Avianus wartete ab. Noch war der Saal ja nicht fertig, ihn zu löchern, da als nächstes der Verteidiger vortrat.
Bei den Fragen des Atius musste er gar nicht erst nachdenken, brauchte er doch bloß herunterzuleiern, was er auch in seinen Bericht geschrieben hatte.
"Ich persönlich habe die Patrouille angeführt. Unter den Soldaten befanden sich sieben Milites der Centuria III sowie ein Tiro. Zwischen hora nona und decima, also deutlich vor Tagesanbruch, hat eine Anwohnerin uns auf den Vorfall aufmerksam gemacht. Sie hat den Lärm und die Hilfeschreie aus der Seitengasse gehört und uns davon berichtet, als wir während einer gewöhnlichen Patrouille vorbeimarschierten. Die Tat musste erst kurz vor unserem Eintreffen stattgefunden haben, wie wir feststellen konnten, weshalb wir vermuten, dass der Täter den Tatort fluchtartig verlassen hat und sofern sich der Täter noch am Tatort befunden hätte, wir die Tatwaffe oder andere Beweisgegenstände sicherstellen hätten können, denn die Zeit, derartiges an einem entfernten Ort zu verstecken wäre dem Täter nicht geblieben."
Hauptverhandlung IUD PUB XI/DCCCLXV - Lucius Papirius Ocealla vs. Marcus Papirius Salonius
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Ich sortierte die Antworten gedanklich ein und fragte dann weiter.
"Wer war alles am Tatort anwesend? Wie wurde die Leiche vorgefunden? Welche Maßnahmen wurden von dir nach Entdeckung der Leiche eingeleitet?"
Ich hoffte, durch die Details endlich dinge zu erfahren die nicht einfach so irgendwo schriftlich festgehalten wurden. Vielleicht gab es sogar Widersprüche.
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"Der Artorius, ich selbstverständlich, die Soldaten die mich begleitet haben - ich kann dir gerne eine Auflistung der einzelnen Soldaten geben - ..." Das war es im Prinzip. Den lästigen Peregrinus, der irgendwann während der Untersuchungen aufgetaucht war, ließ er dieses Mal außen vor. "Das Opfer war bereits tot, zusammengesunken an einer Hauswand, mit mehreren Stichwunden, meiner Beurteilung nach lediglich Minuten vorher verstorben. Als klar war, dass es sich um einen Mord handeln musste, wurde die Gasse sofort und bis zum Morgengrauen abgeriegelt. Zwei Milites habe ich direkt nach unserem Eintreffen am Tatort zur Castra geschickt. Sie haben einen Karren zum Transport der Leiche organisiert und zudem den Rest der Centuria informiert. Mit vorerst lediglich einem Contubernium waren wir damit leider ausgelastet, sodass weiteres Aufteilen, großflächigeres Abriegeln und Durchkämmen der Straßen unmöglich war." Nachts war es auch so schon gefährlich genug.
"Ich habe mich anschließend gemeinsam mit dem Tiro Octavius Frugi und einem erst kurz zuvor von der Legio I zu den Cohortes versetzten Miles, Matinius Avianus, darum gekümmert, erstes Beweismaterial zu sammeln." -
Bloß nicht zum Angeklagten schauen. Nur nicht zum Angeklagten sehen. Schön unauffällig einfach hier am Rand sitzen bleiben. Leise atmen. Und wie ein kleines Mäuschen bloß keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Das sagte ich mir immer und immer wieder, während meine Finger weiter nervös an meiner Kleidung fummelten.
Ablenkung! Das kam mir dann plötzlich als Idee. Ich musste mich einfach ablenken. Ich sah also vom Centurio Iunius zurück auf den Boden vor mir. Ein hübscher Mosaikboden. Mit vielen, ganzen vielen Mosaiksteinchen. Das waren bestimmt Hunderte. Oder sogar Tausende. Ob die schon mal alle einer gezählt hatte? Die Befragung des Centurios zog sich hin. Und ich fing also mit den Augen an zu zählen:
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf, zwölf, .... Der Centurio antwortete zum ersten Mal auf die Fragen vom Atius.
