Ein ganz normaler Tag?

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    Gut eine Woche vor dem Ende seiner Amtszeit hatte heute nochmal eine ordentliche Sitzung des Ordo Decurionum stattgefunden. Curio war in dieser Sitzung nicht mit einem eigenen Entwurf vertreten, nahm aber dennoch wie meistens rege an der Debatte über ein Anliegen zur Säuberung der Iuppitersäule im Vicus Salutaris, der Vorbereitung eines öffentlichen Opfers während der Ludi Apollinares sowie der Einführung eines Gesetzes zur Nutzung von Marktkarren innerhalb der Stadtmauern teil. Während bei den ersten beiden Themen ein schneller Konsens gefunden wurde, zeichnete sich beim dritten Punkt eine hitzige Debatte ab, in der Curio gegen ein solches Gesetz argumentierte, da dies in der Praxis die Arbeit der Händler unverhältnismäßig eingeschränkt hätte. Dennoch wurde auch hier letztlich ein Kompromiss erarbeitet werden, der die Nutzung von größeren Karren verbot.


    Nach der Sitzung wurde Curio noch durch ein paar Decurios aufgehalten wurde aber letztlich durch den befreundeten Decurio Acutius quasi aus einem unangenehmeren Gespräch befreit und ging nun in seine helle Toga gekleidet, neben dem Acutier zur Pforte des Sitzungssaals. Dort warteten bereits einige Begleiter des Helvetiers. Neben Acanthos, der immer bei solchen Gelegenheiten dabei war, stand noch Kaeso, der Curio und Acanthos heute hatte begleiten und die vergangene Sitzung von der Pforte aus neben dem macedonischen Sklaven hatte verfolgen dürfen. Und schließlich trat auch noch Malleus dazu, der sich während der Sitzungen normalerweise auf den Markt verzog, da die Pforte ausreichend von städtischen Apparitores und Sklaven geschützt wurde.


    Nachdem Curio noch ein paar Worte mit dem Acutier gwechselt und einmal herzlich über eine amüsante Bemerkung seines Mitdecurios gelacht hatte, kam er nun bei seinen drei Begleitern zum stehen und verabschiedete sich nun auch von dem Acutier, der im nördlichen Teil des Vicus Appolinensis wohnte und einen anderen Weg würde einschlagen müssen.


    Nun gut, dann können wir los.


    sagte Curio mit einem Nicken zu den dreien, bevor er aufs Forum hinaustrat und sich zum Rückweg zur Casa Helvetia nach links wandte. Acanthos folgte ihm dabei einige Schritte hinter ihm ebenso wie Kaeso, den Curio nun ansprach.


    Wie hats dir gefallen, Kaeso? Gut, es ist sicherlich das interessanteste, aber ich hoffe, du konntest der Sitzung gut folgen?

  • Für mich war dies eine ganz besonderer Tag, ich durfte den Helvetier in seiner Funktion als Aedil begleiten. Mehr noch ich konnte die Debatte verfolgen. Mir, wie bestimmt jedem anderen sterblichen Civis in Rom, war nicht bewusst, mit welchen, Aufgaben, Entscheidungen sich die Verantwortlichen einer Stadt, herumplagen mussten. Alles musste genau, durchdacht, besprochen, geplant und durchgeführt werden. Wie Arbeitsintensiv alles war und wie musste es bei den verantwortlichen für die verschiedenen Regionen, Provinzen und gar erst für das ganze römische Reich sein. Wie stolz konnte man sein, wenn man dabei mit helfen durfte,
    Dies und vieles mehr ging mir durch den Kopf, als der Helvetier, nachdem er sich von seinen Begleitern verabschiedet hatte, direkt fragte.
    Nach kurzem überlegen versuchte ich meine Gedanken dazu in die richtigen Worte zu kleiden. „Es war sehr interessant und sicherlich würde es manch einem Bürger gut tun, solch eine Sitzung einmal zu verfolgen, damit sie sehen, mit welch einer Hingabe viele ihre Aufgaben erfüllen.“ Nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu, „ich finde es sehr schade, dass deine Amtszeit nun endet, jetzt wo ich gerade erst wirklich erkenne worin deine Arbeit besteht. Auch wenn ich es bewundere, so wäre es aber bestimmt nicht mein Weg.“

  • Ohne jegliche Eile schlenderte die kleine Gruppe an Marktständen, Cauponae und geschwätzigen Menschentrauben vorbei auf die südwestliche Ecke des Forums zu, Malleus wie immer vorneweg. Seine Laune hätte kaum besser sein können, und das lag beileibe nicht nur am strahlend blauen Sommerhimmel, der tags zuvor erfolgten Versöhnung mit Luitberga oder dem Umstand, dass es ihm auf dem Markt gelungen war, Cacsa’s Stute Procella zu einem sehr anständigen Preis in gute Hände abzugeben. Wie der aufgeweckte Kaeso hinter ihm soeben ganz richtig bemerkt hatte, ging die Amtszeit des Aedilen ihrem Ende zu, und das ohne größere Probleme, ohne ernsthafte Zwischenfälle und ohne dass Curio auch nur ein Haar gekrümmt worden war. Fern jeder Selbstgefälligkeit konnte Malleus doch guten Gewissens von sich behaupten, seine Arbeit recht anständig erledigt zu haben. Ebenso anständig wie Acanthos und Bolanus die ihre getan hatten. Ein zwar altbekanntes aber immer noch verdammt angenehmes Gefühl. Darüber, wie es nun weitergehen sollte, hatte er bislang noch keinen konkreten Gedanken verschwendet. Dafür würde noch Zeit genug sein, wenn es denn soweit war. Später. Dann würde sich auch herausstellen, ob seine klammheimliche Befürchtung, den ehrgeizigen jungen Helvetier zu vermissen, sich bewahrheiten würde. Noch hatte er eine Aufgabe, und solcherlei Grübeleien vernebelten nur die Sinne. Zudem waren sie höchst unprofessionell.


