Die Lex Mercatus... mal wieder...

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/47.jpg Publius Stertinius Quartus konnte als Konsul nicht gerade behaupten, es mit einer turbulenten Amtszeit zu tun zu haben.. eher kam er in den Genuss einer bisher eher unspektakulären Ruhe nach dem Sturm. Beklagen würde er sich sicherlich nicht darüber, schließlich galt, was am Ende dabei rauskam... und das war der Titel.


    "Unser aus langer Krankheit zurückgekehrter Mitsenator Kaeso Annaeus Modestus möchte über die schon so oft zum Thema gemachte Lex Mercatus sprechen. Praetorius, das Wort ist dein.", gab er dem Annaeer das Rederecht, nachdem er darauf hingewiesen worden war, dass dieser es gerne hätte.







  • Als der Consul ihn ankündigte erhob sich Modestus von seinem Platz. Seinen Gehstock lies er dabei an seine Bank gelehnt. Nach einigen Wochen der Übung konnte er auch ohne ihn länger stehen, wobei er sein Gewicht auf das andere Bein verlagerte. So hatte er seine Hände für Gesten zur verfügung. Wie er es während seiner Reden im Senat pflegte, lies er seinen Blick über die Versammlung wandern, um jedem das Gefühl zu geben angesprochen zu werden. Dann begann er mit seiner Rede.


    "Patres Conscripti, es ist mir eine Ehre heute wieder vor euch sprechen zu dürfen. Mein Vorfahr Lucius Annaeus Seneca Maior schrieb in einem seiner Briefe, dass Gesetze wie Fischernetze sind. Wenn sie zu viele Lücken haben, dann werden sie nutzlos. Ich möchte heute eine solche Lücke ansprechen und mit euch über darüber diskutieren, wie sie zu schließen ist. Wie der Consul schon angemerkt hat, geht es um das Lex Mercatus." setzte Modestus an und machte eine kleine künstlerische Pause. Zufrieden stellte er fest, dass sein Bein ihm noch keine Probleme machte. Also fuhr er unbeschwert fort. "Im Zuge der letzten Jahre hat es sich ergeben, dass manche Betriebe in den Besitz von Städten gelangt sind. Erbfälle, Bürgschaften, Schulden. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Manche dieser Städte führen diese Betriebe auch weiter. Das Problem an der Sache ist, dass das Lex Mercatus momentan den Besitz und Führung von Betrieben durch Körperschaften nicht regelt. Einst war es beispielsweise den Factiones gestattet Betriebe zu führen, doch diese Praxis wurde abgeschafft." Eine weitere Pause. Dieses Mal lies er seine Blicke auf der Suche nach Germanicus Avarus durch die Reihen der Senatoren wandern, um seine Miene zu lesen. In wirtschaftlichen Angelegenheiten debattierte der Germanicer eifrig mit, weshalb Modestus sehen wollte, wie er auf den geschilderten Sachverhalt reagierte.


    "Ich halte es daher für notwendig den Betroffenen Rechtssicherheit zu geben und diese Sachlage mit einer Änderung des Lex Mercatus behandeln. Die Fragen, die ich nun mit euch diskutieren möchte lautet wie folgt: Ob und in welcher Form wollen wir den Besitz von Betrieben auch für Körperschaften wie Städte erlauben?" Wieder machte Modestus eine kurze Pause, um die anwesenden Senatoren nicht mit zu vielen Fragen auf einmal zu malträtieren. Nachdem er die grundlegenden Fragen gestellt hatte, die er heute diskutieren wollte, kam er dann zu den möglichen Antworten. Wieder in Fragenform, da er nicht seine eigene Meinung darstellen, sondern die möglichen Meinungen wiedergeben wollte. "Wollen wir diese Praxis den Städten untersagen oder erlauben? Wenn wir es erlauben, gestatten wir auch anderen Körperschaften das Führen von Betrieben? Beschränken wir, wie viele Betriebe eine Körperschaft besitzen kann? Ein Bürger kann nur vier Betriebe führen, gilt das auch für eine Stadt?" Als Modetsus seine Ausführung beendet hatte, bemerkte er auch einen dumpfen Schmerz in seinem Bein. Zum Glück war gerade fertig. Nach einer kurzen Pause, während der er fragend in die Runde blickte, setzt er sich wieder.

  • ...mal wieder das traf es sehr genau. Das letzte Pfeifen war noch nicht verklungen, da wurde erneut das Flickwerk heran gezogen. Ihm selbst ging nicht so ganz auf, was der Annaeus damit bezweckte. Für den Senator Germanicus war die gesetzliche Regelung klar und deutlich formuliert und er sah auch keinen Bedarf daran etwas zu lockern.


