Sermo | Der Legat und sein Praefectus Alae

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…egio_principia_atrium.png Es war ein goldener Herbsttag, zu welchem der Statthalter den Praefectus der hiesigen Ala zu sich hat rufen lassen. Vala erinnerte sich genau, dass die Winter in seiner Heimat zwar nicht so dunkel waren wie die im sagenumwoben-eiserstarrten nördlichsten Norden, aber immernoch deutlich dunkler als jene in Rom und den südlichen Provinzen. Dementsprechend wollte er die wenigen Sonnenstunden, die ihnen der regenverhangene Herbst schenken, nicht in seinem Officium verbringen... egal wie komfortabel dieses eingerichtet war.


    "Iunius." , grüßte er den Kommandanten der hiesigen Reiterei, als dieser in das Atrium geführt wurde. Natürlich schwärmte um sie herum die übliche Geschäftigkeit der Principia, immerhin hatte hier der komplette Kommandostab seinen Sitz und dementsprechend war immer viel los, aber die Menschen hielten respektvoll Abstand und nutzten die Säulengänge eher denn das mit schwarzem Schiefer ausgelegte Zentrum des Atriums.
    "Danke für dein Kommen. Ich hoffe, du und deine Einheit konnten sich aneinander gewöhnen?"

  • Das Wetter machte dem recht sonnenverwöhnten Iunier noch immer zu schaffen. Der ständige Regen und die trotz Sonne kühlen Temperaturen, daran musste er sich erst noch gewöhnen, aber das würde sich früher oder später sicher einstellen..
    "Duccius!" grüßte der Praefectus zurück und sah sich kurz im Atrium um, "Nett hast du's hier." merkte er an und kam dann auf die eigentliche Frage seines Patrons zu sprechen, "Nun, leicht ist es nicht. Die Gewohnheiten, die Routinen der Truppe, daran muss ich erst einmal gewöhnen bevor ich eventuelle Änderungen an den Maßnahmen vornehme. Aber ich habe einige Einheiten kennenlernen dürfen, also mache ich mir keinerlei Sorgen. Ich hoffe doch deine Amtseinführung verlief erfolgreich?" fragte er dann auch nochmal, der Vollständigkeit war es geschuldet, und war gespannt ob der germanischste Römer Roms seine alte Heimat noch wiedererkannt hat.

  • "Hmhmhm..." , brummte der Legat unvernehmlich auf den Kommentar des Iunius zu den Principia, die für ihn doch nur einen Zweck zu erfüllen hatte. Das repräsentative, die Darstellung von römisch-zivilisatorischer Überlegenheit für Gesandte und Gäste überließ er dann doch eher jenen, die einen klareren Blick für Ästhetik hatten. Vala gehörte definitiv nicht dazu... für ihn bestand eine erfolgreiche Legion in einer mit hohem Abschreckungspotential.


    "Schön zu hören." , quittierte er knapp das, was er erwartet hatte. Ein Kommando war kein Zuckerschlecken und Vala hätte keine Sekunde geglaubt, hätte der Iunius ihm von heiter Sonnenschein in der Castra Alae erzählt. Demzufolge nickte er nur und verfiel ohne eine Miene zu verziehen in leichtes Witzeln:
    "Sie sind nicht auf die Barrikaden gegangen, als das Kommando von einem Stadtrömer an jemanden übergeben wurde, dessen Vorfahren auf der anderen Seite des Rhenus lebten, wenn du das meinst. Ich verbuche das als erfolgreich."

  • "Nun..." entgegnete Seneca trocken und ohne seinerseits ein Zeichen des Witzelns zu zeigen, auch wenn es ebenso gemeint war, "Was nicht ist kann ja noch werden." kommentierte er Valas Scherz und beschloss dann das Thema nach den üblichen Floskeln schon mal in geschäftliche Richtungen zu lenken, "Wo wir gerade von der anderen Seite des Rhenus sprechen, gibt es was Neues bezüglich der Unruhen auf der anderen Seite?"