    Während sich das Geplauder hinter seinem Rücken fortsetzte, schritt Malleus versonnenen schmunzelnd voran, teilte mit ruhigen Armbewegungen die Menge, taxierte die Mienen der Forumsbesucher, erkannte dabei einige bekannte Gesichter, und bahnte seinen Begleitern ohne großen Aufwand den Weg zu der nach Süden mündenden Gasse, die zum Stadttor und den Canabae hinausführte. An der Abzweigung zur Gasse staute sich der Passantenstrom etwas auf, da die dort ansässigen Händler – wie immer um diese Tageszeit – bereits damit begonnen hatten, ihre Straßenstände abzubauen und das dargebotene Sortiment an Schmuck, Werkzeug, Lebensmitteln oder Webstoffen zurück in die Verkaufslokale zu schaffen. Das schmeckte Malleus zwar nicht sonderlich, ließ sich aber nicht ändern. Langsam voranzukommen war immer noch besser als gar nicht voranzukommen. Sorgsam darauf bedacht, nicht unnötig brachial aufzutreten, bohrte er seine Ellbogen in zurückweichende Leiber, trat dem einen oder anderen Schleicher aufmunternd in die Hacken und spähte dabei forschend über die Köpfe nach Süden. Alles halb so schlimm. Nur ein knappes Stadium voraus schien sich das Knäuel schon wieder zu lichten. Außerdem waren die Leute einsichtig genug, sich in der verstopften Gasse nicht auch noch mit Schwätzchen aufzuhalten, sondern sie so zügig es eben ging zu passieren. Zumindest bis auf ein paar Ausnahmen.


    An einer davon – einem gedrungenen Kerl mit breiter Visage – blieb Malleu’s Blick plötzlich hängen. Wieder ein bekanntes Gesicht. Nur war es diesmal weder ein Bekannter Curios’ noch einer von den Veteranen, mit denen Malleus gelegentlich einen zu heben pflegte. Den Burschen, der da etwa zehn Perticae entfernt reglos an einer Hausmauer stand, hatte er erst kürzlich in den Fingern gehabt. Das war dieser belgische Schmierlappen, Gowin mit Namen, wenn er sich recht erinnerte. War der Stinkstiefel zufällig hier? Gut möglich. Nur spielte es im Grunde keine Rolle, weshalb er hier war. Beim Anblick des Aedilen würde dieser erboste Sack zweifellos wieder mit seinen unflätigen Vorhaltungen um sich werfen. Typen wie der konnten gar nicht anders als sich unbeliebt zu machen. Nach einem tiefen Seufzer begann Malleus sich nun schon weit energischer durch die Menge zu schaufeln. Nicht mit ihm. Nicht an einem solch ungetrübten Tag wie heute. Ohne die Augen von Gowin zu lassen arbeitete er sich brummend die Gasse hinunter. Dabei fiel ihm ein zweiter Mann auf, der sich inzwischen zu dem belgischen Händler gesellt hatte. Die beiden wechselten ein paar Worte, sahen sich aber nicht an. Eine überaus interessante Beobachtung, fand Malleus und beschleunigte den Schritt. „Acanthos!“ rief er mahnend über die Schultern, „Augen auf.“

  • Curio lächelte versonnen, als Kaeso ihm antwortete. Einerseits hatte der Helvetier das Glück gehabt, seinen Lebensweg selbst vorzuzeichnen. Es war nicht leicht gewesen und es hätte beinahe zm Bruch mit seinem Vater geführt. Natürlich ging er nun seinen Weg, unterstützt durch seine Frau, seine Familie - auch wenn er insgeheim noch ernsthaft daran zweifelte, dass sein Vater diesen Weg guthieß, denn eigentlich hatte er ja ebenso wie sein Vater und sein Bruder zum Militär gehen sollen. Es war nun nicht das erste Mal, dass der Aedil den Junngen hinter sich mit sich selbst verglich, ein tyrannischer, übergriffiger Vater, eine Flucht von zu Hause weg. Es waren sicherlich andere Vorzeichen, denn bei Kaeso herrschte ja der Gedanke vor, er habe seinen Vater umgebracht. Nicht, dass Curio in der Zeit zu Hause nicht daran gedacht hätte, aber umgesetzt hatte er es nicht, denn dafür hatte es ja auch letztlich keinen Grund gegeben.


    Nun, Kaeso, Amtszeiten dauern nicht ewig. Sie gehen irgendwann vorbei. Natürlich kann ein Politiker entscheiden, mehrere Amtszeiten hintereinander zu absolvieren. Aber ich glaube, dass die regelmäßigen Wechsel unserem System guttun. Verschiedene Ideen, verschiedene Stile, verschiedene Charaktere. Sie geben unserem System stets neue... Dynamiken, denn irgendwann sieht man als Amtsträger auch den Wald vor läuter Bäumen nicht mehr und da tut es gut, den Blick abzuwenden und sich mit anderen Dingen beschäftigen zu können.


    Es war ein ganz normaler Vorgang des politischen Systems des Römischen Reiches. Die gewählten Amtsträger blieben nicht für immer im Amt, sondern wurden regelmäßig ausgetauscht. Nur der Kaiser blieb als sorgender Vater des Reiches solange im Amt, bis Mors entschied, ihn den Weg alles Irdischen gehen zu lassen, natürlich nicht ohne die Option der Divinisierung, wenn er sein Amt gut ausgeübt hatte. Doch war dies die vielzitierte Ausnahme von der Regel, die diese wiederum nur bestätigte.