    "Senatores, ich muss mich dazu zu Wort melden."


    Avarus erhob sich. Schwer fällig, denn die Knochen hatten schon den ganzen Morgen da gesessen und waren einem alten Mann gerecht eingerostet. Er stöhnte kurz, ein Schmerz schoss durch den Rücken. Verdammtes Alter...


    "Der Staat sind die Städte, der Staat sind die Institutionen, die Verwaltungen. Und umgekehrt sind die Städte und Verwaltungen der Staat. Heute ist die Sache so geregelt, das jene nur dann aktiv in die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen eingreifen dürfen, wenn alle verfügbaren Angebote am Markt -eines Produktes- zu mehr als einhundertfünfzig Prozent des empfohlenen Preises verkauft werden. Also die Händler Absprachen getroffen haben, die zu Lasten eines moderaten Preisaufschlags gehen."


    Soweit so gut, das war die Theorie. Die Praxis sah schon heute anders aus und man verlangte hier, das diese Gesetzes untreue noch mehr geschürt, ja unterstützt würde.


    "Mir sind Beispiele bekannt, wo schon heute verstaatlichte Betriebe rund um die Sanduhr produzieren anstatt die zuständigen Beamten dafür Sorge tragen, das die dem Staatsvermögen zugefallenen Betriebe schnellstmöglich wieder veräußert werden. Auch eine Abwicklung mit dem Verkauf der noch brauchbaren Dinge müsste noch eher anvisiert werden, als mit diesen Unternehmungen eine parallele Schein wirtschaft aufzubauen, die vor allem den Wettbewerb verzerrt und gemäß den bestehenden Gesetzen illegal ist."


    Nun kam da aber wer, der genau dies legalisieren wollte. Warum wohl?


    "Senator Annaeus möchte genau diese Schein wirtschaft nun legalisieren. Wozu frage ich mich da? Kannst Du uns das erklären? Ich sehe darin den Versuch die freie Wirtschaft zu geißeln und eine staatliche Konkurrenz aufzubauen, mit deren Vorteilen niemand mithalten kann. Ich spreche da von Steuervorteilen, kostenlosen Arbeitskräften und praktischer Weise auch von internen Auftragsvergaben, die dann nicht mehr öffentlich ausgeschrieben werden sondern gleich vom staatlich subventionierten Betrieb übernommen werden. Das kann nicht der Wille und das gute Recht sein. Ich persönlich halte eine stärkere Kontrolle der bestehenden Regelungen für notwendig. In Städten, die abweichend des Kartellschutzes den Markt mit Waren sättigen, ist eine Überprüfung unausweichlich und diese muss mit strafrechtlichen Folgen auch für die beteiligten Beamten und Stadtdienern geschehen. Die gute Versorgungslage der römischen Siedlungen wird von einer freien privaten Wirtschaft gestärkt. Niemand kann ein Interesse daran besitzen diese Strukturen mit staatlichen Bestpreis Angeboten zu zerstören. Rom braucht seine gut organisierten Wirtschaftszweige, Handelswege und Kaufleute. Der Staat wäre mit einer gesamtheitlichen Versorgung überfordert. Doch genau das Handelssystem riskieren wir deutlich zu schwächen, wenn wir den Städten, Institutionen oder Körperschaften freie Hand dabei lassen Betriebe zu führen für deren Blüte Handwerker, Händler, Bauern und so weiter zuständig sind."


    Mal abgesehen davon, das es den Städten dann auch noch an kreativen Köpfen mangelt, die neben der Einschränkung der Markt Vielfalt Kunst und Kultur beerdigen würden. Doch soweit ins Detail wollte Avarus dann doch nicht gleich gehen... müssen.

