[Officium] Briefe schreiben, Briefe lesen

  • Bereits seit einer Stunde saß Curio an dem kleinen Schreibtisch und versuchte einen Brief zu schreiben. Seine Mutter hatte ihn... nein, nicht gezwungen, sondern nachdrücklich aufgefordert seiner zukünftigen Verlobten Valeria Diademata zu schreiben, um sich mit ihr bekannt zu machen. Doch wollten sich in seinem Kopf keine Sätze formen, die er hätte niederschreiben können. Er wusste nichts über sie und hatte auch keine Ahnung, was er ihr hätte schreiben sollen, denn alles, was sie über ihn wissen musste, war, dass er heiratsfähig, heiratswillig und eine angemessene Partie war, doch das konnten sich auch die Eltern schreiben. So starrte er nur auf die leere Tabula, klopfte mit dem Stilus an ihren Rahmen und hoffte, dass bald zum Essen gerufen werden würde. Leider wusste er nur zu gut, dass es zu früh zum Essen war und das Starren noch ein paar Stunden weitergehen müsste, bevor er diese Ausrede nutzen könnte, um die leere Tabula erstmal beiseite zu legen. Daher musste er sich eine andere suchen und wurde schnell fündig, als sein Blick auf die unerledigte Korrespondenz der letzten Tage fiel.


    Es war einiges liegengeblieben, denn er hatte sich heute seit langem mal wieder an den Schreibtisch gesetzt, er hatte ihn sogar in den letzten Tagen bewusst gemieden, da er mal wieder in einer Phase gewesen war, in der die Gedanken an Silvana wieder im Mittelpunkt seines Denkens gestanden hatten. Vermutlich war das auch die Idee hinter der Aufforderung seiner Mutter, ihn von diesen Gedanken abzulenken, die jedoch in der Praxis an seinem schieren Unwillen scheiterte. Und da Acanthos die eingehende Post pflichtbewusst Tag für Tag auf seinen Tisch gelegt hatte, war der Stapel mehr und mehr angestiegen. So schob Curio nun tatsächlich die leere Tabula beiseite und begann damit, den Stapel abzuarbeiten. Es würde wahrscheinlich bis zum Abendessen dauern und dann, ja dann wäre auch keine Zeit mehr diesen Brief zu schreiben. Schade aber auch...


    Der Großteil der Briefe behandelten Angelegenheiten des Apollokultes, in dem er mit der Zeit eine wichtige Rolle angenommen hatte. Zwar bekleidete er in ihm abseits des Aedituuspostens kein offizielles Amt, doch war er spätestens mit dem erfolgreichen Vortragsabend beim Mogonfest steil in der Anerkennung der Kultmitglieder gestiegen. Umso besser für ihn, denn es bedeutete nicht weniger, als eine verlässliche Basis an Unterstützern und potentiellen Wählern für die Zukunft. Brief für Brief arbeitete er durch, verfasste teils kurze Schreiben mit Ab- oder Zusagen für Opfer oder Opferberatungen und kam an die Schreiben an den Tempel. Hier ging es vor allem um neue Discipuli und den Dienstplan für den nächsten Monat, zu denen er sich äußern sollte. Auch hier erfolgten kurze Schreiben mit Kommentaren, Änderungen und Ergänzungen und landete zum Schluss bei den neuesten Briefen. Darunter fand sich auch das Schreiben seines Patrons.


    Es war nicht lang und es sorgte dafür, dass er zuerst das Gesicht verzog - denn es wäre tatsächlich die erste Salutatio seit dem großen Donarwetter just hier, wo er grade saß - und danach in eine allgemeine Nervosität verfiel. Offenbar hielt es der Duccier wieder für möglich, ihn zu empfangen, und betonte zugleich, dass es einige Dinge zu besprechen gäbe. Was das war, war schnell zusammengestellt: Seine Aufnahme in den Ordo decurionum stand an und die dafür vorgesehene Anhörung musste vorbereitet werden, wahrscheinlich würde es auch um die Erhöhung des Duccius zum Eques und den Wechsel in das Flamenamt gehen und schließlich Curios weitere Beförderung in das Amt eines Pontifex. Na ja, als "Projekt" des Duccius, wusste er ja was er zu tun hatte und so strich er die Termine morgen Vormittag und bereitete einige Dinge für die Salutatio vor, bevor Acanthos dann endlich zum Essen rief. Tja... Da musste der Brief an die Valeria wohl bis morgen warten.

  • Curio ging grade die tägliche Korrespondenz durch, als Acanthos ihm eine weitere Tabula auf den Schreibtisch legte. Da Curio wusste, dass die kommenden Briefe zumeist Rechnungen waren, da heute überhaupt nur Rechnungen eingegangen waren, gönnte er sich eine kleine Ablenkung und öffnete die neue Tabula. Was er darin las war... unklar. Eingeleitet wurde es durch die förmliche Anrede, danach folgte eine Einladung zu einer Salutation, was schon seltsam war, da am folgenden Wochentag normalerweise keine Salutationes stattfande. Komplettiert wurde seine Verwirrung aber, da er bei genauem Blick die Handschrift Silvanas erkannte, was schließlich durch die Unterschrift bestätigt wurde. Wenn er zur Salutatio geladen wurde, wurde er immer von Verus persönlich geladen. Warum sollte also Silvana für ihn laden...


