[Grundausbildung] Titus Licinius Iosephus

  • Nur gefühlte Zentimeter vor den Spitzen der vorgereckten pila rissen die Reiter ihre Rösser in einer schnellen Bewegung herum. Die erste Reihe würde sich teilweise einbilden, dass sie noch den Windhauch spürten und die Pferdeschwänze über ihre Schilde strichen, dann war der Spuk vorbei. Die Reiter grüßten spöttisch lachend und ritten wieder ab zu ihren eigenen Übungen.


    "Na, wie hat euch das geschmeckt. Und das waren unsere Reiter. Nichts gegen die Kataphrakte, die die Parther unserer Ostarmee entgegenwerfen. Die sind mehr Eisen als Pferd, das ist erst ein Spaß."
    Dann wandtelte sich der Blick und das spöttische Glitzern wurde zu einem stechenden Blitzen.
    "Und wenn ich das nächste Mal einen Befehl gebe, den ihr nicht kennt, dann denkt gefälligst nach und tut was! Am besten das Richtige!"
    Die römische Armee war eine harte Drillmeisterin -- Sie verlange beides von ihren Soldaten, sowohl unbedingten Gehorsam als auch Eigeninitiative und nur jene Soldaten, die es schafften, im richtigen Moment zu entscheiden, was von beiden gerade angesagt war, würden es schaffen Karriere zu machen und womöglich gar centurio zu werden. Oder darüber hinaus zu gehen.
    "Gibt es Fragen zu den Formationen bisher?"

  • Iosephus konnte kaum hinschauen, als die Reiter immer näher kamen - sie drehten und drehten einfach nicht ab! In ihm machte sich schon der Fluchtreflex bemerkbar und er sah immer wieder panisch zu seinen Kameraden, die aber auch ausharrten. Also widerstand der Licinier auch dem dringenden Bedürfnis, aufzuspringen und wegzurennen. War sowieso zu spät.


    Gerade als er seinen Blick abwandte und mit dem Aufschlag der massigen Tierleiber rechnete, schwenkten die Reiter ab. Iosephus atmete auf - geschafft! Wobei er sich doch fragte, ob die Pferde nicht auch über die Schilde hinweg springen konnten. Soo hoch war die Barriere ja auch wieder nicht!


    Wie auch immer - er wollte sich gar nicht vorstellen, wie diese Kataph...dings aussahen, wenn sie gegen einen Schildwall stürmten. Wahrscheinlich planierten die eine Einheit wie ihre einfach und bemerkten nichtmal was. Der Rat des Optios kam dagegen nicht so recht an - was sollten sie denn tun? Sie waren ja Tirones, weil sie eben noch nicht wussten, wie man perfekt kämpfte und Strategien anwandte! Iosephus begann den Optio genauso zu hassen wie den spinnerten Centurio, wenn auch aus anderen Gründen: Der eine war ein willkürlicher Irrer, der andere glaubte scheinbar, sie wären Hellseher!


    Gerade deshalb traute der Licinier sich aber auch nicht, Fragen zu stellen. Er wollte ja nicht auffallen!
    Servius zeigte sich da etwas interessierter: "Sind das alle Formationen, die wir lernen müssen?"

  • "Nein, ihr lernt noch den Keil und das agmen quadratum in der Grundausbildung. In der Regelübung kommen dann weitere Spezialformationen hinzu, die auf ganz bestimmte Aufgabengebiete zugeschnitten sind. Beispielsweise der korrekte Transport einer Ramme!"
    Erklärte der optio, der ja durchaus gerne erklärte, aber eben dann und wann auch gerne mal sah, was die tirones schon von ihren Kameraden aufgeschnappt hatten.


    Beides kommt später dran, jetzt konzentrieren wir uns auf das eben geübte. Für die ganz neugierigen unter euch aber dies: Das agmen quadratum ist im wesentlichen eine Reiterabwehr in alle vier Richtungen gleichzeitig. Und der Keil nicht viel anders als eine sehr schmale Formation mit viel Druck nach vorn. Weitere Frage?"


    Als alle weiteren Fragen abgefrühstückt waren, kam erneut der Befehl eine Schildkröte zu formen. Diesmal mit der zusätzlichen Schwierigkeit, dass einige Holdbalken auf dem Boden lagen, die die tirones überklettern mussten.