  • Modestus hörte sich die Worte des Germanicus Avarus zufrieden an. Letztlich war das genau der Punkt auf den er ebenfalls hinaus wollte. Die stärkere Regulierung der Städte, die diese Gesetzeslücke in den letzten Jahren ausgenützt hatten. Nachdem der Germanier sich gesetzt hatte, wartete Modestus noch einige Momente, um zu sehen ob ein anderer Senator das Wort ergreifen wollte. Enttäuscht stellte Modestus fest, dass dem nicht so war. Entsprechend erhob er sich für eine Entgegnung. "Ganz im Gegenteil, Senator Germanicus. Ich bin mit dir einer Meinung und halte eine striktere Regelung für notwendig. Ich würde sogar soweit gehen, dass Städte sich in Zukunft nicht mehr an der Marktregulierung beteiligen können. Die vergangenen Jahre haben stets gezeigt, dass dies zu Missbrauch führt. Daher sollten höhere Autoritäten diese Aufgabe übernehmen." Modestus vermied es dabei konkrete Beispiele zu nennen. Die Stadt, bei der ihm dieses Problem aufgefallen war, hatte enge Kontakte zu ihm und seinen Verbündeten. "Ich schlage dafür die Statthalter in den Provinzen und die Consuln in Italia vor. Warum nicht die Aedilen, die sowieso schon mit der Marktaufsicht betraut sind? Zum einen sind die Aedilen sowieso schon mit recht vielen Aufgaben betraut sowas ihnen kaum genug Zeit bliebe. Davon abgesehen haben sie vornehmlich Rom im Auge. Diese Aufgabe umfasst aber ganz Italia. Letztlich ist dies auch eine verantwortungsvolle Aufgabe die nur die höchsten Magistrate mit Imperium wahrnehmen sollten, da das Geld des Staatsschatzes nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden sollte. Und sollte es hier zu Missbrauch kommen ist das vorgehen klar. Wie üblich kann Klage gegen die gewesenen Amtsinhaber geführt werden."

  • "Nun dann habe ich Deinen sarkastischen Auftakt zu dieser Gesprächsrunde falsch interpretiert."


    Riss er das Wort erneut an sich, wohl dem das sie einander debattierten und sonst keiner was zum Thema sagen wollte.


    "Die Marktkontrolle ist ein wichtiges Unterfangen nur so kann gewährleistet werden, das die Preise dem bestehenden Gesetzeswerk konform ausgerichtet werden. Nur so ist gesichert, das eine städtische Wirtschaft eingreifen kann, wenn Höchstpreise dazu führen, das eine Markt Übermacht in egal welchem Wirtschaftszweig ausgenutzt würde. Ich halte es durchaus für wichtig, das Möglichkeiten bestehen bleiben, damit eben zum Beispiel die Ernährung des römischen Volkes gesichert ist. Ich halte es aber für falsch das Städte ihre eigenen Betriebe dazu nutzen, um den freien Markt mit Waren zu billigst Preisen überschwemmen, die ein Bäcker oder Obstbauer niemals machen kann, weil er eben zum Beispiel Steuern zahlt und Markt Gebühren aufschlagen muss.


    Daher sage ich ganz klar:


    Ja zu einer verlässlichen Kontrolle durch die bestehenden Organe.
    Nein zu einer legalen Produktion der städtischen Betriebe zur ständigen Versorgung der Bevölkerung."

  • "Wenn ich dich richtig verstehe, Senator Germanicus, dann sagst du, dass die Städte auch weiterhin als unterste Ausprägung des Staatsgefüges in die Märkte eingreifen dürfen. Natürlich nur, wenn es die Preisgestaltung der Märkte erforderlich macht und in den Rahmen, die das Gesetz vorgibt." wiederholte Modestus noch einmal die Worte von Germanicus Avarus um sicher zu gehen, dass er ihn auch richtig verstanden hatte.


    "Mein Problem an momentanen Situation ist, dass diese Möglichkeit von manchen Städten missbraucht wird. Da das Gesetz keine konkrete Instanz nennt, die für die Kontrolle der Einhaltung dieser Gesetze zuständig ist, gibt es auch niemand der dagegen vorgeht. Entweder wir müssen die Marktregulierung in andere Hände legen, oder jemanden mit der Kontrolle der Marktregulierung beauftragen." fuhr Modestus dann fort. Da in dem Gesetz von dem Staat gesprochen wurde, war Modestus immer davon ausgegangen, dass höhere Instanten diese Marktregulierung ausüben sollten. Wie die Administratio Imperatoris, der Senat oder ein gewählter Magistrat. Deswegen war auch verständlich, dass keine niemand diesen Vorgang kontrollierte. Nun hatte es sich doch eingebürgert, dass auch Städte so verfahren konnten. Modestus konnte damit leben, aber dann sollte eine Aufsichtsperson bestimmt werden. Immerhin war der Missbrauch faktisch vorhanden.


    "Senator Germanicus unterstützt den zweite Weg und ich bin gewillt ihm in dieser Sache zu folgen. Sein wirtschaftlicher Sachverstand ist allgemein bekannt. sagte Modestus und machte eine kurze Pause, um die Worte wirken zu lasse, bevor er fortfuhr. Doch dann stellt sich die Frage welche der bestehenden Organe die Kontrolle der Marktregulierung übernehmen sollen. Ich habe die Consuln nicht ohne Grund ins Spiel gebracht. Sie üben schon ein Kontrollfunktion über weite Teile des Staates aus. Warum nicht also auch die Marktregulierung? Wenn das Wohlwollen des Senats findet, dann kann ich einen Gesetzesentwurf erarbeiten, der in diese Richtung geht." Zum Schluss hin sah Modestus hauptsächlich zu Germanicus Avarus, seinem einzigen Mitredner in dieser Sache. Alle anderen schienen eher desinteressiert

  • Sextus hörte sich die Ausführungen mit einem zunehmenden Stirnrunzeln an. Senator Annaeus musste in seiner Absenz von Roma Kenntnisse angeeignet haben, die hier in der Hauptstadt zumindest anders wahrgenommen worden waren über die Jahre hinweg.


