[Augusta Raurica] Ein Auftrag

  • Da war die Heimat schon so zum Greifen nahe... und dann wurde er doch noch mal woandershin geschickt. Hadamar seufzte, während er seinen Gaul in einem recht gemütlichen Tempo durch die Gegend trotten ließ. Gut, er war immerhin wieder in Germanien, das war schon mal großartig, aber er sehnte sich nach daheim, nach Mogontiacum, den bekannten Straßen und Gassen, den Menschen. Nach seiner Familie. Aber Alrik hatte einen Auftrag für ihn gehabt, und selbst wenn Alrik nicht mittlerweile sein Vorgesetzter wäre, hätte er den erfüllt. Genau gesagt sollte er jemanden für ihn finden. Noch genauer: diesen... Lintrad, meinte Hadamar sich zu erinnern, nur eine halbe Portion, im wahrsten Sinne des Wortes, der sie dafür aber vor Jahren beim Bürgerkrieg begleitet hatte, und das mit einer Horde Söldner. Hadamar hatte mit denen eher wenig zu tun gehabt, aber daran erinnerte er sich trotzdem noch.


    Auf der Höhe von Argentoratum hatte er sich von dem Tross schon getrennt, weil Alrik vermutet hatte dass sein Kumpan dort zu finden sei – da war er allerdings nicht erfolgreich gewesen. Immerhin hatte er allerdings die Info bekommen, Lintrad sei aktuell in Augusta Raurica zu finden... also hieß es ein Stück zurück nach Süden. Die Stadttore konnte er schon vor sich sehen, und es dauerte nicht mehr lang, bis Hadamar sie durchritt und sich den Weg durchfragte bis zu der Kontaktperson, die ihm in Argentoratum genannt worden war. Der Kerl wiederum schickte ihn erneut weiter, und dann kam noch eine Station und eine weitere... bis Hadamar schließlich in einer Taberna landete. Wo er sich den Wirt vorknöpfte: „Ich brauch nen Bier, und ich brauch Lintrad. Und erzähl mir bloß net, du hättst eins von beiden net da, ich hab hier lang genug rumgeiert.“

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/59.jpg Augusta Raurica war zwar keine Legionsstadt, aber mit der hiesigen Cohors waren noch genug Soldaten vorhanden um jeden Wirt in der Gegend abzuhärten was die 'Manieren' der Militärangehörigen anging. Die Taberna, in die nun ein Rotschopf im Soldatenrock gekommen war, gehörte mit Byzas einem der sich-weniger-kümmernden Männer. Dies wurde vor allem deutlich, als er geräuschvoll in den Krug spuckte, den er mit einem ranzigen Lappen auswischte während er dem Soldaten zuhörte.


    "Lintrad, also?", murrte der Mann, während er doch umsichtig genug war um dem Mann NICHT denselben Krug mit Bier zu füllen, sondern sich wahllos einen anderen auf der staubbedeckten Theke packte und ihn in das Fass mit Dünnbier tunkte, dass im schummrigen Licht nicht offenbarte, ob das nun Schaum an der Wasseroberfläche war oder doch etwas anderes.
    "Welcher Lintrad soll's denn sein?", nölte der Mann weiter, offenbar zu faul die Zähne mehr als eine Münzebreite auseinander zu bewegen, als er dem Mann den Bierkrug vor die Nase stellte, "Hier gibt es mehrere... Lintrad, Sohn des Urwini, dann Lintrad, den Sohn von Persephone der Großbrüstigen und dann auch noch Lintrad, Tochter des Harbus. Achja, macht zehn Dupondii."

