[Hortus Herbariorum (Kräutergarten)]

  • Alpina führte Babilus durch den Teil der Casa Helvetia, den sie mit Corvinus und ihrer Tochter Ursicina bewohnte. Vorbei an der Kammer in der Kaeso hauste. Sie erklärte die einzelnen Räume.
    "Hier wohnt Kaeso, ein Junge von etwa 15 Jahren, den ich als Hilfe aufgenommen habe. Der nächste Raum ist meine Vorratskammer, dahinter ein Behandlungsraum."
    Sie schritt voran. Es ging ins kleine Atrium. "Von diesem kleinen Atrium kann man in den Teil des Hauses gehen, den wir uns mit dem Bruder meines Lebensgefährten Iullus Helvetius Curio und seiner Frau Duccia Silvana sowie deren Sohn und den Sklaven und Angestellten teilen. Das Nebenhaus bewohnt der Bruder meines Lebensgefährten. Hier ist die Kammer der Kinderfrau."
    Sie zeigte nach rechts. Vor ihr war die Tür zum gemeinsamen Cubiculum. "Dort werde ich gleich meiner Tochter eine Geschichte erzählen. Folge mir hierlang."


    Alpina ging nach links in das große Atrium des Gemeinschaftstraktes und von dort in den kleinen Kräutergarten, der hinter dem Cubiculum von Alpina und Corvinus lag. Sie deutete auf eine Bank. "Wenn du möchtest kannst du dich setzen oder dich ein wenig umsehen. Ich bin leider nicht dazu gekommen alle Kräuter mit einem Schild zu versehen..."
    Sie sah Babilus verlegen an. "Ich hoffe, dass Ursicina mich nicht so lange festhält und bald einschläft."
    Mit einem Lächeln verschwand sie wieder im Haus und ließ den Tiro allein.

  • Auf dem Weg zum Garten bekam Babilus noch eine kleine Führung. Hier der Raum von dem, dort der Raum der für jenes benutzt wurde. Wieviel Zimmer hatte dieses Haus noch. Es war ein stattliches Anwesen, soviel stand fest.
    Bei einem Namen horchte der Iulier kurz auf, Curio... War das nicht der Politiker aus der Therme? Darüber wollte er sich später gedanken machen.


    Im Garten angekommen lies Alpina ihren besucher alleine. Er nahm Platz auf der Bank, nur um gleich wieder aufzustehen und die Einzelnen Kräuter zu befühlen und an ihnen zu riechen. Das ein oder andere Kraut hatte er bereits schon gesehen. Aber vieles was hier wuchs war ihm unbekannt.Unweigerlich dachte er wieder an Alpina. Aber warum nur? War es wirklich nur Syphatie, oder war da noch mehr. Selbst wenn. Sie hatte einen Lebensgefährten, auch noch in der Legion... Gedanken über Gedanken kreisten durch seinen Kopf. Erging es ihr ähnlich?

  • Ursicina hatte lang nicht einschlafen wollen und so dauerte es doch einige Zeit, bis Alpina im Kräutergarten erschien. Sie fand Babilus bei der Betrachtung der Heilkräuter. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Sie mochte den Tiro. Sie hatte ihn von Anfang an gemocht. Seine offene, neugierige Art - sehr sympathisch.


    Die Hebamme trat zu dem angehenden Legionär. "Das ist Gundermann", sagte sie und deutete auf eine mit zarten blauen Blüten geschmückte unscheinbare Pflanze. "Die Germanen nennen die Pflanze Herr des Eiters, er wird für Tränke und Umschläge bei Eiterungen verwendet. Sowohl wenn ein Zahn unter Eiter steht als auch wenn sich eine Wunde infiziert hat."


    Sie wartete bis er sie wieder ansah. Dann lächelte sie. "Komm, lass uns spazieren gehen. Bald wird es dunkel, dann musst du zurück in die Castra und auch für mich ist es dann besser wieder zuhause zu sein."


    Alpina übernahm die Führung und lotste ihren Gast wieder durch das Gemeinschaftsatrium und durch die Taberna Medica nach draußen.

