Rückkehr aus dem Barbaricum

  • Sie kamen wieder. Eigentlich viel früher als von den meisten erwartet. Aber Alle waren froh, dass die Legio fast unbeschadet wieder hier angekommen waren. Natürlich war ihnen das Gerede vorausgeeilt. Einige Händler hatten den Tross der Soldaten, die aufgrund ihrer Gefangenen nur langsam vorankamen überholt. So wusste man nun auch schon, dass es Gefangene gab. Das es in den Wäldern einen kleinen aber unbedeutenden Angriff gegeben hatte. Das das Dorf kapituliert hatte. Und dass der vermisste Centurio lebend gefunden wurde.
    Die Gefangenen waren so wie man sie hergebracht hatte untergebracht worden. In den Gruppen in dies sie schon zum Marsch eingeteilt worden waren.
    Nur Wulfgar und Idun waren jeweils einzeln eingesperrt. Bei Wulfgar wollte man keine Risiko eingehen und Idun war ja die persönliche Gefangene des Centurio. Also sperrte man sie nicht zu den anderen.


    In der Armee wurde nichts auf die lange Bank geschoben so wurde auch der kurze Prozess für den nächsten Tag angesetzt. Die Gefangenen des Dorfes – die Männer in Ketten - hatte man schon auf den Platz gebracht. Sie wurden gut bewacht von den Soldaten, ja einige von denen waren sichtlich stolz auf ihre Beute. Natürlich war auch die Legio und die Ala angetreten. Schließlich sollte sich keiner das Spektakel heute entgehen lassen.
    Wie ein Lauffeuer hatte es sich am Abend und am Morgen in der Stadt verbreitet, dass die Barbaren heute gerichtet werden, so war nun also bestimmt fast die ganze Stadt hier versammelt.
    Nun wurde auch Wulfgar gebracht. Auch er trug Ketten an Händen und Füßen. Es machte sich Gemurmel breit. Jeder hier wollte einen Blick auf den Mann erhaschen, der es gewagt hatte Rom die Stirn zu bieten.


    „Da seht ihn euch an. Da ist er.“
    „Rück doch mal ein Stück ich seh ja gar nichts.“
    „Was meint ihr warum er das getan hat? Jeder weiß doch, wie stark die Römer sind.“
    „Eitelkeit? Unvernunft?“
    „Wohl eher eine Mischung aus beiden.“


    Keiner hier – auch wenn sie selbst den Barbaren angehörten hatten Mitleid mit dem Mann oder seiner Sippe. Ja ihnen ging es hier unter den Römern gut. Keiner konnte nachvollziehen warum sie es getan hatten und so empfand man das was kommen würde als gerechte Strafe.


    Anders sah es jedoch bei einen Punk aus um den sich bisher nur Gerüchte rankten.


    „Und dein Mann ist auch wohlbehalten zurück?“
    „Ja es gab ja zum Glück nur wenig Verletzte und Tote.“
    „Ja und heute werden diese Barbaren für ihre Taten bestraft.“
    „Hab ihr das auch gehört? Es soll auch eine Seherin unter den Gefangenen sein.“
    „Ja mein Mann hat derartiges berichtet und noch so einige Gerüchte die sich um die ranken.“
    „Ach paperlapap. Ob nun Seherin oder nicht, die sollen die anständig bestrafen.“
    „Naja es wird aber auch gesagt, dass sie einem Centurio das Leben gerettet haben soll.“
    „Hat sie?“
    „Weiß ich nicht, aber so sagt man.“
    „Ich weiß nicht ob das gute ist – eine Seherin? Das könnte die Götter erzürnen.“
    „Also wenn sie wirklich eine sein sollte...“
    „Wenn sie ihm doch geholfen hat?“
    „Also ich fühle mich unwohl dabei. Die die sich erhoben haben sollen ruhig hinrichten, die haben es nicht anders verdient. Aber eine Seherin? Die auch noch geholfen hat? Nein das wäre gar nicht gut.“
    „Nein die Götter wären erzürnt.“


    Langsam betraten nun also auch die Hauptakteure des heutigen Tages den Platz und es kehrte Ruhe ein. Man wollte schließlich hören was sie zu sagen hatten.

  • Es war bislang kein sonderlich frohes Jahr gewesen. Der Winter hatte recht gnadenlos in den Wäldern Germaniens grassiert und so manches Leben genommen. Das kam durchaus schon einmal vor. Mit der Zeit wurden die Nahrungsmittel schon auch mal knapp, die Temperaturen verursachten Krankheiten und das Leben war allgemein deutlich härter. Einzig das Jagen wurde grundsätzlich etwas erleichtert, weil die Sicht besser war - dafür konnte man allerdings auch nicht auf lange Züge gehen, da es einfach zu kalt war. Geriet man in ein starkes Unwetter, konnte das auch wieder von großem Nachteil sein und selbst ohne schlechte Wetterverhältnisse fror man. Meistens griffen sie auf Vorräte aus dem Sommer und dem Herbst zurück, die sie geschickt einlagerten, oft auch eingruben um sie vor schlimmster Witterung zu schützen.
    Wenn die Ernte allerdings nicht gut war, waren diese Vorräte auch schnell aufgebraucht. Wen ließ man hungern, wen nicht? Gab man allen gleich zu essen oder bevorteilte man die Menschen, die sich noch nützlich machen konnten? Das war alles nicht so einfach und Eldred war froh, dass sie solche Entscheidungen nicht fällen musste. Das war Sache ihres Vaters, dem Anführer ihrer Sippe, sowie in gewissen Teilen auch ihrer beiden Brüder Wigand und Sarolf. Eigentlich hatte sie einmal drei Brüder gehabt, der dritte jedoch, welcher nur unwesentlich jünger als sie gewesen war, war vor einigen Jahren gestorben. Es war in einem Frühjahr gewesen, als man glaubte, das Schlimmste überstanden zu haben. Da hatte er ganz viel gehustet, mitunter Blut. Ganz heiß war er geworden. Und eines nachts war er aus einem seiner fiebrigen Träume einfach nicht mehr erwacht. Sein Name war Einar gewesen. Und sein Name entsprach der Wahrheit; seinen letzten Kampf hatte er allein geschlagen. Das Leben konnte schon ironisch sein. Oder es waren die Götter, die voller Zynismus auf die Lebenden herabsahen.


    Nun, der heutige Tag jedenfalls war nicht so schlimm. Es war immer noch sehr kalt und Eldrid trug auf ihren Schultern einen wärmenden Pelz. Ihre Gangart wirkte wenig leichtfüßig, da sie in so schwere Kleidung angetan war. Der Frühling zeigte sich allmählich, einige Bäume begannen ihre Blätter zu entfalten. Dennoch befanden sich die Temperaturen noch immer nahe dem Gefrierpunkt und Eldrid fror leicht, wenn sie ehrlich war. Sie war meistens immer ziemlich dick eingekleidet. Als die Tochter des Dorfoberhaupts konnte sie sich das glücklicherweise auch erlauben. Groß war ihr Dorf nicht, nach diesem Winter noch ein wenig kleiner. Sie waren jetzt noch 37 Männer und Frauen, davon 8 Kinder und 5 Alte und Versehrte, die kaum mehr einen Nutzen brachten, dennoch aber aßen. Es waren jüngere, die im letzten Winter ihr Leben verloren. Ein Mädchen, das gerade einmal 8 Jahre alt gewesen war, ein erwachsener Mann der auf der Jagd von einem Wildschwein so schwer verletzt wurde, dass er den Wunden noch Tage später erlag und eine Frau - sie war an Krankheit verendet, ebenso wie das Mädchen. Beide hatten zuletzt hohes Fieber. Auch weitere Dorfbewohner erkrankten, doch sie schafften es die Krankheit zu überstehen.
    Aus Eldrids engster Familie wurde diesen Winter allerdings niemand zu den Göttern berufen. Ihnen allen ging es gut und dafür war sie aufrichtig dankbar. Sie lächelte Sarolf, dem jüngeren ihrer beiden älteren Brüder, munter zu.


    "Geh du nur zum Schmied und sieh ob du die Waffen ausgebessert bekommst. Ich versuche, Linsen und Erbsen zu bekommen." Vielleicht ja auch ein wenig Getreide. Zum Tauschen hatte sie Fisch dabei, den sie erst noch verkaufen müssten. Notfalls hatte sie auch noch geprägte, römische Münzen bei sich. Bei den Germanen spielte zwar Geld eigentlich keine Rolle, doch die Mattiaker, zu denen sie gehörte, waren mittlerweile dermaßen eng mit den Römern verbandelt, dass sie diese Währung durchaus angenommen hatten, um Handel mit dem Nachbarn und Verbündeten zu treiben. Es war nicht unbedingt einfach, Fisch zu verkaufen, denn die Römer hatten natürlich ebenfalls die Möglichkeit zu fischen. Dennoch hatten sie nicht viele Möglichkeiten, Eldrid stammte aus keinem reichen Dorf. Sie hatten keine Goldmine oder irgendetwas, das ihnen das Leben erleichtern würde. Sie mussten hart arbeiten. "Ist gut, Schwesterchen - wir treffen uns später auf dem Markt!" Anweisung des Vaters war eigentlich, dass sie zusammen blieben. Allein schon für Eldrid. Diese war allerdings weit weniger schüchtern und schwach als der Vater wohl glauben mochte und konnte schon gut auf sich aufpassen. Sehr gut. Die Sprache der Römer beherrschte sie besser als ihr großer Bruder, warum sollte sie also nicht allein ihr Glück versuchen?