  • „Lintrad“, brummte Hadamar bestätigend, während er misstrauisch die Aktionen des Wirts beäugte. Nicht dass er sich Illusionen drüber machte, wie wohl die anderen Krüge sauber... oder auch nicht sauber geworden waren, aber trotzdem würde der Kerl hinter der Theke was erleben wenn er so dreist sein sollte, ihm den Krug anzudrehen, den er vor seinen Augen so gewischt hatte.
    Welcher Lintrad, fragte der Wirt dann. Hadamar wollte schon die Augen zu verdrehen, während er einen Schluck von dem Bier trank – als er den Preis für selbiges hörte. „Bitte?“ machte er. „Für die Plörre, willst du mich verarschen? Da krieg ich ja in Rom nen besseren Preis.“ Er trank noch einen Schluck und zog dann doch ein paar Münzen hervor, die er ihm zeigte – aber noch nicht hinlegte. „Du kriegst die zehn, wennst mir hilfst Lintrad zu finden. Lintrad, der Zwerg“, verdeutlichte er wen er meinte. Er hatte keine Ahnung, wessen Sohn der Lintrad war, den Alrik haben wollte, aber so viele Zwerge gab's ja nu auch nicht.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/59.jpg Als der Soldat aufmuckte, zuckte der durch jahrelange 'Scheissdrauf'-Attitüde abgestumpfte Wirt mit keiner Wimper. Die Preise heuer waren variabel, darüber machte sich niemand Illusionen. Je größer die Gruppe, desto niedriger der Preis. Und der Kerl hier war allein.. was förmlich zum haltlosen Wucher einlud.


    "DER Lintrad also...", brummte der Wirt, der den Protest mit absoluter Minimalmimik vollkommen überging und einfach damit fortfuhr eine Ansammlung von Krügen Stück für Stück auf seine eigene Art und Weise zu reinigen. Dass der Typ kein Denker war zeigte seine Stirn, deren Falten offenbar nur zu einem zornigen Gesicht beitragen konnten. So vergingen einige Sekunden, in denen sich nichts im Gesicht des alten Mannes regte, bis er schließlich ein lakonisches "10 Sesterzen." zwischen den Zähnen hervorpresste und sich den nächsten Krug nahm.

  • Immerhin kannte der Wirt den Kerl, den er suchte... wenigstens etwas. Hadamar hatte tatsächlich die Nase voll davon, von einem Ort zum nächsten geschickt zu werden, wo er vielleicht etwas erfahren könnte darüber, wo Lintrad zu finden war.
    Das hieß: er ging jetzt einfach mal davon aus, dass der Wirt nicht versuchte ihn für dumm zu verkaufen. Am Ende würde der ja nichts davon haben. Dafür schien ihm umso mehr bewusst zu sein, dass etwas für ihn drin sein konnte, wenn er ihm half – und verdoppelte gleich mal den Betrag, den er haben wollte. Für das Bier, und dafür Lintrad aufzutreiben. Hadamar legte die Münzen vor den Wirt hin, die er schon in der Hand hielt, während er gleichzeitig noch einen tiefen Zug nahm, und holte dann noch mal die gleiche Menge hervor, bis es 10 Sesterzen waren. „Wo find ich ihn?“

  • http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/y-diverse/59.jpg Die schönsten Momente der Wucherer waren es, wenn man sich nicht nur aus dem Fenster lehnte (was ja quasi die Grundvoraussetzung für Wucher war), sondern sich BESONDERS weit aus dem Fenster lehnte und das Kalkül tatsächlich aufging. Wäre der Wirt zu derartigen Regungen wie einem siegessicheren Grinsen fähig gewesen, hätte sich die Reihe seiner Zähne wohl gerade von Ohr zu Ohr entblößt.
    Stattdessen strich er nur mit weiterhin regungsloser Miene die Münzen ein, verstaute sie penibel in einem Beutel und griff sich dann erneut den Becher. Dass er den Soldaten nicht etwa vergessen hatte zeigte sich einen Moment später, als er den 'gereinigten' Krug beiseite stellte, sich einen neuen griff und dem Soldaten nur einen kurzen Blick zuwarf, bevor er in Richtung der im schummrigen Licht der Schenke stehenden Tische... unter einem derer seelenruhig ein kleiner Schatten vor sich hinschnarchte.