    Was du mit deinem Leben anfangen möchtest, ist ja nun dir überlassen. Und ich kann jeden verstehen, der sich nicht in den großen Politikzirkus hineinwerfen möchte.


    sprach Curio danach weiter, blickte sich zu ihm um und nickte ihm anerkennend zu. Er hatte sich tatsächlich gut gemacht in dem guten Jahr, in dem er in der Casa lebte.


    Erst der kurze Ausruf seines Custos Corporis ließ den Helvetier kurz aufhorchen. Doch hatte er genug damit zu den, den bekannten Gesichtern in den sich mehr und mehr füllenden Straßen freundlich zuzunicken und den einen oder anderen Händler sogar mit einem kurzen Gruß zu versehen. Meistens waren es Lieferanten des Apollotempels oder Wahlkampfunterstützer, die ihn vor einem Jahr mit Waren unterstützt hatten. Auch wenn es hier keine längeren Gespräche mehr gab, denn dafür reichte die Zeit nicht, verdienten sie doch die Anerkennung eines kurzen Grußes, auch eine Angelegenheit, die Curio er hatte lernen müssen. Zum Glück hatte er Malleus, der seine Aufgabe mehr als nur zufriedenstellend erledigte und der nun auch dafür sorgte, dass es voranging, zwar nur langsam, aber immer hin blieben sie in Bewegung.


    Gefällt dir denn die Arbeit in Alpinas Taberna Medica?


    folgte danach noch eine Frage zu der bisherigen Tätigkeit Kaesos, denn natürlich wusste Curio, dass Alpina viel Zeit, Anstrengung und Herzblut in die Ausbildung des Jungen steckte. Vielleicht würde er daran ja auch weiterarbeiten wollen und selbst wenn nicht, war es doch Wissen, dass auf die eine oder andere Art und Weise noch hilfreich sein konnte. Was Kaeso auch immer mit seinem späteren Leben anstellen wollte.


    Der angesprochene Acanthos wiederum hatte die Warnung von vorne natürich auch gehört. Seine Tabula eng an den Oberkörper gedrück, blickte er sich nun ebenfalls aufmerksam um, ohne jedoch den Überblick aufweisen zu können, den Malleus hatte. Nun war er aber auch kein geschulter Leibwächter und ebenfalls kein ehemaliger Militär sondern ehemaliger Tempelsklave und Schreiber. Die Qualität von Malleus würde er also ohnehin nicht erreichen und strebte auch nicht unbedingt danach, sie zu erreichen, hatte er doch schon als Ianitor in der Casa Atia nur ein unzureichendes Bild abgegebeb.

  • Nach acht oder neun Schritten hatte Gowin den herannahenden Veteranen wohl erkannt. Er glotzte mit halb geöffnetem Maul in Malleus’ Richtung, wobei sein breites Gesicht die ungesunde Farbe von Frischkäse annahm. Malleus konnte das nur recht sein. Wenn sein Anblick bereits ausreichte, um dem Belgier die Faxen auszutreiben - umso besser. Der andere Kerl, der sich nun langsam von Gowin entfernte, als hätte er nicht das Geringste mit dem belgischen Händler zu schaffen, war da schon aus anderem Holz geschnitzt. Der Mann war Soldat. Dafür hatte Malleus einen untrüglichen Blick. Kein aktiver mehr, wie seiner verwahrlosten äußeren Erscheinung anzusehen war, allerdings auch kein Veteran. Dafür war er noch zu jung. Dieser Bursche – das stand für Malleus außer Zweifel – hatte eine gründliche militärische Ausbildung genossen. Höchstwahrscheinlich war er dann vor Ablauf seiner Dienstzeit unehrenhaft entlassen worden. Solche Gestalten kannte er zuhauf. Die waren unberechenbar. Allerdings hatte es zunehmend den Anschein, als wären sich die beiden ungleichen Gestalten tatsächlich nur zufällig über den Weg gelaufen. Jedenfalls wandte sich der ausgemusterte Krieger kein einziges Mal mehr zu Gowin um, querte stattdessen die Menge, und sprach auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen breitschultrigen Germanen an, der auf den ersten Blick auch keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck machte. Aber das ging Malleus nichts an. Er war der Gruppe lediglich vorausgeeilt, um dem herumlungernden Belgier klar zu machen, dass Aedilis Helvetius Curio heute keine Sprechstunde hatte.


    Sein Blick wandte sich wieder Gowin zu und wurde von diesem erwidert. War das ein Grinsen? Eindeutig. Die bleiche Kanaille grinste ihn von Weitem an, hatte aber nicht den Arsch in der Tunika, abzuwarten, bis er herangekommen war, sondern schlüpfte unvermittelt um eine Hausecke und entzog sich somit seinem Sichtfeld. Ein paar Schritte ging Malleus ihm noch nach, dann ließ er es dabei bewenden. Aufgeschoben war nicht aufgehoben. Hauptsache, der Stänkerer war erstmal weg.


    Mit einer blumigen Verwünschung auf den Lippen blieb er stehen, sah sich um, und stellte fest, dass auch die beiden zwielichtigen Figuren im Gedränge verschwunden waren. Alles nahm sich aus wie immer. Trotzdem blieb der Hauch eines unguten Gefühls zurück. Die Vernunft gebot ihm, sich zu entspannen und in Ruhe auf Curio und die anderen zu warten. Sein Instinkt dagegen legte ihm dringend nahe, auf der Hut zu sein. So stürzte er sich also wieder zwischen die Passanten, drängte, schob und quetschte, bis er auf Höhe eines mit Schweinsohren, Hirnklösen und anderen Leckereien bedeckten Fleischerstandes die vertrauten Umrisse von Curio und Acanthos im Gewühl auftauchen sah. Kaeso erspähte er zunächst nicht, ging aber davon aus, dass der noch immer plaudernd neben Curio her trottete. So war es dann auch.


