Zwischen Forum und Casa

  • Die Tränen waren noch nicht getrocknet. Die verstörenden Bilder gingen ihr nicht aus dem Kopf.
    Sie sah immer noch die Augen voller Leid, Schmerz und Pein der Voeva vor sich. Sie verstand einfach nicht warum man dass getan hatte. So wie man sagt hat sie dem Centurio das Leben gerettet. Und was hatte er getan? Er hatte sie gnadenlos dafür bestraft. Woher kam nur dieser Hass auf eine Frau, die ihn gerettet hatte? Runa verstand es nicht. Dachten die Römer wirklich eine Seherin würde jemanden unter ihren Bann stellen? Hatten sie wirklich so viel Angst diese Frauen? In Runa krampfte sich alles zusammen. Was wenn es wirklich so war?
    Sie beschleunigte ihren Schritt und bog um de Ecke um dort direkt mit deinem Mann zusammenzuprallen. „Entschuldigung.“ murmelte sie ohne den Mann mit ihrem tränen verschleierten Blick zu erkennen.



    Sim-Off:

    Reserviert

  • Gemächlichen Schrittes trottete Funkan durch die Gassen der Canabae auf die Stadtmauer zu. Malleus ließ in weitgehend gewähren. Eine flüchtige Bewegung der Knie, ein sanfter Druck der Oberschenkel, mehr brauchte es nicht, um den wackeren Hengst auf Kurs zu halten. Funkan kannte den Weg zu Bulbus’ Stallungen, und wäre da nicht die obligatorische Warteschlange am Stadttor gewesen, hätte er vermutlich auch einen dösenden Reiter sicher an’s Ziel getragen. So aber blieb Malleus nichts anderes übrig als abzusitzen, sein Pferd am Zügel zu fassen und sich einzureihen.


    Nachdem der Engpass passiert war, ließ er die Zügel wieder los. Funkan dankte es ihm, indem er sich fortan exakt zwei Schritte hinter seinem Herren hielt. Gefolgt von trägem Hufgeklapper stapfte Malleus mit zunehmend sinkender Laune in Richtung Forum. Er konnte nur hoffen, dass die Helden des Exercitus ihr Richtfest mittlerweile beendet hatten. Die Gelegenheit, das herauszufinden, sollte er nicht bekommen, denn an der letzten Abzweigung vor der Curia kam plötzlich eine gebückte Frauengestalt um die Ecke gehuscht und rammte seine rechte Flanke. Das hatte er gerade noch gebraucht. Dergleichen kannte er schon zu genüge. Malleus’ linke Hand zuckte an seinen Geldbeutel, die rechte legte sich schwer auf die Schulter der Diebin.


    „Pech gehabt, Kindchen. Ich trag ihn links.“ knurrte er zornig durch die Zähne und schob die Frau eine Armlänge von sich fort, um ihr eine geharnischte Standpauke angedeihen zu lassen. Dann erkannte er sie. „Silvana?“ Ohne jeden Zweifel, sie war es. Malleus’ Griff löste sich augenblicklich. Ein breites freudiges Lächeln brach sich Bahn. „Silvana! Bei Wodan .. ich dachte schon ...“
    Nun erst – auf den zweiten Blick – offenbarte sich ihm die tiefe Verzweiflung in Silvana's Blick. Das Lächeln erstarrte. Seine Hand kehrte tastend auf ihre Schulter zurück.
    „Was ist mit dir? Ist dem Kleinen etwas zugestoßen?“