    “Senator Annaeus“ erhob sich Sextus, nachdem er um das Wort gebeten hatte. “Du berufst dich jetzt zum wiederholten Male bereits auf einen Missbrauch, der durch die Städte vorliegen würde. Ich weiß natürlich nicht über die Marktlage in jeder einzelnen Stadt unseres großartigen Reiches bescheid, wie wohl kein Mensch dies vermag, dennoch muss ich anmerken, dass mich deine Aussage doch sehr verwundert. Mir ist bislang noch kein Fall zu Ohren gekommen, in dem eine Stadt oder eine Gemeinde waren kaufmännisch auf den Märkten angeboten hat. Auch sind mir keine Klagen bekannt, die ja aufgrund des von Senator Germanicus bereits zitierten Gesetzesabschnittes durchaus hätten vor Gericht gebracht werden können.
    Daher würde ich dich bitten, diese allgemeinen Äußerungen doch durch konkrete Beispiele zu belegen, so dass der Senat sich ein Bild machen kann, ob es tatsächlich ein Problem ist, dem man sich annehmen muss. Denn die von dir vorgebrachte Kritik ist zumindest für mich vollständig neu, so dass ich bislang noch daran Zweifel hege, dass insbesondere in den vergangenen Jahren hier ein Missbrauch in größerem Ausmaß vorliegt.“


    Das war schon einmal der erste Punkt, der ihm auffiel. Der zweite lag da für Sextus noch weit offener auf der Hand. “Und auch verstehe ich den Grund nicht, warum den Aedilen, die für die Marktkontrolle schon seit Generationen zuständig sind, diese Zuständigkeit genommen werden sollte, um sie den Consulen zuzuschlagen. Für mich klingt dies im ersten Augenblick nach einer ungerechtfertigten Machtkummulierung an einer Stelle.“

  • "Ich bin heute nicht hier um einzelne Städte an den Pranger zu stellen, sondern eine Lösung für ein Problem zu erörtern. Und das Problem bei diesen Städten ist, dass Waren angeboten werden, obwohl die gesetzlichen Bedingungen nicht dafür gegeben sind. Auch werden die Waren nicht zum empfohlenen Preis verkauft, sondern darunter." fasste Modestus noch einmal die Arten von Verstößen zusammen, von denen man ihm Berichtet hatte. Das nicht alle in Rom davon erfahren hatten, war ihm klar. Er selbst hatte nur durch Klienten in den Provinzen davon gehört. Und nicht jeder Senator war länger in den Provinzen gewesen. Sei es als Statthalter oder auf anderweitigen Reisen. "Wir können nur spekulieren, warum es bisher nicht dagegen geklagt wurde. Unwissenheit oder mangende Möglichkeiten sind nur zwei Gründe. Und bevor man eine Klage gegen den mächtigsten Mann in seiner Stadt anstrebt, lässt man sich lieber das eine oder andere gefallen. Aber letztlich ist für mich eins wichtig. Der Staat sollte nur in Ausnahmefällen in die Wirtschaft eingreifen. Ihn so lange gewähren zu lassen, bis die Bürger aufschreien, kann nicht in unserem Sinne sein. Der Staat muss sich in dieser Sache selbst kontrollieren."


    "Warum die Consuln und nicht die Adilen? Nun wie ich gerade eben erläuterte, liegen die Aufgaben der Aedilen vor allem im stadtrömischen Gebiet. Die Kontrolle der Marktregulierung geht jedoch klar darüber hinaus. Davon abgesehen weiß jeder gewesene Aedil in diesem Raum, dass dieses Amt zu den Ämtern mit der höchsten Arbeitslast gehört. Entsprechend ist es sinnvoller diese Aufgabe anderen zu übergeben. Da die Consuln bereits verschiedene Kontrollfunktionen inne haben, liegt es nahe sie mit einer weiteren zu betrauen. Innerhalb Italias käme natürlich auch Curator Rei Publicae in Betracht. Für die Provinzen bieten sich klar die Statthalter oder deren Procuratoren an. Ich habe vor dies im Detail zu untersuchen, bevor ich einen Gesetzentwurf einbringe. Sofern du Ideen dazu hast, lade ich dich ein mit mir gemeinsam daran zu arbeiten."