.. zwanzig, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, zwei Dutzend, .... Der Centurio antwortete zum zweiten Mal auf die Fragen vom Atius.
.. dreiunddreißig, vierunddreißig, fünfunddreißig, drei Dutzend, .... Das Zählen wurde langweilig. (Nur der Teil mit der Ablenkung geklappte wie geschmiert.) -
Die Antwort stellte mich zufrieden, nun galt es Phase zwei der Zeugenbefragung zu beginnen.
"Und welche Beweise hat die Sicherung des Beweismaterials hervorgebracht erbracht?"
Ich kahm näher an den Zeugen herran und mein Blick festigte sich
"Und lassen diese Beweise einen eindeutigen Täter indentifizieren"
fügte ich mit lautem und Scharfen Ton hinzu.
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Appius Aquilius Bala rutschte gelangweilt auf seiner Richterbank hin und her. Die Befragung des iunischen Urbaners ging ihm eindeutig zu langsam vonstatten. Dann endlich wurde des Caesars Aufmerksamkeit erneut geweckt, als Atius in scharfem Ton nach dem gesammelten Beweismaterial fragte. Bala richtete sich gerade auf und erwartete neugierig die Entgegnung des Centurios.
"Also, Centurio?", hakte er mit aufforderndem Ton nach, als dieser zögerte.
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Avianus räusperte sich leise und blickte den Verteidiger etwas unglücklich an. Mit handfesten Beweisen konnte er nicht dienen.
"Wie sich später herausstellte, waren, was wir sicherstellen konnten, eher Indizien als Beweise, anhand derer sich der Täter identifizieren ließe. Wir haben keinen Zeugen, der sein Gesicht gesehen hat, noch hat er etwas zurückgelassen, das ihn eindeutig als Täter verraten würde."
Sähe die Lage anders aus, hätte er sich wohl längst entsprechend geäußert.
"Wir wissen, dass der Täter sein Opfer kurz vor unserem eintreffen gezielt und schnell getötet hat. Bevor der Täter geflohen ist, wurde ihm etwas vom Hals gerissen, eine Halskette, vermute ich, was euch sicherlich auch der Zeuge Artorius Rufinus bestätigen kann. Der Geldbeutel des Opfers wurde allerdings nicht entwendet. Außerdem fanden wir einen Brief am Körper des Toten, addressiert an Papirius Veratius, mit dem Inhalt, er solle sich zu seiner Bäckerei begeben, wo es angeblich einen Unfall gab, was auch erklären würde, weshalb er zu einer derart ungewöhnlichen Zeit auf Roms Straßen unterwegs war." Interessant wäre selbstverständlich zu wissen, ob möglicherweise der Verdächtige den Brief verfasst oder zumindest in Auftrag gegeben hatte. Für derart tiefgreifende Ermittlungen war leider keine Zeit geblieben. -
Nun hatte ich was ich wollte. Die Antwort des Centurio, konnte mir garnicht besser in die Karten spielen.
Mein Ton blieb scharf und ich erhöte die lautstärke meiner Stimme dezent. Die Befragung sollte wirken.
"Das heißt Centurio, das die Cohortes Urbanae auf den Bloßen verdacht hin, einen Unschuldigen Bürger Roms inhaftiert. Ihre Morduntersuchung auf Bloße vermutungen stellt wärend andere Verdächtige die Gelegenheit haben, Rom zu verlassen, ja gar Beweise zu vernichten."Meine Worte Spitzten sich zu.
"Alles was mit sicherheit gesagt werden kann ist das das Opfer schnell getötet wurde und Warscheinlich deiner Vermutung nach eventuell eine Halskette entrissen wurde. Wie bitte stellst du bei diesen Vermutungen einen Zusammenhang zu meinem Mandanten her? Ist dem also so, das die Cohortes Urbanae weder in der Lage war Beweise zu sammeln noch einen Täter zu indentifizieren, Centurio?"Eigentlich spielte es keine Rolle was der Centurio sagte. Ich hatte ihn da wo ich ihn wollte, unabhängig ob das irgendjemand anderst in der Basilica sah.
