In kürzesterer Zeit bekam Corvina ein Zimmer zu ihrer Verfügung gestellt. Es war genauso komfortabel eingerichtet wie das von Aurelia Corvina. Die Annehmlichkeiten waren die gleichen. Besser hätte es Corvina nicht haben können. Seufzend ließ sie sich auf einem Stuhl nieder. Langsam drängten sich die Geschehnisse des Tages in den Vordergrund. Bis jetzt war sie stark geblieben. Corvina mocht es nicht Schwäche vor anderen zu zeigen. Vor allem nicht vor Fremden. Hier bei den Aurelii, trotz der Freundschaft beider Familien, war sie fremd. Fühlte sie sich fremd.
Es dauerte einen Augenblick, langsam akzeptierte sie, dass dieses Zimmer bis auf weiteres ihr zu Hause sein sollte. Sie wurde sich bewusst, was sie heute verloren hatte. Die Anspannung fiel ab. Sie gab ihren Gefühlen nach. Tränen rannen über ihre Wangen. Sie schlug die Hände vors Gesicht und weinte.
cubiculum | Tiberia Corvina
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„ Thessalius ? Wer ist gekommen?“ Hatte er es nicht laut und deutlich gesagt? Der alte Sklave wiederholte es. „ Tiberia Maximilla ist eingetroffen.“ Corvina fiel aus allen Wolken. Was bei allen Göttern wollte sie jetzt schon hier ? „ Schnell die grüne Tunika. Das hellgrüne Band. Die Perlenohrringe. Meine Frisur. Roxana, schnell.“ Roxana verdrehte die Augen. Die Frisur saß seit heute Morgen wie angegossen. Zur Beruhigung ihrer Domina zupfte sie etwas daran herum. Corvina besah sich im silbernen Handspiegel und nickte zufrieden. Im Hinausgehen griff sie die hellgrüne Palla aus feiner Wolle und eilte nach unten.
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Mit der kleinen Holzkiste, die sie in den Trümmern gefunden hatte in den Händen begab sich Luna zu der Tiberia, von der sie annahm, dass der Inhalt der kleinen Kiste ihr gehörte.
Sie klopfte leise an die Tür und wartet, dass man sie aufforderte einzutreten. Sie war sich ja bei der Frau nicht so ganz sicher bisher war sie ihr entweder mit Abfälligkeit oder Arroganz gegenübergetreten. Nun vielleicht würde es heute etwas anders sein, besonders dann wenn Luna ihr den kleinen Schatz präsentierte, den sie gefunden hatte. -
An ihrem kleinen Schreibtisch häuften sich die Schriftstücke. Corvina versuchte Ordnung in das Chaos zu bringen, eine Übersicht von den vorhandenen Gütern und Geldmitteln der Tiberii zusammen zu stellen. Es sah einfacher aus als es war. Teilweise stimmten die Berichte der Verwalter nicht und es fehlt ein Teil an erwirtschafteten Waren und Geldmitteln. Verus musste sich endlich darum kümmern und nicht nur seinen Verlusten nachtrauern. Das half den Tiberii für die Zukunft wenig. Corvina hatte keine Lust sich auf ein Landgut zurück ziehen zu müssen, weil er es nicht fertig brachte, das Heim der Tiberii in Rom wieder aufzubauen. Ein Klopfen unterbrach ihre Gedanken. " Ja, bitte." sagte sie.
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Leise ja fast lautlos öffnete Luna die Tür und trat nach der Aufforderung ein. „Domina.“ Begann sie. „Ich war bei der Villa der Tiberii. Nun oder eher bei dem was davon noch übrig ist.“ Sagte sie mit einer leisen Stimme. „Aber es ist nicht alles verloren. Es gibt einiges was den Brand und alles andere überstanden hat.“ Fuhr die Germanin fort und legte dabei die kleine Holzschatulle vor der Tiberia ab. Natürlich war die Kiste von der Asche und dem Staub befreit und poliert worden. „Das habe ich unter einigen Trümmern gefunden.“ Luna brachte den Schmuck welchen sie gefunden hatte zu der jungen Tiberia, denn von der Aufmachung her passte er eher zu ihr als zu der älteren. Und außerdem war in das Holz ein TC eingraviert. „Ich glaube das gehört dir.“
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Die Wilde, nein, die Germanin, wie ihr Bruder immer betonte. Wie hieß sie gleich? Luna ? Was brachte sie denn da an? Unter den Trümmern gefunden? Was wühlte sie dort überhaupt herum? Sie betrachtete die kleine Schatulle. Tatsächlich sah sie wie ihre kleine Schmuckschatulle aus. Farblich hatte sie sich geändert. Die Initialen darauf waren eindeutig die ihren. Vorsichtig griff sie nach dem Deckel und öffnete ihn. Ihr Schmuck, alles so, wie sie es hineingelegt hatte. Ohrringe, Ketten, zwei Armreife und drei Ringe. Alles da, nichts fehlte. Sollte sie jetzt beeindruckt sein? Ein wenig war sie das. Das Ding war nicht so wild wie es ihre Herkunft vermuten ließ. „ Danke.“ kam es aus Corvina‘s Mund. Sie war erstaunt. Sonst war es mehr dahin gesagt um der Höflichkeit genüge zu tun. Hier war es einmal mehr als das. „ Seit wann wühlst du denn in dem Schutthaufen herum? Mich würde interessieren, wann mein Bruder Tiberius Verus gedenkt den Aufbau der Villa voran zu treiben. Es ist beschämend die Freundschaft der Aurelii so auszunutzen.“
