• Das Haus der Fabier in Mantua war sicherlich nicht das Beste in der Stadt. Dafür hatten zu viele Patrizier hier ihre Villen gebaut. Auch waren die Familien einiger plebejischer Senatoren hier vertreten. Aber unter der regulären Bürgerschaft gehörte es zu einem der besseren Häuser. Das lag daran, dass sein Erbauer ehemaliger Praefectus Castrorum war und nun dem Ordo Equester angehörte. Vibulanus hatte ausreichend Geld besessen für hochwertiges Material und als langjähriger Soldat war er bereit keine Kompromisse einzugehen. Auch wenn es keinen übermäßigen Prunk in seinem Haus gab, zeugt es doch von einer ... schlichten Eleganz. Das sagte sich Vibulanus zumindest.


    Er war einen weiten Weg gegangen. In Germania hatte er angefangen. Bei der Ala hatte er sich das Bürgerrecht verdient und war dann als Evocatus weit im Reich herumgekommen. In Aegyptus hatte er gedient. Doch letztlich hatte er sich vor einigen Jahren entschlossen in Italia sesshaft zu werden. Sein älterer Sohn Torquatus wollte nach Rom und eine Karriere beginnen. Da Rom ihm nicht behagt hatte, lebte er schon seit einigen Jahren mit seiner Familie in Mantua. Nun war vor kurzem seine Frau gestorben und Vibulanus merkte, dass er langsam alt wurde. Zumindest so alt, dass er sich nicht mehr darüber hinwegtäuschen konnte. Es war zeit Für etwas neues. Vielleicht war es Zeit zu reisen. Vielleicht würde er sich doch noch einmal ein ritterliches Amt übernehmen. So oder so es hielt ihn nicht mehr viel in Mantua. Sein jüngerer Sohn war nun alt genug, um die Familiengeschäfte zu übernehmen und auf eigenen Beinen zu stehen.


    Genau aus diesem Grund hatte Vibulanus Valens an diesem Tag zu einem Gespräch im Garten geladen. Es galt ihn darüber zu informieren, was er in Zukunft zu tun hatte. So wartete Vibulanus in seinem Sessel im Garten und wartete auf seinen Sohn.

  • Valens war nach letzter Nacht noch nicht wirklich wieder auf den Beinen. Er konnte sich nur noch vage an die letzte Nacht erinnern. Er war auf einer Cena seines Freundes Quintus Labienus Bestia gewesen. Der hatte seinen Spitznamen nicht umsonst kaum einer konnte so viel trinken wie Bestia. In der Nacht hatten sie bschlossen noch um die Häuser zu ziehen. Er konnte sich noch an die Farbe erinnern. Hatten sie einige Häuser rot angemalt? Das würde zumindest die Farbreste an seinen Händen erklären. Er hatte sie lange geschrubbt und trotzdem war ein roter Schatten zurückgeblieben.


    "Du hast nach mir geschickt, Vater. Was kann ich für dich tun?"


    sagte Valens nachdem er sich in den Sessel gegenüber seines Vaters hatte fallen lassen. Müde und durstig griff er nach der Weinkaraffe, die auf einem Beistelltisch stand um sich einen Becher Wein einzuschenken. Das würde wahrscheinlich auch mit den Kopfschmerzen helfen. Er rieb sich die Augen und überlegte, was wohl jetzt folgen würde. Wieder eine Standpauke? Geh doch zum Militär wie dein Bruder? Allein bei dem Gedanken lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.

  • Vibulanus rollte mit den Augen als er seinen Sohn hereintaumeln sah. Der Taugenichts hatte sich schon wieder betrunken! Als er sah, dass Valens nach der Weinkaraffe griff, schnellte seine Hand nach vorn, um seinem Sohn zuvor zu kommen. Sonst würde er nur wieder den Wein unverdünnt in sich hinein schütten. Anschließend schenkte er seinem Sohn einen Becher ein, der deutlich mehr Wasser als Wein enthielt.