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Nach dieser Zeugenaussage rollte Plautus mit einem innerlichen Seufzen die Augen nach oben. Die Beweisführung mithilfe der Urbaner hatte sich klar als taube Nuss erwiesen. Definitiv.
Für den Verteidiger, der diese Sachlage eher mit scharfer Stimme, denn mit gezielten Nachfragen herausgearbeitet hatte, war das natürlich ein gelungener Schlag. Wenigstens vorläufig.
Und so hatte Plautus immer noch unverändert diese eine Frage vor Augen: mit welchen Gründen auch immer hatte der Ankläger diesen Papirius Salonius auf die Anklagebank gesetzt?
Wenn dieser verdammte Prozess nicht im Sande stecken bleiben sollte, dann war es jetzt dringend geboten, dass der Anklagevertreter Flavius Scato endlich seine völlig unverständliche Geheimniskrämerei aufgeben und mit neuen Zeugen eine weitere Beweisführung eröffnen musste.
Es lag klar in der Hand der Richter, dies in Gang zu setzen.
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Was für ein Prozess!
Da klagte Namenlos vertreten durch einen Flavius gegen Namenlos vertreten durch Namenlos. Was ich erwartet hatte, war: Der Flavius frühstückte die Verteidigung ordentlich weg und dann rühmte er sich dafür, dass er Rom wieder ein bisschen sicherer gemacht hatte. Das hatte ich erwartet. Was ich befürchtet hatte, war: Der namenlose Verteidiger wischte mit dem Flavius den Boden auf und rühmte sich dann damit, einen unschuldigen Römer vor der Willkür eines Patriziers bewahrt zu haben. Irgendwie sowas. Das hatte ich befürchtet.
Aber was hatte ich bis jetzt hier wirklich bekommen? Bekommen hatte ich einen Flavius, der schon in seiner ersten Wortmeldung gesagt hatte, dass es hier nicht um Regeln und Gesetze ging, sondern um Gerechtigkeit. Anders gesagt: Er (als Patrizier!) fand unsere römischen Gesetze nicht nur ungerecht, nein. Er war auch noch so dreist, das in aller Öffentlichkeit unter zig Zeugen laut auszusprechen. Bravo! Da hatte der einzige Beteiligte mit einem Namen genau den gerade weggeworfen. Eine politische Karriere wollte er offenbar nicht weiter verfolgen. Denn ehrlich: Wer sollte sowen jetzt noch wählen?!!
Aber auf der anderen Seite sah es nicht viel besser aus. Auch da blieb mir ein Satz ganz besonders im Gedächtnis: "Welche Beweise hat die Sicherung des Beweismaterials hervorgebracht?" Daumen und Zeigefinger meiner rechten Hand fassten meine Nasenwurzel. Warum? Weil schon die Frage alles sagte. Der Verteidiger hatte nicht den geringsten Hauch einer Ahnung davon, was er da vorne tat. Offensichtlich. Denn wenn die Sicherung von Beweismaterial neue Beweise hervorbrachte, dann .. dann war der Limes aber offen! Beweise waren entweder da, dann konnte man sie sichern. Oder sie waren nicht da, dann konnte man sie nicht sichern. Aber (ein kleiner Vergleich): Wenn ich vom Baum gefallene Äpfel einsammelte (sie mir sicherte), dann wurden dadurch nicht gleichzeitig neuen Äpfel von irgendwoher hervorgebracht.
Ich strich mir über meinen Schwangerschaftsbauch und seufzte. (Denn oh ja, zur Zeit der zweiten Prätur meines Onkels Kaeso war ich ja noch schwanger.) Ich hatte selten einen so faden, öden und stinklangweiligen Prozess erlebt. (Da war selbst das ergebnislose Bäckerei-Dings noch spannender gewesen!) Meinem Onkel Kaeso, der hier den Vorsitz hatte, galt mein größtes Mitgefühl, dass er sich diesen Witz antun musste. Ich sah zum Caesar und seufzte wieder. Er stand direkt hinter meinem Onkel an zweiter Stelle. Dass er sich mit diesen zwei "Anwalts"-Figuren plagen lassen musste. Der hatte bestimmt auch Besseres zu tun. Und der dritte, mit dem ich Mitgefühl hatte, war der arme Centurio, der da vorne gerade im Zentrum zwischen den beiden "Anwälten" Rede und Antwort stehen musste. Was für eine Verschwendung seiner Zeit....
