[Umland von Mogontiacum] Villa Rustica Helvetia

  • Runa blickte lächelnd zu ihrem Sohn hinab. Dieser war wirklich gerade dabei den Schafen Konkurrenz zu machen. Runa pflückte ihn von ihrem Bein und setzte ihn kurzer Hand auf die Wiese. Einen kurzen Moment stutze der Kleine, dann quietschte er wieder fröhlich und vergrub nun beide Hände im Gras und in der Erde.
    Runa lehnte sich an ihren Mann. „Natürlich fühle ich mich hier wohl. Wie könnte man auch nicht? Weißt du noch, wie wir uns vorgestellt haben einfach wegzulaufen und irgendwo ein einfaches Leben anzufangen?“ Runa machte eine ausladende Handbewegung. Genau so hätte ich es mir erträumt. Mehr brauch man zum glücklich sein nicht.“ Sie legte ihren Kopf an Curios Schulter und genoss das friedliche Bild.

  • Ja, Curio erinnerte sich noch sehr gut an diese kindlichen Flausen, die sie gesponnen hatten in der Zeit, als sie ihre Beziehung noch hatten geheimhalten müssen. Damals hatten sie keine Ahnung gehabt, dass ihre Beziehung tatsächlich erfolgreich sein könnte, auch wenn sie doch fest daran geglaubt hatten. Doch die heutige Realität war damals noch so weit weg und so unsicher, ja eigentlich undenkbar gewesen, dass sie sich regelmäßig Alternativszenarien ausgemalt hatten. Eine davon war die gemeinsame Flucht vor ihren Familien, um irgendwo in einer anderen Provinz weit weg von den germanischen Provinzen und außerhalb der Handlungsphären der Duccier und Helvetier hatten sie das einfache Leben von Bauern führen wollen. Curio hätte einfach das klägliche Wissen von der Bestellung des Landguts seines Vaters ausgegraben und Silvana hätte dafür gesorgt, dass das, was er angebaut hätte, essbar auf den Tellern gelandet wäre. Nun waren sie natürlich verheiratet, Alternativszenarien waren unnötig geworden und dennoch hatten sie nun ein Landgut. Wären sie geflüchtet, wäre das Haus natürlich noch kleiner ausgefallen, aber es hätte ihnen sicher gereicht und natürlich musste die Villa hier dementgegen schon wieder der pure Luxus wahrgenommen werden, auch wenn sie nun wirklich nicht die luxuriöseste Villa rustica der Umgebung war. Doch reichte sie, bot sogar genug Platz für Gäste, konnte sich weitgehend selbst tragen, ohne dass Curio noch ein Vermögen nachschießen und sich damit wahrscheinlich hoffnungslos würde verschulden müssen, und warf sogar noch etwas ab, dass er in die Haushaltskasse übernehmen konnte.


    Versonnen spürte der Helvetier den Kopf seiner Frau und atmete tief die frische Waldluft ein, die sie umgab, und umschlang ihre Hüfte mit dem linken Arm. Ohne Frage, hier konnte er sich ausruhen und wieder zu alter Stärke zurückfinden, gemeinsam mit seiner Familie und Schritt für Schritt konnte er sich hier auch in die Verwaltung des Landgutes einarbeiten, die angestellen Bediensteten kennenlernen und schauen, wie die Wirtschaftsbetriebe arbeiteten. Das Hauptaugenmerk lag aber auf seiner Familie. So viel Zeit wie möglich wollte er mit ihnen verbringen, wollte sehen, wie sein Sohn so wie jetzt im Gras spielte und die kleinen Fortschritte machte, die bei den kleinen Kindern so schnell vonstatten gingen. Und er wollte bei seiner Frau sein, ihre Nähe spüren, nachdem er sich während seiner vergangenen Amtszeit mal wieder hatte rar machen müssen. Die Tage hier auf dem Landgut würden gut werden. Da war er sich sicher.


    ~~~


    Gut eine Woche waren sie nun schon auf dem Landgut und irgendwie schwand der Willen zur Rückkehr in die Stadt mehr und mehr. Silvana ging hier regelrecht auf, machte täglich lange Spaziergänge und Curio machte sich mit den Bediensteten bekannt und fand sogar regelmäßig Zeit, eines der Bücher zu lesen, die er sich hatte herschicken lassen. Keine Korrespondenz, sondern Geschichtsbücher und Lyrikbände, er las aus Lust, nicht aus Pflicht, saß dabei im Garten an dem großen Teich und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Die kleine Familie verbrachte viel Zeit gemeinsam, doch fanden sie auch immer Zeit für sich selbst.


