Cubiculum Caesaris - Wie fühlen wir uns heute?

  • Der Abriss der Domus Aeiliana und der Neubau eines eigenen Prachtbaus für den Caesar dauerte - teils bedingt durch den winterlichen Baustopp - noch an. Solange die zukünftige Domus Aquiliana noch nicht fertiggestellt war, bewohnte Appius Aquilius Bala noch gemeinsam seinem Vater und seiner Stiefmutter die Domus Augustana. Der Palatin war riesig, weshalb der Caesar noch nicht das Gefühl hatte, dass man sich hier gegenseitig auf die Füße trat. Dennoch sehnte er sich nach dem Tag, an dem er in den Neubau umziehen konnte. Doch bis dahin musste der Caesar seinen Alltag in diesem vorübergehenden Cubiculum bestreiten, worüber er auch nicht unbedingt traurig war.


    Heute stand ein erstes offizielles Kennenlernen mit dem Leibarzt der kaiserlichen Familie an. Oder besser gesagt: Mit der Leibärztin. Als Appius Aquilius Bala gehört hatte, dass sein Vater sich eine Frau als Medicus Personalis engagiert hatte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der Fuchs! Die Medica hatte sodann auch einen Brief an den Caesar adressiert und um ein Kennenlernen und die Möglichkeit einer ersten Untersuchung gebeten. Bala hatte achselzuckend zugesagt. Er hatte Plinia Chrysogona nach dem Ientaculum einbestellt. Mit dem Frühstück hatte er sich allerdings wie so häufig etwas Zeit gelassen, weshalb zum verabredeten Zeitpunkt noch immer einige Reste auf Balas Teller übrig waren. Brot, Olivenöl, Honig, Käse, Datteln und etwas geräucherten Fisch hatte der Caesar gefrühstückt. Jetzt pulte er sich mit einem silbernen Zahnstocher zwischen den Zähnen herum und ließ sich von einem Sklaven verdünnten Pfirsichsaft bringen. Wahrlich, als Caesar lebte es sich doch hervorragend.

  • Der Caesar hatte Chrysogona nach seinem lentaculum zur ersten Begegnung zu sich eingeladen. Die Medica war sehr gespannt auf den Sohn des Kaisers. Ein Sklave brachte sie zu ihm. Auf einem Tisch standen noch die Reste des durchaus ausgewogenen Frühstücks, wie sie festsellte. Ihr neugieriger Blick traf den jungen Mann, der offensichtlich nicht lange zuvor aufgestanden war. Er war in etwa so groß wie sein Vater, jedoch noch athletischer vom Körperbau. Chrysogona grüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln und einem Kopfnicken.
    "Salve, mein Caesar. Ich bin Plinia Chrysogona, die Medica. Ich hoffe, du hast gut geschlafen und dir mit dem lentaculum eine gute Basis für meine Unterschung geschaffen."

  • Plinia Chrysogona war jedenfalls schonmal ein Anblick, für den es sich lohnte aufzustehen. Appius Aquilius Bala erwiderte das freundliche Lächeln der Medica, blieb ansonsten jedoch erstmal in abwartender Haltung. Er wollte erstmal sehen, was diese Ärztin ihm so alles aufbürden wollte. Aber entgegen seinen Erwartungen begann dieses Treffen nicht gleich mit einem lästigen Pflichtenkatalog, sondern mit Smalltalk. Nein, vielmehr lobte Plinia den Caesar sogar für seine Frühstückswahl, so verstand Bala es jedenfalls. Zufrieden lächelte er noch etwas breiter.


    "Plinia, sei mir willkommen. Nimm Platz", sagte Bala freundlich und lud die Leibärztin zunächst ein, sich auf einen Stuhl niederzulassen. "Ich habe wahrlich eine angenehme Nacht verbracht", beantwortete er anschließend Plinias Frage. Und weiter paraphrasierte der Caesar: "Ein Tag ohne Ientaculum ist ein schlechter Tag." Er lächelte Plinia erneut an. "Also, Medica, was hast du heute mit mir vor? Womit habe ich zu rechnen? Welchen Untersuchungen wirst du mich unterziehen?" Verschmitzt sah er die junge Frau an. Einerseits hatte er Respekt vor Ärzten, denn sie konnten Leben retten. Andererseits fand er die Situation irgendwie amüsant, denn er hatte noch nie einen weiblichen Leibarzt gehabt. Er war wirklich gespannt, wie die Medica mit der Situation umgehen würde.