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Ein kleines Lächeln huschte über das Gesicht der Germanin. „Es ist dein Eigentum, ich freue mich, dass ich es gefunden habe und es dir wiederbringen kann.“ Sagte Luna. „Nun ich habe heute erst damit angefangen. Ich habe noch die ein oder andere erhaltene Staue gefunden und auch noch andere erhaltene Sache. Die werden natürlich erst mal gründlich gereinigt und dann kann man sie auch auf Schäden begutachten.“ Sagte sie auf den ersten Teil der Frage hin. „Nun dein Bruder hat mich beauftragt, also mit dem Wiederaufbau der Villa. Ich hoffe, dass der Wiederaufbau, dann auch zügig voranschreitet, damit die Gastfreundschaft der Aurelier nicht überstrapaziert wird. Ich habe mich auch schon nach einigen guten Architekten umgehört. Zwei treffe ich morgen. “ Sagte Luna und damit war sie dann auch gleich bei einem der nächsten Punkte, die sie eh angesprochen wissen wollten. „Ich hoffe, das dir das recht ist? Also das ich mich darum kümmere?“ Sie schaute die Tiberia fragend an. „Und wenn, würdest du mir dann deine Vorstellungen der Villa nennen? Dein Bruder denkt da ja eher praktisch. Aber ich denke, dass nicht nur seine Vorstellungen in euer neues Heim einfließen sollten. Wenn man schon die Möglichkeit eines neuen Anfangs hat, dann sollten alle Vorstellungen ihre Berücksichtigung finden, so dass sich auch alle Familienmitglieder im neuen Heim wohl fühlen.“
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Da gab man ihnen den kleinen Finger und schon nahmen sie die ganze Hand. Sie glaubte sich verhört zu haben. Ihr Bruder hatte sie, eine Sklavin, damit beauftragt die Villa wieder aufzubauen? Eine Germanin, der die römische Baukunst vollkommen fremd war. Die in einer Lehmhütte gewohnt hatte. Wieso dachte sie überhaupt für ihren Bruder? War er nicht mehr in der Lage dazu, seinen Kopf zum Denken zu benutzen? Fragen, die nur er ihr beantworten konnte. „ Sag meinem Bruder ich will ihn sprechen.“ machte sie es kurz. Sie sollte sich mit einer Sklavin über das Haus, den Wohnsitz der Tiberer unterhalten. Nicht im Traum. Das ging nun doch zu weit.
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Luna bemerkte wohl den Stimmungsumschwung der Tiberia. Sie konnte sich zwar keinen Reim darauf machen und so antwortete sie auch Schulterzuckend. „Ich werde es ihm ausrichten, wenn er wieder im Haus ist. Aber dies kann spät werden. Er kommt – wenn überhaupt immer erst spät.“ Luna hatte gedacht, das die Tiberia vielleicht Wünsche äußern würde, denn Verus Vorstellung kamen dem was sie an Villen bisher gesehen hatte nicht wirklich nah. Er würde wohl am liebsten quadratisch, praktisch, gut bauen wollen. Aber Luna fand, dass dies nicht zu der Familie passte. Deswegen hatte sie gedacht, dass sie einfach mal fragte, aber scheinbar wollte die Frau damit nicht belästigt werden. „Ich werde mich dann wieder meinen Aufgaben widmen.“ Sagte sie und war im Begriff zu gehen.
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Nun war sie vollends verwirrt. War ihr Bruder nur ein Fußsoldat bei den Prätorianern, dass er erst spät ins Haus kam? Welcher Centurio saß bis mitten in die Nacht in der castra ? Oder trieb er sich in der Nacht in Rom's Lupanaren herum? Das würde sie jetzt auch nicht mehr verwundern. Wenn er weiter so machte, verbaute er ihr sämtliche Wege eine angemessene Beziehung einzugehen. Corvina war wie vor den Kopf geschlagen. Wäre er besser in Germanin bei den Barbaren geblieben. Das hätte ihr mehr geholfen, als ständig diese Peinlichkeiten.
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Luna drehte sich noch einmal zu der Tiberia um. „Er ist übrigens zum Trecenarius befördert worden und hat die Aufgabe übernommen, die Ursachen des Aufstandes genau zu ermitteln. Er wälzt ständig Berichte und Akten. Deswegen hat er es mir auch aufgetragen die Wiederaufbau voranzutreiben, er möchte seiner Familie so bald als möglich wieder ein heim bieten.“ Erklärte sie nun doch noch, warum er selten anwesend und zu beschäftigt war sie um den Familienstammsitz zu kümmern. Wenn die junge Frau ihren Bruder auch nur ansatzweise kannte, dann würde sie wissen, dass er seien Aufgabe sehr ernst – für Lunas Begriffe machmacl sogar zu ernst nahm. Er kniete sich voll rein um schnellst möglich Ergebnisse zu liefern. Luna sah die Tiberia an und fragte freundlich. "Kann ich noch irgendetwas anderes für dich tun?"
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