    "Wenn es keine inhaltlichen Anmerkungen gibt, dann danke ich dem Senat für seine Zeit. Ich freue mich darauf dem Senat bald den konkreten Vorschlag zur Debatte vorzulegen."

  • Das war doch inhaltsleerer Blödsinn, den der Annaeus da gerade von sich gab.
    “Du hattest doch um das Rederecht für diese Senatssitzung gebeten, warum also nach gerade einmal zwei Einwänden auf eine nächste Sitzung vertagen?“ fragte Sextus gleich schonmal provokant nach. Das hier jetzt konnte man ja noch kaum als Debatte gelten lassen, und warum der Annaeus gleich einen Vorschlag ausarbeiten wollte, nachdem er zuvor noch gemeint hatte, er würde dies nur mit Zustimmung des Senates tun, war ihm gänzlich rätselhaft. Wenn er es auch ohne Zustimmung des Senats tun wollte, hätte er es ja auch gleich tun können und ihnen hier allen Zeit sparen können. Offenbar war seit der umstrittenen Amtsverlängerung des Ducciers eine Diskussion nicht mehr erwünscht, so dass beim ersten Widerwort immer sofort alle Einwände abgewürgt wurden und direkt auf eine Abstimmung vertagt werden sollte.
    “Du behauptest, dass Waren unter dem Mindestpreis angeboten werden würden. Ich behaupte, dass dies falsch ist und sich die Städte an ihre gesetzlichen Regelungen halten. Daher liegt es jetzt an dir, mir das Gegenteil zu beweisen. Deshalb bestehe ich darauf, dass du mir wenigstens drei Beispiele nennen magst, die eine solche Ergänzung der Lex Mercatus rechtfertigen würden. Andernfalls kann und will ich die von dir vorgebrachte Anschuldigung an die Städte unseres Reiches schlicht als Unwahrheit betrachten. Und folglich eine Ausarbeitung zu einer Umänderung des Gesetzes völlig unnötig ist.


    Und nur, weil die Aedile viel zu tun haben, obliegt es dennoch ihrem Zuständigkeitsbereich, die Märkte zu kontrollieren. Und ebenso wie Rom haben auch die Städte in den Provinzen eigene Magistrate, mögen sie sich nun nach römischem Vorbild Aedile nennen, oder griechisch Agoranomoi, oder auch gänzlich anders, die in ihrer jeweiligen Stadt eben die Aufgabe haben, die Märkte zu überwachen. Und nur, weil ein Amt arbeitsintensiv ist, heißt das nicht, dass man seine Aufgaben einem anderen Amt zuschlagen muss. Erst recht nicht dem Consul, der als höchstes Amt des Cursus Honorum andere Aufgaben hat, als die Marktangebote zu durchforsten.“

  • "Ich halte es für falsch die Kompetenz neu zu verteilen. Denn Erstens haben die Consuln, die Provinz Praefecten Wichtigeres zu tun als sich um belanglose Dinge wie die Märkte einer Stadt, einer Enklave oder Region zu kümmern und Zweitens sind die Finanzbeamten auch eher dafür ausgebildet, um Recht und Unrecht zu erkennen.


    Weiterhin ist mir nur ein sehr aktives Beispiel bekannt, das die Initiative des Senator Annaeus untermauert. Die Stadt Mogontiacum oben in der Provinz Germanien betreibt schon lange diese Eingriffe in den freien Markt. Vielleicht kann uns der Senator Duccius ja mehr darüber berichten, als das was wir durch ein paar Boten erfahren haben?! Immerhin ist seine Gens in den letzten Jahren doch deutlich aktiver in die provinzialen und städtischen Verflechtungen eingedrungen, als alle anderen Familien hier im Senat... "


    Sein Blick wanderte zu Duccius Vala, vielleicht hatte er ja etwas beizutragen, warum seine Familie massiv Waren auf Staatskosten produzierte und unter dem Deckmantel der Stadt Mogontiacum verkaufte...

  • "Ich möchte Senator Annaeus in soweit zustimmen und unterstützen, dass ein Gesetz nur so gut ist, wie die Kontrolle seiner Einhaltung", meldete sich nun auch Macer zu Wort, denn Marktthemen interessierten ihn seit seinem eigenen Aedilat fast immer in besonderem Maße. "Von daher ist es sehr betrüblich zu hören, dass es offenbar Städte gibt, die sich nicht an die Lex Mercatus halten. Wie Senator Aurelius würde auch mich hier die Nennung von Namen interessieren, denn dies hat meines Erachtens nichts mit Anprangerung zu tun, sondern es ist ein gutes Recht und auch die Pflicht eines Römers, sich um die Einhaltung der Gesetze zu bemühen. Wie Senator Annaeus sagte, gibt es niemanden, der ausdrücklich für genau diesen Passus der Lex Mercatus als zuständig ausgewiesen wird, aber umso mehr bedeutet dies doch, dass jeder von uns, der einen Verstoß entdeckt, diesen an der zuständigen Stelle zur Anzeigen bringen kann und sollte."