  • "Nein. Deshalb habe ich dich hergerufen..." , erwiderte Vala nach einem schmalen Lächeln auf die nonchalante Antwort seines Klienten, "..es erschien mir angebrachter, dir deinen ersten Befehl persönlich zu übergeben. Unsere Informationen sind recht dürftig, das soll sich ändern... und zwar schnell. Wir werden das auf drei Wegen angehen. Die Berittenen Einheiten sollen vermehrt innerhalb eines Tagesritts auf der anderen Seite des Limes Partouille reiten und damit Präsenz zeigen. Tausende Menschen und ganze Stämme siedeln an der Grenze, weil die Nähe zu Rom Frieden und Wohlstand verspricht. Wir werden zeigen, dass sie damit nicht falsch lagen.. lass deine Leute in die Dörfer reiten und sich zeigen. Der eine oder andere wird schon was ausspucken." , ging Vala auf seine genauen Pläne mit der Reiterei ein, bevor er mit allgemeineren Ideen fortfuhr, "Darüber hinaus werde ich unser Netz an Informanten im Hinterland intensivieren lassen... die aktuelle Lage, nicht zu wissen was drüben vor sich geht und warten zu müssen bis es an die Grenze schwappt ist inakzeptabel. Darüber hinaus werde ich den Mattiakern und den Nisterer einen Besuch abstatten, sobald ich die Verhältnisse hier in Mogontiacum gesondert habe."

  • "Wo du es gerade angesprichst: Eine unserer Patroullien hat bereits einige Germanen aufgegriffen, hauptsächlich Alte und Frauen, aber auch einige verwundete Krieger. Sie werden in unserem Kastell versorgt. Einer unserer Decuriones befragt sie, jedoch habe ich noch keinerlei Ergebnisse erhalten." entgegnete der Praefectus und kam dann auf die eigentlichen Befehle zu sprechen, "Aber natürlich, die Präsenz wird auch weiterhin aufrecht erhalten. Willst du das Netz aus Informaten mit lokalen Mitteln ausweiten oder wirst du die Speculatores der Prätorianer miteinbeziehen?" fragte der ehemalige Gardist aus reiner Neugier, er selbst war nie Teil dieser Sondertruppe, aber man hörte das ein oder andere in der Castra Praetoria..
    "Benötigst du eine Eskorte zu den Stämmen?" hakte der doch recht penible Offizier dann noch einmal nach, schließlich war die eher für Aufklärung ausgelegte Legionsreiterei zumindest in seinen Augen nicht unbedingt die erste Wahl wenn es haarig wurde.

  • "Interessant.", kommentierte Vala die Information seines Klienten knapp, dass man bereits einige Geflohene aufgegriffen hat, "Vor allem hinsichtlich der Frage, wieso deine Männer einfach so Geflohene mit über die Grenze genommen haben. Das ist sofort zu unterbinden... was ich jetzt ganz sicher nicht brauche ist der Ruf, als erste Maßnahme die Grenzen geöffnet zu haben. Das wäre ein gefundenes Fressen für jene in Rom, die mich immernoch gerne im Amphitheatrum Flavium enden sehen wollen. Jene, die bereits hier sind, kann man jedoch ausquetschen... ein wenig Druck kann da nicht schaden.", schloss er die Sache ab und pfuschte seinem Praefectus damit so wenig wie möglich ins Handwerk... sollte der selbst entscheiden, ob die Männer bestraft würden welche in einem moralisch sicherlich schmutzigen Handwerk zuviel Nächstenliebe gezeigt hatten.


    "Die Prätorianer? Sicherlich nicht.", schnappte Vala und zeigte sich kaum weniger als fest entschlossen. Seine verhärteten Gesichtszüge zeigten, dass er tatsächlich wenig begeistert von der Idee war, auch wenn er aus Erfahrungen der Staatsraison wusste, dass die Speculatores in den Provinzen ebenso aktiv waren wie in ihrem eigentlichen Aufgabengebiet: der Urbs.
    "Deine ehemalige Einheit in allen Ehren, aber wir können nicht jedes Mal nach Rom schreien wenn es komplizierter wird. Ein eigenes Netzwerk wird uns deutlich besser zu Pass kommen als jedes Mal auf Leute von außerhalb zu setzen.", ließ Vala durchblicken, dass er durchaus gewillt war die Provinz nach guter Tradition der Statthalter so autark wie nur irgend möglich zu führen.