  • Alpina führte Kaeso in den Kräutergarten. Die verschiedenen Kräuter waren in kleinen rechteckigen Beeten angeordnet, die durch schmale Wege voneinander getrennt waren. Sie zeigte auf ein Beet im Schatten der Hauswand.
    "Siehst du, diese hier lieben es schattig und eher feucht. Dort ist die Minze und der Baldrian. Auch das Mädesüß mag es so. Dort drüben sind die Kräuter, die aus dem Süden jenseits der Alpen kommen. Manche sogar aus Regionen jenseits des Mare Nostrum. Dort ist der Boden eher trocken und sandig, die Sonne stärker. Dort wachsen Salbei, Thymian, Rosmarin und Ysop. Deshalb hab ich den Boden hier mit Sand angereichert. Die Sonne scheint hier den ganzen Tag."


    Die Raeterin ging zu jeder Pflanze hin und ließ Kaeso riechen und schmecken. "Meine Kenntnisse habe ich zum einen aus der Familientradion. Meine Mutter und sogar die Großmutter waren bereits kräuterkundige Hebammen. Zum Teil habe ich aber auch andere Heiler und Kräuterkundige um ihr Wissen gefragt und nachdem ich lesen gelernt hatte, habe ich die Bücher des Medicu Celsus gelesen. Sie enthalen viele wichtige Informationen. Nicht nur deshalb musst du unbedingt lesen lernen."


    Sie klopfte Kaeso aufmunternd auf die Schulter. "Und vergiss nie. Man lernt nie aus. Auch ich lerne täglich dazu. Das Leben ist ein einziges Lernen und das ist gar nichts Schlimmes, im Gegenteil. Es macht Spaß!"

  • Bisher hatte ich dem Kräutergarten keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil ich in der Annahme war, diese Kräuter wären für die Zubereitung von Speisen gedacht. Das war nun ein Gebiet für das ich mich noch nie interessiert hatte und wunderte mich wieso Alpina mich nun hierhin lotste. Jetzt aber wo sie anfing mir die einzelnen Kräuter, ihre Herkunft, ihre Wachstums Voraussetzungen erklärte hatte ich eine Vermutung und hakte deshalb nach. „Also wenn ich das richtig verstehen, wachsen diese Kräuter eigentlich nicht alle in diesem Gebiet, damit du sie wegen ihrer Heilkraft aber immer bereit hast, versuchst du sie hier an zu siedeln?“
    Mich selbst bestätigend nickte ich, jedenfalls hatte ich es so verstanden. Dann jedoch kam mir noch eine Frage, „ich habe im letzten Winter die Eiseskälte hier kennen gelernt, vertragen alle deine Pflanzen dies?“
    Der für mich teilweise doch sehr exotische Geruch und Geschmack beanspruchte diese Nerven dann sehr, denn als Kind aus aus dem ärmsten Kreise war ich nicht damit in Berührung gekommen. Auf den Märkten Roms hatten die Gewürz- und Kräuterhändler mich nie interessiert.
    Bei dem Thema Lesen schwieg ich dann aber lieber. Bestimmt war Alpina enttäuscht da sie nicht mitbekam welche Fortschritte ich machte. Oder ob Runa ihr alles erzählte. Ich wollte Alpina aber nicht damit belästigen, sie hatte schon genug zu tun.

  • Wieder freute sich Alpina über ihren wissbegierigen Schüler. Sie hörte Kaeso genau zu, dann antwortete sie.
    "So ist es. Nicht alle Kräuter sind einheimische Pflanzen. Manche sind erst hier angesiedelt worden und viele - sehr viele - wachsen eben wegen der kalten Winter überhaupt nicht hier. Diese muss ich bei einem Fernhändler kaufen. Das verteuert die Arznei, macht sie wertvoll. Dann kann sie sich nicht jeder leisten. Ich möchte aber gerne, dass möglichst viele derjenigen, die meinen Rat und Beistand suchen, sich eine wirkungsvolle Arznei kaufen können. Deshalb versuche ich diejenigen Kräuter hier selbst anzubauen, die in unserem Klima gedeihen. Manche kann man in den Schutz einer Mauer stellen..." Sie zeigte auf ein Kräuterbeet nahe der Hauswand. "Die Wärme des durch den Sonnenschein tagsüber aufgewärmten Mauerwerks wird nachts an die Pflanzen davor wieder abgegeben. Manche schütze ich durch Reisig vor den Frösten im Winter. Aber leider geht das nicht mit allen Pflanzen."