    "Na komm schon, Frowin." meinte sie vergnügt zu ihrem Esel und zog ein bisschen an seinem Strick und strebte in Richtung Forum, wo der Markt stattfand. Frowin - den Namen hatte sie ausgewählt. Sie liebte den Esel heiß und innig. Viele sprachen zwar immer von dummen Eseln, aber sie war überzeugt dass er sogar sehr schlau war. Also hatte sie ihn einfach ihren 'klugen Freund' genannt. Dass er sich ein bisschen gegen die Richtung sträubte, mochte eine innere Eingebung des Tieres gewesen sein, denn...
    Eldrid platzte vollkommen ahnungslos in ein großes Getümmel. Der Esel blökte ein paar Mal laut und ließ sich nur schwerlich wieder unter Kontrolle bringen. Es gelang ihr aber letztlich. Und dann hatte sie Zeit, sich alles ein wenig zu besehen. Da waren Gefangene und viele Soldaten. Unruhig kraulte sie dem Esel den Hals, innerlich den tiefen Wunsch hegend, wieder zu gehen. Was wohl kommen würde? Waren das Sklaven? Die ganze Szenerie war viel zu... beklemmend. Sie sahen nach Landsmännern aus. Scheu sah sie sich um, versuchte Sarolf zu finden - aber der war natürlich beim Schmied... Sollte sie selbst auch gehen?
    Neugierde war es wohl, die sie hier hielt und wieder nach vorn blicken ließ.

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    Sklave - Marcus Claudius Marcellus

    Einmal editiert, zuletzt von Eldrid ()

  • Persaeus und Octavius Frugi hatten den Befehl erhalten, die Seherin zum Forum zu bringen. Die beiden entschieden sich dafür, sie nicht mit Seilen, sondern mit Ketten zu fesseln. „Sie hat Zauberkräfte“, kam von Persaeus und hatte diese Entscheidung damit begründet, „mit ihren Händen kann sie durch Gesten zaubern, also die Arme mit Ketten bis zum Forum auf den Rücken, dort wird sie dann an den beiden Pfählen angekettet. Die Füße werden wir auch zusammenketten, so dass sie nur kleinere Schritte machen kann. Sie soll uns ja nicht davon fliegen.“ Nicht gerade sanft verrichteten die Legionäre ihre Arbeit.
    Manch einer von den Soldaten, hätte die Germanin bestimmt in der Nacht aufgesucht, wenn sie eben keine Seherin wäre. So half ihr in diesem Punkt die Furcht der Römer vor ihren Hexenkräften. Doch das hier würde etwas anderes werden, hier würden ihre Kräfte ihr nichts helfen.
    Sie soll dafür büßen, dass sie den Centurio in ihre Gewalt brachte, dachte Frugi wütend. Wem wenn nicht ihr, wem sonst hatte man zu verdanken,- dass ihre Kameraden ihr Leben lassen musste.
    „Los jetzt, vorwärts mit dir“, zerrte er wütend an ihr. „Wage es ja nicht eine falsche Bewegung zu machen, dann sollst du mich kennen lernen“, funkelte er sie mit geballter Faust an, bevor sie sich auf den Weg machten.


    Von der Castra Legionis ging es durch die Stadt zum Forum. Die Straßen waren verhältnismäßig leer, denn die meisten Einwohner hatten sich auf dem Forum eingefunden. Jetzt waren es meist nur die alten die von Fenstern und Türen aus ihren Weg verfolgten.
    Beim Forum angekommen wurde es immer unruhiger und lauter, Fäuste erhoben sich, die Stimmen wurden lauter und lauter.

  • Die Soldaten sie waren wieder da. Natürlich war Runa froh darüber. Sie war froh, dass es nur wenig Tote und Verwundete gegeben hatte. Sie war froh, dass es nicht – wie befürchtet – einen Aufstand im Babaricum gegeben hatte. Es war nur ein Dorf. Unbedeutend im Vergleich zu Rom.
    Und doch war Runa alles andere als fröhlich zu Mute. Schon seit gestern spürte sie eine Anwesenehit, die sie vorher noch nie gespürt hatte. Sie konnte es sich nicht erklären. Wie wusste nicht was es war. Sie konnte nur ahnen, nur vermuten, dass die Soldaten etwas – jemanden mitgebracht hatten, der oder die dieses Gefühl in ihr wach riefen.
    Auf dem Weg zum Form erhielt sie dann Gewissheit, viele sprachen sie an. Eine Seherin sei unter den Gefangenen. Runa konnte – wollte es nicht glauben. Als sie auf dem Forum ankam erschauerdete sie. Die Kulisse die heute geboten wurde hatte ihre eigenen ganz unheimliche Aura. Runa fröstelte leicht und zog ihren Mantel enger um ihren Körper. Ihr Blick fiel auf die Gefangenen die man schon auf dem Forum zusammengetrieben hatten. Suchen glitten ihre Augen über die Frauen und Männer und Kinder. Immer wieder. Doch sie fand nicht was sie suchte. So etwas wie Erleichterung machte sich in ihr breit. Es war also wohl doch nur ein Gerücht.
    Und doch spürte sie es und es wurde deutlich – es kam näher. Wieder blickte sie sich suchen um doch sie konnte nichts entdecken....

  • Auch Apolonia war zum Forum gekommen. Sie hatte auch die Gerüchte um den Centurio und der Seherin gehört. Sie wollte schon immer solch ein Weib sehen. Wenn das stimmte, was man über ihr Verhältnis zu dem Centurio hörte, dann musste sie bestraft werden. Es ging nicht, dass so eine mit ihren Kräften Rom schaden konnte.


    Apolonia war ziemlich spät gekommen, so konnte nicht wirklich sehen was vorne passierte. Dafür war sie aber bei den ersten die sie ankommen sah. Jetzt war sie schon etwas enttäuscht, die da entsprach nicht ihren Vorstellungen. Älter, hässlicher, bösartiger vor allem ungepflegter hatte sie sich die Frau vorgestellt. Vielleicht ist das aber ihre Kunst, ihr wahres Aussehen so zu verändern um die Menschen zu täuschen.
    Grimmig starrte die Entlaufene die seherin an.
    Du sollst dafür bezahlen, niemand beherrscht ungestrafft einen tapferen Centurio des Kaisers, so wie du es machst. Rom bekommt euch alle ihr verfluchte Barbaren, wenn ihr euch nicht unterwerft. Du sollst büßen, am Kreuz hängen, jämmerlich krepieren. Ich will dein Blut hier sehen du verfluchte Hexe
    Immer lauter und schriller wurde Apolonias Stimme während die Legionäre an ihr vorbei die Gefangene nach vorne schoben.
    "Ist doch war, wo kämen wir denn hin, wenn wir Römer uns das bieten lassen würden," meinte sie zu ihrer Umgebung.
    Nur eins hatte sie in ihrer Rage vollkommen vergessen, sie war keine Römerin, sie war eine Sklavin, dazu noch eine entlaufene.

  • Die Masse war ziemlich aufgebracht, das entging Eldrid zu keinem Augenblick. Viele brüllten wüste Beschimpfungen zu den in Ketten herbeigeführten Männern. Aus den Rufen und dem Getuschel um sich herum entnahm Eldrid, dass außerdem auch noch eine Seherin herangeführt werden sollte. Sie hatte von alledem nichts mitbekommen. Zwar hatte sie ihren Vater durchaus von Übergriffen reden hören, aber sie hatte nie näher gelauscht. Diese Dinge interessierten sie nicht. Sie mochte es nicht, von Gewalt und Krieg zu sprechen, auch wenn beides nicht so selten um sie herum vorkam. Diese Dinge waren glücklicherweise das Geschäft der Männer und sie musste sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Sie konnte Augen und Ohren verschließen, keiner würde ihr daraus einen Vorwurf machen.
    Es war nicht grundsätzlich so, dass sie keine Bereitschaft verspürte, sich auch über schwierige Themen Gedanken zu machen. Es wäre nur nutzlos, da sie ohnehin kein Mitspracherecht hätte und sie auch so keiner von sich aus über die Dinge informieren würde. Ihr Wissen fußte lediglich auf ein paar Randinformationen und Gerüchten, die sie dann und wann aufschnappte. Von einem Skandal – oder Problem – in diesem Ausmaß hatte sie bislang nichts wahrgenommen.


    Als neben ihr eine Frau laut zu krakeelen begann, zuckte Eldrid automatisch zusammen. Sie hatte sich erschrocken und warf nun einen fast vorwurfsvollen Blick zu jener Furie hin. Sie schimpfte etwas von Beherrschung eines Centurios und wünschte der Seherin mehr oder weniger die Pest an den Hals. Wirklich aufklären taten diese Worte die Situation noch immer nicht, aber diese Frau schien in jedem Falle mehr zu wissen als Eldrid selbst und sie entschloss sich, einfach einmal nachzufragen. Vielleicht wäre es besser, einfach wieder der eigenen Wege zu gehen und die hiesigen Ereignisse zu ignorieren, aber die Neugierde war aktuell einfach größer.


    „Ähm… entschuldig.“ Etwas unsicher wendete sich Eldrid an die ihr unbekannte Apolonia. Unsicher nicht, weil sie so schüchtern war, sondern weil ihre Sprachkenntnisse nicht die allerbesten waren. Sie verstand das meiste, wenn Römer mit ihr sprachen und konnte sich auch einigermaßen verständlich machen, aber einen wirklichen Unterricht mit Feinschliff hatte sie natürlich nie erhalten. Ihre Kenntnisse fußten allein auf dem praktischen Gebrauch bei ihren Besuchen in Mogontiacum. Sie war schließlich eine Germanin und hatte nicht so unendlich viele Möglichkeiten, ihre Lateinkenntnisse aufzufrischen, auch wenn schon einige ihres Dorfes zumindest ein Basiswissen besaßen. Dennoch, Eldrid musste sorgfältig über die gewählten Worte nachdenken und konnte nicht einfach drauflos plaudern. „Kannst du mir sagen, was hier passiert ist? Was ist mit den Männern... äh... passieren?“ Sie zeigte nach vorne, wo die Germanen standen. Dass sie Zeitformen – und nicht nur diese – durcheinanderbrachte, wusste sie natürlich nicht. Scheu lächelte sie Apolonia an.

  • Licinus hatte an diesem Tag keine herausragende Rolle, sondern er koordinierte die Rollen der Soldaten in diesem Schauspiel. Denn nichts anderes war dieser Prozess natürlich. Das Urteil stand fest und die Frage war nur, ob man einige ausgewählte schonen würde um römische Gnade zu zeigen. Aber das war unwahrscheinlich und für das große Ganze vermutlich egal. Also nochmal unwahrscheinlicher.


    Licinus stand also irgendwo am Rand neben dem Tribunal auf dem der Richter -- vermutlich der legatus iuridicus -- platznehmen würde und dirigierte die Soldaten, die Gruppen von Gefangenen und Einzelpersonen an ihre Plätze brachte mit Gesten und Zurufen.