    So auch heute. Curio hatte seinen Sohn für die kommenden Stunden wieder in die Obhut der Verwalterin, die sich rührend um den Kleinen kümmerte, auch wenn sie am Ende meist doch ganz froh zu sein schien, den kleinen Wirbelwind wieder an die Eltern abgeben zu können. Gemeinsam mit seiner Frau ging er durch das nach hinten gerichtete Tor auf die große Freifläche, schlug dann aber gleich den Weg nach links Richtung Wald ein und hielt kurz vor dem Eintritt inne und lächelte seiner Frau zu.


    Die germanischen Bediensteten erzählten mir, dass sich hier irgendwo im Wald ein Hain befinden soll, an dem sie regelmäßig den Göttern opfern. Ich möchte ihn gerne mit dir suchen - habe mir aber eine Kleinigkeit überlegt.


    Langsam ging sein Lächeln in ein neckisches Grinsen über, während er ein breites Tuch aus einer Innentasche seiner Tunika zog und es einmal faltete.


    Ich wette mit dir, dass du es schaffst, den Hain auch mit verbundenen Augen zu finden. Hältst du dagegen?

  • Wie schön war doch die vergangene Woche gewesen. Es war dieses Einfachheit hier, die ihnen wohl so gut tat. Runa hatte inzwischen ihre „Stadtkleidung“ gegen ein einfaches grobes Kleid getauscht und half hier und da auf dem Gehöft mit. Natürlich hatte sie dafür erstaunte Blicke geerntet, doch inzwischen hatten sich wohl alle hier daran gewöhnt, das Runa mit herumwuselte.


    Runa genoss aber ebenso die Momente die sie zu dritt als Familie oder zu zweit als Paar verbrachten. Sie rückte wieder näher zusammen und das Band war Curio und Runa verband wurde noch fester geknüpft als es ohne hin schon war.
    Curio hatt sie schon die ein oder andere Überraschung für sie einfallen lassen, aber als er nun fragend mit dem Tuch vor ihr stand, schaute Runa ihn mehr als nur verwundert an. Wie bitte schön sollte sie mit verbundenen Augen einen Hain finden? Das wäre in einer Gegend wo sie sich auskannte schon eine kaum zu lösende Aufgabe, aber hier war dies unmöglich.
    „Ähm...“ Ja es hatte ihr tatsächlich die Sprache verschlagen. Sie hob skeptisch eine Augenbraue. „So.. du denkst ich schaffe das?“ Sie wusste ja, dass ihr Mann ihr so einiges zutraute... aber das?
    Aber sie ihrer Begegnung mit dem Druiden schloss sie auch nichts mehr gänzlich aus. Also gut lass es uns versuchen. Sie drehte sich also um, damit ihr Mann ihr mit dem Tuch die Augen verbinden konnte.

  • Tag für Tag waren seine Laune besser und seine Gedanken zuversichtlicher geworden. Die Verzögerungen beim Sprechen wurden seltener und mit einem frhlichen Lächeln hatte Curio beobachtet, wie seine Frau ihre guten Tuniken gegen einfache, zweckmäßige Kleider getauscht und begonnen hatte, an den Arbeiten auf dem Landgut mitzuwirken. Ihre Arbeit sorgte zwar immer wieder für verwunderte Blicke der Bediensteten, aber sie mussten lernen, dass die neuen Besitzer des Landguts alles andere als gewöhnliche Römer waren. Curio war mit dem Verwalter die Bücher durchgegangen und hatte die Siedlung der Bediensteten besucht, während Silvana in der Weberei und der Käserei mit anpackte und auch wenn es viel zu tun gab, blieben doch immer große Teile des Tages der Familie vorbehalten und während Curio es sichtlich gut tat, so viel Zeit mit seiner Frau und seinem Sohn zu verbringen, genoss er es auch die kleinen Fortschritte seines Sohnes wahrzunehmen und seiner Frau die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, auf sie noch in der Amtszeit doch viel zu oft hatte verzichten müssen.


    Die heutige Überraschung sollte aber von Zweisamkeit geprägt sein, wobei diese auch schon wieder relativ war, wenn er bedachte, dass sie bei dem, was er vorhatte ja sicherlich nicht so wirklich alleine sein würden.