    Als der kleine Tross endlich zu ihm aufgeschlossen hatte, wechselte Malleus sofort die Richtung und machte sich erneut daran, eine Bresche in die wimmelnde Masse zu pflügen. „Alles in Ordnung. Noch ein Stück in die Gasse rein, dann wird’s schon besser.“

  • Was war denn heute eigentlich her los? Was für eine Gedränge und Gewusel, war das immer so? Ich konnte mich nicht erinnern. Sicher sagte ich mir, es war ja nun auch wärmer, als ich hier ankam war begann die kühlere Zeit des Jahres, dachte ich mit Grausen zurück. Cossus Malleus hatte sichtlich Mühe einen Weg für den Aedil frei zu bahnen, dass bedeutete schon etwas bei solch einem großen Kerl. Wogegen ich mir vor kam wie ein hüpfendes Kind, was sich durch die Masse schlängelt.
    Diesem Umstand hatte ich es dann auch zu verdanken, dass es zeitweise schwierig war das Gespräch aufrecht zu halten, da wir des öfteren getrennt wurden.


    Ich bekam so gerade noch mit wie der Helvetier fragte: „Gefällt dir denn die Arbeit in Alpinas Taberna Medica? „
    Schaute mich aber wo unsere Begleiter waren, hatte da eben der Custos etwas zu Acanthos gerufen? Da ich ihn aber nicht sah, wandte ich mich wieder dem Aedil zu. „Ja sehr und ich möchte noch mehr von ihr und über die Medicin lernen, wenn es eben möglich ist. Alpina hat mir auch schon zugesagt mir weiter zu helfen“, antwortet ich mit einem Lächeln, mit Rückblick auf unserem Gespräch. „Im Nachhinein, bin ich noch immer froh, dass ich mich dazu entschlossen habe, dich damals bei deinen Wahlreden angesprochen habe.“
    Schon drohte sich der Weg vor uns wieder gänzlich zu schließen. Suchend schaute ich mich nach unserem großen Kerl um, der es für gewöhnlich schaffte den Weg frei zu halten. „Ich wusste gar nicht, dass es so viele Menschen in Mogontiaci gibt“, wandte ich mich zu dem Helvetier. Es scheint so, das ganz Germanien sich her versammelt hat“. Dabei hatte ich überhaupt keine Vorstellung wie groß dieses Germanien überhaupt war.
    Schon war er wieder aus meinem Blickfeld, dafür sah ich jetzt aber Acanthos und hörte die Stimme des Custos.

  • Bei den Asen! Dieses Geschiebe konnte einem wirklich auf die Nerven gehen. Jedes Mal auf’s Neue. In der Zeit, die sie noch brauchen würden, um den Engpass hinter sich zu lassen, umrundete er bei seinen abendlichen Läufen für gewöhnlich ein gutes Viertel der Stadt. An manche Begleiterscheinung des urbanen Lebens würde er sich wohl nie gewöhnen. Sicher, im Vergleich zu den Verhältnissen in Roma war dieser angestaute Menschenstrom ein munter plätscherndes Bächlein. Das machte es aber auch nicht besser. Wieder einmal vergegenwärtigte sich Malleus den Verlauf der Straßen und Gassen Mogontiacums. Vielleicht war ein Umweg die Lösung. Ein Umweg, der sich zu gewissen Tageszeiten sogar als Abkürzung nutzen ließ. Wenn sie sich zum Beispiel von der Curia zunächst nach Nordosten wandten, um dann gleich hinter dem Templum App..........


    Noch ehe er den sich hebenden Knüppel am linken Rand seines Sichtfeldes bewusst wahrgenommen hatte, ließen ihn seine Reflexe zuschlagen. Ein dumpfes Aufstöhnen folgte, dann ein wütendes Knurren, dann ein erneuter Schlag mit der schweren Bronzeschnalle. Die eben noch heranstürmende Gestalt taumelte einen Schritt zurück, Malleus setzte mit einem weiteren Schlag nach und erkannte im gleichen Moment, dass er es mit ebenjenem Soldaten zu tun hatte, der ihm kurz zuvor bereits aufgefallen war. Wie er es hasste, immer recht zu behalten! An der unrasierten Wange des wankenden Angreifers fehlte nun ein knapp handflächengroßes Stück Fleisch. Dennoch klang sein Stöhnen eher zornig als schmerzerfüllt. Den hatte er also vollkommen richtig eingeschätzt, das war ein verfluchter Eisenfresser. Entsprechend schnell hatte sich der zähe Knochen wieder gefangen und ging mit erhobenem Knüppel – der sich bei näherem Hinsehen als Bleirohr erwies – zum Gegenangriff über. Malleus wich nicht aus, warf sich vielmehr dem Hieb entgegen, um ihm die Wucht zu nehmen. Weg von Curio! Weg von dem Jungen! Das Rohrende ging denn auch etwas abgefedert auf seiner Schulter nieder. Tiwaz sei Dank knapp neben der Narbe. Weh tat es trotzdem. Seine Linke schnellte nach oben, bekam das Handgelenk seines Kontrahenten zu fassen, quetsche es zusammen und drehte es schließlich mit einem kräftigen Ruck nach innen. Das Bleirohr polterte zu Boden. Immerhin mal ein Anfang.


