Atrium | TC et SAL - Asylum

  • Eigentlich hatte Sextus heute nicht mit Besuch gerechnet. Eigentlich war er sogar fest davon ausgegangen, seine Ruhe zu haben, da wohl jeder von Rang und Namen – und einer gewissen Blutgier – bei den für heute angekündigten Spielen sein würde. Sextus selbst hatte überlegt, mit seiner Nichte hinzugehen, es dann aber wieder verworfen. Aurelia Corvina war sehr sanft, und das erachtete er als ihre vorteilhafteste Eigenschaft. Die wollte er nicht mit spritzendem Blut und wütendem Geschrei der Meute verderben.
    Also hatte er sich einen relativ gemütlichen Vormittag gemacht, an welchem er eigentlich ein paar Gedanken zu Papier bringen wollte. Seine Idee zur Reformierung des Marktrechtes hatte er trotz allem nicht verworfen und wollte diese bei Gelegenheit noch ein Stück weiter vorantreiben. Andere Geschäfte in der Stadt waren aufgrund erstgenannter Problematik ohnehin ausgeschlossen.


    Also brütete Sextus gerade über möglichen Formulierungen, als ein Sklave eintrat. “Verzeihung, Herr. Reunan hat mich geschickt um dir auszurichten, dass eine Tiberia Corvina im Atrium wartet und dich sofort persönlich sprechen will.“
    Sextus wusste gar nicht, auf wie viele verschiedene Arten er diese Unterbrechung als nervig empfand. Zunächst einmal, dass dieser Sklave ihn einfach ansprach. Dann, dass offenbar erwartet wurde, er wisse, wer bei allen Göttern Reunan war. Nun, aufgrund des Zusammenhanges konnte er es schließen, er war ja nicht schwachsinnig. Dennoch sollte sich herumgesprochen haben, dass der Hausherr sich nicht die Namen seiner Sklaven zu merken pflegte und man daher eher die offizielle Position des Sklavens erwähnen sollte und nicht seine Privatbezeichnung. Drittens, dass einfach angenommen wurde, er wisse, wer diese Tiberia war, und dass man ihr so einfach mir nichts, dir nichts einen Termin einberaumt hatte. Und schließlich und endlich: “Was will sie?“
    “Das hat Reunan nicht gesagt. Aber sie wartet unten. Soll ich sie eben fragen und dann...?“ “Gütiger Tinia, nein!“ So viel Dummheit auf zwei Beinen! Kein Wunder, dass dieses Exemplar ein Sklave war. Unwirsch entließ Sextus die nervende Gestalt mit einer Handbewegung, legte seine Schriftstücke beiseite, besah sich kurz noch seine Hände, um sicherzugehen, dass weder Tinten- noch Wachsreste daran hafteten, und begab sich nach unten ins Atrium.


    Mit einer für patrizische Verhältnisse einfachen Tunika und ohne kunstvolle Toga oder ähnlichen Schnickschnack, betrat der Hausherr also das großzügige Atrium, wo eine kleine Versammlung von Menschen auf ihn zu warten schien. “Salvete. Tiberia Corvina?“ Kurz suchte sein Blick die Wartenden ab, blieb dann aber an der herrschaftlicheren und patrizischer aussehenden Frau hängen. Vage kam sie ihm auch bekannt vor, was aber auch daran liegen konnte, dass sie eine vage Ähnlichkeit mit Flavia Nigrina, Sextus' Exfrau, hatte. “Man sagte mir, du wünscht mich dringend zu sprechen?“

