Magrus wurde vom Sklavenmarkt in die Villa Claudia gebracht. Er war beeindruckt von der Größe und vom Luxus des Anwesens. So stand er nun im Atrium und wartete darauf, dass man ihm sagt, was er zu tun hat. Im Moment kümmerte sich jedoch niemand um ihn. Er hatte aber ein gutes Gefühl, denn er dachte immerzu an Cara und er hoffte, dass sie ihm das Eingewöhnen in seinem neuen Zuhause leichter machen würde. Leider sah er sie seit seiner Ankunft nicht mehr. So fühlte er sich etwas verlassen. Er stand also da und versuchte sich so zu verhalten wie man es wohl von einem Sklaven erwartete.
Der neue Sklave
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In der großen Villa Claudia konnte man sich tatsächlich verlassen fühlen. Sabinus jedoch fühlte sich hier pudelwohl, denn er machte sich mit jedem Tag im Herzen des Reiches klarer, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er zu den Großen des Reiches aufsteigen würde. Entsprechend war er darauf bedacht, Kontakte zu knüpfen, was mit Flaviern sogar schon recht gut funktioniert, aber auch seinen Lebensplan zusammenzustellen, zu dem nicht bloß die politische Betätigung im Rahmen des Cursus Honorum gehörte, sondern auch ein militärisches Kommando in einer der Provinzen. Er hatte also noch viel vor sich und mit dem Kauf des Sklaven hatte er sich einen Assistenten verschafft, der ihn auf diesem Weg begleiten sollte.
Einige Augenblicke hatte Magrus derweil im Atrium gestanden, bevor Sabinus mit seine bisherigen Begleiter Memnon dazukam. Etwa zwei Armlängen von Magrus entfernt blieb Sabinus stehen, hob das Kinn ein wenig hoch und begann den neuen Sklaven zu mustern. Memnon hielt sich einen Schritt hinter dem Claudier und trug eine kleine Holztafel in der Hand, eine ähnliche, wie er selbst um den Hals trug. Sabinus schien den Sklaven hinter sich nur peripher zu beachten, bevor er sich nun erneut in Bewegung setzte und eine Runde um den Sklaven drehte, während er sprach.
Dein Name ist Magrus, du bist nun ein Sklave der altehrwürdigen Gens Claudia und ihres Sohnes Aulus Sabinus. Die Gens Claudia ist eine alte Familie, aus der auch bereits einige Kaiser hervorgegangen sind. Wir gehören zu Granden des Imperium Romanum und waren dies schon zu Zeiten der Republik. Du bist nun als Sklave ein Teil der glorreichen Geschichte meiner Gens, doch kommen damit auch zahlreiche Pflichten auf dich zu.
Sabinus hielt inne und nickte Memnon kurz zu, der auf den neuen Sklaven herantrat und ihm die Holztafel hinhielt, die an einem Band hing, das man sich um den Hals legen konnte.
Du wirst diese Tafel nun tragen, Tag und Nacht, bei allen Aufgaben die du erledigen wirst. Sie weist sich als Sklave der Gens Claudia aus sowie als Teil meines Besitzes. Mit dieser Tafel erspare ich dir die Qual eines Brandzeichens. Sollte mir allerdings zu Ohren kommen, dass du diese Tafel regelmäßig ablegst, besonders dann, wenn du das Haus in meinem Auftrag verlässt, habe ich kein Problem damit, dir dieses Privileg auch wieder zu entziehen.. Hast du das verstanden?
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Magrus stand nun das erste mal vor seinem Herrn. Als dieser sagte, dass ihm das Brandzeichen erspart bliebe wenn er die ihm überreichte Tafel trug war er erleichtert. So sprach er:
"Dominus, ich bin mir der großen Ehre bewusst in diesem Haus dienen zu dürfen. Ich werde diese Tafel Tag und Nacht mit Stolz tragen. Außerdem werde ich mich bemühen, jeden deiner Befehle gewissenhaft und umgehend zu befolgen."Er hoffte, damit seinen neuen Herrn von Anfang an milde zu stimmen. Er hatte sich überall umgeblickt, aber zu seinem Leidwesen konnte er Cara nirgends erblicken.
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Sabinus nickte. Doch trotzdem registrierte er, dass der Sklave die hingehaltene Tafel nicht annahm und sich auch nicht überstreifte. Einige Augenblicke wartete er noch, ob Magrus seinen Worten auch noch Taten folgen lassen würde, doch als dies nicht geschah, räusperte er sich vernehmlich und warf einen unmissverständlichen Blick auf die Tafel, die der andere Sklave noch immer in den Händen und Magrus hinhielt. Vielleicht musste der Neue ja noch lernen, dass Worte schön und gut waren, aber erst durch Taten veredelt wurden? Nun ja, hier im Haus würde er das alles schon noch lernen, und auch dass es mit seiner offensichtlich höheren Abstammung aus einer gebildeten Barbarenfamilie (irgendwie ein Widerspruch in sich, wie Sabinus fand) an dieser Stelle Schluss sein würde.