Aber nicht mit mir! Mein Geduldsfaden war gerissen. Ich war eine Kanzleiprokuratorin, die ihre Zeit nicht mit diesem Witz hier vertrödeln konnte! Ich suchte den Blickkontakt zu den Richtern Kaeso und Aquilius. Dabei strich ich mir nochmal sehr deutlich über den Bauch. (Ich war hier gewesen. Damit hatte ich meine Unterstützung gezeigt und meine Pflicht getan. Zeit, mich unter dem Vorwand meiner Schwangerschaft zurückzuziehen.) Danach stand ich von meinem Platz (der immernoch in vorderster Front war) auf, schenkte Kaeso und dem Caesar noch ein oberflächliches Lächeln zum Abschied. Und dann verließ ich grazil (oder so grazil, wie es mir als Schwangerer eben möglich war) den Gerichtssaal. Dabei schwor ich mir: Nach dieser schwachen Vorstellung unterstützte ich in naher Zukunft (was so 3 bis 7 Jahre sein würden) garantiert weder eine Kandidatur eines Flavius Scato noch die eines Atius Nerva; nicht wenn hier sowas dabei rum kam!
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Avianus blickte bei den Worten des Advocatus erst leicht irritiert, dann immer ungnädiger drein, als er realisierte, dass der Mann wirklich ernst meinte, was er sagte. Als wäre es nicht genug, ihm Stümperei vorzuwerfen, nein, anscheinend glaubte der Kerl, man stünde seinetwegen vor dem Praetor. Bisher hatte er dem Prozess recht neutral gegenübergestanden, nun konnte er aber nicht verhindern, dass er ein wenig pampig wurde.
"Ich muss dich wohl daran erinnern, Atius, dass ich hier weder der Kläger bin, noch ich es war, der überhaupt irgendeinen Verdacht aufgestellt hat, dein Mandant könnte der Schuldige sein. Und zu keinem Zeitpunkt habe ich mich dahingehend geäußert. Wie du zu dieser Behauptung kommst, ist mir schleierhaft", entgegnete er. Aus welchen Fingern der sich gesaugt hatte, dass er irgendeinen unschuldigen inhaftiert hatte, wussten vermutlich auch nur die Götter. Die Vorwürfe mochten an ihm abperlen, ärgerlich war es dennoch. "Ich habe lediglich den Tatort untersucht." Und wenn er sich dabei angeblich nicht fähig genug angestellt hatte, sollte ihm der Atius gerne erklären, wie man mit acht Mann die halbe Subura abriegelte oder Dinge suchte, die nun mal nicht da waren.
So. Und wenn er sich setzen durfte, bevor ihm noch mehr Blödsinn vorgeworfen wurde und er wirklich unleidlich wurde, wäre er auch froh. -
Zuerst blickte mich der Zeuge etwas verwirrt an dann ein wenig Säuerlich.
Ein wenig tat er mir leid, aber ich hatte nur noch mehr oder weniger 3 Fragen auf meiner Liste, und im Prinzip hatte ich bereits was ich wollte. Und davon abgesehen, ging man stets mit mehr Feinden als Freunden aus einem Prozess.
Es war egal, Es war mein Job und ich war es gewohnt. Außerdem wollte Ich ja Rom eh so schnell wie möglich wieder verlassen.
Nun galt es Phase zwei zu beenden.
Mein Ton behilet seine Schärfe, doch die Lautstärke wich der Sachlichkeit.
Sachlich und langsam sprach ich meine Worte:
"Hat die Cohortes Urbanae Beweise oder einen Täter indetifiziert?""Ja oder Nein, Centurio?"
Er hatte ja eigentlich das Ja schon gesagt, aber er sollte es ein drittes mal sagen, er sollte es bekräftigen. Für mich War dieser Zeuge durch, und nach dieser Frage nur noch ein Träger für Phase 3. -
Zitat
Atius Nerva: "Hat die Cohortes Urbanae Beweise oder einen Täter indetifiziert?"