  • Noch ehe sie sich entschuldigen konnte wurde sie unsanft gepackt. Und als Diebin beschuldigte. Das hatte ihr heute gerade noch gefehlt. Zum Glück klärte sich das Missverständnis schnell auf, als der Mann ihr in das verweinte Gesicht blickte. Sie brauchte einen Moment um zu erkennen, wer da vor ihr stand. Doch dann erkannte sie den Mann, ein Mann zu dem sie ein tiefes Vertrauen hatte. „Malleus!.... Ähm...Nein … dem geht’s gut.“ Sagte sie, bevor sie aus einem Schutzsuchenden Reflex heraus ihren Kopf an der breiten Schulter des Mannes barg. „Ich... ich komme gerade vom Forum... sie haben dort eine Seherin.... Malleus es war so schrecklich.“ Unkontrolliert zuckte nun der Körper der jungen Frau unter einem Weinkrampf. „Sie...sie soll keine Seherin mehr sein.“ Runa sprach stockend weiter. „Malleus …so was kann man doch nicht ablegen. Was denken sie sich dabei? Man sagt außerdem, dass sie es war, die den Mann der … der sie dort heute....“ Runa suchte das richtige Wort. „... gefoltert...misshandelt hat... sie hat ihm das Leben gerettet.“ Immer wieder unterbrach sie weil die Tränen ihre Stimme erstickten. „Malleus das ist doch nicht fair... das ist nicht Recht...“ Ja sie suchte Schutz bei dem Mann, was war wenn Rom sich nun entschloss alle Priester, Goden, Seherinnen zu jagen? Bisher liefen die Kulte friedlich nebeneinander. Man hatte sich gegenseitig akzeptiert. „Sie sagen sie wäre eine Hexe...und hätte den Mann unter ihrem Bann... so was... so was albernes.“ Sie hatte wirklich Angst. Was wäre, wenn … nein sie konnte wirklich nicht weiter reden. Nicht hier. Nicht jetzt. Die Tränen raubten ihr die Stimme.

  • Im ersten Augenblick war Malleus erleichtert. Wodan sei Dank. Der kleine Decimus war wohlauf, und sein Vater Curio offenbar auch. Von Silvana allerdings konnte man das nicht behaupten. Ganz und gar nicht. Und das bestürzte ihn. Derart erschüttert hatte er die ansonsten so starke und lebensfrohe junge Frau noch nie erlebt. Nicht einmal, als er ihr vor Jahresfrist einen schwer verletzten Ehemann heimgebracht hatte. Damals war sie zu Tode erschrocken gewesen, tief besorgt – aber auch gefasst und fest entschlossen, ihrem besinnungslosen Mann Halt und Stütze zu sein. Nun aber schien von dieser Fassung nicht mehr viel übrig.
    Mit einer bärenhaften Sanftheit legte Malleus den Arm um Silvana, strich ihr sacht mit seiner Pranke über den Rücken und lauschte zunächst schweigend ihrem stockenden Redefluss. Die Völve. Natürlich. Eine empfindsame junge Seele musste an solchen Darbietungen ja Schaden nehmen. Zumal die Seele einer Frau. Frauen spendeten Leben. Männer den Tod. Sie sollte sich so was nicht anschauen. „Ich weiß, Silvana.“, brummte er leise, „Ich war da.“ Ob sie es wahrnahm, konnte er nicht sagen.


    Silvana wurde von einem jähen Weinkrampf überwältigt. Malleus ließ es geschehen, drückte sie behutsam an sich und hörte ihr weiter zu. Ob sich alles so zu zugetragen hatte, wie die Gerüchte es darstellten, vermochte er nicht einzuschätzen. Was er von den jüngsten Ereignissen halten sollte, war ihm selbst noch nicht ganz klar. Eines aber war ihm inzwischen klar, und wurde bei jedem ihrer erstickten Schluchzern immer klarer: Die unerwartete Brutalität hatte die junge Frau nicht einfach nur erschreckt und eingeschüchtert. Silvana war keine verzärtele Matrone. Was sie dermaßen aus der Fassung gebracht hatte, war weder Ekel noch Empörung noch bloßes Mitleid mit der Gemarterten. Es war viel mehr.


    Malleus wartete geduldig ab, bis sie alles herausgepresst hatte, wozu sie unter diesen Umständen in der Lage war, wischte ihr dann ein paar Tränen von der Wange und sah sie lange forschend an. „Du hast ja Angst, Mädchen.“ Fürwahr, alles an ihr, ihre heiße Stirn, ihr stetes Zittern, der leidende Ausdruck in ihren Augen, alles strahlte Angst aus. Angst wovor? Malleus Blick löste sich von ihr, wanderte die Gasse hinunter, über die Gesichter der Passanten, an den Fassaden entlang und schließlich wieder zu ihr zurück. Angst wovor? Vor wem? Vor was?