    Malleus wartete gar nicht erst ab, womit der zornfunkelnde Krieger als nächstes aufzuwarten hatte, sondern drosch verbissen auf ihn ein, was allerdings von entsetzt aufkreischenden Bürgern erschwert wurde, die sich in planlosem Schrecken davonmachen wollten und so unfreiwillig zwischen die Fronten gerieten. Darauf konnte selbstredend keine Rücksicht genommen werden. Mit weit ausholenden Schlägen gelang es Malleus Gradus für Gradus, den keuchenden Angreifer von Curio fort zum östlichen Straßenrand zurückzudrängen. Dass er dabei auch zwei oder drei Passanten in Mitleidenschaft zog, war sicher nicht dazu angetan, das um sich greifende Chaos zu mindern, aber was sollte er machen? Er durfte dem Burschen nicht die kleinste Atempause gönnen. So penetrant wie der nach billigem Wein stank, nahm er die Schmerzen vermutlich kaum wahr. Zudem war Malleus nicht entgangen, dass unter dem Mantel seines Gegners etwas herumbaumelte, das eine frappierende Ähnlichkeit mit einem Gladius aufwies. Wenn er nicht aufpasste, konnte das hier böse ausarten.


    Mehrmals versuchte der ramponierte Soldat, an die Waffe zu kommen. Mehrmals schaffte es Malleus, ihn mit zischender Bronzeschnalle davon abzuhalten. Dann jedoch verfing sich die Schnalle in der Kapuze eines panischen Marktbesuchers, was Malleus dazu zwang, sich erst einmal den straffen Riemen vom rechten Handgelenk zu wickeln. Als er ihn los war, hatte sein Widersacher den Gladius bereits in der Hand und stampfte fauchend auf ihn zu. Diesmal wich Malleus aus. Entging damit dem ersten Stich nur um Haaresbreite. Der zweite erwischte ihn. Irgendwo rechts zwischen den Rippen. So genau ließ sich das auf die Schnelle nicht lokalisieren, und um nachzusehen fehlte die Muße. Egal ob die Wunde nun tief war oder nicht, eine weitere konnte er keinesfalls riskieren. Was er im Moment ebenfalls nicht riskieren konnte, war ein Blick auf den Aedilen und seine Begleiter, aber so wie er Curio kannte, war der besonnen genug, um in sicherer Entfernung abzuwarten, bis die Sache erledigt war. Und das konnte bei diesem sturen Ochsen unter Umständen noch etwas dauern. Während er einem erneuten Stoß auswich, schoss ihm plötzlich jener hünenhafte Germane in den Sinn, mit dem sich sein Gegenüber kurz vor dem Angriff unterhalten hatte. Verdammte Scheiße! Wo war der abgeblieben? Die zuckende Schwertklinge indes ließ ihm keine Zeit, eingehend darüber nachzudenken. Er konnte nur hoffen, dass sich seine Ahnung nicht bewahrheitete. So oder so musste das hier schnellstens ein Ende finden. Nun doch ernsthaft besorgt zog Malleus den Pugio und begann seinen Feind lauernd zu umkreisen.

  • Das freut mich zu hören. Du kannst sicher einiges von Alpina lernen und wenn du dich für die Medizin interessiert, kann Alpina vielleicht auch mit einem Medicus in der Umgebung sprechen mit einer guten Grundbildung wird sich bestimmt jemand finden, der dich weiterunterrichtet.


    antwortete Curio entspannt. Um ihn herum wurde das Gedränge enger, jetzt zum Ende der Marktzeit, kamen zu den Händlern an den Ständern noch Helfer mit Karren dazu, um die Waren an den Ständen abzubauen, zu verladen und in die jeweiligen Lager zu transportieren. Daher kam es um diese Uhrzeit regelmäßig zu Engstellen in der ganzen Stadt, da zugleich viele Menschen von ihrer Arbeit nach Hause strebten und so die teilweisen engen Gassen der Stadt komplett verstopften. In zukünftigen Zeiten würde man solch eine Situation wohl als Rush Hour bezeichnen, hier grade war es allerdings nur voll und eng und ein Vorankommen konnte nur langsam erfolgen. Curios Geduld konnte dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Bis zur Casa Helvetia war es nicht mal eine halbe Meile und die paar Minuten, die er dadurch verlor war bereits durch Acanthos in den Tagesplan eingefügt, sodass er vor dem nächsten Gesprächstermin in der Casa auch noch genug Zeit haben würde.


    Wir sind hier immerhin die Provinzhauptstadt mit dem Sitz des Statthalters und zwei militärischen Einheiten. Da kommt so einiges zusammen aber...


    Weiter kam der Helvetier nicht, als er sah, wie wenige Schritte vor ihm jemand auf Malleus zustürmte. Es entspannte sich ein Kampf und Chaos entstand um sie herum. Einwohner stoben beiseite, versuchten möglichst viel Abstand zwischen sich und die Kämpfenden zu bringen, schafften es aber nicht immer. Menschen in der Nähe wurden umgestoßen und krabbelten nur noch flüchtend beiseite, einer verfing sich mit seiner Kapuze in der Bronzeschnalle von Malleus und wurde ebenfalls zu Boden gerissen. Wie von selbst trat Acanthos an Curio heran und stellte sich schützen vor den Helvetier, für den Fall, dass der Angriff diesem galt und der Angreifer es doch irgendwie an Malleus vorbeischaffte - was nach dem gelungen Stich mit dem Gladius nun nicht mehr komplett ausgeschlossen war. Mit einer Handbewegung ergriff Curio den Arm Kaesos und zog ihn hinter sich.