    Natürlich war Macer nicht entgangen, dass gerade die Frage der Zuständigkeit in der Argumentation seines Klienten eine wichtige Rolle spielte, so dass er diesen Punkt nach einer Gedankenpause noch weiter behandelte. "Wer nun der jeweils Zuständige ist, ergibt sich meines Erachtens vollständig aus dem, was bisher geregelt ist und bedarf keiner weiteren Präzisierung unter Nennung von Provinzstatthaltern oder Consuln. Denn immerhin reden wir hier davon, dass der Staat gegen ein Gesetz verstößt, mithin also ein von der Provinz oder der Stadt bestellter Beamter, einer seiner Gehilfen oder ein sonstiger Amtsträger. Und gegen all jene kann man auf Verletzung ihrer Amtspflichten klagen und sie einer Rechtsbeugung bezichtigen, wenn sie den gesetzlich festgelegten Rahmen zu großzügig auslegen", führte er weiter aus und ärgerte sich einmal mehr über sein schlechtes Gedächtnis, wegen dem er nicht gleich den passenden Paragraphen zitieren konnte, was seinen Ausführungen sicher noch mehr Nachdruck verliehen hätte.

  • Mit zunehmender Belustigung verfolgte Vala die Diskussion, die eigentlich aus wortgewordenem Nichts bestand und man hier nicht nur eine Mücke, sondern tatsächlich ein absolutes Nichts zum Olifanten aufblies. Nicht nur, dass das vom Annaeus angestrebte Ziel eigentlich schon lange Teil codifizierten Rechts war (wenngleich in anderer Form), stieß der Senat sich tatsächlich an einer Nichtigkeit und führte die Diskussion anhand vor, weil wieder einmal jemand die Stunde gekommen sah um mit Dreck zu werfen.


    "Um diese Frage zu beantworten, Praetorius Germanicus..." , schaltete Vala sich so chalant von diesem zum Reden aufgefordert in die Debatte ein, "...sollte man einen Stadtpatron zu Wort bitten, da dieser doch genau darüber bescheid wissen sollte, was in seiner Civitas so vor sich geht. Aber gut... da dein Wissensstand offensichtlich alleine nur ausreicht um die Civitas, die dir ihr Vertrauen ausgesprochen hat und dich zum Stadtpatron ernannte, in einem nicht betroffenen Gremium mit Anschuldigungen zu bewerfen, lass mich Licht ins Dunkel bringen und eine Lanze für Mogontiacum brechen: es wurden mit den Betrieben der Stadt lediglich Waren produziert, die über einen längeren Zeitpunkt GARNICHT produziert worden waren oder deren Bedarf WEIT über die auf dem Markt zur Verfügung stehende Menge hinausging. Somit hätte sich die Civitas durchaus im gesetzlichen Rahmen bewegt.


    Für deinen impliziten Vorwurf, meine Familie sei in gesetzeswidrige Vorgänge verstrickt, erwarte ich übrigens handfestere Beweise.. diese haltlosen und beschämenden Implikationen sagen letztlich mehr über jenen aus, von dem sie kommen, als über jene, die sie treffen sollen." , zeigte Vala sich sehr unwillig, sich auf das vom Germanicus avisierte Niveau des Dreckwerfens herabzubegeben und schloss schließlich noch an die anderweitigen Diskussionsstränge an, die es seiner Meinung nach garnicht geben sollte: "Ich halte des weiteren diese Diskussion ebenfalls für vollkommen unnötig. Das Gesetz ist sehr eindeutig wie in solchen Fällen zu verfahren ist."

  • "Haben wir da einen wunden Punkt angesprochen, Senator Duccius?"


    Erwischte Hunde bellten nun einmal, das war bewiesen.


    "Man hat mich weit vor Deiner Zeit zum Stadtpatron von Mogontiacum berufen, leider hat sich in den letzten Jahren die Verwaltung meiner Heimat nicht zum Besten entwickelt. Doch als Senator, der in Rom politisiert, ist es unmöglich da Einfluss zu nehmen."


    Unmöglich nicht, aber zu teuer, um das Provinz Kaff zu instrumentalisieren. Doch die Aussage war in doppeltem Sinne köstlich...