    "Dich habe dich heute einbestellt, um dir mitzuteilen, dass du in Zukunft auf eigenen Beinen stehen musst. Ich werde meine Geschäfte hier aufgeben und mich zur Ruhe setzen. Vielleicht besuche ich deinen Bruder in Alexandria. Bei der Flotte." erklärte Vibulanus seinem Sohn in seinen Befehlsgewalt gewohnten Ton. Sein erstgeborener Sohn war viel mehr wie er selbst. Ein Subpraefectus bei der Flotte. Sogar in Alexandria, wo er auch gedient hatte. Er war so stolz gewesen, als Torquatus ihm das berichtet hatte. "Und glaub ja nicht, dass du jetzt mein ganzes Geld verprassen kannst! Du bekommst das Haus, etwas Startkapital und einen Teil meiner Geschäfte. Dann bist du erstmal auf dich allein gestellt. Komm ja nicht auf die Idee deinen Bruder anzubetteln. Du musst jetzt selbst Verantwortung tragen. In deinem Alter habe ich bereits einige Männer in die Schlacht geführt!" sagte Vibulanus und merkte wie er schon wieder aufbrausend wurde. Also schenkte er sich selbst einen Becher verdünnten Wein ein, um sich währenddessen wieder zu beruhigen. Seine liebe Fusa hatte ihm ja immer gesagt, dass er manchmal zu grob war. Ob es ihr wohl auf der anderen Seite gut ging? Er hoffte es. Vielleicht würde er sie ja bald wieder sehen.


    "Ich kann ja verstehen, dass das Militär nichts für dich ist. Du warst ja immer mehr mit deinen Büchern beschäftigt. Dann geh in die Politik oder werde Beamter. Du hast so viele Möglichkeiten. Das Militär war damals die einzige Weg aus dem Elend für mich. Also mach was draus, mein Junge."

  • En Brief aus Rom.. da war er schon:


    Q. Fabius Vibulanus
    Casa Fabia
    Mantua, Italia



    T. Decimus Varenus Primicerius a rationibus
    Q. Fabio Vibulano s.d.


    Ich gebe dir hiermit bekannt, dass ich mit deinem Angebot übereinstimme. Ich bitte zumindest um die Entsendung eines Boten. Der mir den Betrag in Höhe von 900 Sesterzen überbringt. Im Gegenzug erhält er dann die Übertragungsurkunden.


    Im Auftrag


    T. Decimus Varenus
    ~~ Primicerius a rationibus - Admistrationis Imperatoris ~~



  • Als er so seinem Vater zuhörte wurden seine Augen immer größer und langsam wurde ihm auch schlecht. Wollte ihn der alte jetzt wirklich nur mit ein paar Groschen hier zurücklassen? Wahrscheinlich schon. Wenn der sture Hund sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte man ihn kaum davon abbringen. Nein, Jammern und Betteln würde nichts helfen. Aber vielleicht konnte er ihm noch mehr Geld aus dem Kreuz leiern. Also setzt er eine ernste, geschäftstüchtige Miene auf und warf noch einen sehnlichen Blick auf die Weinkanne.


    "An was für Betriebe und welches Startkapital hast du den gedacht? Du weißt hoffentlich, dass die Führung eines Betriebs nicht billig ist. Arbeiter müssen bezahlt, Rohmaterialien gekauft und Arbeisräume gemietet werden. Gerade in der derzeitigen Wirtschaftslage kein einfaches unterfangen, ohne den notwendigen Grundstock."


    Während er das sagte, dachte er darüber nach eine Position in der Stadt zu übernehmen. Nun die Duumviri und die anderen Magistrate waren angesehene Männer. Vielleicht nicht im Rom oder dem Reich. Aber hier waren es die ersten Männer. Eigentlich konnte er sich das auch ganz gut vorstellen. Die Bezahlung war in Ordnung und Gelegenheiten für Zusatzverdienste gab es auch. Aber die ganze Arbeit...

  • Während sein Vater ihn zappeln lies dachte Valens über die Möglichkeiten in der Stadt nach. Er würde erst einmal als Schreiber anfangen müssen, denn die Wahlen waren noch eine Weile hin. Dann vielleicht Aedil und später Quaestor. Wenn er sich richtig erinnerte, musste man sowieso eine Zeit lang als Magistrat gedient haben, bevor man sich in den Stadtrat einkaufen konnte. Und ein Sitz im Stadtrat war immerhin Voraussetzung für das Duumvirat. Das würde seine Zeit in Anspruch nehmen und einiges Geld kosten. Vielleicht sollte er sich die Betriebe bei Gelegenheit einmal anschauen...