    Dann wich das Stirnkräuseln aber einem Schmunzeln. Wollte sie tatsächlich auf Nummer Sicher gehen für den Fall, dass seine Mutter die Post durchginge? Nun, er müsste wohl mit seiner Verlobten darüber reden, dass ausschließlich Acanthos einen Schlüssel zum Postfach hatte und selber die Briefe - natürlich ungeöffnet - an die jeweiligen Adressaten weiterleitete. Na gut, er konnte sich also jetzt denken, dass das hier die Einladung zum Gespräch mit den Goden war, weshalb er sich den angegebenen Termin freihielt und dann - leider - mit den Rechnungen fortfahren musste

  • Es war mal wieder an der Zeit, die Post durchzugehen. Eine Tabula fiel Curio dabei besonders ins Auge, weshalb er sie aus dem Stapel herausfischte und zuerst das Siegel betrachtete. Es war ihm unbekannt, womit ein Brief des Apollokultes oder seiner Freunde ausfiel.


    Faustus Precius Salinator | Casa Precia | Vicus Salutaris, Moguntiacum


    Ad
    Iullus Helvetius Curio
    Casa Helvetia
    Vicus Canabae, Moguntiacum


    F. Precius Sal. I. Helvetius Curio s.d.


    Hiermit setze ich dich, Helvetius, darüber in Kenntnis, dass ich mangels näherer Verwandter von meiner kürzlich verstorbenen Großtante Centenia Pia, die zeit ihres Lebens ihrem Cognomen alle Ehre gemacht hat, mit der Durchsetzung ihres Testaments betraut wurde.


    In diesem Testament werden auch du und deine, ich zitiere, "vorbildlichen Bemühungen" um den Apollo-Kult, dem sie sich ebenfalls verbunden fühlte, und die Renovierung der Kreuzungsschreine, erwähnt. Daher sieht ihr Testament eine großzügige Zuwendung in Form zweier Grundstücke zu deinen Gunsten vor. Beide Grundstücke liegen vom Vicus Salutaris aus gesehen sechs Meilen den Rhenus hinab. Die beiden Grundstücke grenzen direkt aneinander. Auf dem einen liegt ein kleines, leicht verfallenes Landgut mit einem großzügigen, umzäunten Garten und Wirtschaftsräumen. Das andere Grundstück bietet dem Schäferbetrieb, der derzeit noch in Familienhand liegt aber bald dem Verwalter des Landgutes überschrieben werden wird, unbebautes Weideland. Inwieweit du den Schäferbetrieb übernimmst oder lediglich einen Teil der Gewinne beanspruchst, steht dir selbstverständlich frei.


    Ich versichere dir hiermit, dass alle Familienmitglieder ab heute und für immer auf alle Ansprüche über die beiden Grundstücke verzichten werden. Sollten dennoch eines Tages wider Erwarten von einem entfernten Verwandten Ansprüche gestellt werden, nutze dieses Schreiben, um sie von den Duumvirn oder dem Statthalter als unbegründet abweisen zu lassen. Zudem kannst du dieses Schreiben als Legitmation gegenüber dem Verwalter nutzen, der deinen baldigen Besuch bereits erwartet.


    Meine Großtante ließ dir zuletzt alles Gute, viel Erfolg und den Segen von Mercurius und Apollo für deine weitere Laufbahn ausrichten. Gerne hätte sie dich auch aktiv während deines nächsten Wahlkampfs unterstützt, hätte Mors nicht anders entschieden. Diesem Wunsch schließe ich mich im Namen meiner Familie gerne an.


    Vale bene,


    Faustus Precius Salinator


    Curio las sich den Brief komplett durch, blickte dann hoch, zwinkerte verwirrt und las ihn nochmal von vorne. Auch das zweite Mal war kaum ergiebiger, weshalb ein dritter Durchgang notwendig wurde. Beim dritten Mal verstand er den Inhalt zwar, hielt es aber für einen schlechten Scherz, weshalb er ein viertes Mal las. Der Brief wirkte zu ernst aufgesetzt, zu formal aufgezogen und hatte - trotzdem er den Inhalt nicht wirklich ernstnahm - eine seltsam bestechende innere Logik. Vielleicht half ja ein zweiter, neutraler Blick, um den Brief zu entlarven.


    RUNA!


    rief er daher und hoffte, dass seine Frau grade in Hörweite war.


    Sim-Off:

    Der Brief soll den Erhalt von zwei der drei Grudstücke ausspielen, die ich in den Quests "Pax Deorum" und "Theateraufführung" erhalten habe.