"Ja oder Nein, Centurio?"Kein Wunder, dass der Zeuge etwas verwirrt dreinschaute. Wurde ihm doch eine Frage gestellt, die man auch beim besten Willen nicht mit Ja oder Nein beantworten konnte. Wenn man, nicht ganz das Gleiche und noch mal nicht ganz das Gleiche mit einem 'Oder' verbindet, dann sind selbst die als Lügner bekannten Kreter nicht imstande, mit 'Ja' oder 'Nein' zu antworten.
QUOUSQUE TANDEM?
Immerhin war Plautus darauf gespannt, wie der Centurio dieses Problem lösen würde.
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Blöde Frage. Wie sollte es Beweise geben, wenn es bislang nichts zu beweisen gab? Avianus schüttelte seufzend den Kopf. Der Prozess entwickelte sich zur Farce. "Advocatus ... Ohne Täter, dessen Tat es zu beweisen gilt, gibt es natürlich keine Beweise." Was natürlich nicht bedeutete, dass Beobachtungen oder sonstige Hinweise nicht zu Beweisen werden konnten. Aber das kam ganz auf die Advocati, oder - genauer genommen - vor allem den Flavius an. Im Grunde also ... "Nein, wir haben keinen Täter festgenommen ..." Sonst stünde man ja nicht hier. "... und folglich auch keine Beweise."
Andererseits, aber darum ging es ja nicht, hegte Avianus dennoch den Verdacht, dass das Verbrechen kein einfacher Raub war. Immerhin: Welcher professionelle Kriminelle wartete in irgendeiner kaum genutzten Gasse in der Subura auf das große Geld, durchlöcherte sein Opfer förmlich ohne jegliche Vorwarnung und folglich auch, ohne überhaupt zu wissen, ob die Habe des Mannes einen Mord wert war und floh dann, weil ein mit Pisse besudelter Kerl wimmernd am Boden hockte? Ein Profi, der genau wusste, wo er zustechen musste, wartete ausgerechnet an einem Ort, wo vielleicht einmal im Jahr jemand vorbeikam, der die Mühe wert war, tötete sein Opfer gezielt und sprang davon. Und ausgerechnet in der Nacht, in der das Opfer diesen Brief erhalten hatte. Das war doch zuviel des Zufalls.
Aber er wurde ja nicht gefragt, der unfähige Urbaner. -
Ahh sehr gut. Ich war zufrieden, wirklich zufrieden und meine miene lockerte sich.
völlig entspannt und zufrieden ging ich in Phase 3 über.
Ich drehte mich bereits schon etwas ab und wendete mich dann doch nochmal dem Centurio zu.
Mehr Beiläufig, so das es unwichtig klag formolierte ich meinen letzten Gedanken.
"Danke für deine Antworten Centurio, doch bevor du den Zeugenstand verlässt würde mich noch interressieren ob es zur Fehlenden Halskette des Opfers und dessen Ehefrau eine Verbindung besteht?"
Ich überlegte noch kurz.
"Hat seine Frau überhaupt ein Alibi?"
Der Ton war lässig, beiläufig doch mein Blick war scharf.
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"Ich habe die Untersuchung des Tatorts geleitet und keine umfassenderen Ermittlungen", bekräftigte er ein weiteres Mal. Jedenfalls glaubte er sich daran zu erinnern, dass er diese Tatsache bereits erwähnt hatte. Er konnte sich aber auch irren. Der Prozess verschwamm in seinem Kopf schon jetzt zu einem einzigen unscharfen Wischwasch, in erster Linie deshalb, weil er am liebsten längst wieder ganz wo anders wäre. Die anfängliche Neugier und Anspannung waren längst verflogen. Selbst aufs Genervtsein hatte er keine Lust mehr. Zurück blieb die nüchterne Erkenntnis, dass er das hier schlicht und ergreifend hinter sich bringen musste, ganz egal, was noch kam.