  • Ah, er ließ sie hinein. Corvina warf einen missbilligenden Blick zu Roxana. Na, wurde das heute noch was? Gordius folgte Corvina, Inaros stieß Roxana an und der alte Thessalius bildet wie immer den Schluss. Roxana fand endlich aus ihrer Erstarrung in die Wirklichkeit zurück und beeilte sich der Tibererin zu folgen. Erst einmal in Sicherheit. Wie lange? Das gewünschte Gespräch sollte eine Anwort darauf geben.
    Etwas nervös war Corvina. Hier ohne Voranmeldung zu dieser Stunde herein zu platzen. Nur gut dass er da war. Scheinbar gab es wichtigeres als Spiele, oder ihm war nicht danach, oder, oder, oder. Es gab so viele Gründe und Möglichkeiten. Unerschöpflich sich darüber Gedanken zu machen. Es lenkte ab. Es lenkte wunderbar ab und wurde bald langweilig. Hm, sie sah auf ihre Hände. Ach du Schande, so ganz frisch sahen sie und ihre Tunika nicht mehr aus. In diesem Moment tauchte der Hausherr auf. Corvina musste ihre derzeitiges Aussehen so wie es war akzeptieren und versucht dem entsprechend Haltung zu bewahren.
    „ Salvete Aurelius.“ Sie hoffte richtig zu liegen. An seiner Aufmachung hätte sie es jetzt nicht festgemacht. Die zweite Frage von ihm stellte sicher, dass er es war. Wer allerdings genau, dass hatte er unterschlagen. Hätte sich Corvina näher mit den Beziehungen zu den Aurelii befasst, wüsste sie jetzt wer vor ihr stand.
    „ Ja, es ist sehr dringend und etwas kompliziert. Wie mir scheint sind die Unruhestifter nicht bis hierher vorgedrungen. Ein Glück für die Aurelii. Die Tiberii hatten weniger Glück.“ Corvina hoffte das er die Andeutung zum Anlass nahm das Gespräch fortzuführen. Außerdem war ihr kalt, sie war durstig und das wichtigste, eine Sitzgelegenheit. Sie könnte jetzt dafür töten. Ihre Füße taten weh, nicht, dass sie lauffaul gewesen wäre. Der heutige Fußmarsch fiel aus dem sonst üblichen Rahmen. Trotzdem, bei all diesen Unpässlichkeiten, hieß es Haltung zu bewahren und ein gewisses Quäntchen Selbstbewusstsein auszustrahlen. Wie schwer ihr das fiel? Oh sehr schwer. Am liebsten hätte Corvina sich in eine Ecke verdrückt und losgeheult.

  • Im ersten Moment fiel es Sextus schwer, seinen Blick auf die Tiberia gerichtet zu lassen und ihn nicht vorwurfsvoll auf den ihm bekannt vorkommenden Sklaven mit der roten Mähne wandern zu lassen. Hatte der Ianitor in spe hier eine Verrückte reingelassen, oder offenbarte die Tiberia die weibliche Eigenart, in Halbsätzen und Informationsfetzen zu sprechen und zu erwarten, dass der meist männliche Zuhörer schon verstehen müsste, was frau eigentlich sagen wollte? “Bitte, was?“ fragte Sextus ruhig und höflich daher noch einmal nach. Aus den drei Halbsätzen von eben hatte er nämlich wenig bis keine Information ziehen können, worum es denn gerade dringendes ging.
    Unruhestifter... das konnte von penetrant bettelnden Kindern mit Flöten und Trommeln bis hin zu einem neuen Bürgerkrieg alles sein. Und nicht alles bedurfte gleich dringend seiner sofortigen Aufmerksamkeit.


    “Vielleicht setzen wir uns erst einmal und du fängst noch einmal in Ruhe von vorne an?“ schlug Sextus mit einer einladenden Geste in Richtung der nächsten Sitzgruppe vor. Dass sein Gast unbedingt sitzen wollte und nur auf diese Einladung wartete, konnte er nicht wissen. Es war schlichtweg höflicher – sollte es sich wirklich um etwas wichtiges handeln – das in Ruhe im Sitzen zu besprechen, zumal er gerade keine Toga trug, die ihn zum Stehen zwang. Ebenso entging ihm, dass sein Gegenüber scheinbar nicht wusste, mit wem es sprach. Immerhin war er der einzige, erwachsene, männliche Aurelius gerade in ganz Roma und der festen Ansicht, dass wenn jemand zu ihm wollte, schon wisse, wer er denn sei.

  • Dankend nahm sie die einladende Geste an und setzte sich. Die Hände in den Schoß gelegt versuchte Corvina sich zu sammeln. Noch mal von vorn. Wo begann sie am besten ? Bei den Spielen und dann eins nach dem anderen.
    „ Wie du weißt fanden heute Spiele statt. Ich hatte mir ein wenig Unterhaltung versprochen. Es fing alles normal an. Bis die Unruhe auf dem Rang ausbrach. Man fand drei ermordete Römer und eine Schmiererei mit irgendwas von Heer der Sklaven wache auf. Panik brach aus, alles drängte aus der Arena, draußen flogen Pfeile von den Dächern. Es gab Tote und Verletzte. Ich wollte mich schnell in die heimische Villa zurückbegeben. Unterwegs kamen Gerüchte von Brandstiftung und weiteren Morden auf. Als wir bei der Villa Tiberia ankamen, war diese geplündert, gebrandschatzt, alle Sklaven ermordet und Onkel Titus...“ Corvina schluckte schwer. „ Man hat ihn an der Wand gekreuzigt.“ Was hatten die Tiberii getan, dass sie von den Göttern so gestraft wurden. „ Das heißt, ich habe keine angemessene Bleibe, so lange die Villa in Schutt und Asche liegt.“ Corvina sank ein wenig in sich zusammen. Gab es nicht irgendwo in der Umgebung ein Haus der Tiberii, nein. Sie musste fragen. „ In Anbetracht unserer alten Freundschaft, bitte ich dich um Asyl.“ Der Satz fiel ihr sehr schwer. Noch nie hatte sie fremde Hilfe gebraucht. Sie war auch noch nie in der Situation, um Hilfe bitten zu müssen. Hier geschah es das erste Mal.