    ~~~


    Irgendwann waren alle Personen an ihrem Platz und als Ruhe eingekehrt war, bedeutete Licinus jenen Soldaten, die Idun eskortierten, sie nach vorn zu bringen. Gleichzeitig sollte der centurio Tiberius nach vorne kommen, also winkte er auch diesen heran.

  • „Die Welt durchwandern wir,
    unruhig, getrieben,
    die Zukunft in Sand und in Wasser geschrieben,
    frei wie die Vögel, Blätter im Wind,
    wir treiben dahin und dahin und dahin....
    Lebendes Holz aus Yggdrasils Ästen,wir driften dahin von Osten nach Westen,morgen woanders, heute noch hier: - Treibholz sind wir.“*


    Es waren nur wenige Tage und doch kamen sie Idun vor wie eine Ewigkeit. In Fesseln lag sie in diesem dunkeln Raum. Sie ließ ihre Gedanken wandern und erlebte die vergangen Tage nochmal. Den Tag an jenem sie Verus aus dem Dorf holte – ihn rettete. Jene intensive Tage in denen sie und der Römer sich näher gekommen waren, in denen sie gleich waren. Jene Tage die sie so tief in ihrer Seele berührt haben, dass sie nun wusste was Einsamkeit ist. Und jene Leere, jene Einsamkeit die sie spürte seit die Legionen gekommen waren um ihn zu retten und die Toten zu rächen. Sie spürte immer noch die Blicke voller Hass welche ihr die Dorfbewohner zugesandt hatten. Und jene voller Misstrauen der Soldaten. All diesen Blicken jedoch hielt sie stand. Sie ging den Weg ihres Schicksals, ihren Weg den sie frei gewählt hatte.


    Sie war allein mit ihren Gedanken und Gefühlen, sie konnte sie nicht teilen. Bisher war das nie ein Problem gewesen, aber seit den tagen in der Hütte war es das. Wenn man wusste was Einsamkeit war konnte dies grausam sein. Unwissenheit hatte auch seine guten Seiten.


    Auch wenn sie auf Anordnung des Offiziers die persönliche Gefangene des Tiberes war hieß das nicht, dass sie in seiner Nähe bleiben konnte. Nein es hieß nur, dass sie nicht mit den anderen Gefangenen zusammen transportiert wurde. Von ein paar Männer begleitet wurde sie allein geführt. Immer wieder hatten die Männer versucht sie zum reden zu bringen, hatten ihr vorgeworfen, dass der Centurio unter ihrem Bann stehen würde. Doch Idun hatte nicht reagiert. Sie schwieg und dass nun schon seit der Rückmarsch begonnen hatte.


    Sie war allein hier in diesem dunkeln Raum. Wieder allein. Vor wenigen Augenblicken noch war ein älterer Soldat hier gewesen, der ihr eine Botschaft überbracht hatte. Eine Botschaft von Verus und er hatte ihr ein in Opium getränkte Beißholz in die Hand gelegt. „Nimm es Mädchen.“ Hatte er gesagt. „Er tut es nicht gern, aber es muss ein.“ Hatte er gesagt. „Es ist zum Wohle Roms.“ Waren seine Worte gewesen. Idun hatte verstanden, hatte dem Alten dankend zugenickt, aber weiter geschwiegen.


    Nein sie wusste nicht was auf sie zukommen würde. Sie konnte nur ahnen. Sie kannte Rom, sie kannte seine Grausamkeit – zu nur allzu gern erklärten Römer dies als die Gerechtigkeit Roms. Alles geschah zum Wohle Roms. Allein dieses Worte zum Wohle Roms hinterließen einen bitteren Beigeschmack bei all jenen die außerhalb Roms standen. Für sie bedeutete dieses zum Wohle Roms zumeist Leid und Kummer.
    Ja Idun hatte verstanden und sie hatte auch verstanden das Verus es nicht gern tat und doch tun musste für Rom. Sie konnte nur ahnen, wie er sich fühlen musste.


    Ja ihre Gedanken waren tatsächlich bei ihm. Sie sorgte sich nicht um sich selbst, sondern um ihn. Sie hatte gesehen, wie verletzlich und zerbrechlich die Seele dieses Mannes ist. Die Rüstung die er trug war nur ein Panzer, der ihn versuchte zu schützen vor dieser Welt die zumeist grausam war. Zu gern wäre sie jetzt bei ihm, würde ihm gern Zuversicht geben, würde ihm sagen, dass sie ihm vertraute. Würde ihr Versprechen der Treue bekräftigen.
    Ja auch die vergangen Tage hatten nichts daran geändert. Idun hatte vorher gewusst, dass diese Welt, in die sie sich freiwillig begab, nicht gut – nicht gerecht ist. Sie hatte gewusst, dass diese Welt grausam und brutal war. Das diese Welt jeden strafte, der nicht zu ihr gehörte. Es war wie ein Naturgesetz. Rom unterwarf. Rom unterdrückte. Rom versklavte.Und Rom nahm keine Rücksicht.
    Und genau für jenes Rom würde Verus nun handeln müssen...


    Die Tür wurde geöffnet und sie wurde aus ihren Gedanken gerissen. Zwei Soldaten betraten den dunkele Raum. Idun hatte nicht die Möglichkeit sich an das plötzlich einfallende Licht zu gewöhnen und konnte kaum etwas erkennen. Aber sie vernahm das unverkennbare Klirren der aufeinander schlagenden Kettenglieder. Es war also so weit sie waren gekommen um sie zu holen...


    Unsanft, ja fast schon brutal wurde die zierliche Frau von den beiden – ihr an Kraft und Körpergröße bei weitem überlegenen – Männer auf die Füße gezerrt.
    Kaum auf den Füßen, den sicheren Stand noch gar nicht gefunden wurde auch schon ihre Arme nach hinten auf den Rücken gezogen. Und dort wurde ihre Handgelenke mit den Fesseln versehen. Idun hielt aber weiter das in Opium getränkte Holz fest in ihrer rechten Faust umklammert.Nach dem dann auch ihre Füße so zusammengekettet wurde, dass sie nur kleine Schritte machen konnte wurde sie aus der Zelle geschubst. Die beiden Soldaten trieben sie vor sich her. Ihre Augen hatten Mühe sich an das helle Licht zu gewöhnen, keinen Moment gab man ihr dafür Zeit schon wieder wurde an ihr gezerrt. Als der Mann ihr drohte, hob sie das erst mal ihren Blick und sah ihn direkt aus ihren dunklen braunen Augen an, die gerade ob des Wechsels von Dunkel auf Hell fast schwarz wirkten. Dieser Mann hasste sie auch wenn sie nicht verstand warum. Auch seine Drohung verstand sie nicht. Sie hatte sich bisher nicht widersetzt, sondern alles stumm ertragen.
    Doch auch jetzt erhob sie nicht ihre Stimme,sie schwieg, wie schon seit Tagen kam kein Wort, kein Laut über ihre Lippen.


    Sie führte die an Händen und Füßen gefesselte Seherin auf eine großen Platz. Sie sah die vielen Menschen doch erkannte keine Gesichter, es war nur eine gesichtslose Masse, die um den Platz herumstand und wohl auf ein Spektakel hoffte. Für Idun jedoch waren sie nicht existent. Ihre Augen suchten, sie glitten vorbei an den beiden Pfählen die so aufgestellt worden waren, dass jemand dazwischen angebunden werden konnte. Ihre Augen suchten weiter und sie fanden ihn.


    Ihr Schritt stockte... da stand er und er verkörperte in seiner Paraderüstung – ganz ohne Kampfspuren – Rom. Ihr Herz war es welches sich in der Brust zusammenkrampfte und sie rang nach Luft. Ihr Blick fiel auf seine Hände und fanden das was kommen würde – eine Peitsche. Das war es also, was zum Wohle Roms notwendig war? Sie hob ihren Blick, der trotz der Situation frei von Angst war - aber eine Unsicherheit in sich barg, und suchte seine Augen – und als sie sie fanden stand sie Welt für einen Moment still. Alles um sie herum verschwand in einem Nebel, es gab keine anderen Menschen mehr, nicht den Platz hier, nicht die drohende Peitsche in seiner Hand, nicht die Rüstung. Es gab nur die beiden Augenpaare die aufeinandertrafen. Ihre Lippen jedoch bleiben versiegelt, kein Laut, keine stumme mit den Lippen geformten Wörter. Sie fand was sie suchte in seinen Augen und die Unsicherheit schwand und wich einer Hoffnung. Ja Blicke konnten so viel mehr sagen als tausend Worte. In ihrem Blick lag viel Liebe und Vertrauen. Kaum merklich nickte sie ihm zu und gab ihm damit ihre Zustimmung für alles was folgen würde.
    Nur einen Augenblick nicht viel länger dauerte der Moment, denn dann wurde sie unsanft voran gedrängt...








  • Immer lauter und enger wurde der Weg der beiden Legionäre mit der Gefangenen. Mühsam musste sie sich ihren Weg durch die nach vorn drängende Masse kämpfen. Frugi hätte sich schon gewünscht das Schrittmaß der Gefangenen wäre größer gewesen, damit sie schneller vorwärts kämen.
    Die zeitweise überkochende Volksseele konnte er schon verstehen, ihm selber ging es ja nicht besser. Nur er war Soldat und musste seine Befehle und Vorschriften beachten. Dafür konnte er aber Gefangene oft nach seinem Dafürhalten behandeln. Nur die hier, konnte er jetzt nicht wild durch die Gegend stoßen. Er musste sie in dem Zustand abliefern, wie sie diese im Carcer übernommen hatten. Vielleicht lag es aber auch ein wenig daran, dass er eine heimliche Furcht vor ihr hatte.