  • "Du bekommst so viel Geld, wie ich es für richtig halte. Und nachdem ich diese Geschäfte aufgebaut habe, weiß ich genau wie viel es dazu braucht. Also hör auf zu feilschen und sieh dich lieber nach einer Arbeit um. Das Alltagsgeschäft in den Betrieben übernehmen sowieso die Verwalter." sagte Vibulanus, der die Rahmenbedienungen der Betriebe nur zu gut kannte. Die Verwalter waren vertrauenswürdige Männer, die das Geschäft kannten. Dann warf er seinem Sohn einen Schriftrollenbehälter zu. "Das sind die Besitzurkunden. Das Geld findest du in der Truhe im Atrium. Hier ist der Schlüssel dazu. " Dann nahm er eine silberne Halskette mit einem eisernen Schlüssel von seinem Hals und reichte diese ebenso seinem Sohn. "Ich bin die nächsten Tage mit meinen Reisevorbereitungen beschäftigt. Falls du noch Rat benötigst, lass es mich wissen." Und damit erhob sich Vibulanus auch schon. Falls sein Sohn keine Fragen mehr hatte, dann war das Gespräch für ihn erst einmal beendet.

  • Nach seinem Besuch in der Curia kam Valens zum Haus seines Vaters zurück. Eigentlich war es ja nun sein eigenes Haus, aber Valens hatte sich noch nicht an den Gedanken gewöhnt. Außerdem hatte er andere Dinge im Kopf. Er musste sich einen Patron suchen. Und er brauchte Land. Er hatte vor kurzem von der Rückkehr des annaeischen Senators gehört. Als Mantuaner fanden Neuigkeiten über ihn hier immer große Beachtung. Und kannte sein Vater ihn nicht sogar?


    Valens wurde erst aus seinen Gedanken gerissen, als er das Gesicht des Ianitors sah, der ihm die Tür öffnete. Es war aschfahl und voller Sorge. "Was verziehst du so eine Miene, Hermophredes. Es ist doch wohl niemand gestorben?!" fragte er lächelnd. Wahrscheinlich wollte sein Vater den Ianitor nach Germania mitnehmen. Wer wollte schon ins kalte Germanien? Obwohl sein Vater und seine Vorfahren aus Germania stammten, hatte Valens sich nie besonders für seine germanischen Wurzeln interessiert. Er war in Aegyptus aufgewachsen, wo sein Vater als Praefectus Castrorum in der Legio XXII gedient hatte.


    "Nein, Dominus. Den Göttern sei Dank noch nicht. Dein Vater ... er hatte einen apoplektischen Anfall ... das sagte zumindest der ..." Die letzten Worte des alten Ianitors hörte Valens nicht mehr als er in das Haus hineinstürmte. Im laufen riss er sich die Toga vom Leib und warf sie auf den Boden, damit sie ihn nicht weiter behinderte. Die Sklaven im Haus sahen alle besorgt und traurig aus, doch mehr Notiz nahm er von ihnen nicht. Er marschierte das Schlafzimmer seines Vaters wo er ihn letztlich auch fand.

  • Als Vibulanus die Augen öffnete, lag er im Bett und sah er seinen Arzt Aufidius, dessen Gesicht nur eine Handbreit von seinem eigenen entfernt war. Was ging hier vor? Er wollte Aufidius mit einer Hand beiseite schieben und befehlen sich gefälligst anständig zu benehmen. So seiner Kehle entfuhr nur ein "Bwah!" und sein rechter Arm bewegte sich nicht. Panisch versuchte er sich zu Bewegen und stellte schnell fest, dass ihm die rechte Hälfte seines Körpers nicht mehr gehorchte. "Waahh?" rief er als Aufidius versuchte ihn zu beruhigen. Sabber lief ihm aus der tauben Mundwinkel. "Ein apoplektischer Schlag, Vibulanus. Beruhige dich doch. Ich muss dich untersuchen!" Ungeduldig lies Vibulanus die Untersuchung über sich ergehen, aber er machte sich wenig Hoffnungen. Er wusste was ein apoplektischer Schlag bedeutete. Und als bettlägriger Krüppel wollte er sein Leben sowieso nicht beenden. "Schwohwn!" sagte er mit großer Anstrengung. Er musste Valens sehen.


    Es verging einige Zeit, bis er seinen Sohn tatsächlich sah. Er kam in einer Tunika hereingestürmt. Vibulanus fühlte sich schwach, doch diese letzte Aufgabe musste er erfüllen! Er wollte wollte nicht in einem fremden Land beerdigt werden. Auch wenn Mantua für einige Jahre sein zu Hause gewesen war, war er doch immer Germane geblieben. Auch wenn er das seinen Söhnen nie so wirklich gezeigt hatte. Sie sollten richtige Römer werden. Sonst wären sie nie wirklich aufgenommen worden und Außenseiter geblieben. So war es besser für sie. Doch für sich selbst... "Vahleenss. Gahwmaniwa. Zuhrwük. Gahwmaniwa!" Tränen schossen in seine Augen. Vielleicht gab es das Grab seines Vaters noch.