Ich hab dich als Leibsklave gekauft, deine Aufgabe wird es also in erster Linie sein, dich um mein Wohlergehen zu kümmern. Du kümmerst dich um meine Kleidung, die stets in bestem Zustand sein sollte, schließlich plane ich eine politische Karriere und da ist die Erscheinung von außerordentlicher Bedeutung, hilfst mir beim Ankleiden und Entkleiden und sorgst dafür, dass die Kleidung ordentlich in meinen Truhen verstaut wird, damit du am Morgen nicht lange nach passender Kleidung suchen musst. Bei größeren Gesellschaften wirst du zudem bei der Bedienung der Gäste helfen, wenn der Maiordomus das von dir verlangt.
Sabinus hielt kurz inne, damit dieser erste Aufgabenbereich bei dem jungen Mann ankommen und sich setzen konnte. Aufgrund seiner Ausbildung und seines Wissens hielt Sabinus ihn nicht für einen Trottel, dem man alles fünfmal erklären musste und genau deswegen hatte er ihn auch gekauft, weil es eben noch ein weiteren Aufgabenbereich für ihn gab.
Zudem wirst du als mein Sekretär arbeiten, sobald sich hierzu die Möglichkeit ergibt. Spätestens wenn ich mein erstes politisches Amt haben werde, benötige ich jemanden, der mir zuarbeitet und mein Officium leitet. Desgleichen wird dir diese Aufgabe hier im Haus zufallen. Mit der Zeit wirst du meine Post vorsortieren und mich zuletzt auch bei offiziellen Terminen begleiten.
Erneut folgte eine Pause, in der Sabinus nun irgendeine Erwiderung erwartete, die über ein einfaches 'Ja, Dominus' hinausging. Der Sklavenhändler hatte mit der Gelehrtheit des Sklaven geworben, nun sollte er zeigen, dass diese nicht nur auf die Zitation Ovids Bezug nahm.
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Magnus sah, dass sein Herr ihn eine gewisse Zeit beobachtete und dass sich dessen Mine immer mehr verfinsterte. Erst als er sah, dass die Augen seines Herrn immer wieder zu der Tafel, die er Magrus überreichen ließ, wanderten, wurde ihm klar, dass er diese noch nicht entgegengenommen hat. Während dann sein Herr ihn über die künftigen Aufgaben informierte, griff er hastig nach der Tafel und hängte sie sich um. Als dann sein Herr mit der Aufzählung seiner Aufgaben und Pflichten geendet hatte, sprach er:
"Dominus, ich bin mir sicher, dass ich die mir zugedachten Aufgaben zu deiner Zufriedenheit erfüllen werde können. Natürlich werde ich eine gewisse Zeit der Einarbeitung brauchen. Die Aufgaben als dein Leibsklave stellen mich sicher vor keine Herausforderung, wenngleich ich auch hier deine Vorlieben erst kennenlernen muss. Aber auch meine Unterstützung bei deinen politischen Ambitionen glaube ich in Bälde dir eine große Unterstützung sein zu können. Wenn es dir recht ist, werde ich mich so bald wie möglich an die Arbeit machen. Vorerst bitte ich dich, mir zu erlauben, mich mit den Räumlichkeiten und allen Modalitäten deines großen Hauses bekannt zu machen".Er hoffte die richtigen Worte gefunden zu haben und schaute ob er aus der Mine seines Herrn ersehen könnte ob das zutraf.
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In der Miene des jungen Claudiers machte sich Zufriedenheit breit, als der Sklave nun die Tafel an sich nahm und sich um den Hals legte. Tatsächlich konnten den Worten auch Taten folgen, wobei er jetzt auch nichts anderes erwartet hatte, wäre die Alternativlösung doch schmerzhaft, demütigend und irreversibel. Manch ein Sklave brauchte diese Lektion, um seine Stellung im Haushalt zu begreifen, bei diesem sah es aber offenbar anders aus, und das begrüßte Sabinus außerordentlich. Seine weiteren Worte bestätigten das, bis auf die letzten Worte, bei denen Sabinus kurz die Augenbrauen hochzog.
Ich wüsste nicht, dass ich dich bereits entlassen hätte.
antwortete er, legte eine kurze Pause ein, um klar zu machen, dass er bestimmte, wann das Gespräch beendet war und beliebig in die Länge ziehen konnte und setzte dann erneut an, die Bitte des Sklaven vorerst ignorierend.
