[Triclinium] Ungewissheit ist die schwerste Last

  • Leise vor sich hinfluchend betrat Curio in Begleitung von Kaeso das Triclinium. Was fiel diesem verdammten Macedonen eigentlich ein, ihn eine ganze Stunde warten zu lassen, bis er ihm mitteilte, dass bei seiner Frau die Wehen eingesetzt hatten? Doch wurde seine Wut schnell von einem lauten Schrei unterdrückt, der durch das Haus gellte. Natürlich erkannte er die Stimme seiner Frau. Der Helvetier zuckte leicht zusammen und blickte in die Richtung seines Cubiculums, wo sich die drei Frauen befanden, um sein Kind zur Welt zu bringen - und wo Silvana wohl Tartarusqualen aushalten musste. Sämtliche Wut war aus seinen Augen verschwunden und hatte einer Unsicherheit Platz gemacht, die seinen ganzen Körper durchflutete. Er blickte zu Kaeso: Acanthos hatte betont, dass der Junge darauf bestanden hatte, ihm sofort bescheid zu sagen, was der Macedone allerdings unterbunden hatte. Nun war Acanthos auf dem Weg, um die restlichen Termin des Tages sicherheitshalber abzusagen. Keiner davon tat ihm besonders weh, auch wenn er wusste, dass er jeden einzelnen würde nachholen müssen.


    Setzen wir uns...


    sagte der Helvetier schließlich und rückte sich einen Stuhl zurecht, was Kaeso auch für sich tun konnte. Acanthos hatte gesagt, dass Curio hier ohnehin nichts hätte ausrichten können und es ärgerte den jungen Helvetier, dass er recht gehabt hatte. Aber eben auch nicht so ganz. Er konnte hier sein und Silvana würde sicherlich spüren, dass er hier war und an sie dachte. Sie hatte dafür ja ihren sechsten Sinn. Vorhin, als sie im Haus angekommen waren, hatte er Gwyn gebeten, in dem Raum nach dem Rechten zu sehen und bescheid zu sagen, dass er da sein. Nun hieß es aber warten und hoffen... warten... und hoffen...

  • OH ihr Götter, helft mir das mich niemals die Wut von diesem Mann trifft, war mein erster Gedanke als wir im Triclinium angekommen waren. Die ganze Zeit während des Wartens hatte ich mich gesorgt Alpina wäre böse auf mich, weil ich nicht zurückgekommen war. Dabei hätte ich mich um was ganz anderes Sorgen sollen, nämlich auf die Wirkung, dass die Botschaft nicht gleich übermittelt worden war.
    Noch nie hatte ich erlebt das ein Mann so schnell durch die Straßen einer Stadt eilen konnte und das im gehen. Ich musste wirklich laufen um Schritt halten zu können.
    Was hatte der arme Acanthos nicht alles hören müssen als der Zorn des Helvetiers über ihn einbrach. Ein Glück das ich nicht der schuldige war, meine neue schöne Stellung hätte ich bestimmt sofort verloren.


    Ich stellte mit Verwunderung fest, wie sich ein Mann wirklich um seine frau sorgen kann. Die Wut war nach dem Schmerzensschrei seiner Frau der Sorge um sie gewichen. Unwillkürlich musste ich an meine Eltern denken. Sah meinen Vater wie er meine Mutter kurz vor ihrer letzten Niederkunft niederschlug. Hörte wie er sie anbrüllte wenn ein Schmerzton von ihr kam. Sah ihre blutigen Lippen und Knöchel vor mir, zerbissen vom unterdrücken der Schmerzen. Dieser Helvetier brach in Panik aus noch ehe die Geburt richtig los ging.
    Vielleicht ergab sich ja für mich eine Möglichkeit den Raum bald zu verlassen, denn dem Nervenkostüm des Mannes traute ich nicht so ganz.

  • Curio blickte auf. Kaeso hatte sich noch nicht hingesetzt, ja nichtmal damit begonnen, einen Stuhl zu holen. Stattdessen stand er etwas verloren in dem großen Raum und wusste offenbar nicht, wie er das seltsame Verhalten des jungen Helvetiers zu deuten hatte. Gut, Kaeso wohnte noch nicht lange hier im Haushalt, kannte also die Dynamiken nicht und sah den jungen Helvetier zumeist in seinen eher problematischen Situationen. Wie hätte wohl Curio reagiert, wenn er zum Beispiel bei seinem Patron zuerst dessen jähzornige Seite kennengelernt hätte, mit der er erst erstaunlich spät konfrontiert worden war? Er wusste es nicht.