    "Die Stadt am Rhenus produziert zum Beispiel Suppenhühner."


    Die Pause sei dem Zuhörer gegönnt...


    "Waren die die über einen längeren Zeitpunkt GARNICHT produziert worden waren oder deren Bedarf WEIT über die auf dem Markt zur Verfügung stehende Menge hinausging. Nach den Worten des Senators Duccius. Mir sind jedoch vier der zwölf Großbauern bekannt, die ebenfalls Hühner züchten und die bereits vor Monaten darauf hinwiesen, das der Staat ihre Marktsituation kaputt macht. Ich habe das damals nicht erkannt, heute und mit dieser Diskussion sehe ich das anders."


    Da kann man schon mal am Leinentuch knaupeln.


    "Lange Rede kurzer Sinn. Städtische Betriebe gilt es zu veräußern oder für wirklich bedrohliche Stoßzeiten vorzuhalten. Alle anderen Aktivitäten sind im Sinne der freien Märkte einzustellen. So sehe ich das."


    Die trotzigen Widerworte des Duccius hinsichtlich seiner Familie ignorierte Avarus beflissen. Er zumindest war Politiker genug, um nicht unter die Gürtellinie zu langen, dem noch Frischling Duccius Vala fiel das sichtlich schwer...

  • "Jaaaaaa.. genau, du hast mich voll erwischt." , verdrehte Vala die Augen, als der Germanicus sich die Realität so redete wie er sie gerne hätte, "...ich glaube, diese Phrase hättest du in jedem Fall losgelassen. Hätte ich geschwiegen, wäre das wahrscheinlich schuldbewusst gewesen... Kindergartenrhetorik." , spottete Vala verächtlich, bevor er dem Ewiggestrigen noch weiter auf den Zahn fühlte: "Viermal? Vier unterschiedliche Vorwürfe? Wann wurden diese erhoben? Wurden diese Vorwürfe dem Procurator Civitatium gemeldet, der hier zuständig wäre? Hast du als Patron der Civitas Mogontiacum auch nur ein einziges Mal Kontakt zu dieser gesucht und diese mit den Vorwürfen konfrontiert? Auch nur einen einzigen Brief geschrieben?", hakte Vala nach, "Nichts davon hast du getan... anstelle dessen hälst du es für angemessen, sämtliche vom Senat Roms geschaffenen zuständigen Instanzen zu ignorieren und diesen tatsächlich persönlich mit Suppenhühnern zu behelligen. SUPPENHÜHNERN.


    Wenn du dir deiner Sache so sicher bist und hinter deinen Anschuldigungen mehr steckt als heiße Luft, erhebe Klage vor dem Legatus Augusti Pro Praetore gegen die zuständigen Magistraten in Mogontiacum. Solange das nicht geschehen ist, kann man sich durchaus gütlich daran tun deine Vorwürfe hier an der Stelle als vollkommen deplatziert und kaum ernstzunehmend zu betrachten. Das was du hier betreibst ist kein politisieren... du wirfst mit substanzlosem Dreck." , schüttelte Vala den Kopf ob sowohl Altersnarrentum.


    "Deine Forderungen, die Civitates hätten sich unverzüglich ihrer Betriebe zu entledigen und jeglicher Tätigkeit am Markt zu entsagen entbehrt jeder Grundlage." , erinnerte er die zur Sache hervorkehrend, "Sollte dir daran gelegen sein deine Sichtweise durchzusetzen, bringe einen Gesetzesvorschlag auf dem hergebrachten Weg ein."

  • Während die Diskussion plötzlich mal wieder in eine Schlammschlacht ausartete, rollte Sextus nur einmal kurz mit den Augen und bat um das Wort.
    “Ich danke Senator Germanicus für die Nennung eines Beispieles. Offensichtlich habe ich mich also geirrt, dass sich nicht sämtliche Städte an die Vorgaben von Gesetzes wegen halten, und so können wir nun etwas konkreter reden, als dies mit vagen Allgemeinplätzen möglich wäre.


    Ich kann Senator Germanicus insoweit zustimmen, dass sich Städte – oder allgemein der Staat – nicht in die Wirtschaft in größerem Maße einmischen sollte, sofern dies nicht nötig ist. Doch hierfür hat die Lex Mercatus ja eigentlich schon einen Paragraphen – die genaue Bezeichnung mögen diejenigen anführen, die die Gesetzestexte vollständig auswendig kennen – der besagt, dass der Staat dann Waren anbieten kann, wenn der Preis einer Ware nur für im Schnitt mehr als 150 Prozent ihres festgelegten Standardwertes zu bekommen ist, und dann auch nur solange, bis sich die Preise am Markt wieder weiter dem Standardwert angleichen.
    Meinem Rechtsverständnis nach erübrigt sich folglich ein Nachsatz, dass der Staat oder eben Städte Waren eben nicht anbieten dürfen, wenn obige Bedingung nicht erfüllt ist. Und hierbei ist es gleichgültig, ob es sich um Suppenhühner oder Marmor handeln mag. Dieses Prinzip gilt für alle Waren und für alle Städte.