  • Iosephus versuchte sich die Erklärungen einzuprägen. Agmen quadratum - Reiterabwehr - Ramme - Keil. Das würde sicher irgendwann abgefragt werden! Aber zum Glück blieben sie erstmal bei der bestehenden Neuerung, die ja auch kompliziert genug war - der Licinier wollte sich gar nicht vorstellen wie schwierig es war, neben Scutum und Pilum auch noch eine Ramme durch die Gegend zu balancieren!


    Aber auch bei der Schildkröte wurde der Schwierigkeitsgrad angehoben: Als Iosephus seinen Platz einnahm, stellte er fest, dass breite Holzbalken auf dem Boden bereit lagen. Zuerst versuchte er, sich unter dem "Schilddach" so zu platzieren, dass er nicht darauf stehen musste. Als dann aber der Befehl zum Vorrücken kam, ließ sich das kaum vermeiden. Immer wenn er dann über einen Balken kletterte, musste er den Kopf noch weiter einziehen - das hatte er spätestens nach dem ersten Mal verstand, als sein Kopf gegen das Scutum über ihm knallte (zum Glück hatte er einen Helm auf!). Hinter sich hörte er leises Fluchen und ab und zu bemerkte er in den Augenwinkeln, wie es ein bisschen heller in der Schildkröte wurde, wenn einer der Kameraden, die das Dach bildeten, seinen Arm nicht anzog, sodass er beim Überklettern des Balkens ein "Fenster" öffnete. Zum Glück war Iosephus in der ersten Reihe - da konnte ihm dieser Fehler schonmal nicht passieren!

  • So vergingen die nächsten Tage damit, dass die Soldaten unter sich immer verschärfenden Bedingungen Formationen übten, bis sie auch die Wechsel zwischen diesen auf einfachen Befehl hin ausführen konnten.


    Damit endete auch dieser wohl komplizierteste Übungsabschnitt und damit auch die Grundausbildung selbst.

  • Wenige Tage nach der letzten Übungseinheit und damit ziemlich direkt nach den Übungsmärschen trat war der großte Tag.
    Die Prüfungskommission war zusammengetreten und stand gerade noch in der principia beisammen um einige Kleinigkeiten zu klären. Unterdessen hatte ein neu ernannter centurio die eine Hälfte der tirones übernommen, der altbekannte optio die zweite. Dort standen sie nun nebeneinander aber klar getrennt in Gruppen und würden gleich ihr Übungsgefecht ausfechten müssen. Zuvor stand aber noch die Inspektion, für die der centurio ihnen eingebläut hatte, dass "wenn der Alte was zu meckern findet", sie Scheiße schaufeln durften bis zum Abwinken.
    Es war die erste Inspektion für den centurio und er war wohl nicht weniger nervös, als die Soldaten selbst. Und der Präfekt, der mit dem "Alten" gemeint war, hatte den Ruf ein ganz besonders harter Knochen zu sein.
    "State! Ad adventio commisionis! Oculos vostros at sinistram ~ Stillgestanden und Blick nach links
    Als die Kommision vor ihnen Stand änderte sich die Blickrichtung nach vorn und die pila wurden präsentiert.
    "Oculos prosam! Pila Presentate!"
    Anschließend schritten Licinus, der primus pilus und einige der tribuni die Reihen ab und sahen sich jeden Soldaten ganz genau an.

  • Sie hatten geschwitzt. Sie hatten geflucht. Aber sie hatten gelernt. Es hatte langsam begonnen, mit endlosen Fitness-Übungen, Marschieren und Formalausbildung bis zur Vergasung. Der Licinier hatte es gehasst - ihm kam es völlig sinnlos vor, dass ein Soldat in perfekter Linie stehen und gehen können musste, dass er hundert Liegestützen und sonstigen Unsinn trainierte. Danach war es aber endlich zum Kerngeschäft des Legionärsberufs gekommen - dem Töten des Feindes auf möglichst verschiedene Weisen: Sie hatten mit dem Gladius trainiert, mit dem Pilum und mit blosen Händen. Dazu hatten sie Reiten und Schwimmen gelernt - so langsam hatte Iosephus tatsächlich das Gefühl gewonnen, dass sie alles beherrschten, was ein Soldat können musste.