  • Da saßen sie nun, und die Tiberia fing noch einmal von vorne an. Noch immer ergab nicht alles einen Sinn, aber zumindest verstand Sextus jetzt, worum es ging. Irgend jemand hatte also einen gezielten Anschlag auf die Spiele heute veranstaltet, es gab mehrere Todesfälle und das Zuhause der Frau vor ihm lag in Schutt und Asche, Kein Wunder, dass sie durcheinander war und etwas wirr redete!
    Mit jedem weiteren Wort, dass die Tiberia von sich gab, verfinsterte sich Sextus Blick ein wenig weiter, wenngleich er sonst erschreckend ruhig blieb. Das war immer so, wenn er langsam aber sicher wütend wurde. Die Tiberier waren schon sehr lange Freunde der Aurelier, bis auf den Aussetzer eines einzelnen Tiberius konnte man sich auf sie verlassen. Es gab diverse eheliche Verbindungen über die Jahre zwischen beiden Familien, die Mutter von Titus Ursus' Sohn war eine Tiberia, seine Cousine Flora starb bei der Geburt des Sohnes seines Patrons, Tiberius Durus... Darüber hinaus nahm es Sextus sehr persönlich, wenn ein Patrizier gekreuzigt wurde. Wobei ihm noch anderes angetan worden sein musste, dauerte der Tod am Kreuz doch Tage, und nicht wenige Stunden.
    “Selbstverständlich bleibt ihr hier. Ich bestehe darauf, Tiberia Corvina.“
    Ohne seinen Blick auch nur eine Sekunde von der Tiberia zu wenden, gab er Befehle an seine Sklaven, die, wie er wusste, im Hintergrund herumstanden.
    “Ich brauche meine Rüstung und meine Waffen.“ Allein den Satz zu sagen, hasste Sextus. Er hatte gehofft, dieses Ding in seinem Leben nie wieder tragen zu müssen. Aber angesichts marodierender und mordender Horden hatte er keine Wahl. “Ein Sklave geht los, die Nachbarschaft warnen. Wer von unseren Nachbarn nicht die Mittel hat, sein Heim verteidigen zu können, soll hier her kommen. Zwei Mann müssen zu Atinia Bala gehen und sie hertragen, sie hat sich den Fuß gebrochen. Und einer geht zum Tempel des Quirin und bringt den Priester hierher und alle, die nicht in der Nähe Zuflucht finden können. Jetzt.“
    Mehrere Sklaven gingen los, die meisten mit deutlich mulmigem Gesichtsausdruck. Sie hatten schließlich auch gehört, was den Sklaven der Villa Tiberia scheinbar passiert war, und wollten nicht dasselbe Schicksal erleiden.


    Auch wenn es nicht ganz schicklich war, ergriff Sextus vorsichtig eine Hand der Tiberia. Berührungen hatten vor allen Dingen auf Frauen häufig eine beruhigende und Vertrauen schaffende Wirkung, hatte Sextus in seinem Leben gelernt. Und die Tiberia hier brauchte ganz offenkundig ein wenig Trost, auch wenn sie sich angesichts der Umstände ganz wacker hielt. Andere Frauen wären schon längst als Häuflein Elend weinend zusammengebrochen.
    “Tiberia, weißt du etwas über deine anderen Verwandten hier in Rom? Tiberius Ahala und sein Bruder?“ Floras Sohn müsste jetzt sechs Jahre alt sein. “Oder auch andere Verwandte?“ Sextus wusste, dass dies eine heikle Frage war, die genauso gut in einem hysterischen Heulkrampf enden konnte. Aber wenn die Villa Tiberia abgebrannt war, war Tiberia Corvina wohl nicht die einzige, die Zuflucht brauchte. Hoffentlich, zumindest.

