Asche und Staub - Die Ruinen der Villa Tiberia

  • Nahm dieser Albtraum, dieser wahrhafte Nachtmahr, kein Ende mehr? Verus fühlte sich verrückt, entrückt und zur Schau gestellt in einem Theater, welches er selbst nicht verstand. Diese Welt bot ihm keinerlei Überraschung mehr aber genug Enttäuschungen. Seine Erwartungshaltung war zerschmettert, Misstrauen und Ungunst seine treuen Begleiter. Dennoch musste er weiter gehen. Es gab kein Zurück, keinen neuen Anfang ohne etwas Mut. Mit letzter Kraft hatte er sich einen neuen Mut geschmiedet, der ihm half, sich aufzuraffen und mit Luna (mitsamt Fenrir, jenem weißen Wolf) zu den Ruinen einer Familiengeschichte zu gehen. Nicht nur, dass er ihr den Weg zeigen musste, sondern war es auch an der Zeit, den Wolf sicher unterzubringen, um das Hausrecht der Aurelier nicht auszureizen. Ferner musste er Luna einweisen, die den Wiederaufbau anleiten sollte. Luna sollte seine Mittelsfrau werden, welche für ihn sprach und die Botengänge erledigte, die mit dem Wiederaufbau einhergingen. Verus hatte konkrete Pläne. Weg vom einstigen Prunk, hin zu einem schmucklosen Funktionsbau, der sogar mehrere Wohnebenen vorsah, die man zur Vermietung bereitstellen konnte. Geld war ein wichtiger Faktor und Verus war als Soldat wenig Luxus gewöhnt. Er wollte mit soldatischer Tugend und Sparsamkeit, die Tiberier zurück in die Gunst des Schicksals führen. Römische Achtsamkeit zeigte sich auch in gelebter Sparsamkeit. Verschwendungssucht und Prunk waren Verus ein Graus. Das Militär hatte den Offizier blind für schöne Künste, außerhalb des Theaters, der Dichtkunst und Philosophie, gemacht. Verus mochte Zweckbauten, die seine Augen nicht schonten, sondern klare Linien hatten. Verus winkte seine geliebte Luna heran, legte ihr seinen Arm um die Schulter, um ihr mit dem anderen Arm, die verkohlten Wände der Villa zu zeigen. "Hier," sagte er mit ernster Stimme und war doch erfasst von den Trümmern. Es spiegelte in seinen Augen bewusste Erfahrungen. Diese Asche zeigte dem Krieger erneut einen Teil des Krieges. Es ließ ihn nicht mehr los, so dass seine Augenlider dezent zitterten und er unruhig wurde. Der Mann rückte sich noch näher an Luna heran, um in ihrer Nähe Schutz zu finden. Ihn kümmerte die Umgebung, fern der Trümmer, nicht. Er zeigte seiner Sklavin etwas, was er auch in sich selbst sah: Ruinen. Verus selbst holte tief Luft und wartete auf ihre Reaktion.

  • Luna war da und gab ihm dem Halt den er in diesem Moment brauchte. Sie spürte genau, das Verus wieder dabei war siech zu verlieren. Sie wusste wie viel Kraft ihn das hier kostete.
    Sie berührte eine der verkohlten Wähne mit ihrer Hand. Die Asche, welche sich auf den Wänden niedergelegt hatte, färbte ihre Finger schwarz. Sie rieb sie vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger. Dann erhob sie ihre Hand und lenkte Verus Blick auf die schwarze Asche auf ihren Finger.
    „Asche ist immer ein Symbol für Tod und Vergänglichkeit. Überall wo Feuer war, bleibt Asche zurück und doch kann daraus wieder etwas Neues entstehen.“ sagte sie leise und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Deine Vergangenheit ist düster, so düster wie dieser Ort jetzt.“ Vorsichtig strich sie ihm über die Wange. „Schließe deine Augen und stelle es dir vor. Stell dir es dir vor. Stell dir vor, wie es hier sein kann. Wie hier ein neues Heim für deine Familie entsteht.“ Ja Luna konnte es vor sich sehen. Sie konnte sehen wie an dieser Stelle wo jetzt noch der Tod präsent war wieder Leben Einzug hielt. Sie hörte förmlich das Lachen und so wie hier das Leben wieder Einzug hielt würde es auch hoffentlich in Verus wieder zurück kehren und seine eigene Dunkelheit verdrängen. „Siehst du es? Wo Schatten ist ist auch immer Licht.“