    Alpina griff in ihren Gürtel und löste eine kleine Sichel vom Leder. "Wir schneiden gleich ein wenig Thymian und verarbeiten ihn zu einem Hustentrank für Esquilina. Wenn du möchtest, zeige ich dir wie man diesen Trank herstellt. Welche Fortschritte macht das Schreiben, Kaeso? Ich hätte nämlich gerne, dass du dir das Rezept und die Herstellungsweise notierst. Wenn das noch zu schwierig für dich ist, mache ich es für dich, aber du musst zusehen und so viel wie möglich selbst schreiben."


    Herausfordernd sah die Hebamme den Jungen an. Sie war gespannt, wie sich die Unterrichtsstunden bei Runa auswirkten.

  • Ein um das andere Mal hatte ich bei Alpinas Erklärungen verstehend genickt. Aufmerksam beobachtete ich wie sie zum Thymian ging und dabei zu ihrer kleinen Sichel griff, hörte auch wie sie von der Herstellung des Hustensaftes sprach. Ehe die nächsten Worte von ihr wirklich in mein Bewusstsein drangen, spürte ich wie sich mein Körper versteifte. Hatte sie wirklich gesagt ich solle das Rezept notieren? Ja hatte sie, denn ich sah ihren fragenden und herausfordernden Blick gerade gesehen.
    Fieberhaft überlegte ich, können würde ich es ja vielleicht. Aber doch nicht so, nur in aller Ruhe, alleine in meiner Kammer. Dann jedoch konnte sie mir nichts diktieren und ich die Herstellung beobachten. Wie jedoch sollte ich ihr dies erklären.
    Hätte ich mich doch nie auf das hier eingelassen. Sie würde mich bestimmt für einen Trottel halten. Och spürte aber ihren Blick und wusste sie wartete auf eine Antwort. „Nun ja,“ fing ich an und scharrte mit der rechten Fußspitze auf dem Boden. „Vielleicht werde ich es ja schaffen, ...aber das wird viel zu lange dauern und dich bei der Arbeit dann stören.“ Letzteres stieß ich so schnell heraus, wie es mir als erlösender Gedanke gekommen war, spürte aber wie ich dabei errötete.
    Manchmal hatte ich hier in diesem Hause wirklich den Eindruck, Frauen hatten irgend eine geheime Fähigkeit, Schwächen auf zu decken und einen bloß zu stellen.

  • Wie die Kräuterfrau schon vermutet hatte, bekam Kaeso ein wenig kalte Füße als sie das Mitschreiben der Rezepte ansprach. Seine promte Ausrede, Alpina bei ihrer Arbeit nicht stören zu wollen, entlockte der Hebamme ein Grinsen. So einfach kam er ihr nicht davon.
    "Ich denke wir werden eine Lösung finden. Vielleicht kannst du dir zunächst nur Stichpunkte auf einer Wachstafel notieren und später dann alles in Ruhe und in ganzen Sätzen ins Reine schreiben. Du wirst noch viel Leerlauf haben, wenn gerade keine Kunden in der Taberna Medica sind oder ich deine Hilfe nicht benötige. Es ist jedenfalls eine gute Möglichkeit, deine neuen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und zu üben. Und nun komm! Wir gehen den Trank bereiten."


    Sie drückte Kaeso den abgeschnittenen Thymian in die Hand und schob die Sichel in den Gürtel zurück. Dann ging sie voraus in Richtung der Taberna Medica.