    Heute würden sie vor einer Kommission zeigen müssen, was sie gelernt hatten. Der neue Centurio war angespannt wie sonstwas - Iosephus wusste nicht, ob er den Typen mehr mochte als den Tiberier, aber immerhin wirkte er nicht ganz so kaputt wie der Verrückte. Es sei denn, er war nervös.
    Also hatten sie am Vorabend mit Hochdruck ihre Ausrüstung in Ordnung gebracht. Iosephus hatte an manchen Stücken versteckten Dreck gefunden, der noch von den Anfangstagen seiner Ausbildung stammen musste. Immerhin hatte er während der Ausbildung nicht nur gelernt, was man wie putzte, sondern auch, was man nicht so genau reinigen musste, weil es bei der Inspektion nicht auffiel. Heute war aber alles auf Hochglanz gebracht - der Tiro hatte sogar versucht, einen Blutfleck aus seiner Tunica zu waschen, wo Servius ihn mal mit der Schwertschneide erwischt hatte. Keine tiefe Verletzung, aber was blieb, war ein geflickter Tunica-Ärmel mit einem blassbraunen Blutfleck. Auch nach vielen Waschtagen sah man die Überreste noch - das hätte wohl nichtmal seine Mutter rausgekriegt, da war Iosephus sich sicher!


    Trotzdem fühlte er sich insgesamt gut vorbereitet, als sie in der Reihe standen. Auf Befehl nahm der Licinier Haltung an - Fersen zusammen, Bauch rein, Brust raus! Mechanisch drehte er den Kopf in Richtung der Stabsoffiziere und folgte ihrer Bewegung, bis Geradeausschauen befohlen wurde. Dann hieß es warten. Der Präfekt und der Primus Pilus waren Männer, die jeder Legionär fürchtete. Also hoffte auch Iosephus, dass kein Fehler an ihm gefunden wurde!

  • Licinus war centurio gewesen und noch heute trug er den Rebstock bei zeremoniellen Anlässen bei sich. Das grobe Holz konterkarierte in gewisserweise den Federbusch und die auf Hochglanz polierten metallenen Auszeichnungen, die bei einer solchen Veranstaltung zu tragen angebracht waren.
    Was Licinus über zwei Jahrzehnte zuvor auch gewesen war, war ein tiro. Und als hatte er, wie wohl alle tirones zu allen Zeiten, die Schliche gelernt, wie man sich die Putzarbeit etwas einfacher machen konnte. Und er hatte sie nicht vergessen -- zumindest die meisten nicht.


    Das musste ein armer tiro auch erfahren, der am gestrigen Abend seine Gürtelschließen gelackt hatte, statt sie zu polieren, um sie schneller auf Hochglanz zu bekommen. Im Vorbeigehen knallte der Knauf der vitis auf den Katrationsschutz, den das cingulum auch darstellte, verfehlte aber in voller Absicht haarscharf die besonders schmerzhaften stellen.
    "Schlechter Scherz, was?!"
    Bei einem anderen, der sich die Kosten einer lorrica segmentata gegönnt hatte verschob der die Schulterstücke ein wenig. Auch ein Ort, wo man mit dem Putzen gerne nachlässig war, fand aber nichts.
    Noch drei oder vier weitere Soldaten kamen in die Stichprobe, mit der Licinus die Gründlichkeit der Soldaten prüfte, aber bis auf den einen unglücklichen Pfuscher gab es nichts zu beanstanden.


    Licinus schloss ab und ging ein wenig bei Seite. "Centurio, du kannst anfangen." Darauf gab es den Befehl sich in zwei Reihen gegenüber zu stellen und die Übungsschwerter zu ziehen. Die Schlachtreihe des centurio würde jene des optio nun angreifen.

  • Der PC war scheinbar ein überkorrekter Typ - seine Inspektion ließ Servius' Trick mit den geschmierten Gürtelschließen auffliegen und den Tiro einen Schlag in den Unterleib kassieren. Iosephus war erleichtert, dass man bei ihm nichts fand, als er seine Lorica segmentana untersuchte.


    Aber die Prüfung war keineswegs vorbei - als nächstes traten sie in Formation an. Das Gladius blieb im Schwertgurt stecken und sie wurden vom Optio - ihrem 'Kommandeur' - mit Holzgladii ausgestattet. Der Licinier stand in der ersten Schlachtreihe und konnte deshalb sehr gut seine Kameraden auf der anderen Seite sehen, darunter den gerade noch gemaßregelten Servius - irgendwie hatte er sogar Lust zu zeigen, was er in den letzten Monaten gelernt hatte. Fehlte nur noch der Befehl des Optio!