    Jetzt waren sie angekommen nur noch wenige gradi bis zu den Pfählen. Etwas wie Stolz kam in dem Octavier auf. Es war ganz anders hier als damals in Rom. Er musste damals als Tiro an einer Hinrichtung teilnehmen. Hier und heute ging es um Rom und diese Feinde Roms mussten bestraft werden.
    Weniger als zehn gradi weit führten sie Germanin an dem Centurio vorbei. Prüfend hatte Frugi einen Blick auf diesen gerichtet. Lies sich erkennen wie sein Verhältnis zu ihr war? Befand er sich wirklich in ihrem Bann? Erkennen konnte er nichts.
    Er warf den gefangenen Germanen, in deren Gesichter er jetzt sehen konnte, ein böses Grinsen zu. Die sollten büßen, bluten für ihre Tat. Keiner durfte verschont werden; genau wie die Hexe hier bei ihm.
    Bei den Pfählen angekommen, lösten sie die Ketten. Auf ein einander zunicken, rissen die beiden Legionäre ihr das Kleid vom Körper. Frugi wollte den nackten Frauenkörper sehen. Riss erstaunt die Augen auf und sog hörbar die Luft ein. Was war das? Ungläubig starrte er auf ihren Körper. Drei dunkle Schlangen rankten sich um jeden Arm und jedes Bein. Auf die Schnelle konnte er die unheimlichen Wesen auf ihrem Rücken nicht erkennen. Ein libellenartiges Insekt sah er unterhalb ihrer Brüste den Bauch abwärts. Schnell, ganz so als ob sie etwas Bösem entgehen wollten rissen sie ihre Arme zur Seite und befestigten diese an die dafür vorgesehene Ringe an den Pfählen. Ihr Körper spannte sich, wurde hochgezogen, so das sie auf ihren Zehenspitzen zu stehen kam.
    Wütend knurrte Frugi, er hatte das Beissholz entdeckt und riss es ihr aus der zu Faust geballten Hand. „Du elende Hexe, du hast doch nicht gedacht damit dem Ganzen hier zu entkommen?“ Schon war er im Begriff die Hand zu erheben um ihr eine schallende Ohrfeige zu verpassen. „Nein Frugi, mach es nicht“, zischte eine Stimme in sein Ohr. Wer war das? Die Hexe? Erleichtert atmete er auf, es war Persaeus, der seine oft übereilten Aktionen kannte und mal ihn wieder vor einer Dummheit bewahren wollte. Mit einem hasserfüllten, grimmigen Blick trat er und Persaeus zur Seite. Nicht weit, nur ein wenig, damit sie wenn nötig gleich eingreifen und zupacken konnten.

  • Die Ala hatte sich freilich an den Seiten platziert und hätte Seneca um die schlechte Moral seiner Truppe gewusst, er hätte die Germanen der Truppe wohl glatt in eine Baueinheit oder sonstiges verlegt damit sie das römische Spektakel nicht trüben könnten.
    Aber Gedanken lesen konnte er leider nicht, vielleicht konnte es ja diese Seherin? Wie dem auch sei, in polierten Rüstungen saßen die Männer auf ihren Pferden und Seneca hatte sich natürlich neben Licinus platziert um dem ganzen Ereignis beizuwohnen und dieses Schauspiel, des was anderes war es ja nun mal, in aller Ruhe zu betrachten.
    Er war kein riesiger Freund von öffentlichen Hinrichtungen aber an Tagen wie diesen ging es nun einmal nicht anders. Er hatte jedoch seiner Tochter Silana verboten bei diesem Ereignis beizuwohnen, schließlich war sie noch viel zu jung für derartig blutige Angelegenheiten und als Tochter eines Militärmannes würde sie noch viele unschöne Dinge in jungen Jahren erleben.
    Seneca legte seinen Helm ab und setzte sich, während er den Tross der lebenden Toten mit ihren Bewachern heranschlendern sah.

  • Würde Idun mit ihm tanzen, wenn er sie darum bitten würde? Würde Idun mit ihm davonlaufen und niemals zurückschauen? Würde sie weinen, wenn er weint? Würde sie seine Seele retten? Würde sie lachen, wenn er lacht? Würde sie sterben, wenn er in ihrem Armen sterben würde? Verus wollte ihr Held sein. Er konnte ihr Held sein, doch war es nicht. Würde er mit ihr tanzen, wenn sie ihn darum bitten würde? Würde er mit ihr davonlaufen, wenn sie ihn darum bitten würde? Würde er weinen, wenn sie weinte? Würde er sterben, wenn sie in seinen Händen starb? Konnte sie seine Heldin sein? Verus Atem stockte für einen Gewalthauch. Er wollte sie einfach nur halten. Schützen, vor dem, was er tun musste. Er war hier, um der zu sein, der er sein musste und nicht ihr Held. Doch er wollte ihr Held sein. Ein Mann, der liebte und nicht hasste. Doch Verus hasste sich selbst. Idun nahm ihm jedem Atem. Die Zeit trat auf seine Würde, die nur Trugbild in der Paraderüstung war. Verus fühlte sich verkleidet, unecht und fremd in diesem Moment. Das Geschrei des Pöbels, die Menge und die widernatürliche Kälte des Tages. Verus wartete; auf seine Pflicht und seinen verlorenes Herz. Der Wahnsinn kroch in seinen Fingern, die schmerzlich gekrümmt waren. Er wollte sie öffnen, denn er wusste, was sie gleich tun mussten. Auf dem kleinen Holztisch, unweit der Pfähle, lagen die Werkzeuge seiner künftigen Gewalttat, die er für Rom vollbringen musste. Ein Rom, welches ihm so fremd war, wie dieses Land. Der Helm wog zu schwer auf seinem Kopf, so dass er ihn abnahm. Entgegen dem Protokoll. Verus wollte Idun wenigstens sein Gesicht zeigen. Er war es. Nicht ein Fremder. Er würde ihr etwas Schreckliches antun, was ihm so furchtbar ungerecht erschien aber unmöglich zu verhindern war. Doch es war zu verhindern. Nur war er kein Held. Er handelte nicht für Idun. Verus handelte nicht einmal für sich selbst. Er war eine Maschine, deren Seele gegen diesen Zustand ankämpfte aber stets versagte, weil es so angenehm bequem war, sich darin zu ergeben. Er wollte ihr Held sein. Verus wollte für immer bei ihr sein und jedem Atemzug ihr schenken. Doch tat er es nicht mehr, so sehr er es sich wünschte. Hatte er seinen Verstand verloren? Sein Blick zitterte, wollte nicht mehr fest sein und die Situation verflüchtigte sich ins Endlose. Der Pöbel dumpfte ab, sein Herzschlag flaute ab und auch seine Bewegung wurden monoton. Die lorica mit silbernen Zeichen seines römischen Ruhmes verblichen im Angesicht seiner trostlosen Augen, deren Iris Liebe suchte. Niemand küsste ihm seinen Schmerz fort. Niemand legte die Hand in seine. Er konnte ihr Held sein. Aber nicht hier. Nicht in diesem Moment. Verus wanderte in kleinen Schritte in der Mitte des Platzes umher, umgeben durch die Menge an Menschen, die bedeutungslos war. Die römische Geißel lag auf dem Tisch, neben einer mehrfachgeschlagenen Peitsche und einem Rebstock, welcher mit Pech umgeben worden war und dunkel erschien. Verus stützte sich auf den Tisch, um Luft zu finden und seine Augen über die grausamen Instrumente zu treiben. Lag dort auch ein Hammer mit einer kleinen Kiste großer Nägel? Ja, hier war alles beisammen, was Rom groß gemacht hatte. Ein Imperium der Gewalt. Tiberius Verus versuchte sich an seine Ahnen zu erinnern, ob sie einst auch so schwach und zögerlich gewesen waren? War es Liebe, die ihn hinderte oder doch nur sein Herz? Verus wollte aufgeben, vergessen, was er gesehen hatte aber konnte es nicht. Es war dieser Frost, der in seinen Ader kroch und wuchs. Mit festem Griff nahm er die Peitsche auf, während sein roter Mantel im Wind wehte und mit wertvollem Gold bestickt war, welches die Initialen SPQR zeigte.


    Idun trat auf, geführt von Soldaten; und ihr Anblick ließ ihn fast zusammenbrechen. Es kam alles nieder, was er sich verbeten hatte. Sie hob ihren Blick, der trotz der Situation frei von Angst war - aber eine Unsicherheit in sich barg, und suchte seine Augen – und als sie sie fanden stand für beide die Welt für einen Moment still. Verus biss sich auf die Unterlippe, so fest, dass er Schmerz spürte. Schmerz, der die seelische Pein töten sollte. Es misslang. Die Götter hatten kein Herz und nahmen ihm nicht das seinige. Ein Schmerz durchfuhr ihn und ein seine Augen schlossen sich für einen winzigen Moment als er den Tisch verließ, um sich den Pfählen zu nähern. Es war niemals zu spät. Doch es war seine Wahl. Nicht seine Träume, sondern auch er war ein Gefangener. Der Albtraum der willenlosen Folge erbarmte sich nicht, denn Verus blieb bei Verstand und bot sich selbst dem Wahnsinn anheim. Er war allein vor Idun. Es tat ihm so leid und doch konnte er nicht abbrechen. Rom verpflichtete ihn. Feige deutete er zu den Soldaten, die Idun anbanden und fixierten.


    Sie rissen ihr das Kleid vom Körper, so das sie nackt am Platze hing und dem Wetter ausgesetzt war. Verus rollte die mehrschwänzige Peitschte mitsamt Griff langsam aus, zog diesen ein paar mal auf und ab, um das Leder zu dehnen, bevor er sich zum Publikum wandte. Es half, nicht sofort zu beginnen. Diese Welt würde niemals das sein, was er erwartete. Zeit schinden, bevor sein Herz ihn gänzlich hinderte. Rom war grausam. Verus wurde grausam zu sich selbst. "Rom ist alles," donnerte seine tiefe Stimme aus dem Orkus seines Selbsthasses, der fast echtem Zorn gleichklang. Die Bürger würden nicht unterscheiden, ob er über sich selbst zürnte oder über Idun. "Rom ist Ordnung. Rom ist das Gesetz," hämmerte seine Worten jedem die Ideologie in die Ohren. "Rom ist Frieden," schloss er etwas leiser ab und offenbarte damit seinen Wunsch für diesen Moment. Auch wenn Frieden beim Anblick der nackten Idun und der Peitsche in seinen Händen wie fremder und fieser Hohn wirken musste. "Wir zeigen euch, dass selbst eine Seherin vor Rom die Knie beugen wird, sie wird unterworfen und als Sklavin dienen, für ihr Verbrechen, nicht an Roms Gnade zu glauben und für ihren schändlichen Aberglauben," sagte Verus betonter und gleichsam monoton. Er trat einmal, ohne herabzublicken, um die angebundene Idun, ließ die Peitsche in seinen Händen wiegen. Verus konnte es noch nicht tun. Die Vernunft rang noch mit seinem Herzen, das sich mit aller Macht weigerte.