  • Weibervolk, rumorte es in mir, die bei denen ich hier gelandete bin ist eine besonders hartnäckige Sorte. Für einen Augenblick gefiel es mir gar nicht mehr, wie ich fand, von Frauen herumkommandiert zu werden. War ich in den letzten Jahren nicht immer für mich und zeitweise auch für meine Geschwister alleine verantwortlich gewesen. Jetzt waren da zwei deren größtes Vergnügen es es war mich zu schikanieren, drangsalieren bloß zu stellen. Bis du eigentlich wirklich so ein Hohlkopf, meldete sich eine andere Stimme in mir. Du hast es selber so gewollt, du willigtest ein. Sie opfern, ihre Zeit und Aufmerksamkeit nur dir. Keiner zwang sie dazu, sie machen es freiwillig und gerne. Also reiß dich zusammen und streng dich gefälligst an.
    Während ich meinen inneren Kampf ausfocht, bedeckte Schamröte mein Gesicht. Ein Glück das Alpina vor mir ging und es nicht sieht, dachte ich während ich hinter ihr herging. Ob sie noch eine Antwort erwartete wusste ich nicht, trotzdem kam dann von mir, „ich will es versuchen.“

  • Obwohl der Kräutergarten zu diesem Zeitpunkt leer war, eilte ich in die hinterste Ecke und schaute mich suchend nach einem Versteck um, damit ich mich zur Not verbergen konnte. Warum konnte ich im nachhinein auch nicht mehr sagen. Denn außer dass ich einen Kopf, rot wie eine Tomate hatte, dies konnte auch von einer körperlichen Anstrengung herrühren, was ich gelegentlich beobachte hatte, konnte ein plötzlich Eintretender nichts besonderes an mir merken. Außer Runa , die ja um meinen Zustand wusste, ebenso wusste sie, wieso es dazu kam. Ich würde ihr in den nächsten Tagen besser aus dem Weg gehen, zumal ich mich gleich zu Anfang sehr unpassend benommen hatte.
    Diese Erkenntnis stritten in mir mit einem anderen Gefühl und ich ahnte das es mir noch sehr viel einbringen würde, ob zum Guten oder Schlechten würde sich zeigen. Jetzt war etwas anderes aber vordergründig. Fragen wie, wer war die Frau, wo wohnte sie, zu wem gehörte sie und warum wurde sie von Runa eingeladen und empfangen, wo selbst ich spürte, daran war nichts echtes, alles hatte wie aufgesetzt gewirkt.
    Langsam hatte ich mich etwas beruhigt und festgestellt ich war seit ich diesen Teil des Kräutergartens betreten hatte hin und her gerannt, wie ein gefangenes Tier. Ich setzte mich auf eine der Gartenbänke, stützte das Kinn in meine Hände, während die Ellbogen auf meinen Knien abgestützt waren.
    Nach langem grübeln, kam mir dann eine Idee, vielleicht sollte ich dort anfangen, ja das würde ich machen, gleich heute Abend.

  • Alpina richtete auf dem Tisch im Kräutergarten die Becher für die Getränke her. Neman brachte Ursi, die vor Freude gleich drauflosplauderte. Schnell verschwanden die Mädchen zwischen den Kräuterbeeten und spielten dort fangen.
    Die Raeterin gab ihrem Besucher einen Becher.
    "Möchtest du Posca oder gemischten Wein? Ich bleibe bei Posca. Tagsüber werde ich von Wein immer so müde", erklärte sie Licinus.


    Dann sah sie ihren Besucher offen und freundlich an. "Du fragst was es neues gibt? Meinst du damit mich persönlich oder die Bewohner der Casa Helvetia im Allgemeinen?"

  • Licinus hing für einen kleinen Moment dem etwas ungleichen Haschen-Spiel der beiden Mädchen vor. Esquilina hatte auf Grund der längeren Beine natürlich einen nicht geringen Vorteil, ließ sich aber das ein ums andere Mal selbst einfangen.


    "Posca, gerne auch etwas saurer als normal, wenn es möglich wäre," in den Jahren des Militärdienstes war Licinus Lieblingsmischungsverhältnis doch etwas absonderlich geworden.
    Er setze sich hin und meinte anerkennend mit einem leichten Seufzer in der Stimme:
    "Schön hier."