    Wenn du lieber in dein Zimmer gehen möchtest, kannst du gerne gehen.


    sagte er mit einem leichten, aber immer noch unsicheren Lächeln. Er würde auch jemand anderes finden, der ihm Gesellschaft leistete, während er darauf warte, dass sein Kind geboren und Silvana von ihren Qualen erlöst werden würde und wenn er dafür auf Acanthos warten müsste, der noch längst nicht genug von ihm mitbekommen hatte. Aber alleine sein, das konnte er nicht, wahrscheinlich würde er dann eher anfangen, durch das spätwinterlich kalte Atrium zu stapfen, um seiner Frau noch näher zu sein...

  • Dankbar hörte ich, dass ich auch gerne gehen konnte. Wenn ich mir aber den Helvetier aber so betrachtete, so tat er mir schon irgendwie leid. Er schien wirklich sehr besorgt. Bestimmt würde er wenn ich gegangen wäre im Kreis, eher im Viereck rennen.


    Tief einatmend nahm ich mir möglichst leise einen Stuhl stellte den in seiner Nähe ab, nicht zu nahe natürlich, denn man konnte ja nie wissen und setzte mich vorsichtig hin um gleich darauf wieder hastig auf zuspringen. Mir war ein Gedanke gekommen, wie ich fand ein guter. „Möchtest du das ich dir etwas zu trinken oder sonst etwas hole? Ein Schluck Wein beruhigt vielleicht die Nerven?"

  • Der Junge war ja fast noch nervöser, als er selbst und tatsächlich beschäftigten sich seine Gedanken nun eher mit dem Jungen, als mit seiner Frau. Er musste Curio ja für ein Nervenbündel halten, der entweder total gefühlskalt, cholerisch oder ein angsterfülltes Nervenbündel war.


    Ähm, ja, das wäre nett. Kennst du dich schon in der Küche aus. Ansonsten frag bitte Gwyn, die zeigt dir dann alles... oder warte, ich komm direkt selber mit.


    Auch er stand nun auf und ging auf die Vorhänge zu. Erneut gellte ein Schrei durch das Haus, der ihn wieder zusammenzucken ließ.

  • Gerade wollte ich antworten, das ich mich in diesem Teil der Casa noch nicht auskannte, da erübrigte sich diese Antwort. Das reinste Nervenbündel, wollte der Helvetier mich nun zur Küche begleiten. An den Vorhängen angelangt zuckte er zusammen und ich gleich mit, da ich mich über sein zucken und ebenso über den Schrei erschrocken hatte.
    Jetzt fragte ich mich wirklich wie das hier noch weiter gehen sollte. Ehe das Kind da war, wären wir beide bestimmt ein nervliches Wrack.
    Abwartend stand ich hinter dem Helvetier, nicht zu dicht damit er mich nicht bei einer plötzlichen Kehrtwende über den Haufen rennen konnte.

  • In der Tat war es gar nicht so abwegig, dass Curio noch dreimal seine Meinung ändern würde, solange er im Hinterkopf hatte, dass seine Frau ein paar Räume weiter alle ihre Kräfte aufbringen musste, um sein Kind zu gebären. Er wusste zwar, dass Silvana eine starke junge Frau war, aber ihre Mutter war auch eine starke Frau gewesen und diese Stärke hatte eben nicht ausgereicht. Allerdings kam er gar nicht dazu, sich groß Gedanken zu machen, denn kaum waren sie herausgetreten, kam ihnen auch schon


    | Gwyn


    entgegen, der ein leises


    Huch...


    entfuhr, als sie Curio und Kaeso im Atrium sah. Natürlich konnte der junger Helvetier nicht lange warten, sondern ging sofort auf die Britin zu.


    Sag, wie geht es meiner Frau.


    sagte er unsicher und blickte die junge Frau fest an.


    Sie lässt ausrichten, dass alles gut werden wird. Zudem bat sie darum, ihre Familie zu informieren. Aber ich muss weiter, etwas für Alpina holen


    Und schon eilte sie durch das Atrium und verschwand durch die Tür auf der gegenüberliegenden Seite. Curio war erstarrt. Alles wird gut? Das war keine Antwort, das war eine Parole. Es gab also irgendein Problem und er hatte es geahnt, hatte es gewusst und wurde nun bestätigt. Curios Blick wanderte zu der verschlossenen Tür zum Korridor vor seinem Zimmer. Er durfte nicht zu seiner Frau, so waren die Regeln, nicht, solange das Kind nicht geboren und seine Mutter oder Alpina es ihm zu Füßen gelegt und er es angenommen hatte. Er schloss die Augen, atmete tief durch wischte sich mit Hand über die Stirn. Erst dann wurde ihm wieder bewusst, dass er nicht alleine war.