    Schweiß rann still über seine Augenlider und vermischte sich mit winzigen Tränen in den Augenwinklen, die niemand aus der Ferne erblicken konnte. Seine Wangen schienen im Zorn und Hass zu zittern, doch zitterten sie aus Furcht und Leid. Würde nur eine Macht nun sein Leben beenden, doch geschah es nicht. "Sie war einst als Idun, die Seherin bekannt, und wird heute als Serva durch actio in Roms Gnade unterrichtet," erklärte Verus und beugte sich dann hektisch herab, und fand kein Opiumholz. Mit sanften Fingern kramte er an seinem Gürtel und gab ihr ein Lederband als Ersatz in den Mund. "Es tut mir leid," flüsterte ihr zu und erhob sich dann wieder. Seine Augen verweilten noch in der Bewegung in ihren und wollten dort Vergebung finden.


    "Ich, Tiberius Verus, Centurio der Legio Secunda, veurteile zur actio, 21 Schläge durch römische Hand," hob er die Peitsche empor, um damit auf Idun zu zeigen. Er trat einen Schritt zurück, um einen festen Stand zu finden. Verus keuchte, als seine Vernunft über sein Herz siegte und somit der Römer seinen Stolz fand. Einen Stolz, der nur Grausames gebar. Tränenbehaftete Augen wollten weinen, doch konnte es nicht und so entschied sich Verus, da er nicht entkommen konnte; nicht einmal ein Held sein konnte, der römischen Natur nachzugeben. Wie war es soweit gekommen? Kurz huschten noch ein paar Gedankenfetzten durch seinen Kopf. Um einen Aberglauben unter seinen Männer zu bekämpfen, musste nun Idun leiden? War es wirklich vernünftig? Doch der Pöbel duldete keinen Aufschub. Seine Rolle, um Idun retten zu können, duldeten keine Gnade. Auch nicht für Verus. Rom wollte Macht. Und Rom bekam durch Verus Macht. Es war diese allmächtige Staatsidee, die alles tötete, was einst in Liebe gezeugt worden war. Verus sehnte sich nach Liebe und doch war dort nur diese Taubheit als er seinen eigenen Herzschlag hörte. "Rom ist alles," schrie er wütend und holte für den ersten Durchgang aus. Nein, er dürfte die Augen nicht schließen. Er wollte bewusst grausam sein. Nicht lügen. Noch einmal leiden, um das Leid für immer zu beenden. Die Peitsche sauste herab und die bösen Zungen gruben sich in die Haut. Verus holte erneut aus, für den nächsten Schlag und erneut bog sich das Leder auf ihrem Rücken. Jeder Schlag traf auch ihn selbst, ließ ihn mit den Fingern zuckern. Schon beim vierten Schlag musste er die Schlaghand wechseln, da die einstige Schlaghand furchtbar unruhig wurde. Laut zählte Verus jeden Schlag. Endlich erreichte er Schlag sieben. Der Centurio trat zum Tisch, um nach römischer Foltersitte das Instrument im zweiten Durchgang gegen den Rebstock zu tauschen. Er legte die leicht blutige Peitsche ab, konnte nicht auf sie blicken und nahm den schwarzen Rebstock auf. "Roms Gnade ist Leben," rief er in die Menge und deutete mit den Rebstock auf die anderen (männlichen) Gefangenen. "Ihr Leben ist verwirkt aber Idun wird als Sklavin leben dürfen," erklärte Verus und machte damit klar, was Rom sein konnte. Elegant, um seine unsichere Mimik zu verbergen, trat er um die gepeinigte Retterin herum. Verus holte tief Luft und begann dann gezielt mit schnellen, aber auch abgezählten Schlägen, auf den Rücken zu schlagen. Immer wieder überkreuzend schlug mit dem dünnen Holz, bis auch die Zahl Sieben erreicht war. Dann trat er wieder zum Tisch, um den Stock abzulegen. Die Peitsche wurde von unsicherer und zitternden Hand suchend aufgenommen, um den nächsten Durchgang durchzuführen. Der Anblick von Idun tat ihm inwischen so unfassbar weh, dass er am liebsten sich selbst dort angebunden hätte. Schmerz lag seinen Fingern, die kaum noch gerade lagen. Der Griff der Peitsche wollte nicht mehr ganz in seine Hand passen und doch fand er Halt. "Ab heute heißt sich nicht mehr Idun, auch ist sie keine Seherin mehr, sondern nur noch Luna, die Sklavin des Tiberius Verus," erklärte er seinen Besitzanspruch, um sich selbst eine Pause zu erlauben, von der blutigen Arbeit. Auch war es üblich, den Delinquenten eine Pause zu schenken, damit der Schmerz anwachsen konnte aber für Verus war dies nicht der Grund. Er wollte einfach nicht mehr zuschlagen. Sein Herz verbot es ihm. Doch die römische Vernunft herrschte in dieser Pein über sein Herz. Wieder war er Verlierer. Er holte aus, keuchte und ließ den Schweiß über seine Wangen laufen, als er die Peitsche herabsausen ließ und erneut die Sieben abzählte. Nun mehr schloss er bei jedem Aufsetzen der Peitsche die Augen, um es nicht anblicken zu müssen. Sein Herz zuckte und seine Lippen zitterten, um der eigenen Furcht und Schande Raum zu geben. Wieder trat er zum Tisch, legte die Peitsche ab und rief zu einem Soldaten: "Das tiberische Brenneisen!" Ein Legionär trat von einem heißen Schmiedekorb weg und trug das Eisen in seiner Hand. Der Soldat überreichte Verus das Eisen mit jenem Wappentier und den Buchstaben ATV. Verus, wohlwissend, dass sie bereits ein Brandzeichen besaß, wollte jeweilige Ansprüche unterbinden, und suchte mit schnellen Augen das alte Zeichen und überstach es in einer flüssigen Bewegung. Rauch stieg auf und der brennende Dunst von verbranntem Fleisch stieg in seine Augen. Es war getan. Und nun mehr hasste er alles an sich selbst. Mit einer wenig schönen Bewegung warf er das Eisen in den Schmiedekorb und trat mit erhaben-gespielten Schritten vor der Menge auf und ab, um Idun nicht anblicken zu müssen. Einsame Schande kroch über seine Hände, wie Eiswasser. Rom hatte heute zwei Seelen gepeinigt. Hoffentlich würde dies den gefährlichen Gerüchten und dem Aberglauben ein Ende setzen, der Idun und Verus Zukunft gefährdete. Doch hatte Verus nun Angst, dass er durch seine Folter und seine aktive Versklavung diese Zukunft längst zerstört hatte. "Entfernt die Sklavin in den carcer," befahl Verus römisch und deutete auf Octavius, als Zeichen, dass man Luna (einst Idun) nun losmachen konnte. Insgeheim hatte er einen seiner getreuesten Soldaten aufgefordert, sich schnell nach einem medicus umzusehen, der seine neue Sklavin um Kerker aufsuchen wurde, um sie dort zu versorgen.

  • Nein es gab keine Atempause, kein innehalten. Es war nur ein Moment gewesen nur ein Augenblick nicht länger als der Flügelschlag eins Schmetterlings.
    Die beiden Männer zerrten sie voran zu eben jenen aufgestellten Pfählen.
    Die Schritte aufgrund der Fesseln um die Füße klein und so kamen sie nur langsam voran. Ja die beiden zelebrierten diese Prozession zu den Pfählen. Mit jedem kleinen Schritt, begleiten von dem Klirren der Ketten, kamen sie näher.
    Hinter den aufgestellten Pfählen konnte sie nun auch Gesichter ausmachen. Gesichter die sie kannte, es waren die Dorfbewohner. In einigen Gesichter konnte sie Hass lesen, in andren Mitleid, in wieder anderen Resignation und Leere. Kaum am Ort der Bestimmung angekommen wurden die Ketten an ihren Händen gelöst. Mit einem Ruck begleitet von einem hämischen Kommentar rissen sie ihr das Kleid vom Körper. Dann stocken sie einen Kurzen Moment. Idun konnte nur vermuten, dass es wohl an den Zeichnungen auf ihrem Körper lag. Ja das musste wahrlich befremdlich auf die Soldaten wirken.
    Doch dieses Innehalten dauert nicht lang schon wurden ihre Arme so in Position gebracht, dass sie seitlich vom Körper weggesteckt auf Schulterhöhe angekettet werden konnten. Und dies taten sie dann auch gründlich. Die Ketten wurden so gespannt, dass Idun nur noch mit Mühe den Boden unter ihren Fußspitzen spüren konnte. Der Soldat, der schon bei verlassen der Zelle mit so viel Hass zu ihr gesprochen hat nahm ihr das Beißholz aus der Hand. Ein hasserfüllter Kommentar und ein hämisches Grinsen folgten, er behielt das Holz und gab es ihr nicht.
    Noch einmal viel ihr Blick auf die Bewohner des Dorfes, bevor sie ihren Blick gen Himmel richtet und das erst mal seit Tagen doch wieder Worte über ihre Lippen kamen. Ein Römer würde diese Worte nicht versehen. Sie sprach auch nicht laut – nein mehr zu sich selbst.


    „Ihr Götter hört mich an.
    Ihr seit die einzigen an die ich mich heute wenden kann
    Hört mir zu und schenkt mir die Kraft.“


    Sie presste nun die Lippen fest aufeinander, jede Faser ihres Körpers war angespannt aufgrund der sie haltenden Ketten und in Erwartung dessen was nun unweigerlich folgen würde. Sie schloss ihre Augen und wartete....
    Er sprach und er sprach von der Gnade Roms die er sie lehren würde. Alle mochte hier seinen Worten glauben doch Idun erkannte am Klang seiner Stimme, dass es Worte seiner Erziehung nicht seiner Überzeugung waren. Sie kannte den Unterschied. Oft genug hatte er in den Tagen in ihrer Hütte versucht sich hinter seinen Lehren zu verstecken, hatte diese Frasen gebetsmühlenartig wiederholt.