    "Sowohl als auch, vor allem aber dich selbst," antwortete Licinus, schließlich kannte er den Rest nicht so gut wie Alpina, oder eher: noch weniger.
    "Das es Esquilina gut geht, siehst du ja und auch wenn ich mehr so frisch rumspringen kann wie sie, der anstehende Frühling ist erfrischend."

  • Alpina schenkte Essig in den Becher und wartete ab, dass Licinius ihr einen Wink gab aufzuhören, dann füllte sie mit Wasser auf. Sie selbst bevorzugte eine sanftere Mischung.
    Als die Raeterin das Seufzen des Praefectus hörte lächelte sie.
    "Ja, das ist mein kleines Refugium, wenn ich mal alleine sein möchte. Der Hortus verbindet das Nützliche mit dem Angenehmen. Hier kann ich Kräuter für meine Taberna Medica anbauen aber eben auch regenerieren, wenn mich die anstrengende Arbeit, die ich vor allem als Hebamme leist, erschöpft."


    Sachte nickend quittierte sie, dass Licinius sich über sie und die Casa Helvetia informieren wollte. Ein wenig wog sie ab was sie erzählen sollte. Dann begann sie.
    "Ja, der Frühling ist erfrischend und belebt die Geister. Selten ist mir ein Winter so lang und beklemmend vorgekommen wie dieser. Aber das hatte viele Gründe. Da war diese heftige Grippewelle, die auch die arme Esquilina so schlimm erwischt hatte und dann die schrecklichen Ereignisse rund um diesen Gurox."


    Alpina stockte. Sie blickte auf die spielenden Mädchen und wie süß Esquilina die Kleinere mitspielen ließ.
    "Ich vermisse Kaeso. Es war schön als er hier gewohnt und bei mir gelernt hat. Da war ich nicht so alleine." Wieder hielt sie inne und beobachtete Ursi. "Das ist jetzt ungerecht. Denn alleine bin ich ja nicht. Ich habe Ursi und Neman und dann natürlich noch Runa und Curio... ähm... Duccia Silvana und Helvetius Curio. Sie behandeln mich wie ein Familienmitglied und ich könnte mir keine besseren Freunde vorstellen. Aber es nagt schon am mir, dass ich nur Gast in diesem Haus bin. Du kennst die ganze Geschichte, nicht wahr? Du weißt, dass Ursicinas Vater, Helvetius Corvinus, seit beinahe drei Jahren nicht von einem Auftrag zurückgekehrt ist?"

  • "Ich fühle mich geehrt, dass du mich hier einlässt!" Licinus meinte dies sehr ernst. Jemanden in sein persönliches Refugium zu lassen war in seinen Augen eine eindeutiger Vertrauensbeweis.
    "Es ist dieser Duft, der mich beeindruckt. Das erscheint in der Stadt immer noch wie ein kleines Wunder."


    Licinus schüttelte sich als er sowohl als Esquilinas Krankheit als auch den Überfall auf Alpina denken musste. Das Bild des fiebrigen Mädchens bzw. der völlig apathischen jungen Frau hatte sich nicht weniger in sein Gedächtnis gegraben wie das der in eien Kiste gepferchten Marei oder der vielen Toten auf den Schlachtfeldern Parthias.
    "Es war für mich tatsächlich der längste Winter, den ich je erlebt habe. Härter als alles, was ich je jenseits der Alpen erwähnt habe. Natürlich ist es nicht das, was du meinst, ..." Schob er nach.


    Die Geschichte war ihm natürlich bekannt. Wobei nicht mal er selbst genau wusste, zu welcher Aufgabe der Helvetier abgeordnet worden war. "Abgeordnet auf besonderen Befehl im Namen des Kaisers" war alles, was er gesagt bekommen hatte.
    "Ich ahne was du meinst." Irgendwo war es ihm in Mantua ja ähnlich gegangen, ohne legatus und sonstigen höheren Führungsoffizier. Nur, dass er sein Haus hatte und nicht noch Sorgen um eine Frau. Die Regel, dass Soldaten keine Frauen haben durften, sie war ihm nie schwer gefallen und im Moment erkannte er ihren Sinn.
    Er räusperte sich.
    "Was den Auftrag von Helvetius Corvinus angeht, ich habe selbst nur ein ganz vages Bild der Sache. Tut mir Leid. Ich wünsche dir, dass er bald und wohlbehalten zurückkommt."