  • Als die Reihen sich gegeneinander aufgestellt hatten, brüllte der cnetuio dem Befehl zum Angriff im Laufschritt
    "Signa inferte! Cursim"


    "Ad Impetum! konterte der optio den Befehl sich auf das Auftreffen der feindlichen Schlachtreihe vorzubereiten.


    Nie würden die Offiziere die Spannung nicht fühlen, die sich ergab, wenn sich die Schlachtreihen näherten und der Aufprall unmittelbar bevorstand.


    Sim-Off:

    Magst du den Kampf zwischen den Schlachtreihen ein wenig beschreiben.

  • Sim-Off:

    Na selbstverständlich ;)


    Auf den Befehl hin bildeten Iosephus und seine Kameraden den Schildwall, den sie die Monate zuvor bis zur Vergasung trainiert hatten. Die vorderste Linie stand wie eine Mauer, die mit dem Groma eingemessen war. Der Licinier zog sein Übungsgladius zurück, sodass er im Schutz seines Scutum den Stoß zielen konnte, ohne dass sein Gegner sehen würde, wohin er ging. Bis er einschlug!


    Allerdings lag die Initiative zuerst bei der Abteilung des Centurio. Als die feindliche Schlachtreihe angestürmt kam, stellte Iosephus fest, dass Servius ihm genau gegenüber stand. Wie seine Kameraden brüllte er aus Leibeskräften, um sich selbst Mut zuzusprechen - so hatten sie es gelernt! Iosephus wusste auch, dass man als Verteidiger nicht die schlechtesten Chancen hatte - ein Sturmangriff gab dem Angreifer kaum Zeit, seinen ersten Schlag vorzubereiten, außerdem war eine Schlachtreihe in Bewegung nie so stabil wie eine stehende! Es war eigentlich eher eine psychologische Sache...


    In diesem Fall wirkte der Anblick voll gerüsteter Legionäre mit Kriegsgeschrei aber auch nicht sonderlich. Sie waren schon hunderte Male gegeneinander angetreten und wenn der Licinier an ihre erste Reiterabwehr zurückdachte, war das eigentlich lächerlich. Man gewöhnte sich an alles!
    Trotzdem hielt er die Luft an, kurz bevor der Aufprall kam. Mit ganzer Kraft stemmte er seine Schulter gegen das Scutum, um die Wucht des Angriffs abzufangen. Tatsächlich rammte Servius seinen Schildbuckel gegen sein eigenes Scutum, dass das Holz knirschte. Zugleich kam das Holzgladius von oben niedergesaust, sodass Iosephus sich wegducken musste. Im Aufrichten versuchte er, sein eigenes Gladius an seinem Schild vorbei in Richtung Servius' Torso zu führen, aber statt auf den Kettenpanzer stieß er auf das Scutum. Wie er es gelernt hatte, wartete er nicht, sondern zog die Waffe blitzschnell zurück.
    Ihre Blicke trafen sich. Servius grinste und Iosephus erwiderte das mit einem Lächeln. Heute würden sie sich mal direkt messen - endlich eine Gelegenheit, die große Klappe seines Contubernalis mal zu stopfen! Und das tat man am besten mit einem Übungsgladius - seinem Blick über das Scutum hinweg folgte also ein Stich in Richtung Gesicht seines Kameraden. Tatsächlich glitt er aber am Stirnschutz ab und lief ins Leere, wobei Iosephus seinen Arm jenseits seiner Deckung entblößte. Servius traf ihn zwar nicht mit dem Schwert, aber seine Armschiene war schmerzhaft genug, als er mit seinem Schwertarm nach oben schlug und ihn kurz hinter dem Handgelenk erwischte. Fast hätte Iosephus sein Gladius losgelassen, so unerwartet heftig durchfuhr ihn der Schmerz.
    Also zog er schnell zurück und versuchte sich neu zu sammeln. Rings um ihn herum war Schlachtenlärm zu hören, mancher verletzte sich sicherlicher auch ernsthaft - die Schwerter waren zwar aus Holz und die Spitzen abgerundet, aber auch ein Schlag mit einem Holzknüppel konnte im Zweifelsfall eine Nase brechen oder für blaue Flecken sorgen. Niemand wusste das besser als die Tirones, die vier Monate Training, garniert mit Hieben mit dem Vitis und dem Optionenstab hinter sich hatten! Aber diese Erfahrung härtete auch ab! Also brauchte der Licinier nicht besonders lange, um sich zu sammeln und setzte wieder zum Angriff an. Diesmal rammte er mit seinem Schild so gegen Servius, dass sein Blick verstellt sein musste, und ließ sein Schwert dann auf Brusthöhe vorbeitauchen. Unpraktischerweise sah Iosephus aber auch nicht genau, wohin sein Stich ging, weshalb ihm nur ein leichter, aber sehr fester Widerstand sagte, dass er den Arm erwischt hatte, ehe Servius sein Scutum zur Seite zog und das Gladius abwehrte. Mit einem echten Schwert hätte Servius wohl mindestens einen Kratzer davon getragen, aber wohl keine echte Verwundung. Der Treffer schien Servius aber eher wütend gemacht zu haben, denn jetzt stürmte sein Kamerad vor und deckte ihn mit mehreren Schlägen ein, sodass Iosephus kaum mit dem Parieren nachkam. Einer der Schläge traf ihn sogar an der Hüfte, als er nicht recht aufpasste, sodass er sich einen Schritt zurückzog. Aber er durfte nicht zu sehr weichen - die Linie war zu halten! Das hatte der Optio ihnen eingebläut!