    Die einzigen wirklich wahren Worte die über seine Lippen drangen waren nur für sie bestimmt und wurden nur von ihr gehört. Sie nahm das Lederband zwischen die Zähne, ihr Blick traf den seinen. Sie hatte ihn um Wahrhaftigkeit gebeten, ihn gebeten, dass er es geschehen lassen sollte und genau das tat er.
    Warum sollte sie ihn also verurteilen und doch hatte sie in seinen Augen den Hass gesehen, Hass auf sich selbst. Wie gern würde sie ihm jetzt zur Seite stehen ihm die Kraft und Stärke geben, die er wohl brauchen würde. Doch sie hatte im Moment nicht die Möglichkeit und auch nicht die Kraft dazu. Sie wusste, dass es mehr als schmerzhaft werden würde, für ihren Körper und auch für ihre Seele.


    Der Schlag mit der Peitsche traf sie direkt quer über ihren Rücken. Ein glühender Schmerz durchfuhr die junge Frau. Idun biss die Zähne zusammen, um das zu ertragen, was wie glühendes Eisen über ihren Körper leckte. Um sich in der Gewalt zu behalten, zählte sie die Schläge.


    Dann folgte eine Pause, ihr Körper sackte kaum merklich in sich zusammen wollte sich von der Pein erholen. Sieben, es waren Sieben es würden noch zwei mal Sieben folgen.


    Die Pause zwischen den Schlägen war wohl das Schlimmste. Denn traf nach einer Pause der erste Schlag erneut war es so um so vieles schlimmer als die vorhergehenden. Sie fühlte nur noch den Druck so als ob scharfe Klauen ihre die Haut aufrissen.
    Bei jedem Schlag der auf ihre Haut traf , sprang diese auf..
    Je länger die Prozedur dauerte, desto mehr alte Striemen traf nun der Stock, und dort, wo sie getroffen hatte, wurde die Haut dunkler und feuchter, bis ihr Fleisch von dem rasenden Schmerz und dem Entsetzen vor dem nächsten Schlag zitterte.
    Sie nahm ein allmähliches Auseinanderbersten ihres ganzen Ichs, ihrer Seele wahr. Es war wie eine übermächtige Kraft, deren Wogen ihren Rücken hinaufkrochen, bis es ihr Geist als einen furchtbaren Zusammenprall wahrnahm.
    Jeder erneute Schlag ließ ihren Körper nach vorn schnellen und die Ketten zogen sie wieder in Position. Ja ihr Körper wurde im Takt des auf ihren Körper treffenden Rebstockes hin und hergerissen. Ihre Beine wollten nachgeben, doch ihr Geist stark. Sie hatte um Kraft gebeten und die Götter hatten ihr eine Aufgabe gestellt in der sie ihre Kraft beweisen konnte. Tapfer kämpfte sie. Auch wenn ihr die Tränen inzwischen in Bächen über die Wangen liefen.


    Wieder eine Pause. Vierzehn Schläge hatte sie bisher gezählt. Verus Worte vernahm sie nicht. Sie hört seine Stimme, aber die Wort drangen nicht an in ihren Geist. Dieses Worte waren für Rom bestimmt nicht für sie. Sie wollte sie nicht hören.
    Ihr Blick glitt über die Bewohner des Dorfes. Kein Hass war mehr zu sehen nur noch blankes Entsetzen. Als ihr Blick Wulfgar traf schwang ein unausgesprochener Vorwurf an diesen mit. 'Siehst du was du angerichtet hast?' Der Germane blickte betroffen zu Boden, als er seinen Blick wieder hob, hatten sich seine Augen mit Tränen gefüllt.
    Nun war es Idun, die den Kopf schüttete und ihm zunickte. Sie musste nichts sagen. Wulfgar verstand, er verstand die Geste. Sie deren Rat er in den Wind geschlagen hatte, die wegen ihm dort angekettet war und von dem Mann gepeitscht wurde der ohne sie gar nicht mehr am Leben war – Sie vergab ihm. Wenn die Soldaten rechts und links neben ihm, ihn nicht fest im Griff gehabt hätte, wäre er jetzt wohl auf die Knie gefallen.


    Und wieder traf nach der zweiten Pause die Peitsche ihren Körper. Wie blankes Feuer fühlte es sich an, das sich glühend in ihren Rücken fraß... die Gnade Roms.


    Am Ende ihrer Kräfte hörte sie den angebellten Befehl nach dem Eisen.
    Das Eisen fraß sich in ihre Haut, es brannte sich ein, tief schmerzhaft. Der Geruch von verbrannten Fleisch nahm sie wahr, auch wenn sie kaum noch bei Sinnen war weigerte sich ihr Geist das der Körper über ihn siegte.

  • „Passiert“, verbesserte Apolonia mit einem kurzen Blick auf ihre junge Gesprächspartnerin. „Was passiert ist?“ In einem höheren verächtlichem Ton stellte Apolonia wiederholend diese Frage. Natürlich nur eine von diesem einfälltigem Barbarenvolk kann so etwas von sich geben und solch eine dumme Frage stellen. „Das will ich dir sagen. Die gefangenen Germanen haben unsere Soldaten Angegriffen und getötet. Die da, die gerade vorbeikam hat den Centurio verzaubert und in ihren Bann gefangen. Du musst doch zugeben, die muss man bestrafen. Ausmerzen sollte man das Volk.“ Zufrieden schaute Apolonia die Fremde an und erwartete eine bestätigende Antwort von ihr.

  • Ich wusste, Befehl war Befehl, ich gehörte dazu den ich hatte einen Eid geschworen; dennoch warum musste ich hier dabei sein. Mit zusammengebissen Zähnen starrte ich auf die Bilder. Bilder die mir nicht gefielen, doch ich konnte wenn es auch schmerzlich für mich war verstehen warum es sein musste. Schließlich hatten die Germanen sinnlos begonnen einen Krieg zu entfachen, was den Göttern sei dank aber verhindert wurde.
    Den Anblick der Seherin, wie sie auf dem Weg nach vorne war, konnte ich kaum ertragen. Warum nur? Mein Geist bäumte sich auf, ich wollte nicht, das ihr etwas geschah. Ein Römer hätte sich empört wenn eine Vestalin so behandelt würde, so ging es meinem Germanenherzen.
    Wozu die beiden Pfähle dienten wusste ich und ein Teil in mir fürchtet sich davor.
    Mit entsetzen sah ich ihren nackten Körper, nicht wegen den Bildern die diesen bedeckten, nein weil sie in dieser Art erniedrigt wurde. Warum fragte keiner nach dem WARUM. Sie hatte dem Centurio doch das Leben gerettet.
    Verbissen hörte ich die Ansprache und hörte sie dennoch nicht. Nein ich wollte sie nicht hören, seine Worte zu Selbstverteidigung, warum er so handelte wie er es tat.
    Inzwischen schmerzten meine Kiefer, trotzdem biss ich meine Zähne weiter zusammen. Kein Laut sollte mir entweichen.
    Ihr Gebet ließ mich Erbleichen, es verriet mir, sie wusste um die Schmerzen die sie erleiden musste,
    Mit geschlossenen Augen ertrug ich die ersten Peitschenhiebe, danach siegte die Neugierde. Nicht die Neugierde um mich an den Qualen der Seherin zu ergötzen, wie das Volk welches dastand und sensationslüstern glotzte. Ich wollte den Centurio sehen, wie er sein blutiges Werk verrichtete. Ich wollte die Augen der Germanen sehen, die es verschuldet hatten.
    Wie gerne wäre ich hervorgesprungen um sie von alledem zu erlösen. Ich wusste es wäre sinnlos. Nicht wegen der Masse an Soldaten, sondern Sinnlos wegen ihr. Sie würde es wollen, dass es so durchgeführt würde und sich nicht vom Platz rühren.
    Das schlimmst in meinen Augen kam noch sie wurde als Sklavin gebrandmarkt und wurde sein Eigentum. Mein Kiefer und meine Zähne schmerzten, doch wie gering waren diese Schmerzen, gegen die unendlichen Qualen, welche sie erleiden musste. Wie gerne hätte ich den ganzen Schmerz für sie hinaus geschrien. Warum nur musste dieses große Rom nur so gnadenlos sein. Ich verstehe es einfach nicht dachte ich während eine Träne ihren Weg über meine Wange suchte.

  • Eldrid lauschte der Antwort Apolonias, wendete ihren Blick allerdings von der Römerin ab und schaute zu der herangeführten Seherin. Natürlich kannte Eldrid die Frau ebenso wenig wie die Geschichte, doch das hinderte sie nicht daran, dass Mitgefühl sie durchflutete. Mehr als nur unwohl wurde ihr, als man der Frau die Kleider vom Leib riss. Eldrid hatte keinerlei römischen Patriotismus in sich, wie könnte sie auch? Zwar verstand sie sich auch nicht als Germanin - sie war schließlich Mattiakerin und fühlte sich bestenfalls ihrer Sippe zugehörig und keinen völlig fremden Menschen - doch ihr Herz war in dieser Szenerie doch eindeutig eher bei Idun. Weniger, weil diese ebenfalls Germanin war, eine Klassifizierung der Römer, sondern weil sie eine Frau war.
    Es war einfach schrecklich, was sie ihr da antaten. Eldrid vermutete, dass hier ein Exempel statuiert werden sollte und kam nicht umhin, an ihren Bruder zu denken, der gerade bei einem Schmied war. Vielleicht war es besser, wenn er das hier nicht mit ansah. Zwar waren die Mattiaker sehr eng mit den Römern verbandelt und auch ihr Dorf zählte sich natürlich zu den Verbündeten. Sie wäre sonst kaum hier, in Mogontiacum. Dennoch war gerade der jüngere der beiden Brüder alles andere als ein Freund der Römer. Er lag sich häufig mit dem älteren Bruder und auch dem Vater in den Haaren. Probleme mit den Besatzern hatte es nicht gegeben, noch nicht, aber Sarolf wartete eigentlich nur auf eine passende Gelegenheit, um seiner Abneigung ein Gesicht geben zu können. Hier hätte er eine passende Gelegenheit und Eldrid beschlich die ungute Ahnung, dass er diese auch nutzen würde, wenn er hier wäre. Mochten die Götter geben, dass er sich noch ein wenig mit dem Schmied beschäftigte, denn sie liebte ihren Bruder und wollte nicht, dass er sich irgendeine Form von Ärger einhandelte.