  • Das war heute nicht ihr Tag. Sie hatte Mühe all die Ereignisse zu verarbeiten. Das sie bis jetzt durchhielt schrieb sie ihrer Selbstbeherrschung zu. Onkel Titus hatte bei ihrer Erziehung sehr darauf geachtet. Sie sollte nicht so ein zimperliches Matronchen werden und ihre Nachkommen keine verwöhnten Taugenichtse. Corvina versuchte durchzuhalten. Der Aurelier tat genau das richtige, anders hätte sie es nicht erwartet. Er unternahm etwas zum Schutz des Aurelischen Hauses und der wehrlosen Römer in der Umgebung. Angesichts seines Tuns, fühlte sie sich sicherer hinter den Mauern der aurelischen Villa. Das Angebot hier zu bleiben war wie eine glückliche Fügung.
    Sein Griff nach ihrer Hand irritierte sie im ersten Moment. Sie wusste nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollte. Unangenehm war es nicht, eher Vertrauen einflößend und beruhigend.
    Oh, nein die anderen Verwandten! Tiberius Ahala? Sein Bruder? Sie hatte seit langem nichts von ihnen gehört. „ Ahala ? Nein und sein Bruder ich weiß nicht. Tante Maximilla wollte nach Rom kommen, Tiberius Tiro ist irgendwo in Italia unterwegs. Tiberius Verus und Tiberia Lucia in Germania superior. Ach Tiberius Marula, bei dem weiß ich nicht wo er unterwegs ist.“ Wen gab es noch? Corvina dachte angestrengt nach. Das waren alle die sie kannte. „ Ich muss Verus und Lucia unbedingt schreiben und dann muss ich…."Sie drückte die aurelische Hand. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, sie presste die Lippen aufeinander. Plötzlich änderte sich ihre Mimik, aus ihren Augen sprüte der pure Hass. Mit hasserfüllter Stimme sagte sie. „ Dafür sollen sie leiden, diese Mörder, dieses Pack.“

  • Um Tiberius Ahala und dessen Bruder Postumus musste man sich also Sorgen machen, alle weiteren Tiberier waren nicht in der Villa Tiberia erwartet. Wenn die Götter etwas gnädig waren, war die benannte Maximillia noch nicht in Rom angekommen, so dass ihr der Anblick der Leichen erspart bliebe. So oder so gab es jetzt nichts, was Sextus für einen dieser Tiberier hätte tun können, daher war es Zeitverschwendung, sich mit den möglichen Auswirkungen zu beschäftigen. Dafür war später noch genug Zeit.
    Die Stimmung der Tiberia drohte zu kippen. Sextus sah ihre Augen feucht werden und befürchtete schon einen Heulkrampf, als sich der Ausdruck ihrer Augen änderte und in bloßen Hass umschlug. Der war ihm allemal lieber, mit diesem konnte er umgehen, waren die Wut und er doch selbst gute, alte Bekannte. Er drückte kurz ihre Hand. “Das werden sie. Jeder einzelne von ihnen.Wenn sie ans Kreuz genagelt und lebendig verbrannt werden, werde ich mit Vergnügen selbst die Fackel an ihre Kleidung halten.“ Das war zumindest die übliche Strafe für Brandstiftung, und Sextus fand sie durchaus sehr angemessen.
    “Meine Nichte, Aurelia Corvina“, kurz stockte Sextus, diesen kleinen Zufall bemerkte er erst jetzt. “Ist in den oberen Räumen. Sie wird dir gerne etwas zum schreiben geben. Für den Moment möchte ich auch, dass ihr oben bleibt, da ist es sicherer. Wenn die Lage hier soweit geklärt ist, werden wir dir auch ein eigenes Zimmer einrichten.
    Ich fürchte nur, ich muss mir jetzt aber von den Nachbarn ein verdammtes Pferd leihen und mich wie ein verdammter Held darauf schwingen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Deine beiden Sklaven können kämpfen? Dann sollten sie sich den aurelischen anschließen und sich erst einmal bewaffnen.“

    Sextus drückte die Hand noch einmal leicht, ließ sie dann los und stand auf. Einer seiner Sklaven kam auch schon mit dieser schrecklichen Lorica wieder angerannt, die er seit dem Bürgerkrieg und der Eroberung Roms nicht mehr getragen hatte und nie wieder tragen wollte. Nur bekam man leider nicht immer das, was man wollte.