    Folglich stellt sich die Frage, ob das Fehlverhalten der Magistrate einer Stadt gleich zu der Notwendigkeit eines neuen Gesetzes führt. Ich für meinen Teil finde dies nicht, da bei jedem Gesetz die ausschließliche Gültigkeit selbsterklärend sein sollte. Andernfalls müsste man solch einen Nachsatz ebenfalls beim Paragraphen über die Anzahl der erlaubten Betriebe und bei jenem, der die Regelungen für Mitglieder des Cultus Deorum und dem Exercitus enthält, anbringen. Und wenn man weiter denkt, wohl bei einigen anderen Paragraphen auch.


    Hier handelt es sich meines Erachtens nach vielmehr um ein einfaches Vergehen gegen die Lex Mercatus. Etwas, das jeden Tag vom Aedil geandet wird. Daher genügt hier meines Erachtens ebenfalls eine Klage vor dem Aedil als der zuständigen Instanz nebst einer Rüge an die betreffenden Magistrate besagter Stadt, damit diese ihre Markttätigkeiten einstellen.


    Wie viele Betriebe eine Stadt besitzt hingegen, halte ich für vollkommen unerheblich. Städte erben viele Betriebe von verstorbenen Bürgern ihrer Stadt und können diese selbstverständlich halten und versuchen, sie zu veräußern. Solange sie mit diesen Betrieben nicht unnötigerweise Waren produzieren und dann an den Märkten widerrechtlich veräußern, sehe ich bei der bloßen Besitzfrage keinerlei Probleme.“

  • "Zumindest zur Frage der Zuständigkeit kann man mit Sicherheit sagen, dass es sich bei einem solchen Vergehen nicht um ein 'einfaches Vergehen' gegen die Lex Mercatus handelt, sondern tatsächlich, wie von Consular Purgitius bereits angeführt, um einen Fall von Rechtsbeugung im Amt." , schaltete Vala sich ein, "Als Privatmann hat steht man alleine vor dem Gesetz, als Magistrat jedoch ist man Vertreter der Res Publica... und ist eben in einem solchen Falle nicht wie ein Privatmann für seine Vergehen zu belangen, sondern für die Verletzung seiner Sorgfaltspflicht. Der Aedil wird letztlich nur feststellen können, dass ein solcher Fall vorliegt... die Ahndung desselben ist allerdings der höheren Instanz überlassen. In Rom sind das die Consules als Aufseher der Aediles... in den Provinzen die Duumviri, der Procurator Civitatium und in letzter Instanz der Statthalter. Ich sehe keinen Grund an dieser Instanzenfolge etwas zu ändern."

  • War das jetzt ein Nachtreten?
    “Ist nicht unlängst erst von einem Gericht festgestellt worden, dass die Aedile zuständig für die Einhaltung der Lex Mercatus sind und auch nur sie deshalb Klage erheben sollen? Dass darüber hinaus noch ein Amtsmissbrauch vorliegen mag, der gesondert geahndet werden muss, ist davon meines Erachtens nach unberührt und die Folge des Verstoßes gegen die Lex Mercatus. Ich bin mir nur gerade nicht sicher, ob der Satz bezüglich Strafen bei Verstoß gegen die Lex Mercatus auch so auf Städte anwendbar ist, oder ob dieser tatsächlich eine Erweiterung bräuchte, auf 'Personen und Körperschaften', oder einen ähnlichen Rechtsbegriff.
    Aber was nun Vorrang hat, die Lex Mercatus oder der Paragraph über Amtsmissbrauch, ob dies parallel, nacheinander oder ausschließlich behandelt werden muss, das kann meinetwegen gerne ein Gericht klären. Ich bin hier sicherlich kein Fachmann.


    Und ich muss die Abstimmung fürchte ich verpasst haben, wann wir die Statthalter zu gerichtlichen Instanzen in ihren Provinzen erklärt haben. Ich dachte, diesen Punkt hätten wir noch nicht final besprochen, so dass momentan die zuständige Instanz nach wie vor Rom ist. Dass dies sich ändern mag, kann zu gegebener Zeit durchaus sein. Momentan aber meines Wissens nach noch nicht.“

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