    Bleib hinter mir.


    sagte der Helvetier bestimmt und betrachtete mit zusammengezogenen Augenbrauen den Kampf, der sich entfaltete. Dabei war ja vollkommen unklar gegen wen sich der Angriff richtete. Es konnte ja auch sein, dass er Malleus galt, dem seine privilegierte Stellung geneidet wurde oder jemand aus dessen Vergangenheit, der noch eine Rechnung mit dem Veteranen offenhatte. Ausschließen wollte der Helvetier das nicht. Und überhaupt stellte sich ja Frage, warum der Angreifer nicht sofort auf Curio losgestürmt war, sondern sich zuerst auf Malleus stürzte. Überraschungsangriffe mussten ja auch überraschend kommen, so hatte der Helvetier von dem alten Primus Pilus gelernt und für Curio war es nun tatsächlich keine Überraschung mehr, zumal Malleus ja auch der stärkere Gegner war. Es dauerte einen Augenblick bis ihm ein weiterer Gedanke kam, denn was war, wenn der Angriff auf Malleus nur ein Ablenkungsmanöver war und der eigentliche Angriff noch folgte?


    Noch bevor er diesen Gedanken zu Ende hatte denken und den Schluss hatte ziehen können, dass sie doch wohl besser wieder in Bewegung blieben, traf ihn von hinten ein mächtiger Schlag am Kopf. Niemand der kleinen Gruppe hatte den zweiten Angreifer kommen sehen. In der Masse untergetaucht, das folgende Chaos und den Fokus der Gruppe auf den ersten Angreifer nutzend, hatte er sich mit einer Holzlatte von hinten angeschlichen, hatte Kaeso beiseitegestoßen und letztlich einen direkten Treffer setzen können. Curio bekam davon allerdings nicht mehr viel mit. Auch der Schlag selbst hatte sich nur durch einen kurzen, dumpfen Schmerz bemerkbar gemacht, bevor der Helvetier bewusstlos zu Boden sank und der zweite Angreifer auch schon das Weite suchte.

  • Mit der Hausmauer im Rücken und dem Blut in den Augenwinkeln hatte der heruntergekommene Soldat kaum eine andere Möglichkeit, als zuerst anzugreifen. Malleus war darauf vorbereitet, und es kam ihm auch entgegen, nur blieb ihm zwischen den dicht gedrängten Leibern auch nicht sonderlich viel Platz, um zurückzuweichen. Dazu kam die größere Reichweite des Gladius. Auf ein endloses Stechen und Hauen durfte er sich also nicht einlassen. Die Schwertklinge fuhr ihm auf Brusthöhe in den Mantel, löste sich, zuckte zurück, stieß wieder vor, in’s Nichts. Malleus bewegte sich rechts herum. Ganz so wie es die meisten Kämpfer wohl erwarten würden. Weg vom Schwertarm des Gegners, immer seiner linken Flanke entlang. Dass sich sein Widerpart sofort darauf einstellte, war ihm nur recht. Nach zwei weiteren Attacken, deren letztere einen Schnitt in Malleus’ Unterarm hinterließ, stand er selbst an der Wand und konnte sich einen – wenn auch nur einen Wimpernschlag andauernden – Blick hinüber zu Curio erlauben. Dort drüben ging offensichtlich ebenfalls etwas vor, was genau, konnte er nicht erkennen, aber er hörte das plötzlich aufbrandende Gekreische von Passanten und glaubte gesehen zu haben, dass der Aedilis stürzte. Allerhöchste Zeit, das hier zu Ende zu bringen.


    Ansatzlos wechselte er die Richtung, warf sich nach links, führte über den heranschnellenden Gladius hinweg eine Finte zum Gesicht des Angreifers, sprang zurück und wiederholte die Attacke, diesmal zum Hals. Auch darauf stellte der ehemalige Soldat sich ein, streckte sich in die Länge, nahm den Oberkörper zurück und hob den linken Arm, um seine Halspartie zu decken. Das war ein Fehler. Am Oberkörper seines Feindes hatte Malleus nicht das geringste Interesse. Er hatte sich längst die Stelle ausgesucht, an der er seinen finalen Schnitt zu setzen gedachte, und die war jetzt gänzlich ungedeckt. Nach einem weitern kurzen Scheinstoß zum Hals, krümmte er sich zusammen, tauchte unter der fauchenden Klinge des Gladius hindurch und warf sich nach vorn. Der Pugio drang tief in die Innenseite des behaarten Oberschenkels ein, kappte die Schlagader und ließ beim Herausziehen eine pulsierende Blutfontäne aufspritzen. Die Reaktion war heftig aber umkoordiniert. Der angeschlagene Krieger hackte in blinder Wut mit dem Schwert um sich, verfehlte Malleus ein paar mal nur äußerst knapp, wurde dann aber rasch träge in seinen Bewegungen und kippte nach einem kräftezehrenden Stoß in’s Leere stöhnend nach hinten.


    Malleus’ durchaus vorhandener Respekt vor dem gefallenen Gegner hätte nun eigentlich verlangt, ihm entweder den Gnadenstoß zu verpassen oder wenigstens abzuwarten, bis er in Ruhe und Frieden verblutet war. Aber die Zeit hatte Malleus nicht. Um einem letzten verzweifelten Aufbäumen vorzubeugen trat der dem Sterbenden das Brustbein ein, fischte den Gladius aus der stetig breiter werdenden Blutlache und kämpfte sich dann ausgesprochen unsanft durch die Menge zu der Stelle zurück, an der er Curio zum letzten Mal gesehen hatte.