  • Runa hätte fast die Schüssel, die sie gerade durch die Küche trug, fallen lassen. Bei den Göttern... Schnell war die Schüssel abgestellt und Runa raste zu ihrem Mann ins Officium.
    „Was ist passiert?“ fragte sie außer Atmen und besah sich Curio genau. Er sah eigentlich ganz gesund aus – es war auch nicht kaputt an ihm – also zumindest offensichtlich nicht. Bissel blass um die Nase, aber nichts lebensbedrohliches. Runa stemmte also die Hände in die Hüften. „Was brüllst du hier so rum?“

  • Da hatte es Curio mit der Sorge um die Hörweite wohl ein bisschen übertrieben, denn Silvana kam ja förmlich ins Officium gestürzt. Diesmal war es Curio, der leicht zusammenzuckte, dann aber einen entschuldigenden Blick aufsetzte.


    Oh... ähm... entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht erschrecken.


    sagte er, stand auf, ging um den Tisch herum, gab Silvana einen Kuss auf den Mund und besah sich dann nochmal den Brief. Er würde sich beim fünften Lesen auch nicht ändern, aber vielleicht könnte Silvana ja den Wurm im Apfel erkennen.


    Lies dir dies doch mal bitte durch und sag mir, was du davon hältst. Ich weiß nämlich im Moment nicht so wirklich, was ich damit anfangen soll.


    fuhr er schließlich fort und reichte ihr den Brief hinüber. Dann setzte er sich auf die Tischplatte und wartete die Reaktion seiner Frau ab.

  • Runa konnte sich ein Kicher nicht verdrücken, als sie das schuldbewusste Gesicht ihres Mannes sah. „Schon gut.“ sagte sie und erwiderte seinen Kuss. Lesen? Sie sollte sein Post??? Nun gut... Runa setzte sich also hin. „Oh...“ Sie lass den Brief noch mal. „Ähm...“ Und noch ein drittes Mal. Dann tauchte ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht auf. „Du bekommst zwei Grundstücke???“ Sie fiel ihrem Mann um den Hals. „Da musst du aber mächtig Eindruck auf jemanden gemacht haben.“ Ein Kuss folgte. „Zwei Grundstücke! Oh man, da wird meine Familie aber Augen machen.“ Runa lachte nun fröhlich. „Weißt du sie sagen immer Grundstücke sind das A und O. Damit Curio machst du einen mächtigen Schritt nach vorn.“ Runa wusste sehr wohl was das bedeutete und sie freute sich mit ihrem Mann und grinste nun wie ein Honigkuchenpferd. „Ich finde es wunderbar, das deine Bemühungen endlich mal belohnt werden.“

  • Leicht belustigt bemerkte Curio, dass auch seine Frau drei Anläufe brauchte, um überhaupt zu realisieren, was der Brief ihnen sagen sollte. Sie allerdings hatte offenbar keinen Zweifel daran, dass dieser Brief nicht nur echt war, sondern ihm nun also tatsächlich zwei Grundstücke gehören sollten. Zuerst küsste Silvana ihn, dann fiel sie ihm in die Arme und er erwiderte beides, ohne allerdings realisiert zu haben, dass er nun stolzer Besitzer zweier Grundstücke war. Stattdessen genoss er einfach mal wieder für ein paar Augenblicke die körperliche Nähe zu Silvana, bevor, angetrieben durch den Enthusiasmus seiner Frau auch ihm langsam aufging, dass die Grundstücke nicht bloß Worte auf einem Papier waren, sondern real irgendwo anderthalb Meilen nördlich des Vicus Salutaris existieren mussten.


    Ich kann es gar nicht glauben, Runa. Ich mein... zwei Grundstücke! Da muss das Erbe ja riesig ausfallen, wenn die Familie so freigiebig ganze zwei Grundstücke weggibt...


    Genau das konnte er nämlich nicht glauben. Auch er wusste, wie wertvoll Grundstücke waren, natürlich in erster Linie für den Erhalt des Ritterrings, für den der kaiserliche Fiscus mindestens ein eigenes Grundstück verlangte, aber auch aus finanzieller Sicht, denn Grundstücke warfen normalerweise immer irgendwas ab, das sie meistens auch Sitz von landwirtschaftlichen Betrieben sind. Es würde ihre finanzielle Situation jedenfalls deutlich verbessern. Und daher war der Verlust von Grundstücken auch immer etwas, das man möglichst zu verhindern suchte.


    Ähm... Hilfst du mir gleich dabei, ein Antwortschreiben und eine Beileidsbekundung aufzusetzen? Zudem werde ich dann wohl mal dorthin reiten müssen, um zu schauen, was uns da jetzt eigentlich erwartet.


    Ja, er hatte seine Zweifel. Und wenn diese Grundstücke echt waren, gab es sicher etwas anderes. Zum Beispiel das "leicht verfallene" Landgut, das im Brief erwähnt wurde. Vielleicht war das ja der Grund, warum die Familie die beiden Grundstücke loswerden wollte? Curio würde es wohl sehen.

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