"Aber ich gehe davon aus, du kannst uns dazu mehr sagen, Advocatus?" -
Ich saß auf meinen 6-7-8 Buchstaben (je nachdem, welchen meiner drei Namen man da zugrunde legen wollte) und zählte weiter fleißig die Mosaiksteinchen, bis.. in der ersten Reihe jemand aufstand. Wahrscheinlich war der Frau auch ein bisschen langweilig. Sie drehte sich und plötzlich sah ich ihren Bauch.. und ihr Gesicht: die frühere Postpräfektin Sergia! Und sie war schwanger! (War ihr also vielleicht doch nicht so langweilig, sondern sie war einfach ein bisschen zu schwanger für diesen zähen Prozess.)
Mein Kopf blieb starr. Nur mit den Augen sah ich, wie sie den Saal verließ. Und dann war sie weg. Derweil ging der Prozess unbeeindruckt weiter. Ich entschied, wieder ein bisschen mehr aufzupassen. Da fragte der Verteidiger auf einmal, ob die Frau vom Opfer überhaupt ein Alibi hatte.
"Hehehehe..!"
Das Lachen platzte einfach so aus mir heraus. Denn auf diese Frage war ich nicht vorbereitet gewesen. Schnell presste ich meine Lippen aufeinander und sah zum Boden.
"Tschuldigung.."
So entschuldigte ich mich sofort kleinlaut. Aber wirklich: War der Verteidiger etwa nicht vorbereitet auf diesen Prozess, oder was? Ich hatte doch in meiner Aussage ganz deutlich gesagt, dass ich einen Mann erkannt hatte. Und da wollte er jetzt einer Frau die Sache in die Schuhe schieben? Und: Was sollte das überhaupt für eine Frau sein, die ihren Mann erdolchte? Von vorne.. wo er den Angriff kommen sah und sich wehren konnte. Sagte man dem schwachen Geschlecht da nicht eher Giftmorde oder andere Hinterhältigkeiten nach, wenn sie irgendwen loswerden wollten? So ein Abstecken à la Brutus.. ich fand ja (selbst wenn ich den Täter nicht als einen Mann identifiziert hätte), das war eindeutig die Handschrift eines Mannes. So ein Romulus und Remus-Ding. Ein Bruder tötet den anderen. Nicht feige von hinten oder durch eine Intrige, sondern mutig in einem offenen Kampf von vorn.
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Es war an der Zeit diese Befragung im Prozess zu benden und die Punkte der Verteidigung gut zu schreiben.
"Wir werden noch sehr viel zu der Ehefrau des Opfers und der innigen Beziehung zu ihrem Bruder erfahren."
Wieder ein absolut beiläufiger Nebensatz den ich sagte wärend ich zu meinen platz zurück lief.
"Danke Centurio, ich habe keine weiteren Fragen."
Was war das resultat, dachte ich mir, eine schlechte Meinung über mich, vllt. neue wiedersacher, ein zäher prozess und den ersten Boden den ich gewonnen hatte. Ein ganz gewöhnlicher Prozess also. Was relativ war denn ich wollte ja so schnell wie möglich weg aus Rom.
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Plautus riss seine Augenbrauen hoch. Und fragte sich, was das mit dieser Ehefrau und ihrem Bruder denn nun sollte. Da warf der Verteidiger einen absolut unbewiesenen Verdacht in Raum, zu dem der Centurio nach seinem Einsatz in der besagten Gasse eh nichts aussagen konnte. Aber auch gar nichts.
Anstatt sich nun zu dieser brandneuen Verschwörungstheorie näher zu äußern, hatte der Verteidiger es ziemlich eilig, wortlos zu seinem Platz im Gerichtssaal zurückzukehren. Dieser Anwalt brachte mitnichten Beweise für die Wahrheitsfindung zu Tage, sondern lieferte lediglich Material für die Klatschpresse.
Plautus blies die Backen auf. Dieser Prozess gab nun wirklich nichts mehr für sein Tirocinium her. Sergia Fausta hatte sich schon vorher dünne gemacht, nicht ohne eine kleine Schau abzuspulen. Er entschied sich dafür, möglichst unauffällig seine Sachen zusammen zu packen und ebenfalls die Fliege zu machen.
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