    Du sagst mir doch immer, dass die Götter überall sind. Lass dich also von ihnen leiten, dann findest du den Hain sicher.


    sagte er mit einem vorfreudigen Lächeln, denn er selbst wusste auch nicht, wo sich der Hain befand, sondern hatte nur einen der Männer aus dem kleinen Dorf gebeten, dort einen Korb mit Brot und Wein zu hinterlassen, damit sie, sobald sie da waren, ein kleines Opfer würden vollziehen können.


    Es folgte ein kurzer, fast schon verstohlener Kuss, bevor er sich hinter sie stellte und das Tucht vor ihre Augen legte und es an ihrem Hinterkopf zusammenband. Dann griff er nach ihrer Hand und flüsterte ihr leise zu:


    Ich passe auf, dass du nicht stolperst und fällst und halte dich dafür ganz fest. Ansonsten bin ich ruhig, damit du nicht abgelenkt wirst. Vertrau auf deine Fähigkeiten, mein Herz. Ich weiß, du kannst das.


    Erneut folgte ein Kuss, dieses Mal auf ihren Hals bevor er den Kopf mit einem aufmerksamen Blick hob und schweigend darauf wartete, dass Silvana ihren Weg einschlug.

  • „Ja das sind sie ja auch....“ Antwortete Runa, aber das hieß doch nicht das man blind durch die Gegend lief und die Haine fand. Das Curio ein solches Vertrauen in sie hatte ehrte sie zwar – aber die zweifelte ja immer noch an ihnen. So nahm sie auch dankbar die Hand ihres Mannes, der sie hielt und versprach auf sie aufzupassen.
    Runa nickte nur und horchte in sie hinein. Es passierte eine ganze Weile nichts. Runa wollte schon aufgeben und sich die Augenbinde abnehmen. Doch dann spürte sie etwas. Es war wie ein Ziehen. Sie stutze und brauchte einen Moment, bis sie sich dann langsam und vorsichtig in Bewegung setzte. Um sie weiter sie gingen um so stärker wurde dieses Gefühl. Runas Schritte wurden immer sicherer. Sie sah nichts und doch wusste sie, dass sie erst eine Wiese überschritten, einen kleinen Mischwald durchquerten, über einen Lichtung gingen und schließlich in einen Laubwald einbogen. An einer alten hohen Eiche blieb sie stehen. „Dort müsste er sein.“ Runa hob die Hand und zeigte – obwohl sie nicht sah - auf einen Findling, der nur wenige Schritte von der Eichen entfernt lag – und wohl als Opferplatz diente.
    Sie selbst traute sich nicht die Augenbinde abzunehmen, satt dessen fragte sie mit einer leichten Unsicherheit in der Stimme. „Und? Sind wir da?“

  • Einige Augenblicke passierte nichts. Aber Curio hatte auch nicht erwartet, dass Silvana gleich losstapfte. Wenn er etwas aus seiner Tätigkeit als Aedituus gelernt hatte, dann dass sich die Götter meist Zeit ließen mit ihren Zeichen und nur selten mit dem Zaunpfahl winkten. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sich die Götter in ihren germanischen Personifizierungen nochmal ein bisschen mehr Zeit ausnahmen, als wenn da noch irgendeine Übersetzung notwendig war oder sowas, aber letztlich machte er sich keine Gedanken darüber, ob seine Frau den Hain finden würde, sondern eher, wie lange es dauern würde, bis sie die Zeichen der Götter zu interpretieren konnte. Und dann setzte sie sich tatsächlich in Bewegung. Ihre Schritte waren zuerst zögerlich, zurückhaltend, zweifelnd, aber Curio hielt die Hand seiner Frau fest und vermittelte ihr dadurch nicht nur, dass er auf sie aufpasste, sondern auch sein Vertrauen in sie und ihre Fähigkeiten. Danach bewegten sie sich mit gleichmäßigem Tempo in eine Richtung. Sie überschritten die Wiese hinter ihrem Haus, traten dann in den Wald ein, wo der würzige Geruch von Erde, Bäumen und Blättern in ihre Nasen kroch. Einmal musste Curio seine Frau vorsichtig und wortlos zurückhalten, als sie drohte, vor einen Baum zu laufen, aber gleich danach setzte sie sich wieder zielgerichtet in Bewegung. Für einige Augenblicke beschäftigte ihn der Gedanke, ob ein anderer Ehemann ihr diese Möglichkeit auch geboten hätte, bevor ihm klar wurde, dass der beste Kandidat ja wohl ein stockkonservativer Pontifex gewesen wäre, der nichts von den Gaben Silvanas akzeptiert hätte. Und ein Senator in Rom hätte wohl genauso wenig Verständnis dafür aufgebracht, dass seine Ehefrau irgendwelche germanischen Rituale pflegte. Curio musste schlucken und blickte seine Frau in das hübsche Gesicht mit dem Tuch über den Augen. Er hatte ihr versprochen, sie in ihren Gaben stets zu unterstützen und bildete damit wahrscheinlich eine einmalige Ausnahme.