    Der Kampf wogte hin und her, mal traf der eine, mal der andere - in einem echten Gefecht wären sie wohl beide schon kampfunfähig gewesen. Aber das hier war ja ein Übungsgefecht und solange man nicht ganz am Rand stand, würde sowieso niemand so genau sehen, wo sie trafen. Trotzdem fragte sich Iosephus wieder einmal, wie lang so eine Schlacht wohl in der Realität dauerte. Er ermüdete jedenfalls schon ein bisschen...


    Doch zum Glück ertönte kurz darauf die Pfeife des Optios und sie konnten durchwechseln. Das war wohl das komplizierteste Manöver, das sie gelernt hatten - mitten im Gefecht mussten sie ihre Linie etwas erweitern und sich geschickt schräg nach links zurückziehen, während ihre Hintermänner sich rechts an ihnen vorbeischoben und den Gegner weiter bekämpften. Man musste auf ziemlich viel gleichzeitig achten - vor allem, dass der Feind nicht die Situation nutzte, um ihre Formation aufzubrechen oder den sich zurückziehenden Soldaten doch noch verletzte. Servius intensivierte tatsächlich noch einmal seine Anstrengungen, doch der Licinier parierte alles mit dem Gladius - das Scutum musste er ja ein bisschen zur Seite klappen, damit er an seinem Hintermann vorbei kam.


    Dann übernahm dieser aber und Iosephus war vorerst in Sicherheit. Langsam ließ er sich weiter zurückfallen, um die dritte Reihe in die zweite vorrücken zu lassen. Das Gefechtsprinzip der Legion war immerhin die stetige Rotation - die kämpfende Front musste regelmäßig ausgetauscht werden, sodass immer ausgeruhte Soldaten bereit standen, bis der Gegner müde wurde. Nur, dass der Gegner in diesem Fall dieselbe Taktik anwandte...
    Iosephus konnte nur noch aus der letzten Reihe zusehen, wie vorn weitergekämpft wurde. Ein Kamerad stürzte und wurde von seinen Hintermännern sofort ersetzt und nach hinten gezogen. Iosephus klemmte sich das Gladius unter den Schildarm und klopfte ihm aufmunternd auf den Helm - es war Quintus, der tatsächlich eine blutende Wunde am Bein hatte - wahrscheinlich waren die verdammten Übungsgladii gesplittert!

  • Sim-Off:

    Ausgezeichnet!


    Die Offiziere betrachteten das Gefecht mit größtem Interesse und noch mehr Aufmerksamkeit. Jede einzelne Bewegung wurde versucht zu registrieren, jeder verhinderte Durchbruch und jedes zurückweichen versucht einem einzelnen Soldaten zuweisen, oder eine Kooperation mehrerer festzustellen. Leider konnten sie jedoch nicht über das Schlachtfeld fliegen, weshalb sie sich mit einem wilden herumdeuten mit Offiziersstäben und Licinus vitis behelfen mussten. Besondere Manöver, wie das heraustragen des Verwundeten wurden besonders examiniert. Nachdem alle Reihen zweimal durchgewechselt wurden genügte es Licinus. Er tippte dem cornicen der Übugnseinheit mit der vitis gegen die Schulter und nickte knapp. Daraufhin ertönte mehrfach durchdringend das Signal zum Ablassen vom Feind. Und kurze Zeit später standensich die Schlachtreihen wieder geordnet gegenüber.