    „Du musst dich nicht fürchten, Silvana. Nicht in meiner Gegenwart. Das weißt du doch, hm? Ich werd’ dich schon beschützen.“ Er versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. „Es wäre aber schon hilfreich, zu wissen, wovor genau ich dich beschützen soll.“ Kaum hatte er es ausgesprochen, wurde ihm noch etwas klar: Nicht seine eigene Laune hatte ihn nach Mogontiacum zurückgeführt sondern der Wille der Götter. Alles hatte seinen Sinn.
    „Möchtest du ein paar Schritte mit mir gehen? Oder hast du Durst? Soll ich dich nachhause bringen .. oder .. „ Oder einfach die Klappe halten und weiter zuhören? „.. oder magst du vielleicht auf Funkan reiten?“ Malleus stöhnte auf. Das war jetzt albern gewesen. Oder vielleicht doch nicht? Wie auch immer, er würde jedenfalls nicht von ihrer Seite weichen, so lange sie das nicht wollte.

  • Runa war dankbar, dankbar, dass Malleus einfach im richtigen Moment aufgetaucht war. Das dies wohl mehr als ein Zufall war erschloss sich ihr im Moment nicht. Sie war einfach nur dankbar. Sie nickte nur vorsichtig auf seine Feststellung hin, dass sie Angst hatte. „Danke.. wenn du da bist ist es besser. Ich weiß nicht ob du mich beschützen kannst...“ Sie versuchte sich an einem Lächeln, was ihr allerdings gründlich misslang. „Nicht nach Hause. Dort...bin ich allein. Curio... er ist … es geht ihm nicht gut. Er hat sich auf das Landgut zurückgezogen.“ Sie hätte ihn wohl doch besser begleitet, dann wäre ihr das heute erspart geblieben. „Lass uns ein Stück gehen.“ Sie gingen als die Gassen entlang und als es immer weniger Menschen wurden die ihren Weg kreuzten fing Runa leise an zu sprechen. „Ich weiß du hältst nicht viel von jenen die hinter der Grenze leben...“ Ja sie wusste, dass Malleus Abneigung gegen einige von diesen Stämmen hatte, ob nun auf alle oder Einzelne das wusste sie allerdings nicht. „...aber diese Frau... sie gehörte nicht zu diesen Stämmen.“ Ja Runa wusste sehr wohl wer Idun war...gewesen war. Sie hatte schon viel von ihr gehört und sich nichts sehnlicher gewünscht als dieser Frau einmal zu begegnen. Doch nicht so. „Sie lebte abseits der Stämme. Sie ist...sie war für alle da unabhängig ob nun diesseits oder jenseits der Grenze. Egal ob romanisiert oder nicht. Sie machte keine Unterschied. Das was ich über sie weiß ist, dass sie half wo sie konnte und jedes Leben achtete. Sicherlich hat sie deswegen auch den Centurio gerettet. Der ihr diese Folter nun angetan hat. Wie kann ein Mensch nur so grausam sein? Sie rettet ihm das Leben und er... er will ihr ihre Seele, ihr ich, ihr ganzes Sein nehmen. Malleus ich denke hier und heute wurde ein großer Fehler gemacht und ich verstehe nicht warum sie es taten. Man sagt die Soldaten denken, dass der Ceturio unter ihrem Bann stand.“ Runa blickte den Hühnen hilflos fragend an, so als ob er Antworten hätte. „Ich sah ihre Augen während des Ganzen...ich konnte ...nein ich konnte einfach nicht wegsehen. Sie war so... so stark...“ Ja es war so gewesen, als ob eine höhere Macht ihre Blick auf das Geschehen gerichtet hatte. „In ihr wohnt eine uralte Seele, dass alte Wissen, eine alte Macht...“ Runa wusste nicht ob Malleus verstand. „Wie soll sie so etwas ablegen können? Wie könnte man ablegen was einem im Blute liegt?“ Runa fragte nachdenklich und unsicher. Ihr Blick glitt von ihren nun ineinander verkrampften Hände hilfesuchend hinauf zu seinen Augen. „Nicht mal mein Vater ist eingeschritten, und das obwohl er es hätte tun können. Die Kulte lebten bisher immer im Einklang hier in dieser Stadt. Was ist wenn sie nun alle Frauen mit diesen Fähigkeiten jagen und auf gleiche Weise behandeln?“ Ihre Stimme bebte vor Angst. Nun konnte man wohl auch deutlicher erkennen, wovor sich Runa fürchtete. „Malleus meinst du du kannst mich davor beschützen?“