    Sie liefen weiter. Über den feuchten, moosigen Waldboden, überquerten eine Lichtung, auf der es durch die starke Sonne leicht wärmer war als im Wald, doch überquerten sie sie schnell, da es dort auch keine besonderen Hindernisse gab. Ihre Schritte wurden nun schnell und kraftvoll, so als wären ihre Augen nicht verbunden und sie alles sehen könnte, was vor ihren Füßen geschah. Erstaunlicherweise musste Curio nicht mal mehr eingreifen, da sie den Hindernissen bewusst auszuweichen schien. Auch von ihnen musste wohl irgendeine Kraft ausgehen, die er weder spürte, noch verstand, die er aber akzeptierte so wie sie war. Plötzlich blieb sie stehen, direkt neben einer massiven alten Eiche und sprach mit kaum vernehmbarer Stimme, dass sie angekommen waren. Curio folgte mit seinem Blick ihrer Gäste und erblickte einen großen Findling, so wie er in den meisten Hainen stand und, wie er von Silvana gelernt hatte, als eine Art Opferaltar genutzt wurde. An dessen Fuß stand der Korb, den Curio dem Bediensteten mitgegeben hatte, und wieder konnte sich der Helvetier ein Grinsen nicht verkneifen.


    Na ja...


    sagte er dann aber doch zuerst eher zurückhaltend und ließ seine Hand aus der Silvanas gleiten. Eine kurze Pause folgte, bevor er hinter seine Frau trat und ihr eine Hand auf die Schulter legte.


    Ich würde sagen, ich habe gewonnen.


    folgte schließlich die Worte, die sie erleichtern würden, und er ließ seine Hände über ihre Schulter gleiten und öffnete an ihrem Hinterkopf den Knoten, der das Tuch vor ihren Augen fixiert hatte.


    Ich hab einen der Weber gebeten, einen Korb mit Opfergaben hierzulassen. Wenn du möchtest, können wir gleich auch ein kleine Opfer für die Einweihung unseres Landgut vollziehen.


    Lächelnd trat er danach wieder neben seine Frau und legte ihr einen Arm um die Hüfte. Diese Orte hatten immer ihre eigene Magie und jetzt, wo er sich darauf konzentrieren konnte, merkte auch wieder, wie sie ihn umfing.

  • Runa wartete gespannt – unsicher – nervös. Das „Na ja“ machte sie gar noch nervöser.
    Um so erleichterter war sie, als er dann mit seinen Worten verkündete, dass er wohl gewonnen habe. Sie hatte es also tatsächlich geschafft?
    Sie blinzelte zunächst, als Curio sie von dem Tuch befreite. Und tatsächlich sah sie den Opferstein.. die alte Eiche. Ja das hier war eindeutig ein Hain. Lächelnd nickte sie. „Oh das ist eine wundervolle Idee, das machen wir später.... aber.. „ Nun lächelte Runa fast schon spitzbübisch. „... was ist eigentlich der Preis des Siegers?“ Nein natürlich ließ sie ihrem Mann keine Zeit zum antworten, sondern überfiel ihn mit einem stürmischen Kuss. „Danke.“ Hauchte sie zwischen zei Küssen. Mit diesem kleinen Wort drückte sie so viel aus, ihre Dankbarkeit, das Curio an sie glaubte. Das er ihre Fähigkeiten förderte. Das er ihr den nötigen Anschub gab, wenn sie selbst zweifelte. Ihn immer noch in den Armen haltend lösten sich ihre Lippen von den Seinen. „Nun was ist der Preis des Siegers?“