    Er fand den jungen Helvetier reglos am Boden liegend. Ausgestreckt. Leichenblass. Mit einer klaffenden Wunde am Kopf. Fluchend ließ er sich auf die Knie nieder und legte dem Aedilen die blutigen Finger an den Hals. Schwach, Sehr schwach. Aber er war noch am Leben. „Curio?“ hörte er sich mit belegter Stimme sagen, „Mach verdammt nochmal die Augen auf, Junge!“ Curio’s Augen blieben geschlossen. Unbeirrt weiter auf den besinnungslosen Helvetius eiredend fummelte Malleus die Alligatura von seinem Gürtel und begann sie fahrig zu entrollen. Nun erst nahm er Acanthos und Kaeso wirklich wahr. Auch die knieten neben dem Aedilen und waren fast ebenso blass wie er. Was genau hier vorgefallen war, brauchte Malleus nicht zu fragen. Zum einen blickte er auf das Ergebnis, und das reichte ihm vollkommen. Zum anderen war vermutlich alles so schnell gegangen, dass die beiden selbst nicht gewusst hatten, wie ihnen geschah. Zum dritten war es schlichtweg scheißegal. Zumindest für den Augenblick. Curio musste dringend versorgt werden. Und er musste hier weg. Aber wie? Zerknirscht hielt Malleus Kaeso die Verbandsrolle unter die Nase. „Kaeso .. bitte .. mach du das. Mir zittern die Hände zu sehr.“ Ohne abzuwarten, ob der Junge einverstanden war oder nicht, stemmte sich Malleus hoch und sah sich um. Sie brauchten eine Trage. Mit einer Trage konnten Acanthos und er den Aedilen nachhause schaffen. Zu seiner Schwägerin. Die würde wissen, was zu tun ist. Hoffentlich.

  • Ich gab mir große Mühe den Erklärungen des Helvetiers, zum Thema Provinzialhauptstadt zu lauschen, doch irgendwie war der Wurm drin, entweder wurden auseinander geschoben oder es wurde so laut, dass man fast sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte.
    Schon war wieder Ende etwas vor uns erregte die Aufmerksamkeit des Aedil. Etwas in der Richtung wo der Custos war. Ich konnte nichts sehen, selbst als ich mich auf Zehenspitzen reckte. Dann verstand ich nichts mehr, ich hörte nur “Bleib hinter mir.“ und schon stand ich hinter ihm, wo er mich hingezogen hatte, ganz so als ob ein Vater seinen Sohn beschützen wollte. Warum dies wusste ich aber nicht und so versuchte ich an ihm vorbei zu schauen. Da sah ich es, die Menschen hatte Platz gemacht und jemand griff Cossus Malleus an. Irrte ich mich oder blutete der? Ja und der Angreifer hatte sogar einen Gladius. Musste man nicht helfen, aber wie, wie konnte ich schon helfen?
    Acanthos hatte sich schützend vor dem Helvetier positioniert. Wenigstens sollte ich mit da stehen überlegte ich. Weiter kam ich nicht jemand hatte mich ergriffen und stieß mich mit Wucht beiseite. Zuerst torkelte ich herum, kam aber nicht zum Fall, sondern prallte gegen einen wohlbeleibten Händler, der stieß mich von sich weg und da sah ich es. Die Holzlatte, die auf den Aedil niederfuhr. Hastig drehte ich mich mehr in diese Richtung versuchte los zu spurten, doch zu spät, der Angreifer war weg. Die Sicht war mir versperrt.
    Schon war ehe ich es mitbekommen hatte, der Helvetier ohnmächtig zu Boden gesunken. Acanthos kniete schon neben ihm. Besorgt kniete ich ebenfalls an seiner Seite, konnte zunächst von meiner Seite keine Verletzung sehen, es musste aber einen Grund geben und die Latte hatte ich ja auch gesehen. Bestimmt finde ich etwas an der anderen Seite oder am Hinterkopf war mein nächster Gedanke. Da vernahm ich die besorgte Stimme des Custos der jetzt auch bei uns war.
    Was dieser so sagte oder trieb bekam ich zunächst nicht mit, zu aufgeregt und besorgt war ich. Plötzlich war da eine Verbandsrolle, direkt vor mir, in einer Hand. Aufgeregten Worte, „Kaeso .. bitte .. mach du das. Mir zittern die Hände zu sehr.“ drangen dann zu mir vor. Acanthos half mir den Aedil auf zu richten und hielt ihn, nun sah ich die Kopfverletzung und konnte ihm einen Verband um den Kopf legen. Allerdings bezweifelte ich ob das die richtige Behandlungsmethode war, da musste noch mehr gemacht werden, etwas anderes. Wir brauchten ganz dringen Alpinas Hilfe. Laut stieß ich hervor.Alpina muss her.“

  • | Acanthos


    Acanthos hatte zuerst gar nicht mitbekommen und erst auf die Schreie hinter ihm blickte er sich um. Erschrocken stellte er fest, dass Curio nicht mehr stand, sondern bereits auf dem Boden lag, ohne sich zu rühren. Die Augen des Makedonen weiteten sich und er blieb wie angewurzelt stehen. Ein weiterer Angreifer musste von hinten gekommen sein und den Aedil niedergeschlagen haben. Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden wusste er nicht, was er tun sollte. Es konnte nicht sein, es durfte nicht sein, dass Curio was passiert war. Das konnte einfach nicht sein. Doch je mehr Zeit verging, desto deutlicher wurde, dass tatsächlich der schlimmste Fall eingetreten war. Aus Malleus' Richtung war mittlerweile einen Schmerzenschrei zu hören gewesen und Acanthos war wieder zu sich gekommen. Ebenso wie Kaeso beugte er sich nun zu Curio hinab, doch es war Kaeso, der die blutende Kopfwunde als erstes fand. Die helle Toga des Helvetiers hatte sich schon rot gefärbt und erneut ergriff nun jemand anders, nämlich Malleus, die Initiative kam herbeigelaufen und versuchte den Helvetier zu wecken, doch reagierte er nicht.