  • Lächelnd hörte Alpina, dass Licinus ihr Kräutergarten gefiel. Er freute sie, dass nicht nur sie allein diese Oase als erholsam empfand.


    Dann kam der Praefectus zunächst auf den Winter und schließlich auch auf Corvinus zu sprechen. Sie hatte nichts anderes erwartet, als dass es keine Neuigkeiten gab. Es tat weh an ihn zu denken. Deshalb nickte sie nur und wechselte sogleich das Thema.
    "Esquilian entwickelt sich prima, nicht wahr? Hat sie einen Privatlehrer oder geht sie mit den anderen Kindern der Soldaten in eine Schola?"

  • "Ja, allerdings, das tut sie. Sie gibt wirklich keinen Grund zu klagen."
    Der Präfekt war sich im klaren darüber, dass das gar nicht so selbstverständlich war. Esquilina kam so langsam in ein schwieriges alter und da war noch immer das ungelöste -- und nicht einfach lösbare -- Problem der fehlenden weiblichen Vorbildrolle.
    "Sie geht in die schola im Tempel.* Ein Privatlehrer ... dann hätte sie noch weniger Kontakt zu gleichaltrigen." und Frauen ergänzte Licinus im Stillen, aber das war nun ein Thema über das er nicht gerne redete.


    "Ich kann das selbe nur über Ursina sagen." gab Licinus zurück, als das Mädchen mit patschenden Händchen Esquilina "gefangen" hatte und von dieser nun zu den beiden "Alten" geführt wurde. "Pina, hast du was zu trinken für uns? Ursi und ich haben beide Durst!" fragte das größere der beiden Kinder als Licinus eine Sprechpause eingelegt hatte.


    Sim-Off:

    *das wurde bis auf die Vereinbarung nie ausgespielt, aber ich habe es immer noch angenommen. Leider fehlte die Zeit, wie für so vieles"

  • So, also ging die Kleine in die Schola, die Runa und Phryne leiteten. Sie konnte nur hoffen, dass die süße Kleine nicht unter dem Einfluss der falschen Frau dort stand.
    "Ja, es ist gut, wenn sie ein wenig aus der Castra herauskommt. Und unter der Leitung von Duccia Silvana lernt sie sicher sehr viel. Da ist sie in guten Händen. Ursi wird eines Tages auch dort zu Schule gehen."


    Die beiden Mädchen kamen angelauften und Esquilina bat um etwas zum Trinken. Alpina holte Becher und goss ihnen Wasser ein.
    "Es freut mich zu sehen, dass ihr zwei so schön miteinander spielt. Ich habe gehört, du gehst in die Schola beim Tempel. Gefällt es dir da? Hast du bei meiner Freundin Duccia Silvana Unterricht? Ursi soll wenn sie alt genug ist, auch dort zum Unterricht gehen."

  • Wenig höflich, aber eben durstig stürzte Esquilina des gesamten Becher Wasser hinunter bevor sie antwortete:
    "Die schola ist toll. Man lernt so viele neue Sachen. Aber manchmal ist sie ganz schön anstrengend." verriet Esquilina mit einem so lauten Verschwörerflüstern, dass Licinus kein Problem hatte jedes Wort zu verstehen,.
    "Duccia Silvana ist eine ganz tolle Lehrerin. Bei ihr macht das Lernen ganz viel Spaß", dass sie über die andere Lehrerin nichts sagte mochte Zufall sein, daran liegen, dass sie nach ihr nicht gefragt wurde oder doch Bedeutung haben. Licinus wusste es nicht und merkte nicht mal, dass man die Frage stellen konnte.
    "Wirklich? Das is toll. Hörst du Ursi? Du musst ganz schnell wachsen, damit wir zusammen zur Schule gehen können. Ich hole dich dann jeden Morgen ab." machte die größere Pläne und Licinus konnte nicht anders als zu lachen. Wenn das mit dem schneller Wachsen so einfach wäre.
    Oder mit dem langsamer Wachsen, dann dürfte Esquilina nämlich immer so alt bleiben wie sie war. Wenn es nach ihm ging. Wissend sah er zu Susina Alpina hinüber und war gespannt, wie diese sich jetzt herauswinden würde.