  • Es war eine Kleinigkeit, die er sich von seiner Frau abgeschaut hatte. Beide zogen sich regelmäßig damit auf, einander bei einigen Dingen im Ungewissen zu lassen, um die positive Überraschung danach um so größer werden zu lassen. Es gehörte zu ihrer Ehe mittlerweile dazu und beide machten sich einen Spaß daraus. Umso mehr teilte er nun Silvanas Freude, dass es geklappt hatte und war zudem froh, dass sie auch einem kleinen Opfer gleich offen gegenüberstand, wobei das eigentlich schon selbstverständlich für ihn gewesen war. Die Frage nach dem Preis des Siegers ließ ihn lächeln, doch noch bevor er antworten konnte, überfiel ihn seine Frau mit einem Kuss, den er natürlich nur gerne erwiderte. Dabei zog er sie an sich heran und genoss es, hier an diesem magischen Ort mit ihr alleine zu sein. Ein bisschen erinnerte es ihn an den Tag ihres erfolgreichen Prüfungsopfers, als sie beide alleine in den duccischen Hain in der Nähe der Villa Duccia gegangen waren, um sich nochmal gegenseitig Mut zu machen. Dass der Tag dann durch seinen heutigen Schwiegervater etwas verdüstert worden war, blendete er dabei aus. Ihren Dank in einer Kusspause, quittierte er derweil mit einem leisen


    Ich liebe dich.


    bevor er sich wieder in den Kuss ergab. Natürlich unterstützte er sie. Er tat es, weil er sie liebte und weil ihm die beiden Goden, die ihre Hochzeit vollzogen hatten, ihm damals deutlich gemacht hatten, dass Silvana immer und immer wieder diesen Zuspruch brauchte, um ihre Gabe anzunehmen und sich nicht von dieser zu entfremden. In seinen Amtszeiten war das leider nicht so einfach, hier aber war es problemlos möglich und daher tat er es auch, ihr zuliebe und mit Hinblick auf sein Versprechen, sie mit ihrer Gabe zu unterstützen.


    Nun, der Preis des Sieger... Den ersten Teil haben wir... grade abgehakt. Den zweiten Teil... nun ja... ich weiß nicht, ob dieser Ort dafür geeignet wäre und wir... es nicht besser in unser Schlafzimmer verlegen.


    antwortete er nun mit einen ebenso spitzbübischen Lächeln, wie jenes, das das Gesicht seiner Frau zierte.

  • Runa lächelte ihren Mann an. „Ich liebe dich auch... und ich glaube kaum das die Götter was dagegen hätten.“ setzte sie verschmitzt nach. „Aber dann sollten wir ihnen zuerst opfern.“ Sie drückte ihrem Mann noch einen Kuss auf und wandte sich dann dem Altar zu um ihn mit den bereitstehenden Gaben zu decken.
    Nachdem sie wie üblich die Götter dazu gebeten hatten sprach sie nun das eigentliche Gebet.


    „Mögen Asen und Vanen dieses Haus schützen.Möge nach jedem Streit wieder schnell Versöhnung einkehrenMögen sie jedem Frieden schenken, der eintritt.Möge es ein Heim sein für die Götter und für uns.“


    Nach einer Weile drehte sie sich zu Curio um und sagte leise, lächelnd zu ihm. „Sie haben unser Opfer angenommen."

  • Curios rechte Augenbraue wanderte für einen kurzen Moment in die Höhe, als seine Frau sagte, dass die germanischen Götter wohl kaum etwas dagegen haben würden, dass sie hier... Er zögerte sogar, den Gedanken zu Ende zu führen, da diese Idee für ihn überraschend und fremd war, konnte er sich doch nicht vorstellen, dass sich zwei Menschen in einem römischen Tempel liebten, zumal sie ihnen ja ordentlich geweiht waren. Er wusste zwar mittlerweile, dass sich um Tempel der Venus auch Prostituierte niederließen, um sich dem Schutz der Liebesgöttin zu unterstellen, aber keine von ihnen würde wohl auf die Idee kommen, ihrem Gewerbe direkt zu Füßen der Kultstatue nachzukommen. Er blieb leicht verwirrt, auch während des Opfers, dass seine Frau mit der ihr einen Souveränität vollzog, doch konnte er sich damit ablenken, das germanische Opferritual zu verfolgen und seinen Fokus darauf zu lenken. Wie immer war das germanische Ritual eine erstaunliche Mischung aus ritualisierten Abläufen, und Freiheit. Anders als die römischen Opferrituale, bei denen alles nach bestimmten Regeln funktionierte und der noch so kleinste Fehler dazu führen konnte, dass das Opfer misslang, schienen die Götter in ihrer germanischen Erscheinung deutlich großzügiger und toleranter zu sein. So lauschte Curio dem Gebet seiner Frau und wartete dann schweigend neben ihr.