  • Der Caesar bot Chrysogona einen Stuhl an. Er machte einen entspannten Eindruck und war ihr auf Anhieb sympathisch. Sie setzte den Smaltalk fort mit der Absicht den Caesar langsam auf die anstehenden Themen hinzuleiten.
    "Das ist wahr, ein Tag ohne Lentaculum ist ein schlechter Tag. Wie haeltst du es mit den weiteren Mahlzeiten und mit dem Weinkonsum?"

    Sie war in medias res angekommen und antwortete gleich auch noch auf seine Frage. "Ich moechte mich nur ein wenig mit dir ueber dein Befinden unterhalten und sehen ob etwas ansteht, das behandelt oder beobachtet gehoert. Danach wuerde ich eine koerperliche Untersuchung vornehmen um sicherzustellen, dass ich mir keine Sorgen um den zweitwichtigsten Mann in Rom machen muss."


    Chrysogona schenkte ihm ein gewinnendes Laecheln.

  • Die Gegenwart des Caesars schien Plinia Chrysogona nicht zu beunruhigen. Appius Aquilius Bala war es ganz recht, dass die Ärztin keine Berührungsängste zeigte. Vermutlich hatte sie zuvor bereits seinen Vater einer Untersuchung unterzogen und fühlte sich in der Gegenwart des Sohnes deshalb nicht mehr so arg beunruhigt, wie Bala das von anderen Normalsterblichen gewohnt war.


    "Das Prandium fällt für mich meist nicht besonders umfangreich aus. Ich verlasse mich da auf den Koch", entgegnete Bala achselzuckend auf Plinias Frage hinsichtlich der anderen Mahlzeiten. "Bei der Cena darf dann allerdings ordentlich aufgetischt werden. Und der Wein... nun, ich spreche ihm gerne zu, wenn du das meinst. Warum?" Mit einem skeptischen Blick fixierte er die Medica. Er hatte keine Lust, sich seine fröhlichen Abende mit Fruchtsäften oder gar Wasser versauen zu lassen.


    Auf Plinias Erläuterungen zum weiteren Vorgehen nickte Bala zustimmend. Das gewinnende Lächeln zum Schluss erwiderte der Caesar gönnerhaft. "Dann tu, was du tun musst", sagte Bala schließlich und machte somit deutlich, dass er es nicht für nötig hielt, sich weiter mit Smalltalk aufzuhalten.

  • Der junge Caesar machte keinen Hehl aus seiner Genusssucht. So sehr sie aus medizinischer Sicht die Maßlosigkeit als gefährlich erachtete, konnte sie doch verstehen, dass ein junger Mann wie er, gerne ab und an über die Strenge schlug. Sie nahm sich vor, das Thema nicht zu vertiefen, den Thronfolger jedoch gut zu beobachten und eventuell bei Gelegenheit noch einmal darauf zurückzukommen.
    "Nun, aus medizinischer Sicht ist der goldene Mittelweg sicher empfehlenswert. Wenn du auf ein gutes Mischungsverhältinis von Wasser und Wein achtest und die Exzesse die Ausnahme und nicht die Regel sind, werde ich dir keine Vorschriften machen."


    Ihr Blick wanderte zum Bett des Caesars. "Nun, dann beginnen wir mit der körperlichen Untersuchung. Wenn du bitte dort Platz nimmst. Ich werde zunächst im Sitzen den Puls tasten, die Lunge abhören und mir deine Zunge ansehen. Danach muss ich dich bitten, die Tunika abzulegen, damit ich eine Untersuchung der Bauchorgane vornehmen kann. Wie sieht es mit deiner Beweglichkeit und sportlichen Betätigung aus? Kannst du bei einer Rumpfbeuge mit den Fingerspitzen den Boden berühren? Was ist mit Schwimmen, Laufen oder Ringen?"


    Der junge Mann sah sportlich aus, doch konnte der Anblick täuschen. Wenn es stimmte und er den Genüssen im Übermaß zusprach, war er dann womöglich ein verweichlichtes Söhnchen? Die Medica versuchte mit ihren Fragen der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

  • Appius Aquilius Bala hörte genau hin, was die Medica von seinem Weinkonsum hielt. Ihre Ankündigung, sie werde ihm keine Vorschriften machen, wenn er denn auf ein gutes Mischungsverhältnis achtete, entlockte dem Caesar ein Schmunzeln. "Nun gut. Ich werde darauf achten, mich nicht täglich zu berauschen." Diese Beteuerung musste der Plinia zunächst genügen.