  • Hadamar leerte seinen Krug, während der Wirt die Münzen einstrich und sich erst mal in aller Seelenruhe weiter seinen Krügen widmete. So langsam ging ihm die Geduld aus... er hatte einfach keinen Bock mehr darauf, ewig herum geschickt zu werden und zu suchen. Das nächste Mal, wenn Alrik einen Auftrag für ihn hatte, würde der hoffentlich leichter zu erfüllen sein... oder zumindest nicht beinhalten, dass er erst mal nach seinem Ziel suchen musste.
    Bevor er zum Wirt noch mal was sagen konnte, deutete der dann doch in eine Richtung, zu den Tischen, genauer gesagt zu einem, der leer war. Erst auf den zweiten Blick entdeckte Hadamar die Gestalt, die darunter lag. Tatsächlich? Hier? Er warf dem Wirt einen entnervten Blick zu, ließ den Krug auf der Theke stehen und ging hinüber. Am Tisch angekommen bückte er sich, packte die Gestalt am Kragen, zog sie eher unsanft unter dem Tisch hervor und richtete sich wieder auf. „Lintrad?“ Nur um sicher zu gehen, dass der Kerl auch wirklich wach war, schüttelte Hadamar ihn ein bisschen.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer09.png Das Unternehmen des Typ-hochziehens-und-auf-die-Beine-Stellens nahm deutlich schneller ein Ende als vom Soldaten sicherlich geplant: Lintrad war immerhin gerade einmal halb so groß wie ein erwachsener Mann. Dementsprechend lehnte Lintrad nicht an dem Tisch, er stand auf ihm. Bzw. seine Füße berührten die Tischplatte, denn von stabilen Stehen konnte keine Rede sein. Auch stank der kleinwüchsige Mann nicht nur nach einer durchzechten Nacht, er stank nach drei durchzechten Nächten... dreier Männer.
    Erst das Wachschütteln provozierte eine Reaktion in dem kleinen Mann, die sich in einem guturalem Rülpser äußerte... und eine wortwörtlich grüne Wolke auf den Soldaten zutrieb.


    "Was'n?" , nölte der Mann und rieb sich missgestimmt und keineswegs erfreut über die Weckung mit seinem dreckigen Ärmel die Augen, "Hab'scho b'zahlt."

  • Der war ja mal wirklich klein... gut, Hadamar hatte noch in Erinnerung, dass er klein war, er hatte ja auch explizit nach dem Zwerg Lintrad gesucht – aber seine Aktion legte er dann doch unbewusst auf einen eher normal Gewachsenen aus. Was dazu führte, dass er mit mehr Schwung als nötig an die Sache heranging. Was dazu führte, dass Lintrad irgendwie auf dem Tisch landete, und Hadamar sich mit einer Hand kurz an der Kante festhalten musste, damit er nicht stolperte. Gleich darauf verzog er das Gesicht, als er von Gestank eingenebelt wurde. „Woah...“ ächzte er, wedelte mit einer Hand vor seiner Nase herum und ging erst mal auf Armlänge Abstand – Armlänge deshalb, weil er den Kerl auf die Art gerade noch so festhalten konnte. Damit er nicht abhaute... oder eher: nicht umkippte. „Alrik will dich sehen“, knurrte er zurück, und verwünschte besagten Alrik gerade für diesen Auftrag. Erst recht weil er jetzt Legat war, was hieß: Hadamar musste sich auch noch darum kümmern, dass der Zwerg halbwegs präsentabel war, bevor er ihn zu seinem Verwandten brachte. Oder zumindest dass er nicht mehr ganz so fürchterlich stank.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer09.png "Hmhmhmbrrbrbrlll..." , nölte der Kleinwüchsige während er weiter versuchte sich den Dreck aus den den Augen und wohl auch aus dem ganzen Gesicht zu reiben. Offensichtlich konnte man nicht sagen, dass der hiesige Wirt den Boden seiner Taberna äußerst sauber hielt. Nein, der Boden war in Sachen Komfort mit dem einer weichen Matratze zu vergleichen... nur die Zusammensetzung war eine andere. Eine Matratze blieb am nächsten Morgen auch nicht an einem hängen und erzwang damit als logische Schlussfolgerung ein Bad.
    So also etwas mit sich selbst beschäftigt, entging dem Zwerg beinahe die grundlegende Information, den Anlass quasi für diese merkwürdige Unterhaltung. Beinahe.
    "Alhik?" , entwich eine neue Wolke der Verderbnis dem Mund des Mannes, "Alhik kan ein'n Bär'n vögln gehn, das kan e." , schnodderte Lintrad und verschränkte wie um das zu unterstreichen seine Arme. Nun, zumindest versuchte er es... aber der Griff an die Gurgel und der nachstrahlende Suff ließen das garnicht so einfach ausfallen, wie es sonst immer gewesen war.
    Irgendwann gab es einfach auf und ballte einfach nur die Fäuste, das bekam er noch hin. Und einen halbwegs trotzigen Gesichtsausdruck.

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