Ich glaube in diesem Haus bin ich vorerst nicht so gern gesehen. Ich hoffe dass sich dieser Umstand irgendwann einmal ändern könnte." -
Sein Versuch, Axillas Aufmerksamkeit ein wenig von Seneca auf ihn zu lenken, verfehlte sein Ziel vollkommen. Avianus erhielt lediglich eine Anfuhr und fand sich recht schnell wieder am Rand der Unterhaltung wieder. Zerknirscht blieb er sitzen und erlebte mit, wovor Seneca ihn immer gewarnt hatte.
"Ist das echt euer Ernst?!", platzte es schließlich aus ihm heraus. Bisher hatte er sich bemüht, ruhig zu bleiben, aber was er jetzt aus Senecas Mund hören musste und vor allem dessen Ton, brachte ihn dazu sich von seinem Sessel zu erheben. Das klang ja fast so, als würde sein Vetter tatsächlich einknicken.
"Er ist immer noch ein Iunius, er gehört zu uns. Ohne ihn wäre ich heute vielleicht gar nicht hier, für mich wird das also immer so sein. Und solange er ein Teil dieser Familie bleiben will und ihr durch seine Entscheidungen nicht schadet, sollte das verdammt nochmal auch für euch so bleiben."
Er spürte wie er langsam in Fahrt kam und hatte gar nicht vor zu bremsen, selbst wenn er nicht daran glaubte, dass er hier etwas ändern würde, aber er hatte es satt, mehr oder weniger ignoriert zu werden, während Axilla und Seneca sich darüber stritten, wer wodurch die Familie kaputt machte.
"Ihr könnt euch rausreden wie ihr wollt, anderen oder euch gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, aber dass ihr beide es selbst seid mit eurem Streit, die dieser Familie schaden, sieht sogar ein Blinder. Nicht einer von euch, und Seiana schon gar nicht. Selbst wenn sie es tatsächlich wollte, Seiana könnte dieser Familie nicht mehr Schaden zufügen, als ihr es gerade tut."
Dann wandte er sich direkt an seine Cousine, um ein letztes Mal an ihr Verständnis zu appellieren: "Ich habe keine Ahnung, was zwischen euch vorgefallen ist, Axilla, aber warum sollte sie ausgerechnet Seneca heiraten, wenn sie die Iunii zerstören will? Sie erhält durch diese Ehe keinen Vorteil. Das alles macht doch gar keinen Sinn. Lass ihn diese Frau heiraten, wenn er mit ihr glücklich ist. Mehr brauchst du gar nicht zu tun. Keiner sagt, dass du es gutheißen musst." -
Natürlich wusste Axilla, dass dieser Streit schlecht für die Familie war. So dumm und blind war sie nicht, das nicht zu sehen. Aber dennoch hatte Avianus kein Recht, sie hier so anzufahren und so zu tun, als wäre sie hier das einzige Problem an der Sache.
“Ich habe keine Ahnung, was diese Frau denkt oder plant oder wieso sie manche Dinge tut. Das verstehen zu wollen habe ich schon lange aufgegeben. Und es ist schön, dass ihr beide euch da einig seid, dass sich Seiana da geändert hat. Ihr vergesst dabei, dass ich sie schon ein bisschen länger kenne, als ihr beide zusammen. Und es wäre vielleicht, aber auch nur vielleicht wenigstens einmal schön, wenn ihr mich hier nicht als Lügnerin hinstellt. Sie hat es gesagt. Wenn ihr wollt, schwöre ich das im Tempel des Iuppiters höchst persönlich auf seinen Stein. Sie hat es gesagt. Und das ist nicht zu verzeihen. Erst recht nicht, wenn noch nicht einmal um Verzeihung oder Versöhnung gebeten wird!
Und ihr tut alle so, als wäre ihr Ehebruch überhaupt kein weiteres Problem. Selbst wenn ich es nicht öffentlich machen würde, was denkt ihr, was passiert, wenn es doch herauskommt? Wenn Terentius Cyprianus nach Rom zurückkommt und doch noch Anklage gegen sie deshalb erhebt, zum Beispiel? Weil es ja ach so schwer für ihn ist, zwei und zwei zusammen zu zählen, nachdem er schon hier stand und herumgetobt hat, weil er wusste, dass eine Frau eine Affäre mit einem seiner Prätorianer hatte, nur nicht mit wem. Wie schlau muss man wohl sein, zu schließen, mit wem das war, wenn Seneca nun Seiana heiratet?