    Nach einem Augenblick nahm auch er das Rauschen des Waldes wahr, dass sich für einige Augenblicke deutlich von den vorherigen Geräuschen abhob. Er atmete tief durch und wandte sich dann Silvana zu, die die Annahme des Opfers bereits kundgetan hatte und ihn nun ansah. Und da waren sie dann auch wieder, die Überlegungen dazu, ob es wirklich ihr Ernst gewesen sein konnte, dass sie sich hier vor Ort liebten. Sie waren hier in einem heiligen Hain, einem öffentlichen Ort, an dem jederzeit jemand vorbeikommen konnte, und es würde sicherich nicht den besten Eindruck machen, wenn der neue Besitzer des Landguts sich hier mit seiner Frau vergnügte. Dennoch kribbelte in ihm die Idee, wie es wohl wäre, hier, unter freiem Himmel, etwas, dass sie noch nie gemacht hatten. Es war angenehm warm, sie würden also nicht frieren.


    Zögerlich fixierte er seine Frau und etwas anderes fing ihn ein. Es waren wieder ihre Augen. Dieses tiefe Blau, das ihn schon immer magisch angezogen hatte, seitdem er sich in sie verliebt hatte, in das er immer zu fallen drohte, wenn ihr Blickontakt zu lang wurde und das ihn doch immer wieder von Dingen überzeugen konnte, an denen er selbst noch Zweifel hatte. Und in diesem Moment war da dieses leichte Blitzen, dieses Flackern, das vermutlich durch die Sonnenstrahlen ausgelöst wurde, aber auch mit ihrem verschmitzten Lächeln zusammenhing. Wie automatisch zog er sie sanft an sich heran und küsste sie erneut, weil er diesem Anblick grade einfach weder widerstehen konnte, noch wollte. Ihr letztes Mal war gefühl schon wieder eine Ewigkeit her, da er wegen des Angriffs natürlich auf solche Dinge hatte verzichten müssen. Langsam ließ er seine Fingerspitzen über den Stoff ihrer Tunika gleiten, fuhr ihre Armbeuge hinab bis zu ihrer Hüfte, bevor er plötzlich innehielt und seine Lippen von den ihren löste.


    Bist du dir sicher, dass das kein... Problem ist? Ich will den Göttern nicht irgendwie auf die Füße treten.


    Jetzt grade, wo er den Frieden dieses Ortes, ja des gesamten Landguts fühlte und das gute Gefühle der Nähe seiner Familie spürte, wollte er das nicht dadurch zerstören, dass er mal wieder dumm war und sich gehen ließ. Dafür war ihm das alles zu wichtig.

  • Ob sie das wusste? Nein natürlich wusste sie das nicht. Aber sie hatte das Gefühl, dass es die Götter nicht stören würde. Warum auch? So genoss Runa die Zuwendungen ihres Mannes und schließlich sanken beide auf das weiche Moos und taten es unter den Augen der Götter....


    Viele schöne ruhige Tage verbrachten sie noch auf dem Landgut. Curio und Runa waren wieder genau so vertraut wie am Anfang ihrer Beziehung und Runa hatte endlich ihre Ängste ablegen können. Endlich war sie frei von den Sorgen um ihren Mann. Sie konnte wieder jeden Augenblick mit ihm unbeschwert genießen.


    Bis zu jenem Morgen an dem die schreckliche Nachricht kam und sie überhastet aufbrachen....

  • Er hatte sich wieder zurückziehen müssen, weil es trotz aller guten Vorsätze nicht so geklappt hatte, wie er sich das gehofft hatte. Curio hatte sich mehr schlecht als recht von seiner Schwägerin und seiner Frau verabschiedet, die darauf bestanden hatte, ihre gemeinsame Tochter bei sich zu behalten, während ihr gemeinsamer Sohn mit ihm auf das Landgut gefahren. Am Anfang hatte der Junge noch regelmäßig gefragt, wann seine Mutter und Schwester denn nachkommen würden, doch waren die Fragen weniger geworden, da er regelmäßig von den Menschen, den Freien und Bürgern aus der Umgebung beschäftigt wurde und von seinem Vater in den wichtigsten Dingen ausgebildet wurde. Curio indes hatte immer mehr aufgeschoben, letztlich sogar verfügt, dass alle Entscheidungen die Casa betreffend in Mogontiacum entschieden werden und damit von ihm ferngehalten werden sollten. Er hatte sich zunehmend abgenabelt von der Stadt, beantwortete nur noch vereinzelte Briefe aus den Kulten und neigte zunehmend dazu, höchstens noch seine kultischen Pflichten in Mogontiacum wahrzunehmen, nur um die Stadt danach schnell wieder zu verlassen. Er gab keine gute Figur ab, dich letztlich musste man wohl einfach festhalten, dass er sich zunehmend in der Situation wohlfühlte.