  • „Schöne Scheiße.“, stellte Malleus brummend fest, als Silvana geendet hatte. Jetzt war er im Bilde. Voll und ganz. Zwar hatte sie den Kern ihrer Furcht noch immer nicht ausgesprochen, aber das brauchte sie auch gar nicht. Wie könnte man ablegen, was einem im Blute liegt – Malleus war ein derber Grobklotz aber wahrlich kein Idiot. Zunächst hatte er noch gehofft, das Problem bestünde lediglich darin, dass Silvana diese Völve kannte und nun fürchtete, mit ihr in Zusammenhang gebracht zu werden. Als sie aber von Seele, Wissen und Macht zu sprechen begann, hatte sich diese Hoffnung jäh verflüchtigt. Nun verstand er, was die junge Ehefrau und Mutter innerlich zu zerreißen drohte.


    „Nun .. wir hassen, was wir fürchten,“ begann er behutsam, den Blick nachdenklich auf das Gassenpflaster gerichtet. „Wahr ist, dass die Romani fürchten, was sie nicht beherrschen können. Warum, glaubst du, errichten sie ihren Göttern all diese gewaltigen Tempel? Um sie zu preisen? Um ihnen eine irdische Heimstatt zu schaffen? Aus Liebe und Verehrung? Nein. Ich sage, sie tun es aus Furcht. Um ihre Götter und deren Macht darin einzusperren. Um sie von sich fernzuhalten, ihren Willen von Augures auslegen und ihren Zorn durch die Opfer der Flamines besänftigen zu lassen, ohne je selbst mit ihnen in Berührung kommen zu müssen. Göttliche Macht, die sich frei von diesen rituellen Zügeln offenbart, ist ihnen zutiefst suspekt. Und was du das alte Wissen genannt hast, ist nichts anderes als ein Stück göttlicher Macht. Keine Strafe, sondern eine Gabe. Die Romani verstehen das nicht, sie können es nicht und sie wollen es auch nicht. Man könnte fast meinen, sie fürchten unsere Götter mehr als sie den ihren vertrauen.“


    Nachdem er ein paarmal tief durchgeatmet hatte, blickte Malleus auf und sah Silvana mit einem feinen, entschuldigenden Lächeln an. Was tat er denn da? Trösten hatte er sie wollen, ihre Ängste zerstreuen, nicht sie zusätzlich nähren. „Mach dir keine Sorgen. Trotz allem halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass die Romani vorhaben, unsere Goden und Völven auszurotten. Derlei ist zwar schon vorgekommen, dann aber im Krieg oder infolge eines Aufstandes. Hier herrscht Frieden, und solange sich die ganzen renitenten Arschlöcher jenseits des Flusses nicht zusammenrotten, wird das auch so bleiben. Du hast vollkommen recht. Was sie mit der Frau gemacht haben, war ein kapitaler Fehler. Aber, glaub mir, das wissen auch die Romani, zumindest die Klügeren unter ihnen.“ Das Problem an der Sache war nur, dass es nicht immer die Klügeren waren, die sich am Ende durchsetzten. Was geschehen würde, wenn Sektierer und Fanatiker die Oberhand bekämen, darüber mochte Malleus im Moment nicht nachdenken. Seufzend ging er weiter. „Du fragst, ob ich dich beschützen kann, Silvana. Das kann ich. Vor Denunzianten kann ich dich beschützen, vor übereifrigen Erfüllungsgehilfen, die sich bei den Romani anbiedern wollen, vor Ratten, Schlangen und Wölfen – nur nicht vor dir selbst.“


    An der Einmündung zum mittlerweile fast menschenleeren Forum blieb er schließlich stehen, warf einen kurzen Blick auf die beiden Pfähle, die einsam und drohend in den Abendhimmel ragten und wandte sich dann wieder Silvana zu.
    „Wer weiß sonst noch davon?“