Bei den Göttern, die beiden haben uralte Gesetze gebrochen! Seiana hatte mehr Glück als Verstand, dass ihr Mann sie nicht einfach erwürgt hat, wie er es gedurft hätte! Selbst wenn das jetzt erst offengelegt würde, wäre sie infam. Und wenn Seneca mit ihr da verheiratet ist, ist ihre Ehe ungültig, und alle Kinder, die daraus hervorgehen, sind ebenfalls infam! Haben keine Bürgerrechte, dürfen nicht wählen oder gewählt werden, können nicht zur Legion, keine gültige Ehe eingehen, keine öffentlichen Posten besetzen, sind ehrlos, haben keine Zukunft!Aber an sowas denken die lieben Herren in ihrer rosa Welt natürlich nicht. Nur ich bin hier die Spielverderberin, die aus Spaß an der Freude irgendwelche Lügen in die Welt setzt...“ Den letzten Teil spuckte Axilla fast ätzend heraus. Aber sie hatte die Nase gestrichen voll davon, dass hier so getan wurde, als würde sie rein aus Prinzip nur etwas böses wollen.
“Wenn du dich noch daran erinnerst, Seneca, als du damals die Acta durchsucht hast, da hast du mich noch angefahren, wie ich Seiana nur hatte helfen können, alte Akten zu vernichten, und dass ich mich von ihr fernhalten solle, weil das zu gefährlich für unsere Familie ist. Ich habe ihr damals geholfen! Ich habe jahrelang mit ihr zusammen gearbeitet. Ich hatte nie einen Groll gegen sie, bis sie diese Familie bedroht hat. Also, ihr werten Herren, sagt mir, welchen Grund ich denn haben sollte, eine persönliche Fehde zu führen, wenn nicht wahr wäre, was ich sage?
Es wäre zur Abwechslung schön, wenn mir hier in dieser Familie wenigstens mal ein bisschen Gehör geschenkt würde.“
Axilla hatte wirklich die Nase mehr als voll. Jahrelang hatte sie die ständigen Sticheleien der Decima heruntergespielt und ertragen, hatte den ein oder anderen Versuch zur Errichtung einer Freundschaft unternommen, war zurückhaltend, nett und höflich, hatte der Decima geholfen und sie nie angeschwärzt, obwohl es schon zu Zeiten der Acta dazu mehrfach Gelegenheit gegeben hätte. Auch jetzt hatte sie jahrelang den Mund gehalten und sie und Seneca nicht dem Urteil der Öffentlichkeit ausgesetzt. Und was war der dank dafür? Jetzt musste sie sich schon von Avianus anmaulen lassen, der die Decima – zumindest nach Axillas Kenntnisstand – überhaupt gar nicht kannte. -
Seneca blickte seine Verwandten einfach nur an und resignierte ein wenig. Es war nicht so dass Axilla die Unschuld in Person war, sie hatte ihre eigenen Leichen im Keller, aber wem nutzte es schon diese nun auch noch auszubuddeln. Es war auch nicht ganz so wie sie es schilderte, aber auch das war der Mühe nicht wert. Es war was es war, sie würden auf keinen Konsens mehr gelangen, und je eher er sich damit abfand desto besser war es für alle Beteiligten.
"Es ist alles gesagt. Ich danke euch für eure Zeit." würgte Seneca die Diskussionen ab und begab sich langsam Richtung Ausgang, "Avianus. Wir reden später." sagte er noch während er geraden Schrittes das Atrium verließ, "Axilla." fügte er noch knapp an und nickte, bevor seinen Blick wieder abwandte um sich ein nettes Plätzchen in einer Insula oder ähnlichem zu suchen. -
Noch bevor er die Gelegenheit bekam, auf Axillas letzte Worte zu reagieren, brach Seneca die Diskussion ab. Vermutlich war es wirklich besser so, aber er beendete nicht nur die Unterhaltung, nein, er wandte sich ab. Avianus blickte ihm leicht angefressen nach. Zwei gegen zwei hatten sie gesagt. Und plötzlich machte sich Seneca aus dem Staub, nachdem sein Geständnis draußen war, und ließ ihn mit seinem allein zurück.
"Klar, später … du lässt mich jetzt allein hier stehen oder was?", rutschte es ihm heraus, als Seneca sich schon zum Gehen gewandt hatte. Obwohl ihm irgendwie auch klar war, solange Seneca und Axilla gemeinsam im Raum standen, wäre es schwierig auf andere Themen als Senecas bevorstehende Eheschließung zu sprechen zu kommen, erst recht in ruhigem Ton. Dennoch, es war ein wenig enttäuschend, nachdem er gehofft hatte, sich Axilla und Silanus nicht allein stellen zu müssen.
"Das lief ja richtig toll."
Er ließ sich wieder in den Sessel fallen, blickte leicht verstimmt in die Runde und harrte dessen, was auch immer nun kommen mochte.
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