  • Eine Genugtuung, das der Aurelius selbst dafür Sorge tragen wollte, dass diese Mörder ihre gerechte Strafe bekamen. Ja, leiden sollten sie, dieser Abschaum. Die Götter sollten sie nicht zu früh erlösen. „ Ich will dabei sein. Ich will zusehen. Ich will sehen wie sie sich quälen. Wie sie am Kreuz sterben.“ Tief saß der Hass. Hoffentlich hatte man diese Bande von Mörder bald gefasst.
    Ihre Sklaven? Ach die hatte sie völlig vergessen. Die zwei custos, auf die war Verlass. „ Gordius, Inaros! Ihr werdet euch den aurelischen Sklaven anschließen. Roxana, du kommst mit mir. Thessalius du siehst zu, wo du dich hier am besten nützlich machen kannst.“ Wie ein verdammter Held ? Er war wie ein Feldherr, ein Legat. Seine Befehle und Anweisungen klar und durchdacht. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Er war vollkommen Herr der Lage. Das mochte sie. Ein Mann selbstsicher, überlegen. „ Du bist ein verdammter Held. Allein, was du bis jetzt getan hast Aurelius. Pass bitte auf dich auf. Die Götter mögen dich beschützen.“ Sie war sich sicher, dass er wusste was er tat.
    Mit Roxana an ihrer Seite ging es in das obere Stockwerk zu Aurelia Corvina. Eine aurelische Namensvetterin, mit der kam sie bestimmt bestens zurecht. Auf dem Weg nach oben machten sich die Anstrengungen der letzten Stunden bemerkbar. Müdigkeit und Erschöpfung zeigten sich. Ausruhen und hoffen, dass der Spuk bald vorüber war und der Aurelier unbeschadet wieder zurück kam, dass war im Moment das wichtigste für sie. Die Briefe, dazu brauchte sie einen klaren Kopf, die mussten warten.

  • “Ich habe noch nichts getan, was nicht jeder Mann mit einem Funken Ehrgefühl getan hätte, Tiberia“ meinte Sextus leicht schmunzelnd, als auch er aufstand. Schmeicheleien gegenüber seiner Person machten ihn immer misstrauisch. Vor allen Dingen, da er selbst Schmeicheleien vor allen Dingen dann einsetzte, wenn er etwas bestimmtes damit bezwecken wollte. Beispielsweise eine schöne Frau dazu zu verleiten, in sein Bett zu steigen. Dass die Tiberia aber ähnliche Absichten ihm gegenüber gerade hegte, bezweifelte er dann doch.
    “Mögen die Götter uns alle beschützen“ fügte er also noch an, während Tiberia Corvina sich aufmachte, nach oben zu gehen und sich hoffentlich auszuruhen. Da vertraute Sextus aber seiner Nichte, dass diese sich um den Gast schon kümmern würde. Und um alle weiteren Personen, die heute wahrscheinlich noch ankommen würden, bis die Lage sich geklärt hatte.


    Die zwei Sklaven, die seinen Brustpanzer gebracht hatten, machten sich auch gleich daran, ihn anzustreifen. Sextus war froh, nur eine einfache Tunika zu tragen, ansonsten hätte er sich umkleiden müssen, oder wahlweise den Stoff unwiederbringlich ruinieren. So aber streiften die Sklaven ihm erst ein mit Wolle gepolstertes Lederstück über die Schultern, und darüber den Schienenpanzer.Sextus hasste allein das Gewicht davon. Dass die Sklaven dann an ihm herumzubbelten, um den Sitz passend zu machen, machte es nicht besser. Und dass beim Schließen der Bänder auffiel, dass er abgenommen hatte und der Panzer nicht mehr so gut saß wie noch vor Jahren, als er ihn zuletzt getragen hatte. Sextus nahm sich vor, wieder mehr zu trainieren, um etwas mehr Muskelmasse aufzubauen.
    “Du, zeig den tiberischen Sklaven, wo sie sich bewaffnen können“ wies Sextus nebenbei einen seiner Sklaven an, während er in seine Caligae schlüpfte. Es blieb nur zu hoffen, dass er sich mit deren genagelten Sohlen auf dem glatten Marmor des Atriums nicht gleich langlegte. Aber die Götter ersparten ihm zumindest diese Peinlichkeit, so dass er dann voll gerüstet – den Helm zu tragen lehnte er noch ab – zur Tür hinausschritt und zu den Nachbarn hinüber. Diese hatten ihm damals die aurelischen Pferde abgenommen, nachdem er den Stall hatte einreißen lassen. Wer hätte auch denken können, dass man in einer Stadt, in der man nicht reiten durfte, doch irgendwann einmal ein Pferd brauchte?

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