    Anschließend erhob Bala sich gemäß Chrysogonas Bitte und wandte sich dem Bett zu, wo er sich setzte. Er behielt eine bewusst aufrechte Haltung bei, während er ihren Anweisungen Gehör schenkte. Er nickte daraufhin und während er sich die Tunika über den Kopf zog, versuchte er Plinias Fragen zu beantworten. "Also, ich bin nach eigener Meinung sehr beweglich. Ich führe nahezu täglich körperliche Übungen aus, Laufen, Ringen, Diskus- oder Speerwurf... im Grunde alles, was ein echter Römer auf dem Sandplatz betreibt. Immerhin habe ich auch einige Zeit bei der Legio XV Apollinaris als Tribunus verbracht, da habe ich mich sogar mit den Milites gemessen." Sein entblößter Körper bestätigte diese Angabe: Die Muskelpartien waren deutlich erkennbar und nur ein geringer Ansatz ließ sich am Bauch erkennen, der ganz offensichtlich von des Caesars Appetit und dem zuvor bezeichneten Weinkonsum herrührte. Scham vor seiner - ganz römisch enthaarten - Blöße ließ er nicht erkennen und bei der Beschreibung seiner sportlichen Aktivitäten schwang eine Spur Stolz in seiner Stimme mit. "Den Fußboden?", fragte Bala nun ersichtlich überrascht. Er warf einen Blick auf seine Füße und schien einen Augenblick darüber zu sinnieren, ob er je den Versuch gewagt hatte, die Dehnbarkeit seines Körpers auf diese Weise zu testen. Schließlich erhob er sich unvermittelt und probierte es einfach aus. Leider erfolglos. Es fehlte eine Fingerbreite. "Hm", brummte er schmallippig und sah Chrysogona stirnrunzelnd an. "Ist das ein schlechtes Zeichen?"

  • Der verschmitzte Humor des Caesars gefiel der Medica. Als er sich entblößte konnte der Kennerblick feststellen, dass er durchaus gut trainiert war. Der Aquilier lieferte auch sogleich die Erklärungen für seinen guten physischen Zustand. Die körperliche Ertüchtigung war an seinem Körperbau abzulesen. Chrysogona war zufrieden. Der leichte Bauchansatz war kein Problem solange sich der Caesar fit hielt.


    Dass er dann bei der Rumpfbeuge den Boden nicht berührer konnte, war zu erwarten gewesen. Die meisten Männer waren nicht so dehnfähig, wenn sie nicht speziell dafür trainierten, weil sie im Ringkampf oder als Gladiator auf Wendigkeit und Geschmeidigkeit wert legen mussten. Die Medica winkte ab als Bala fragte ob das ein schlechtes Zeichen war.
    "Ich nehme nicht an, dass du eine Karriere in der Arena anstrebst. Dann wäre ein bessere Beweglickeit und Geschmeidigkeit überlebensnotwendig. Für den Alltag eines Caesar wird es nicht von herausragender Bedeutung sein."


    Sie trat an ihn heran und gab ihm durch eine Geste zu verstehen, dass er sich setzten sollte. Vor ihm stehend zahlte sie die Pulsschläge am Handgelenk und ließ sich die Zunge zeigen. Keine Auffälligkeiten. Um die Lunge zu untersuchen stellte sie sich sehr nah vor den Caesar und beugte sich zunächst so über seine Schulter, dass sie mit den zu Trommelschlegeln geformten Fingern den Brustkorb abklopfen konnte. Sie lauschte dem Schall der zurückkam und versuchte ein Bild der Belüftung der verschiedenen Lungenanteile zu bekommen. Auch die Nieren unterzog sie einer Klopfuntersuchung. Der Caesar schnitt bei allen Tests hervorragend ab.
    Zuletzt bat sie ihn sich hinzulegen, damit sie das Herz abhören und die Bauchorgane abtasten konnte. Sie legte ihr Ohr auf die epilierte Brust des Aquiliers. Er verströmte den Geruch von edlen Duftölen. Chrysogona bemühte sich das auszublenden und lauschte den Herztönen. Kein Befund. Dann griff sie in seine Kniekehlen und stellte die Beine auf. Mit vorsichtig tastender Hand untersuchte sie zunächst oberflächlich, dann tiefgreifender Leber, Galle, Magen und die Gedärme. Keine besorgniserregenden Ergebnisse.


    Chrysogona lächelte zufrieden. "Sehr gut. Du bist in hervorragender körperlicher Verfassung. Ich habe nur noch eine Frage. Welche Art der Karriere strebst du an? Möchtest du weiterhin eine militärische Laufbahn einschlagen oder eher in die Verwaltung? Ich frage, weil die körperliche Verfassung beim Exercitus vor allem wenn es um den Einsatz im Kampf geht, durchaus eine große körperliche Leistungsfähigkeit voraussetzt. Wenn du dahin tendierst, solltest du das jetzige Training nicht vernachlässigen."


    Ihr Blick bekam wieder etwas von der Strenge, die der Caesar schon beim Thema Genusssucht zu spüren bekommen hatte.