    Entschuldige... Lass uns in die Küche gehen.


    In der Küche waren schnell zwei Kannen, eine mit Wasser, die andere mit Wein, gefüllt, zusammen mit zwei Bechern auf ein Tablett gestellt und zurück ins Triclinium gebracht. Natürlich zeigte Curio Kaeso, wo er die wichtigsten Dinge fand - die Amphore mit Wein, den Bottich mit Wasser, Becher, Kannen, Teller und Tabletts - doch jetzt war er wieder im Triclinium und musste wieder warten... wie er dieses Warten hasste...

  • Was war das nur, was die Menschen hier so in Sorge um eine Frau versetzte? So etwas kannte er nicht. Gut seine Mutter sorgte sich in ihrer hilflosen Arzt um ihre kinder, wenn sie krank waren und noch mehr, dass unser Vater in seiner Trunkenheit uns Kinder verschonte doch das hier, das war ganz anders. Es war mehr als nur Fürsorge.


    Nachdenklich folgte ich zur Küche, wo ich dann die nächste Überraschung erlebte. Niemals hätte ich erwartet, dass so ein großer, groß im Sinne von bekannt, einer wichtigen Persönlichkeit, sich in der Küche auskannte. Nicht nur das, er legte auch selber mit Hand an.


    Wieder im Triclinium überlegte ich wie ich dem Mann helfen konnte. Richtig Gwyn hatte doch etwas gesagt. „Ich will ja nicht stören“, fing ich umständlich an, "doch die Gwyn hat eben was gesagt. Von den Eltern, der Familie deiner Frau. Soll ich jemanden rufen der das übernimmt? Ich könnte aber auch jemanden rufen der dir ein besserer Gesellschafter ist.
    Vielleicht kann ich dir aber auch sonst irgendwie behilflich sein.“
    Letzteres fügte ich immer leiser werdend hinzu.

  • Acanthos wird sich sicherlich schon um das Schreiben für die Duccier gekümmert haben.


    antwortete Curio knapp, nachdem er einen großen Schluck gemischten Weins getrunken hatte. Er ging jetzt einfach mal davon aus. Schließlich hatte der Macedone noch etwas gutzumachen.


    Und ich sagte doch schon: Du musst nicht hierbleiben. Es ist schon...


    er beendete den Satz nicht, denn nun waren mehrere spitze Schreie direkt hintereinander zu hören. Und dann - war es still. Curio lauschte weiter, sekunden-, minutenlang, doch es drang nichts mehr nach außen. Er merkte jetzt erst, dass die Stille viel bedrohlicher war, als es die Schreie gewesen waren. Also kramte er in seinen Erinnerungen, wie es vor gut neun Monaten bei Alpinas Geburt gewesen war, doch konnte er keine der Erinnerungen fassen. Stattdessen drifteten seine Gedanken immer wieder zum Bild Silvanas ab, ihr Lächeln, ihre tiefblauen Augen. Es vergingen weitere Minuten, die sich für Curio wie Stunden anfühlten.


    Schließlich raschelte der Vorhang und seine Mutter erschien, ein kleines Stoffbündel im Arm, blieb einige Schritte von ihm entfernt stehen und legt es auf den Boden. Dann trat sie einen Schritt zurück und Curio spürte ihren erwartungsvollen Blick auf ihm. Langsam erhob er sich und erwiderte ihren Blick.


    Was ist mit meiner Frau?


    fragte er, doch seine Mutter schwieg, blickte stattdessen nur auf das Bündel. Curio schnaubte, trat dann aber auf das Bündel zu, aus dem nun ein leises Quäken kam. Curio lüftete den Stoff, schob ihn beiseite und prüfte das Kind, alles war da, wo man es erwartete, und es war der Junge, den Silvana ihnen vorhergesagt hatte. Ein gesunder Junge und schon recht groß, wie er fand. Der junge Helvetier sah, wie sich das Gesicht des Kindes verzog. Es war kalt dort unten, natürlich. Also packte er das Kind wieder in die Stoffbahn und nahm es auf den Arm. Er sah das Nicken seiner Mutter doch interessierte ihn das alles grade herzlich wenig.


    Ich möchte zu meiner Frau.


    sagte er erneut, während er spürte, wie sein Sohn - sein Sohn! - anfing sich zu bewegen. Dieses Mal gab seine Mutter den Weg frei und schon ging er in ihr gemeinsames Zimmer.

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