  • Beruhigt hörte Alpina der kleinen Esquilina zu. Es schien, dass sie tatsächlich hauptsächlich von Runa unterrichtet wurde. Und wie sich das Mädchen freute, dass die Kleiner auch in dieselbe Schola gehen würde. Alpina strich Esquilina über die Haare.
    "Ich will gerne versuchen ihr einen magischen Trank zu brauen, der sie schnell wachsen lässt, aber ich fürchte derartige Wunder gehören ins Reich der Sagen und Legenden. Wir müssen beide wohl noch fast 3 Jahre warten und dann wirst du schon zu groß sein, um die kleine Ursi im Schlepptau haben zu wollen. Vermutlich wirst du dich dann vor deinen Mitschülern schämen eine so kleine Göre an der Hand führen zu müssen. Lern du aber recht fleißig, Esquilina. Man weiß nie, wohin einen das Leben trägt und eine gute Bildung ist nicht nur eine Zierde sondern kann überlbenswichtig sein."


    Sie zeigte auf ein Glas auf einem Bord. Darin waren in Honig schwimmende Bienenwabenstücke. Eine beliebte Leckerei bei den Kindern. Man konnte die honiggetränkte Wabe auskauen, was in etwa dem gleichkam was man in einigen Hundert Jahren als "Kaugummi" bezeichnen würde.
    "Kennst du das da oben?"


    Die Kräuterfrau zwinkerte Alpina verschmitzt zu. "Weil du so lieb mit Ursi spielst, sollst du später eine Honigwabe bekommen."
    Verunsichert sah Alpina Licinus an. "Äh, ich hoffe das ist dir nicht unrecht, Licinus? Ausnahmsweise?"

  • Bei dem Trank musste Esquilina noch schmunzeln, sowas ging doch gar nicht. Aber dann...
    Licinus war nie sonderlich streng zu Esquilina gewesen, aber wer in einem Militärlager aufwuchs, der lernte unweigerlich, dass man Vorgesetzten nicht zu widersprechen hatte. Und für Esquilina galt, dass erstmal alle Erwachsenen vorgesetzte waren, auch wenn Pina ihre Freundin war.
    Auf ihrem Gesichtchen konnte man dennoch ablesen, dass sie nicht glauben mochte, dass sie sich mal für Ursi schämen sollen würde. Das war für das Kind so unvorstellbar wie ... wie ... sie wusste nicht wie was, ganz unvorstellbar jedenfalls. Komische Ideen hatte Pina da. Stattdessen konzentrierte Esquilina sich lieber auf das zuletzt gesagte und nickte energisch.


    "Genau, weil wenn du schlau bist, kann dich keiner reinlegen. Und wenn du was kannst, was andere nicht können, dann kannst handeln und musst keinen Hunger haben. So wie du Leute gesund machen kannst." was in Esquilinas Wertschätzung sehr weit oben lag.


    Esquilina folgte Alpinas Geste und stimmte jauchzend zu "Ja, das ist total lecker!" Logisch, was mit Honig fand Esquilina eigentlich nicht lecker?


    "Keine Einwände" brummte Licinus vergnügt. Nur das mit dem ausnahmsweise war nicht so ganz richtig. Es war beileibe keine Ausnahme, dass Esquilina etwas naschte, eher die Regel. "Sie war ja wirklich ganz brav heute." Ein Wunder, dass sie nicht aufging wie ein Hefeklops, dachte er sich für einen Moment.


    Als die Kinder zufrieden waren und nun zu ihren Füßen miteinander spielten und erzählte, brachte Licinus das Gespräch wieder in gang. "Aber da wir eben die Rede von ihr hatten, wie geht es Duccia Silvana eigentlich, ich bin ihr lange nicht mehr begegnet" und als er sie das letzte Mal sah, bei der Rekrutenprüfung, hatte sie irgendwie abwesend gewirkt.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!