  • Und tatsächlich Malleus hatte Antworten. Sie fürchteten sich. Sie nickte dankbar. „Du hast wohl Recht. Sie wollen allem ihre Ordnung aufzwingen und akzeptieren nicht, dass es Dinge gibt die sich dieser Ordnung entziehen.“ Runa legte ihre Hand auf den Arm des Mannes während sie weiterliefen. „Du meinst sie fürchten unsere Götter?“ Runa sah Malleus fast ungläubig an. „Aber unsere Götter strafen doch nicht. Sie leben mit uns, sind bei uns, geben Rat und Wissen... aber sie strafen doch nicht.“ Runa schüttelte unwillig den Kopf über derartigen Aberglauben der Römer – auch wenn sie selbst römischer Abstammung war, schlug ihr Herz nicht für Rom.
    Runa hob den Blick, als er von den Stämmen jenseits der Grenze sprach... oder wie er sie nannte Arschlöcher. „Ja ein reisen Fehler... Malleus ich befürchte dieser Akt heute ist dazu geeignet, dass die Stämme sich zusammenrotten. Sie stand über den Sippen gehörte zu keiner und doch zu allen.“ Runa legte ihren Kopf an die starke Schulter des Mannes. „Ich habe gehört, dass sie sogar das Recht hatte auf dem Thing der Stämme zu sprechen.“ Runa war froh, dass sie sich mit jemanden unterhielt, der wusste wovon sie sprach, so dass sie nicht großartig erklären musste was dies bedeutete. Es war Frauen nicht gestatten auf dem Thing zu sprechen, dieses Recht war nur Männer vorbehalten. Aber einige wenige von den Götter auserwählte Frauen wurden auch von den Männer akzeptiert. Ihre Stimme hatte Gewicht. „Ich hoffe du hast Recht... ich hoffe, dass nicht alle so sind wie dieser Centurio. Und das die Klügeren wirklich die Oberhand haben.“ Obwohl da war Runa sich auch nicht sicher, immerhin waren beide Präfekten der der Legio und jener der Ala anwesend gewesen. Sie hatten also sicherlich auch die Befehle zu diesem Akt gegeben.
    Runa lächelte schief, als er sagte vor wem er sie schützen könnte. „Nun vor mir selbst muss ich mitunter wohl am meisten geschützt werden...“ Sie sah zu Malleus auf und hielt kurz inne. „... aber ich wäre dir dankbar, wenn du einfach nur da bist...“ Ja sie hatte bemerkt wie seine Anwesenheit sie beruhigte und ihr Kraft gab. „...meinst du du kannst bleiben.. und so lange wie Curio nicht da ist bei uns wohnen?“
    Auf die letzte Frage war die Antwort nicht so einfach. „Nun Curio weiß es, Alpina.. mein Vater obwohl er es wohl eher verdrängt – er hat sich von den Götter abgewendet. Und ich glaube einige der nicht Romani ahnen es. Viele von ihnen komme in letzter Zeit und suchen Rat bei mir....“
    In dem Moment fiel ihr Blick auf eben jene Pfähle auf dem Forum sie hielt inne, doch dann machte sie sich von Malleus los und ging auf diese zu. Auf dem Boden zwischen den beiden Pfählen sah man immer noch das inzwischen getrocknete Blut der Seherin. Runa hockte sich hin und strich darüber.
    „Hljó s bi ek allar
    helgar kindir,
    meiri ok minni
    mögu Heimdallar;
    viltu at ek, Valfödr,
    vel fyr telja
    forn spjöll fira,
    þau er fremst of man.*“


    Raunte sie leise und Tränen rannen ihr über die Wangen.





    Sim-Off:

    * Gehör heisch ich heilger Sippen, hoher und niedrer Heimdallsöhne: du willst, Walvater, daß wohl ich künde, was alter Märender Menschen ich weiß.

  • Das Herz voll verdrängter Gefühle stand Malleus schweigend bei seinem Pferd und blickte auf die kauernde Silvana hinab. Die Worte, die sie vor sich hin murmelte, waren kaum mehr als ein tonloses Wispern, und doch vernahm er jedes davon mit einer Klarheit als hätte sie ihre Lippen direkt an sein Ohr gelegt – mehr noch – als spräche nicht Silvana diese Worte, sondern eine spröde gewordenen Stimme aus dem Halbdunkel seiner verschütteten Erinnerungen. Die Stimme einer Greisin. Einer Greisin mit dem Blick eines Neugeborenen. Teuderun. Ohne sich dessen bewusst zu sein, schüttelte er lächelnd den grauen Schädel. Natürlich. Teuderun, die uralte Völve mit den Kinderaugen. Jetzt, da ihm Teuderun wieder in’s Bewusstsein getreten war, erinnerte er sich auch an ihre Worte. An alle. So befremdlich ihm das auch vorkam. Fram sé ek lengra, fjöl kann ek segja, um ragna rök röm sigtíva.*
    Ein kühler Schauer flatterte an seinen Rücken hinunter. Götter, das war verdammt lange her. Fünfundvierzig Jahre. Ein ganzes Leben. Damals war ihm die Welt noch heil und geordnet erschienen und sein Platz darin vorbestimmt. Dann waren die verräterischen Chatti gekommen und mit ihnen das Chaos. Was war wohl aus Teuderun geworden?