Viele Menschen wohnen hier im Haus, Anweisungen nimmst du aber vorerst nur von mir, meiner Schwester Sassia, die bereits vorhin auf dem Markt gesehen hast, von meinem Großvater, den du noch kennenlernen wirst, und schließlich von dem Maiordomus, der eine Anweisung in der Regel mit mir abgesprochen hat. Memnon hier ist dir gleichgestellt, nach deiner Anstellung wird er sich aber vorwiegend um meine Sicherheit kümmern.
Eine weitere Pause folgte. Hatte Sabinus seinen Kreis um den Sklaven weiter vorangeschritten, blieb er nun frontal zu ihm stehen, etwa anderthalb Armlängen von dem jungen Mann entfernt.
Du wirst dich nun im kleinen Balneum waschen gehen und lässt dir dann von Cara, der Sklavin meiner Schwester, eine Übergangstunika geben. Morgen gehst du dann mit ihr und Memnon einkaufen, um dir zwei eigene Tuniken zu besorgen, damit du eine gute Figur machst. Cara wird dich zudem mit den Gepflogenheiten hier im Haus bekannt machen.
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Magnus war froh, als er sah, dass sein Herr seine Worte und das Entgegennehmen der Tafel mit Wohlwollen aufgenommen hatte. Dass ihm nun auch offiziell mitgeteilt wurde, dass Cara sich seiner annehmen werde, machte ihn glücklich. Er freute sich sehr, sie wieder zu sehen. Er sprach also:
"Dominus , ich danke dir für die freundliche und großzügige Aufnahme in die Haus. Ich denke, dass ich nun für das erste weiß was du von mir erwartest und ich werde mich danach richten. Ich bitte dich, mir nun zu gestatten mich zurückzuziehen um deine Anordnungen auszuführen."
Er verneigte sich und machte sich auf die Suche nach dem Balneum.
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In der Villa Claudia angekommen war Caras vordringliche Aufgabe, sich um das Wohl ihrer Herrin zu kümmern. Auf dem Programm stand wie üblich nach den Strapazen eines Einkaufs, Körperpflege mit Kleiderwechsel und natürlich ein paar Kleinigkeiten zur Erfrischung. Erst wenn Sassia rund um zufrieden war, konnte sich Cara um andere Dinge kümmern und das nur solange ihre herrin sie entbehren konnte.
Sassia hatte es sich auf ihrer Kline bequem gemacht, so konnte Cara kurz nach dem neuen Sklaven schauen. Sie hatte ihm versprochen soweit es ihr möglich war ihm zu helfen.
Wie sie erwartet hatte, war Sabinus, Sassias Bruder im Atrium und gab Magrus die ersten Unterweisungen. Sie bekam gerade noch alles mit und eilte hinter Magrus her. Er hätte besser abgewartet ob sein Herr ihn wirklich schon entlassen hat, dachte sie. Entschuldigte es aber mit dem Übereifer eines neuen Sklaven. „Warte Magrus“, rief sie hinter ihm her. -
Magrus war kurz davor jemanden zu fragen wo denn das vom Herrn erwähnte kleine Balneum ist, da hörte er hinter sich eine weibliche Sitmme, die nach ihm rief. Es war Cara. Er blieb sofort stehen und wartete auf sie. Als sie bei Ihm war erzählte er ihr sofort, was der Herr ihm aufgetragen hatte:
"Cara, ich bin so froh, dass ich hier bin. Ich habe soeben mit dem Herrn gesprochen,der mir meine zukünftigen Aufgaben mitgeteilt hat. Am besten ist, dass mir das Brandzeichen erspart bleibt, wenn ich nur diese Tafel immer trage. Er hat mir jetzt aufgetragen mich im kleinen Balneum zu waschen und du sollst mir dann eine Übergangstunika geben. Morgen soll ich dann mit dir und Memnon einkaufen gehen um mir zwei eigene Tuniken zu besorgen. Außerdem hat er ausdrücklich gesagt, dass du mich mit den Gepflogenheiten hier im Haus bekannt machen sollst. Kannst du mir bitte das kleine Balneum zeigen? Ich bin wirklich froh dich wieder zu sehen."
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Unwillkürlich lächelte Cara. Wie oft hatte sie schon erlebt wenn ein neuer Sklave kam. Die einen waren eifrig, andere dagegen trotzig und uneinsichtig. Sie selber hatte als Dreijährige ihren Dienst bei Sassia angetreten und war mit und in ihre Aufgaben gewachsen.
Sie stellte es sich nicht so einfach vor für Sklaven bei neuen Herrschaften, besonders für vorher freigeborene. In der Villa Claudia erlebte sie es zum erstenmal.
"Folge mir einfach“, lächelte sie ihn an.
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