    Wären an diesem einen Tag nicht schon von weitem knackende Büsche und Sträucher zu hören gewesen, aus denen schließlich ein Reiter hervorbrach, der auf dem schnellen Pferd schnurstracks Richtung Hauspforte ritt, das Pferd dort an den Säulen anband und mit selbstbewusstem Schritt und einer offensichtlich bis zum Rand gefüllten Umhängetasche die Treppenstufen hochstieg, nur um oben angekommen an die Pforte zu klopfen. Diese öffnete sich schnell, der Verwalter blinzelte kurz, machte dem dunkelhaarigen Mann aber gleich Platz und als er in den großen Flur trat, hörte er auch schon die Stimme des kleines Helvetius, der angelaufen kam.


    ACANTHOS!


    rief der Junge und fiel dem Sklaven um den Hals, der zwar sonst immer bei seinem Herrn war, nun aber in Mogontiacum verblieben war, um dort die häuslichen Angelegenheiten zu erledigen und seinem Herrn das Gros seiner Arbeit abzunehmen. Er hatte schon lange das Privileg, das Familiensiegel Curios führen zu dürfen, doch offensichtlich gab es nun Dinge, die er nicht erledigen und die erst recht nicht warten konnte.


    Salve, Cornutus.


    grüßte der Sklave den Jungen freundlich, drückte ihn fest und blickte ihn dann aber ernst an.



    Bringst du mich bitte zu deinem Vater, wir müssen ein paar Dinge klären.


    Seine Stimme war vieldeutig, aber der Junge kannte ihn schon seit seiner Geburt und führte ihn daraufhin gleich in den Ostflügel des Gebäudes, wo sein Vater zu arbeiten pflegte - oder was man auch immer als Arbeit bezeichnen wollte.

  • Mit sicheren Schritten ging Acanthos neben dem jungen Helvetius den Korridor entlang in den Empfangsraum Curios. Der Junge plapperte vor sich hin und erzählte so ziemlich alles, was in den letzten Tagen geschehen war, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen, und da er viel auf dem Landgut unterwegs war und mit der Erlaubnis seines Vaters auch mal in das kleine Dorf der Angestellten gehen durfte, war das schon wirklich einiges. Der Empfangsraum war offen gestaltet und so konnte der Macedone bereits hineinsehen, noch bevor er am Türrahmen angekommen war und leise klopfte. Curio erhob seinen Augen von seinem Buch, musterte seinen langjährigen Sklaven und dann seinen Sohn, der nun deutlich ruhiger geworden war, da er wusste, dass sein Vater gerne Ruhe hatte und dann vor allem in der gemeinsamen Zeit auch mit ihm herumtollte und sich geduldig seine vielen Berichte anhörte.


    Acanthos, komm rein und setz dich.


    sagte er ernst, lächelte dann seinem Sohn zu.


    Sag Eurydike, dass sie uns was zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen bringen soll.


    Der Junge nickte freudig und zog dann ab, vielleicht etwas zu schnell und Curio konnte sich denken, dass Cornutus wohl in die Küche rannte, anstatt züchtig zu gehen, wie es der Sohn eines Decurios und Pontifex tun sollte. Da kam er dann doch eher nach seiner Mutter und Curio wusste, dass sie daran arbeiten mussten, wenn sie zurück in die Stadt führen würde - oder besser falls.


    Also, was gibt es? Es scheint wichtig zu sein.


    fragte der Helvetier schließlich, legte sein Buch beiseite, legte die Hände in seinen Schoß und blickte seinen Sklaven an.


    Zu viel und zu viel... Negatives.


    antwortete der Macedone und zog ein paar Briefe aus seiner Umhängetasche.