    Sein Blick löste sich von der still dasitzenden Silvana und glitt ohne bestimmtes Ziel in den Abendhimmel hinauf. Und wie stand es um ihn? Was war aus dem kleinen Wunold geworden? Gab es den noch irgendwo? Hatten die ganzen Jahre voll Blut, Schweiß und Scheiße noch etwas von ihm übrig gelassen? Malleus bezweifelte es. Er hatte sich Jahrzehnt für Jahrzehnt immer weiter von seinen Wurzeln entfernt ohne jemals neue zu schlagen.
    Allein auf sich selbst vertrauend und völlig unbeachtet von den alten Göttern – wie er all die Jahre geglaubt hatte – war er durch die Zeiten getrieben, von seiner untergegangenen Heimat nach Mogontiacum, von dort nach Pannonia, Moesia, Italia, bis hinauf an die schäumenden Kanten Midgards und zurück. Nur um nach einem halben Jahrhundert hier zu stehen und sich zu fragen, wo eigentlich der Witz an der ganzen Sache war. Nein, die Götter hatten ihn weder verlassen noch vergessen. Die hatten gewiss einen Heidenspaß mit ihm, und nun, da sich der Kreis fast schon wieder geschlossen hatte, erwarteten sie eine Entscheidung, die weit über die Frage hinausging, ob er Silvanas’ Wunsch erfüllen und bleiben sollte.
    Was das betraf, hatte er sich ohnehin bereits entschieden. Silvana brauchte ihn, seine verbliebende Sippe dagegen nicht. Was er in Nida zu erledigen hatte, konnte warten. Im schlimmsten Fall würde sein Dreckskerl von Schwager an einer unverdient schnell verlaufenden Krankheit krepieren, bevor er ihn in die Finger bekam. Damit konnte Malleus zur Not leben. Aber auch wirklich nur zur Not.


    Seufzend gab er Funkan einen freundschaftlichen Klaps auf die Kruppe, trat dann auf Silvana zu und legte ihr sanft seine Pratze auf die Schulter. „Du machst dich ganz schmutzig Mädchen. Na, komm – es wird bald dunkel.“ Mit einem gutmütigen Lächeln zog er sie auf die Beine, sah Tränen aus ihren Augenwinkeln rinnen und wischte sie fort. „Weißt du .. wenn es dir wirklich hilft, wieder Halt zu finden, bleibe ich natürlich hier.“ Das war er nicht nur ihr schuldig, sondern auch ihrem Mann und letzten Endes sich selbst.






    Sim-Off:

    *Vieles weiß ich, Fernes schau ich: Der Rater Schicksal, der Schlachtgötter Sturz.

  • Still und in Gedanken versunken saß sie da und nahm um sich herum kaum etwas wahr. So zuckte sie auch leicht zusammen, als sich die große Hand auf ihre Schulter legte. Erst die beruhigende sonore Stimme war es die sie beruhigte. Sie versuchte sich sogar an einem Lächeln, als er ihr die Tränen wegwischte. „Ja du hast Recht... lass uns gehen. Nach Hause.“ Damit meinte sie die Casa Helvetia Sie hatte ihm bevor er verschwand ja schon einmal angeboten dass er dort wohnen könne, die Casa als sein heim ansehen könnte. Ja für Runa gehört Malleus seit spätestens jenem Tag, als der ihrem Mann das Leben gerettet hatte, zur Familie. Sie kuschelte sich einfach in seine starken Arme und fühlte sich beschützt und sicher. „Ja lass uns gehen. sagte sie nun mit festerer Stimme.
    Noch einmal blickte sie auf die Pfähle und das Blut der Seherin. Sie wusste, dass sie es irgendwie fertig bringen musste diese Frau zu treffen. Sie musste es einfach.

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