    "Ausmerzen?" Es war eine ironische Sache, doch es war genau dieses Wort, das Eldrid nicht verstand. Auch der Rest fiel ihr zuweilen etwas schwer, da Apolonia nicht sonderlich langsam sprach und ein paar unbekannte oder wenigstens nicht völlig vertraute Worte in ihrer Rede auftauchten, wie beispielsweise 'Bann'. Auch bei Centurio musste sie einen Moment überlegen, wusste aber immerhin, dass es sich dabei um einen römischen Anführer handelte. Genau verstand sie die Hierarchien der Römer allerdings nicht. Was hätte sie schon auch davon? Sie waren Verbündete und nicht mehr. Nun, sicher war sie jedenfalls, dass es sich vor allem bei dem angefragten Wort nicht um etwas positives handelte. Vielleicht so etwas wie unterwerfen oder vertreiben?
    Ehe sie jedoch weiter nachdenken konnte, begann der Römer zu sprechen, der bei den germanischen Gefangenen stand und Eldrid schaute noch einmal intensiver in jene Richtung. Rom ist Ordnung. Rom ist das Gesetz. Sie runzelte ein wenig ihre Stirn - das verstand sie recht gut. Ihr Verdacht, dass hier ein Exempel statuiert werden sollte, erhärtete sich noch einmal. Unwohl kraulte sie dem Esel den Hals, von dem sie sich nun ein wenig Trost erhoffte. Den sie dann auch brauchte, denn die Frau, die Seherin, wurde brutal ausgepeitscht. Verstörung breitete sich in Eldrid aus, als sie das beobachtete, innerlich hoffend, dass ihr das niemals geschehen würde. Natürlich solidarisierte sie sich so sehr mit der Fremden, dass ihr die Frage in den Sinn kam, wie es mit ihr aussehen würde. Ob ihr das auch geschehen könnte und was ein passender Anlass dazu wäre. Sie war glücklicherweise eine freie Frau in einer Sippe, die mit den Römern verbündet war. Das machte es unwahrscheinlich, je selbst in so eine Lage zu gelangen. Trotzdem - das 'was wäre wenn' ließ sie nicht los. Tränen bildeten sich in ihren Augen, Verachtung in ihrem Herzen. Verachtung über diejenigen, die sich an dem Anblick der gedemütigten Frau dort oben auch noch erfreuten. So gerne würde sie ihr helfen, wenigstens die Blicke der Menschen von ihr nehmen, aber es gab gar nichts, das Eldrid gerade tun konnte.


    "Das ist... ahm... nicht gut." Ihre Bekundung musste mit einem recht geringen Wortschatz auskommen. Mit mitleidig gerunzelter Stirn und fast an ein Schmollen erinnernde, verzogene Lippen warf sie ihren Blick wieder auf die Frau, mit der sie sich gerade unterhalten hatte. "Das da." Eldrid deutete wieder nach vorn. "Das ist gemein. Er sagt, sie ist Seherin. Sowas soll man nicht machen... mit einer Seherin. Sie ist etwas..." Und wieder fehlte ein Wort. Ungeduldig fummelte sie an ihren Fingern herum, während sie in ihrem Kopf danach suchte. "Gutes. Nein, das ist nicht richtig... Teures." Damit wollte sie ausdrücken, dass sie etwas seltenes und besonderes war. Wieder sah sie nach vorn, wo die Bestrafung noch immer voran schritt und dieser grausame Mann weitere Worte an das Volk richtete. Eine Sklavin. Das Wort verstand Eldred auch ziemlich gut, sie sah oft Sklaven wenn sie auf dem Forum war und ihre Besorgungen machte. Das lateinische Wort fiel dabei häufig.
    Sie taxierte den Centurio sehr intensiv mit ihren Blicken, welcher sehr aufgebracht wirkte. Sie kannte nichts zu den Hintergründen, brachte nicht einmal überein, dass er es war, der verzaubert worden sein sollte - laut den Worten ihrer Gesprächspartnerin. Dennoch hatte sie den Eindruck, dass er von einem tiefen Hass geleitet wurde. Er hasste die Germanen... In ihr stieg der Wunsch auf, zu verschwinden. Sie sollte Frowin nehmen und einfach gehen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, blieb aber dann doch. Zu sehr war sie gebannt.

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    Sklave - Marcus Claudius Marcellus

    Einmal editiert, zuletzt von Eldrid ()

  • Immer näher und dann fiel Runas Blick auf die Seherin. In Ketten von zwei Soldaten unsanft vorangetrieben. In ihr krampfte sich alles zusammen und doch konnte sie ihren Blick nicht von der Frau, die trotz der Situation aufrecht ging wenden.
    „Idun?!“ sagte leise fragend eine Frau neben ihr. „Idun!“ der Name wurde nun von vielen geflüstert, jedoch nicht laut ausgesprochen. Viele hier hatten schon von ihr gehört. So manch einer hatte schon Rat bei ihr gesucht.
    Die Römer wollten doch nicht wirklich?
    Und doch taten sie genau dass sie führten sie zu den in der Mitten des Platzes aufgestellten Pfählen.
    Rissen ihr das Kleid vom Leib. Wieder ging ein Raunen durch die Menge. Kaum einer hatte derartige Zeichnungen auf der Haut schon gesehen. Mystisch wirken sie. Im Detail waren sie nicht zu erkennen, doch Runa erkannte die drei in sich verschlingenden Fäden der Schicksalsgöttinnen.
    Ihre Worte gesprochen in der alten Sprache der Seherin, sie sprach mit den Göttern, sie wusste was kam und doch bat sie nicht um Gnade sondern um Kraft. Runa hatte gar nicht bemerkt, wie sie immer weiter nach vorn gegangen war. Angezogen von dieser Frau. Nun stand sie in der ersten Reihe nur wenige Schritte entfernt. Sie konnte der Seherin ins Gesicht blicken und ihren Blick nicht abwenden.


    Der Centurio setzte zu seiner Rede an, die in Runas Ohren wie blanker Hohn klangen. Sie wollten etwas brechen, was nicht gebrochen werden konnte. Einer Seherin lag ihre Gabe im Blut. Nichts was man ablegen konnte, weil es Rom so wollte.
    Und doch wollten sie es tun, der Centurrio sprach davon die Seherin in Gnade zu unterrichten. Gnade mit der Peitsche? „Einundzwanzig?“ kam es entsetzt über Runas Lippen? Gnade? Dieser Römer wusste doch nicht wovon er sprach.
    Er lies sich Zeit und zelebrierte seine Rede, er genoss wohl diesen Auftritt. In Runa machte sich ein nicht gekannter Hass breit.
    Das unverkennbare Zischen der mehrschwänzige Peitschte lag in der Luft, bevor sie mit jenem Mark und Bein durchdringenden Geräusch auf die Haut traf, begleitet von dem Heulen eines Wolfen aus weiter Ferne.
    Kraftvoll führte der Centurio die Peitsche und zählte seine Schläge laut mit. Es dauerte nicht lange bis die Peitsche ihre Spuren hinterließ und die Haut aufriss. Das Blut der Wunden wurde zu kleinen Rinnsalen und lief ihren Körper entlang und verband sich mit den Zeichnungen auf der Haut der Seherin nach. Das Blut bildete die Fäden der Schicksalsgöttinnen nach und rann auf den Boden. Immer noch forderten einige mehr doch der Teil der Bevölkerung der zum gleichen Volksstamm wie die Frau gehörte schwieg. Ebenso wie Runa schwieg, die ihren Blick nicht von der Frau und dem nun mit Blut überzeichneten Bild abwenden konnte.
    Eine Pause, kein Ende nur eine Pause, der Wechsel des Instrumentes der Vollstreckung der Gnade Roms.
    Als Sklavin leben dürfen? Das meinte er doch nicht Ernst. Ein leises unruhiges Murmeln setzt ein.
    Eine Seherin versklaven? Und doch erhob keiner das Wort, denn hier wurde gerade die Macht Roms eindrucksvoll demonstriert. Ja Rom war mächtig wenn es unterwarf und seine Gnade ausübte.
    Der Rebstock, welcher von Pech ummantelt war drang tief ein, er hinterließ tiefe Spuren im Fleisch der gepeinigten Frau. Runa wurde übel und langsam wurden auch die Rufe jener leise, die eben noch nach Blut gerufen hatten.
    Runa die nah genug stand konnte die Qual und die Pein im Angesicht der Seherin erkennen. Und doch kam keine Laut über ihre Lippen. Als sie in der nächsten Pause den Blick hob und zu den aufständischen Germanen sah, konnte auch Runa einen Blick auf ihren Augen werfen. Ja der Geist der Seherin war stark. Runa sah, den Blickkontakt zwischen ihr und Wulfgar, der schuldbewusst seinen Blick senkte, bevor er mit Tränen in den Augen wieder aufsah. Und Runa sah, wie Idun ihm vergab, damit er ohne Schuld sterben konnte. In der Duccia krampfte sich alles zusammen, nie hatte sie sich so für ihre römischen Abstammung so geschämt wie gerade in diesem Moment.
    Einer der Gefangenen, der eh des Todes war hielt es nicht mehr aus und er schrie auf Latein, so das es jeder hier auf dem Platz deutlich vernehmen konnte. „Sie hat dich gerettet. Ohne sie wärst du bei deinen Ahnen. Und das nennst du Gnade?“ Natürlich bracht ihm dies Schläge der Bewacher ein, aber womit sollte man jemanden drohen, der den Tod vor Augen hatte?
    Runas Kopf fuhr herum zu der Stimme. Es war also wahr? Sie hatte dem Centurio das Leben gerettet und er? Was tat er? Wegen der kruden Gerüchte? Wegen einem Aberglauben?
    Ja dieser Römer stellte wohl eindrucksvoll unter Beweis, dass er unter keinem Bann stand. Was auch immer Römer für Vorstellungen hatte, aber Seherin belegten niemanden mit einem Bann.
    Das Gemurmel wurde lauter. Aber niemand regte sich, ja das Imperium hatte sie im Griff.
    Die letzten sieben Schläge folgten. Es war vorbei. Auf Runas Wangen hatten die Tränen ihre Spuren hinterlassen. „Das Brenneisen!“ Konnte man Entsetzen noch steigern?
    Die Knie der Duccia gaben nach und sie ging auf die Knie. Auf die Knie vor dieser grausamen Gande Roms und auf die Knie vor dieser starken Frau. Nicht wenige folgten ihr. Auch die Gefangenen die Bewohner des Dorfes taten es ihr gleich. Der letzte Respekt für die Seherin, deren Geist immer noch kämpfte nicht aufgeben wollte sich der Gnade Roms nicht beugen wollte.
    Entgegen dem was der Römer gerade gesagt hatte raunten die Menschen ihren Namen „IDUN!“