    Die Prüfung war damit bereits abgeschlossen. Licinus holte Luft und brüllte in bester Exerzierplatzmanier
    "Tirones der Ausbildungsgruppe Vergetius! State!" ~ Stillgestanden
    "Die Prüfung eurer Kampffähigkeit ist hiermit abgeschlossen! Die Kommission hat ihr Urteil gefällt und einstimmig entschieden: Die Ausbildungsgruppe wird vollständig in den regulären Dienst übernommen. Meine Glückwünsche milites!" Licinus betonte das Wort Soldaten besonders, dass -- gleich welchen Ranges -- doch nur die fertig ausgebildeten bezeichnete. Außerdem bekamen die Soldaten an dieser Stelle die Erlaubnis in einen kurzen Jubel auszubrechen, bevor Licinus fortfuhr.
    "Centurio Vergetius! Vorschläge für besondere Auszeichnungen bis übermorgen früh auf meinem Tisch!"


    "Die Einheit hat den Rest des Tages und den morgigen Tag dienstfrei, morgen gibt Spanferkel auf Kosten des Kaisers für euch. Ich wünsche guten Appetit. Bevor ihr jetzt jedoch entlassen werdet, wollen wir gemeinsam unseren Eid erneuern."
    Sakrale Pause, in der die Soldaten sich sammeln konnten. Eine Ecke feierlicher war Licinus als er mit erhobener Schwurhand vortrug:
    "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA."


    Erneut gab es eine kurze Pause, die die Eideshandlung abschloss, dann
    "Lang lebe der Imperator! Lang lebe Rom! Lang lebe die zweite Legion!"


    "Ausbildunggruppe Vergetius! Zur Freiwache wegtreten!"
    Viel Spaß mit eurem ersten freien Tag in den vergangenen vier Monaten, dachte Licinus, und schlagt nicht zu sehr über die Stränge, wäre doch ne Schande, wenn ihr gleich am ersten freien Tag im Bau landet.
    Er wartete noch, bis die Soldaten sich verstreut hatten, dann ging er auch ab.

  • Der Kampf ging noch eine Weile hin und her, aber Iosephus kam nicht mehr ins vorderste Glied. Also blieb ihm nur, nicht zurückzuweichen und damit seine Kameraden zu zwingen, ihre Position zu halten. Dann wurde aber abgeblasen - endlich!


    Noch einmal wurde angetreten und der Licinier befürchtete schon einen Moment, dass der Lagerpräfekt nicht zufrieden war und sie noch einmal ein paar Tage gedrillt werden sollten - eine Demütigung, die selbst den tumben Iosephus ziemlich gefuchst hätte! Stattdessen waren die Ankündigungen aber noch viel besser, als er erwartet hatten: Sie wurden nicht nur in den regulären Dienst aufgenommen, sondern es gab sogar noch was Besonderes zu Essen und vor allem - dienstfrei! Seit vier Monaten hatten sie nur in Kolonne das Castellum verlassen, entweder für Märsche oder für kleinere Patrouillen. Aber Iosephus kannte kein Schwein in der Stadt! Das würde sich hoffentlich bald ändern. Immerhin hatte er schon einmal ein ziemlich hübsches, blondes Mädchen an der Via Principalis gesehen, als sie den letzten Übungsmarch absolviert hatten... vielleicht sah er sie ja wieder!


    Das tröstete ihn sogar über sein Unbehagen hinweg, das ihm das Spanferkel bereitete. Seine Mutter hatte niemals Schwein gekocht, denn aus irgendeinem Grund mochte Adonai es nicht, wenn sein Volk Schwein aß. Seine Mutter sagte, es wäre "unrein" (genauso wie Reptilien beispielsweise). Aber der frischgebackene Legionarius wollte vor seinen Kameraden eigentlich nicht auffallen - und wenn man eine kostenlose Fleischration verschmähte, fiel man sicher auf! Es hatte ihm schon gereicht, dass sie beim Schwimmtraining seine Beschneidung belächelt hatten. Zum Glück wussten viele Kameraden gar nicht, was das bedeutete... wahrscheinlich hatten sie gedacht, dass er irgendeine Krankheit hatte. Ob die Mädchen in Mogontiacum das auch denken würden?

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