    Fangen wir vorne an. Deine Mitgliedschaft im Collegium Pontificium wurde aufgrund deiner dauerhaften Abwesenheit suspendiert. Ich hab ein Schreiben dabei, dass dich final auffordert, in die Stadt zurückzukehren, um dich zu deiner Abwesenheit zu erklären. Zudem... und dazu mein tief empfundenes Beileid... hat uns die Nachricht vom Tode deines Bruders erreicht. Offenbar wurden deine Verwandten in Rom als Erben eingesetzt und Alpina ist daher vorerst nach Rom abgereist, um die Dinge zu klären und vielleicht auch dort zu bleiben. Zuletzt... hat auch deine Frau Mogontiacum verlassen. Momentan wissen wir noch nicht, wo sie sich befindet.

  • Es folgte eine lange Pause, die länger was als jene Pausen, die der Macedone von seinem Herrn gewohnt war. Und doch sah er regelrecht, wie es hinter den Augen des Helvetiers arbeitete, wie er versuchte, die Informationen, die schiere Überzahl an Hiobsbotschaften zu verarbeiten und in eine logische Ordnung zu bringen. Curio indes hatte nicht mit dieser Menge gerechnet, vielleicht noch am ehesten mit der Nachricht, dass der Ordo decurionum im Druck machten, wieder dauerhaft seinen Wohnsitz in der Stadt zu nehmen, damit er auch seinen täglichen Verpflichtungen als Pontifex und Decurio wieder nachzukommen. Das wäre politisch und beruflich gewesen, damit wäre er klargekommen und irgendwie hatte er auch erwartet, dass seine Kollegen in der Stadt nicht endlos viel Geduld mit ihm haben würden, hatten sie doch auch ein Recht darauf und er selbst die Pflicht dazu, eben jene Aufgaben zu übernehmen und sie nicht einfach seinen Amtskollegen zu überlassen. Außerdem kam hinzu, dass er die politischen Mehrheiten in der Stadt nicht mehr kannte und es konnte sehr gut sein, dass nun die anti-duccische konservative Fraktion die Überhand und mehrere neutrale und weniger auffällige Decurionen auf ihre Seite gezogen hatten und dieses Schreiben nur ein Feigenblatt war, dafür war, ihm das Amt zu entziehen und das entweder durch seine Abwesenheit zu begründen oder, falls er doch zurückkehrte, eine große Inszenierung, einen Schauprozess in der Curia über ihn abhalten und ihn danach absetzen würden. Doch das Verschwinden von Silvana, der Tod seines Bruders und die Abreise Alpinas nach Rom trafen ihn wirklich, nachhaltig und tief.


    Ich hätte nicht so lange hierbleiben dürfen. Aber... warum hast du nicht früher was gesagt?


    sagte er schließlich leise, ohne Zorn in der Stimme, eher traurig und unsicher, so wie in den alten Zeiten, als er noch Discipulus gewesen war oder er seine Verletzungen durch den Anschlag auf dem Forum hatte auskurieren müssen.


    Der Macedone runzelte die Stirn, beugte sich zu dem Helvetier hinüber und sagte leise:


    Weil du es so angeordnet hast. Du hast gesagt, dass ich das Tagesgeschäft von dir fernhalten soll.


    Erneut entstand eine lange Pause, Acanthos lehnte sich wieder in den Stuhl zurück und begann damit, die Schreiben zu ordnen. Im Grunde hatte er alles wichtige zusammengefasst, der Rest war Alltag, den er nur mitgenommen hatte, um die Dringlichkeit dieses Besuchs zu unterstreichen.


    Wir müssen zurück...


    sagte Curio schließlich und Acanthos nickte bestätigend.


    Der Reisewagen ist bereits auf dem Weg. Roderiq fährt und wir haben noch zwei weitere Männer als Geleitschutz auftreiben können.


    Der Aufbruch war nicht hektisch, sondern recht geordnet und Cornutus freute sich sichtlich, wieder in die Stadt zu dürfen. Als die Kleider- und Reisetruhen gepackt und auf den bereits angekommenen Wagen geladen wurden, war der junge Helvetius bereits in den Wagen gestiegen, während Curio noch nachdenklich auf das Landgut blickte. Hatte er sich anfangs noch ein wenig enttäuscht über Größe und Zustand des Wohngebäudes gezeigt, hatte er es mit der Zeit liebgewonnen - und würde trotz allem regelmäßig herkommen. Schließlich stieg auch er ein und der Wagen setzte sich in Bewegung. Zurück in die Stadt.

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