  • Apolonia die krampfhaft versuchte etwas von dem, was vorne geschah, zu sehen hörte „ausmerzen“ „Ja doch, vernichten, von der Erde verschwinden zu lassen“, unwirrsch kam es von ihr.
    Erschrocken zuckte die Entlaufene zusammen, war das da hinter ihr gerade ein Wolf gewesen? Und jetzt waren das Peitschenschläge?
    Wie oft hatte sie zusehen müssen bei solchen Bestrafungen. sie war auch öfter hart bestraft worden, besonders für ihre Vorlieben von fremden Eigentum. Niemals jedoch mit der Peitsche, man wollte ihren Körper nicht verunstalten, das hätte ihren Kaufpreis vermindert.
    Eben noch hatte sie harte Strafen gefordert, doch mit jedem Schlag rückte das Verlangen danach weiter weg.
    Sie hörte die leisen Worte der Fremden, widersprach ihr nicht, ergänzte dann leise, „ja etwas wertvolles, was man beschützen soll“.
    Ich sollte doch etwas von meiner Härte, seit Antias verschwinden zurücknehmen, das holt mir ihn auch nicht zurück. Etwas wie Reue kam in Apolonia auf.

  • Zufriedenheit spiegelte sich in den Gesichtszügen des Octaviers. So war es richtig so musste man es Menschen wie diesen da zeigen. Genau wie der Centurio es gesagt hatte, Rom war alles, Ordnung, Gesetz, und Zufriedenheit. Wir sind hier um dafür zu Sorge zu tragen, das es so ist und so bleibt. Das müssen diese Barbaren lernen und akzeptieren. Für den Octavier war damit zunächst wieder Ordnung in seinem Weltbild geschaffen worden. Jetzt wusste er was er, wenn das hier vorbei war zu tun hatte. Er musste unbedingt den Marstempel aufsuchen und diesem danken.
    Mit unbewegter Mine sah er zu wie die ersten sieben Peitschen Hiebe niedersausten. So musste es sein , so war es richtig. Ein römischer Centurio geriet doch nicht in dem Bann einer germanischen Seherin.
    Frugi sah nicht das Gesicht des Centurio, hätte bestimmt nicht geglaubt was bei genauem hinsehen dort zu sehen war. Er sah nur diese Germanin und die Peitsche und danach den Rebstock. Sehr richtig sie würde die Gnade Roms erfahren, denn sie durfte als Sklavin weiter leben, sie hatte ihr Leben Rom zu verdanken.
    Der Rücken der Frau, der sich da vor dem Ocktavius langsam veränderte, brachte seinen starren Blick, seinen selbstzufriedenen Ausdruck immer mehr ins wanken. Bei dem Wechsel wieder zur Peitsche rührte sich etwas im inneren des jungen Miles. Bald kam ein Anflug von Reue in ihm auf. Warum hatte er ihr den Beissstock abgenommen?
    Irgendwann danach begannen Frugis Gedanken zu jagen. Sollte er? Besser nicht? Aber die Bilder auf ihrem Rücken waren nicht mehr zu erkennen. Aus dem Rinnsal aus Blut war eine blutige Masse geworden.
    Ehe das Brenneisen erglühte hatte er es in der Hand das kleine Kügelchen, aus der kleinen Dose was die Legionäre oft bei sich trugen. Persaeus der oft sein Gewissen war, hatte es gesehen. Hatte er sich jetzt geirrt oder hatte dieser fast unmerklich genickt. Er findet es richtig, ich werde es machen.
    Es war soweit, sie mussten auf ein Zeichen des Centurio, Idun von den Pfählen befreien. Auf dem Weg zu ihrem Arm fuhr Frugis Hand an ihrem Mund vorbei und er drückte ihr die kleine Kugel hinein.
    Ohne ein Wort, ohne einen Blickwechsel der beiden, hielten sie die Germanin dabei so fest, dass sie nicht auf den Boden fallen konnte. Der Ocktavier der größere der beiden Legionären, nahm die zierliche geschundene Gestalt und trug sie zur Legio. Er würde sie in der Carcerzelle unterbringen, wohin sie Flore gebracht hatten.
    Langsam schritt er mit ihr auf dem Armen durch eine Gasse, die sich von selbst bildete. Sie musste sie sich jetzt nicht erzwingen, bereitwillig öffnete sie sich. Frugi trug sie mit unbewegter Mine, wie einen kostbaren Schatz.


    Am Tor der Castrae stand Pompus der andere treue Freund. Hastig rief er ihm zu, „Pompus mein Freund, du weißt wo die Kräuterfrau zu finden ist, bring sie her. Du Findest uns dort wo wir einst diese Flore untergebrachten." Octavius wusste, hier würde eine Frau gut tun. Weiter ging er mit seiner Last, mit der Last Roms.

  • Ja doch, vernichten, von der Erde verschwinden zu lassen. Die Antwort, die Eldrid auf ihre Rückfrage hin erhielt, ließ sie fast zusammenzucken. Sie verstand jetzt schon, worauf die fremde Römerin hinauswollte. Sie schien ein ausgesprochen schlechtes Bild von den Germanen zu haben, zu denen auch Eldrid aus Sicht der Römer zweifelsohne zählte. Zweifelsohne und recht offensichtlich. Ihre Kleidung wirkte alles andere als römisch und auch ihr dunkelblondes Haar war recht verräterisch. Andererseits wollte sie ihre wahre Herkunft auch gar nicht verbergen. Das hatte wenig mit Stolz für ihre Abstammung zu tun; sie war einfach, als was sie geboren wurde. Sie war weder stolz, noch beschämt darüber, eine Mattiakerin zu sein. Es war einfach normal.
    Eldrids Blick traf ganz kurz wieder Apolonia. In ihm war eine deutliche Mischung aus Scheu und Abscheu zu erkennen. Der Hass mit dem die Frau gesprochen hatte, war ihr vollkommen unsympathisch und sie entschloss sich nun doch, ihren Esel zu nehmen und sich doch wieder davon zu machen. Schließlich musste sie noch Besorgungen machen und ihren Bruder aufsuchen.


    "Wie?" Die Worte hatte Eldrid gar nicht mitbekommen, aber die Tonlage sehr wohl. Die eben noch so hasserfüllt wirkende Frau hatte nun deutlich ruhiger etwas vor sich hin gemurmelt, von dem Eldrid nicht einmal sicher war, ob es für ihre Ohren bestimmt gewesen war. Nachgehakt hatte sie nun trotzdem, mit leicht gerunzelter Stirn.
    Vorn wurde die schwer misshandelte Frau nun wieder abgeführt. Luna. Einen flüchtigen Blick für diese hatte Eldrid noch einmal, aber dann versuchte sie diese auch schon wieder zu verdrängen. Es interessierte sie, was die Fremde eben wohl gemurmelt haben mochte.
    Dennoch wusste Eldrid, dass das Bild von der Seherin sie später wieder einholen würde. Und das vermutlich bedeutend öfter als nur einmal. Allein bei dem Gedanken überkam sie eine schwer lastende Befangenheit.

  • Ihr Geist er kämpfte einen ungleichen Kampf und doch war sie nicht bereit nachzugeben, noch nicht.
    „Entfernt die Sklavin in den carcer!“ Kalt klang sie die Stimme und fremd. Einer der Soldaten schob ihr etwas in den Mund. Sie hob den Blick der trüb war, der andeutete, dass sie bereits dabei war dieser Welt zu entrücken. Es war der Soldat, der ihr noch am Anfang dieser Lektion der Gnade Roms ihr das Holz verweigert hatte. Opium. Sie kannte den Geschmack wusste um die Wirkung. Doch hatte sie keine Kraft ihm zu danken. Die Fesseln wurden gelöst und doch ließ man sie nicht auf den Boden gleiten, nein sie wurde von starken Armen gehalten. Die Schmerzen waren unerträglich ihr Rücken eine einzige große Wunde und doch gestattet sie sich immer noch nicht das ihr Körper und ihr Geist sich diesem Schmerz hingab. Sie suchte seinen Blick. Sie musste es wissen. Sie brauchte Hoffnung. Brauchte etwas wofür es sich lohnen würde um ihr Leben zu kämpfen.
    Ihre Blicke trafen sich. Sie sah den Schmerz, den Selbsthass, die tiefe Traurigkeit über das was er hatte tun müssen.
    Ja sie würde mit ihm tanzen. Sie würde mit ihm weinen. Sie würde sterben wenn er starb. Würde lachen mit ihm. Und würde fühlen mit ihm. Würde seine Seele heilen. So wie er es mit ihr machen würde.
    Ihre Blicke trafen sich, in ihrem lag der Schmerz, der alles zu überschatten drohte und doch lag immer noch genügend Liebe und Hoffnung in ihm. 'Verus.' formten ihre Lippen tonlos seinen Namen, bevor der Körper endgültig über den Geist siegte und sie sich endlich gestattet dem nachzugeben und ihren Geist in eine andere Welt gleiten lies. In eine Welt ohne Schmerz ohne die Gnade Roms. In eine Welt in der Träume wahr werden konnten. Dunkelheit mein alter Freund...


    Sie bekam nicht mit, wie der Soldat ihren nun leblos wirkenden Körper vom Platz trug. Wie sich die Reihen der Menschen vor ihm stumm teilten. Wie sie ihm Platz machten, damit er die Sklavin in den carcer bringen konnte.

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