  • "Verständlich, jedoch scheinen meine Männer ein äußerst humanitäres Verständnis von ihrer Mission jenseits des Limes aufgebaut zu haben." kommentierte Seneca mit hochgezogenen Augenbrauen die auch für ihn teils ungewöhnlichen Aussagen seiner Offiziere, Flausen, welche er ihnen wohl noch austreiben müsste, vielleicht lag es daran dass es doch recht viele Männer in seiner Truppe gab welche sich mit den Stämmen identifizieren konnten. "Ich sehe was sich machen lässt und denke dass wir doch einige Informationen erhalten werden." versprach er dann seinem Häuptling und kam dann auf das Netzwerk innerhalb Germaniens zu sprechen, "Nun, die Grenzen dicht halten, Präsenz zeigen, und die Lage hinter dem Limes beobachten. Kann ich dir bezüglich des Netzwerkes assistieren? Wie du ja weißt habe ich doch ein wenig Erfahrung solcherlei Dingen." sprach und deutete damit natürlich seine schwarze Vergangenheit an, welche deshalb schwarz war weil sie nun einmal schwarz trugen.. Und natürlich weil sich die Prätorianer, und er selbst, das ein oder andere Mal in rechtliche "Grauzonen" bewegten.. Und weil es von denen ja angeblich knapp 50 gab, waren diese manchmal auch eher schwarz als grau.

  • "Unser Geltungsanspruch endet nicht mit dem Limes. Er stellt lediglich die letzte Linie dar.", erinnerte sich Vala an eine Lektion, die er in Aegyptus gelernt hatte. Der Grenzstein war lediglich die Markierung der Stelle, ab welcher man mit einer Null-Toleranz-Reaktion zu rechnen hatte. Mit dem Limes dürfte es sich folglich, da sehr viel befestigter, genauso verhalten, "Wir werden uns nicht dahinter verstecken und abwarten, dass die andere Seite abfackelt. Wir haben Bündnisse zu achten, die älter sind als wir beide zusammen."


    Als sein Klient ihm dann anbot, seine Expertise in Sachen Informatennetzwerk zu teilen, hob Vala nur überrascht die Augenbrauen: "Das klingt fast, als hättest du mir bisher verheimlicht Teil der Speculatores gewesen zu sein.", natürlich erwartete er nicht, dass sein Klient jedes Staatsgeheimnis mit ihm teilte (wobei Vala die letzten drei-vier-Jahre an der mittelbaren Spitze der Res Publica verbracht hatte), aber das überraschte ihn dann doch.

  • Seneca grinste kurz und verkniff es sich gleich wieder als er auf die Speculatores angesprochen wurde. Letztlich war er kein Teil dieser Sondertruppe gewesen, aber gerade unter Vescularius verschwammen die Linien ein wenig aufgrund des hohen Aufwands gegen sogenannte "Staatsgegner"..
    "Nun Speculatores trifft es nicht ganz. Aber in der Zeit des Usurpators wurden auch die regulären Truppen der Prätorianer für allerlei verdeckte Missionen herangezogen und auch ich habe einige Erfahrungen in verdeckten Operationen gesammelt." erklärte der Iunier nüchtern, denn damals war die Faktenlage unklar und Soldat war Soldat, so war das nun mal. Er erinnerte sich vor allem an die Entführung einer wichtigen Dame aus Sardinia, und fragte sich im selben Moment was wohl aus ihr geworden ist..
    Den Fakt dass er einmal ausversehen bei einem Verhör einen Stummen hat über die Klinge springen lassen weil er nicht gesprochen hatte ließ er dezent unter den Tisch fallen.