    In diesem Moment schaltete Acanthos Gehirn endgültig in den Notfallmodus um. Als Leiter des helvetischen Officiums war ihm klar gewesen, was seine Aufgabe war in solch einem Fall war, doch hatte er nicht man in seinen schlimmsten Alpträumen befürchtet, dass dieser Fall tatsächlich eintreten würde. Dennoch musste er nun das Rude in die Hand nehmen und während Kaeso den Druckverband auf die Wunde presste, Malleus sich nach einer Trage umschaute und nun auch die beiden städtischen Apparitores, angelockt durch die panischen Rufe der Umstehen, herbeigelaufen kamen und sich dem Ausmaß des Angriffs bewusst wurden, war es der Makedone, der nun plötzlich einen vollkommen klaren Kopf hatte.


    Haltet die Leute zurück!


    befahl er den Apparitores, die nickten und sich auch gleich daran machten, die Schaulustigen zurückzuhalten. Ein weiterer Ausruf folgte, dieses Mal von Kaeso. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn Alpina hier gewesen wäre, doch leider war sie das nicht.


    Dazu ist keine Zeit. Du musst die Wunde so fest du kannst zudrücken, verstanden? Und wir müssen ihn so schnell wie möglich nach Hause bringen. Such eine Lösung dafür, Malleus, wir brauchen einen Karren, eine Platte, irgendwas in der Art.


    sprach Acanthos weiter, warf nun die Tabula auf den Boden - es waren ohnehin nur ein paar Notizen von der Sitzung drauf, die er auch einfach im Protokoll nachrecherchieren konnte. Curio musste hier weg, denn ein weiterer Angriff war nicht ausgeschlossen, spätestens dann, wenn die Attentäter sahen, dass ihr Werk noch nicht vollendet war.

  • Malleus hörte Acanthos’ seltsam verschwommen klingende Worte und nickte. Ganz recht. Sie brauchten einen Karren, ein Brett, eine Platte, irgend etwas in der Richtung. Und sie brauchten es sofort. Denk nach! brüllte er sich im Geiste zu, während er sich fast unbewusst unter den Mantel fasste und seine rechte Seite abtastete. Da klebte alles. Mantel an Tunika. Tunika an Haut. Stofffetzen an rohem Fleisch. Unter dem Druck der tastenden Finger quoll ein warmes Rinnsal über seine Hüfte auf den Oberschenkel hinunter, gleichzeitig flammte brennender Schmerz über die Rippen in die Schulter empor. Lappalie! knurrte es in seinem Schädel. Hör auf, dran rumzufummeln und mach deine Arbeit! Wieder nickte er, stützte sich auf die Tischplatte eines schon fast leergeräumten Gemüsestandes und atmete ein paarmal tief durch. Das half. Ohne sich nach dem Gemüsehändler umzusehen, steckte er sich den blutigen Gladius hinter das Cingulum, wischte mit einer ausholenden Armbewegung die verbliebenen Körbe vom Tisch und riss die Holzplatte von den Stützböcken.


    „Hier Acanthos!“ knurrte er dem Makedonen zu und knallte die Platte neben Curio auf den Boden. „Karren wär’ Mist. Rüttelt ihn zu sehr durch.“ Schließlich konnte im Moment noch niemand wissen, ob der Helvetius neben den offensichtlichen noch andere Verletzungen davongetragen hatte. Nach ein paar weiteren tiefen Atemstößen nahm Malleus die beiden Apparitores wahr, die sich gewissenhaft darum bemühten, das aufgescheuchte Volk auf Abstand zu halten. Gut. Sehr gut. Wenn alle die Nerven behielten – und es sah ganz danach aus – würden sie zügig von hier fort kommen. Denn fort mussten sie, und zwar schleunigst. „Also gut. Nimm du die Beine, Acanthos, ich nehm’ die Schultern. Und du Kaeso hältst seinen Kopf. Sachte.“ Kaeso hatte seine Sache bisher wirklich gut gemacht. Der straff sitzende Druckverband ließ weder Schmutz noch Blut durch. Für Lobeshymnen allerdings war jetzt keine Zeit.


    So behutsam es unter diesen Umständen möglich war, wurde der erschlaffte Körper Curios’ auf die Tischplatte gebettet. Eine Militärtrage wäre freilich besser gewesen. Die Holzbohle war etwas schmal, dafür aber wenigstens lang genug, um sie vor den Füßen und hinter dem Kopf anständig greifen zu können. Beim Hochheben wurde Malleus’ Oberkörper wieder von sengendem Glühen durchzuckt. Als er aber die richtige Haltung gefunden und Curios’ Körpergewicht entsprechend auf Arme und Schultern verteilt hatte, wurde es besser. Nur der Gladius hinter seinem Cingulum störte. Empfindlich.


    „HE, DU!“ bellte er einen verschüchtert glotzenden Schaulustigen an. „Zieh mir mal das Ding hier raus und bring es einem der Apparitores!“ Der Mann tat mit zitternden Fingern wie ihm geheißen. „Und noch was! Bei dem Kadaver da drüben muss irgendwo ein Ledergurt mit Bronzeschnalle rumliegen. Wenn du den zur Casa Helvetia bringst, soll es den Schaden nicht sein.“ Sein Schnallengurt war ihm immer ein verlässlicher Gefährte gewesen. Von sowas trennte man sich nicht leichten Herzens. Der unfreiwillige Helfer tappte davon. Malleus holte noch einmal tief Luft und warf dann einen bemüht aufmunternden Blick auf Acanthos und Kaeso. „Fertig? Schön, dann nichts wie weg hier.“

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