  • "Ha ha, nein, wahrlich nicht", stimmte Appius Aquilius Bala der Medica lachend zu. Eine Karriere in der Arena war das letzte, an das der Caesar bisher gedacht hatte. Aber selbst als Kommandeur einer Legion würde er wohl nie in die Verlegenheit kommen, selbst den Gladius schwingen zu müssen, sofern er sich nicht in einen Hinterhalt locken ließe. Er nahm es deshalb hin, dass er nicht so geschmeidig war wie ein Berufssportler.


    Die folgende körperliche Untersuchung ließ Bala widerspruchslos über sich ergehen. Er war es von Ärzten bereits gewöhnt, dass sie allerlei merkwürdige Umstände kontrollierten, einen überall anfassten und komische Fragen stellten. Jedoch war er bisher nie von einer Frau untersucht worden. Neugierig beobachtete Bala die Plinia bei ihrer Arbeit. Als sie sich über seine Schulter beugte, nahm der Caesar den blumigen Duft wahr, der Chrysogona anhaftete. Er sog ihn unmerklich ein. Schließlich sollte er sich hinlegen und die Medica legte ihr Ohr auf seine Brust. Ein Schmunzeln konnte Bala sich nun nicht mehr verkneifen. Leider verflog der Moment sogleich, als Chrysogona damit begann seine Organe zu untersuchen, was Bala nicht mehr sonderlich sinnlich fand.


    Letzten Endes zählte allein das medizinische Urteil, das Plinia fällte, und das fiel sehr gut aus. Der Caesar lächelte zufrieden. Die Frage nach seiner Karriere brachte ihn dann allerdings kurz aus dem Tritt. Hatte die Plinia nicht mitbekommen, dass er der Caesar war? Eines Tages wäre er Imperator, dann kam es nicht mehr darauf an, welche Art von Karriere er verfolgen wollte. Militär, Verwaltung, das war dann doch alles Teil seiner Lebensaufgabe. Jedenfalls war das Balas Vorstellung vom Kaiserdasein. Dass er militärische sowie verwalterische Aufgaben auch delegieren konnte und musste, um nicht an Überarbeitung zu sterben, dämmerte dem Caesar erst allmählich. "Plinia", sagte er deshalb in leicht belehrendem Tonfall, "mit Mars' Willen werde ich einmal als Vorbild für die Milites an vorderster Spitze des Exercitus Romanus stehen. Ob ich dann nur Befehle gebe oder selbst mit den Männern in den Kampf ziehe, es wäre doch nur peinlich, wenn ich dabei rund wie ein Fass wäre." Er grinste schief bei dieser Vorstellung. Appius Aquilius Bala, der fette Princeps. Allseits bekannt für seine kaiserliche Wampe. "Du brauchst dich also nicht sorgen, Plinia. Ich werde stets darauf achten, mich kräftig und ausdauernd zu halten", versicherte der Caesar der Medica zuletzt, wobei er ihrem strengen Blick standhielt.

  • Die Belehrung des Caesars nahm die Medica gehorsam hin. Es war sein gutes Recht sie auf seine exponierte Stellung hinzuweisen. Da die Griechin noch nie zuvor einer Schlacht begewohnt hatte, wusste sie nicht inwieweit die Befehlshaber auch in das Kampfgeschehen eingriffen. Dass er nicht erwartete körperlich großartig gefordert zu werden quittierte sie mit einem Nicken. Auch gut. Dann musste sie sich wohl doch eher Gedanken über seine Genusssucht und nicht über seine physische Leistungsfähigkeit machen.
    Die Vorstellung des Caesars als Fass hingegen entlockte ihr erneut ein Schmunzeln. Die Strenge verflog aus dem Blick und sie traute sich einen weiteren Scherz zu. "Dann werde ich nur ein Auge darauf werfen, dass aus dem Caesar kein Weinfass wird, damit du auch im Sattel eine gute Figur abgibst."


    Eine ihrer Augenbrauen zuckte amüsiert nach oben. "Ich schlage vor, ich überprüfe deinen Gesundheitszustand alle sechs Monate, es sei denn du findest ein anderes Interval besser oder fühlst dich nicht wohl. Bedenke bitte, gerade weil du der Thronfolger bist, wirst du nicht nur Freunde und Gönner haben. Ich würde nur ungern deinen unnatürlichen Tot attestieren."


    Ihr Blick traf seinen und wenn er ein wenig Einfühlungsvermögen hatte, würde er wissen, dass sie das sehr ernst meinte. Es wäre nicht nur für ihre berufliche Karriere eine Katastrophe.
    Sie verbeute sich leicht. "Dann danke ich dir für deine Geduld bei der Untersuchung und der Befragung. Vale bene, Caesar."

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