  • Valens kniete sich an das Bett seines Vaters, während er Arzt Aufidius ihm erklärte was passiert war. Er wollte die herunterhängende rechte Hand seines Vaters ergreifen. Doch stattdessen reichte dieser ihm die Linke und Valens nahm sie in seine Hände. Dann schickte er die Sklaven und den Arzt raus aus dem Zimmer, um mit seinem Vater allein zu sein. "Ja, Vater. Ich verstehe dich. Zurück nach Germania." sagte er und wischte den Speichel vom Gesicht seins Vaters. Während er sprach musste er sich schon sehr zusammenreisen. Seine Augen wurden Rot und man hörte ein Schluchzen in seiner Stimme. Konnte sein Vater wirklich sterben? Er hatte immer gedacht, dass der sture Bock sich einfach weigern würde zu sterben. Und nicht einmal die Götter würden ihn davon abbringen können. Doch nun... Natürlich hatte er Probleme mit seinem Vater gehabt, doch er war immer für ihn da gewesen. Als ihn die anderen Jungen in Nikopolis ihn am Tag nach des Kaisers Geburtstag verprügeln wollten, hatte sein Vater es zufällig enteckt und sie mit wüsten Beschimpfungen und Schlägen seiner Vitis davongejagt. Natürlich hatter er auch ihn angeblafft, aber jetzt konnte Valens ihm das nicht mehr übel nehmen. "Ich werde nach Germania zurückkehren, Vater. Ich werde dich stolz machen. Das schwöre ich dir bei Iuppiter." sagte Valens und konnte das schluchzen in seiner Stimme nicht mehr verbergen.

  • Vibulanus war immer stolz gewesen auf seine Söhne. Auch wenn er das nie so zeigen konnte. Aber sein Sohn schien ihn nicht richtig zu verstehen. Nicht er sollte nach Germania gehen. Vibulanus wollte in Germania beerdigt werden! Es kostete ihn viel Kraft zu sprechen und er fühlte sich auch sehr schwach. Dennoch musste er es versuchen. "Stohwlts. Vahleenss. Tokwahtuhs. Ihch. Gahwmaniwa. Ihch!" Als ihn ein weiter Schlag traf zuckte einen Moment zusammen und lies einen lauten Schluchzer entfahren. Dann sank er zurück und erschlaffte. War es seine Fusa, die da hinter seinem Sohn stand und ihm die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Sie war so jung und schön, wie am Tage ihrer Hochzeit. Sie reichte ihm die Hand und von neuer Stärke beseelt ergriff er sie. Sie führte ihn heraus aus dem Schlafzimmer. Er warf noch einen letzten Blick zurück auf seinen Sohn. Während sein Körper leblos auf dem Bett zurückblieb, machte sich Vibulanus auf den Weg in das Elysium. Der Soldat der mehr als vierzig Jahre im Exercitus Romanus gedient und dabei zahlreiche Schlachten und Scharmüzeln überlegt hatte, war in seinem Bett verstorben.

  • "Ja, Vater ich habe verstanden. Ich werde deinen Willen befolgen." antwortete Valens aufgelöst seinem Vater. Er hilt seine Hand nun fest in die eigenen gepresst und kniete an der Seite seines Vaters, bis er nach einem weiteren Anfall verstarb. Valens schloss ihm die Augen und legte zwei Denarii auf sie. Dann faltete er die Hande seines Vaters über der Brust. Es war vorbei. Während er das tat wunderte sich Valens, wie sehr ihn diese Sache eigentlich mit nahm. Er hatte seinen Vater so oft verflucht und jetzt heulte er beinahe wie ein junges Mädchen.


    Nachdem er aufgestanden war, nahm er sich zunächst einige Momente um seine Fassung zurückzugewinnen. Er war nun Oberhaupt dieses Haushalts und musste vor den Sklaven das Gesicht wahren. So wie es sein Vater gewollt hätte. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, rieb seine Augen und räusperte sich. Dann richtete er seine Kleidung und öffnete die Tür des Cubiculums."Mein Vater ist so eben verstorben. Ruft die Priester und die Libitinarii. Ich werde mich umziehen." befahl Valens dem Haushalt und machte sich auf die Suche nach einer passenden Toga für die Trauerzeit.

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