  • "In nicht unabsehbarer Zeit wird dein Gesicht zu den bekanntesten der Provinz gehören, was verdeckte Operationen für dich durchaus verkomplizieren dürfte.", schmunzelte Vala schräg und nickte grüßend, als zwei Tribuni an ihnen vorbei das Atrium der Principia durchquerten. "Allerdings dürfte deine Expertise in diesen Dingen tatsächlich von Nutzen sein, zumindest was die Aufklärung und Informationsbeschaffung diesseits des Limes angeht. Bei der anderen Seite werden wir uns sehr auf unsere Verbündeten und anderweitige Informationsquellen verlassen... müssen. Ich habe da schon etwas initiiert.", drückte der Statthalter sich etwas nebulös aus, immerhin war dieses Feld ihrer Aktivität noch nicht gänzlich für ihn erschlossen. Allerdings brachte seine eigene Geschichte da durchaus einige Ansätze mit sich die sich noch als nutzbringend würden erweisen können.


    "Meine Equites Singulares werden mich begleiten, sowie zwei Centurien meiner Pedites. Ich denke, das sollte reichen. Wir werden uns nur drei Tagesreisen vom Limes aufhalten.", warf der Duccius noch dazwischen, als ihm einfiel, dass er eine Frage des Praefectus nicht beantwortet hatte, "Zwar etwas früh, mit der gerade erst zusammengestellten Leibwache jenseits der Grenze Spazieren zu gehen, aber mei.. sind unsere Leben nicht ohnehin in den Händen der Götter?"

  • Seneca konnte sich nicht so recht über seinen baldigen Promistatus freuen, aber es gab wohl auch wenige Wege drumherum, auch weil seine Frau bald ebenfalls bekannter in Germanien sein würde.
    "Nun, es freut mich wenn ich behilflich sein kann, ich erwarte diesbezüglich weitere Befehle." entgegnete der Iunier mit einem kleinen Lächeln, letztlich war die Ala keine Garde, aber er erkannte Potenzial in seiner Truppe.
    Auf die Reisepläne des Legaten angesprochen reagierte der Iunier etwas überrascht, drei Tagesreisen vom Limes mit einer unbekannten Truppe... Doch dann fiel es ihm wieder ein: Die einzigen ihm bekannten Truppen lagen jenseits der Alpen, sodass auch er sich auf dieser Reise darauf verlassen müsste, dass das römische Ausbildungssystem auch in Germania funktioniert. Aber er war ja gar nicht Teil der Reisegruppe, sodass er sich nur Gedanken um seinen Patron würde machen müssen.
    "So sieht es wohl aus, ich wünsche dir dennoch eine langweilige Reise." scherzte der Praefectus und wartete ob es von seiner Seite noch was gab.

  • "Dein erster Befehl lautet, zumindest einen Dialekt der hiesigen Bevölkerung zu lernen..", legte der Legat seinem Praefectus gleich den ersten Klotz vor, "Wenn du für mich Informationen bündelst, solltest du sichergehen können, dass man dich nicht zum Narren hält. Ein Übersetzer weniger ist ein Mann weniger der dich mit falschen Informationen füttert. Und sowieso: ein Großteil deiner Männer spricht die Sprachen der Germanoi und Celti. Du wirst es nicht bereuen..., zeigte Vala sich zuversichtlich mit der Sache richtig zu liegen, legte dann jedoch nach einem kurzen Moment des Nachdenkens die Stirn und Falten und korrigierte sich selbst: "Gut, du wirst es bereuen. Aber es wird nützlich sein.

  • Bei den Göttern! Seneca hatte befürchtet dass der Umzug nach Germanien einige kulturelle und gesellschaftliche Ansprüche an ihn stellen würde, aber die Sprache lernen? Warum funktionierte die Romanisierung nicht schneller? Mehr oder minder resignierend grinsend, und mit einem kleinen Seufzer versehen, nahm der Iunier den Vorschlag des Legaten im positiven Sinne zur Kenntnis..
    "Ich denke das ist eine gute Idee." entgegnete der Praefectus und sah im ersten Moment weniger den Nutzen sondern die Arbeit die da vor ihm lag. Er mochte den germanischen Dialekt nicht, er klang in seinen Ohren harsch und wenig einladend, aber es machte wohl einfach Sinn.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!