  • Menschen taten sich oft unbewusst schlechte Dinge an. Unbewusst agierten sie Schlafwandlern gleich, um eigene von dem Selbstgeist betrunkene Ideen zu nähren. Verus war sich sehr wohl klar, dass diese Welt nicht mehr das sein würde, was er sich wünschte. Er gab seine Hoffnungen auf eine wirkliche Überzeugung und Gerechtigkeit auf. Im Blute hatte er eine schlichte Wahrheit gefunden. Menschen waren Schlafwandler in der Zeit. Luna zeigte ihm die Asche, deutlich und erstaunlich, an ihrem Finger. Verus folgte diesem aufmerksam, so als ob er die Asche mehr verstand; gleichartig, wie Luna, sah er sie in einem andere Lichte. Ihre Berührung seiner Wange, ließ in der Tat seine Augen schließen, man gab die Ratio und Sichtbarkeit auf, für einen Moment Wahrheit, welcher gut war. Die dunkle Träumerei gab ihm Farben. Etwas Glück, wie ein Sonnenaufgang nach der Nacht. Er stellte es sich vor und sah die Farben, die er sehen musste und wollte. Verus war nicht verloren, sondern nur vertrieben. "Ja," antwortete er und legte seinen Kopf in sanfter Absicht in ihre Hand. Sie konnte seine Narbe, welche sich über die Wange zog, spüren. Sie war nicht hässlich aber sichtbar; erspürbar unter den Fingern, wenn sie über den verheilten Schnitt fuhr. Der Krieg war in seiner Haut geschrieben. Auf seinen Händen, auf seinem Oberarm und seinen Beinen, waren Narben, viele kleinere und größere Wunden der Kämpfe, die er für andere ausgefochten hatte.

  • Ja sie konnte seine Narben spüren, jene die er auf der haut trug, aber auch jene die sich auf seiner Seele zeigten. Die in Haut geschriebene Geschichte war verheilt und verblasste mit der zeit doch jene Narbe auf der Seele waren noch frisch und rissen immer wieder auf. Diese Narben wollte sie heilen. Sie wollte ihm zeigen, dass es nie gut war sich von Vergangenen auffressen zu lassen. Es nütze niemanden, wenn man dem was geschehen war nachtrauerte und sich darin selbst verlor. „Du musst nach vor blicken. Es ist nicht wichtig wer du war. Es ist nicht wichtig was du getan hast. Wichtig ist was du willst. Wer du sein willst.“ Sie sah Verus nun direkt in die Augen. „Auch wenn du immer das Gefühl hattest, dass du deiner Familie egal war, musst du nun für sie da sein. Familie Verus... ich... ich hatte nur kurze Zeit eine und ich vermisse sie immer noch. Familie ist durch nichts zu ersetzen. Du bist ihr Oberhaupt, also baue ihnen ihr Heim wieder auf. Gib ihnen ihr heim und damit ihre Heimat wieder. Für dich ist da vielleicht nicht wichtig – im Moment. Weil du denkst, dass du keine Heimat hast.“ Sie legte ihm ihre Hand auf die Brust. „Aber hier drin weißt du, dass dem nicht so ist. Dies hier ist deine Heimat genau so wie dies die Heimat deiner Familie ist. Wachst wieder zusammen und seid wieder das was ihr schon lange nicht mehr wart. Eine Familie.“

  • Verus konnte nicht klar antworten. Ihm fehlten die Worte und auch der Mut klar zu sprechen. Es verlangte ihm vieles ab, hier zu stehen und Luna zu lauschen. Niemand hörte ihm zu; nur Luna schien zu verstehen, was ihn bewegte. Sie sprach die Worte, die er nicht sprechen konnte. Dieser Tiberius hatte vieles aufgegeben, um nicht unter der Last zu leiden aber diese Aufgabe verlangte ihm einen großen Verlust ab. Er musste erkennen, dass er nie wieder der Mann sein würde, der er einst war. Es gab diesen Mann auch nie. Es waren Wunschvorstellungen, eine Geschichte, die er sich selbst erzählt hatte, um im Leben zu bleiben. Vielleicht war dies der Albtraum, den er brauchte, um den Traum zu finden. Wo würde er sein, wenn alles vorbei war? Wenn sein Dienst enden würde? Einst sagte sein Offizier, der ihn ausgebildet hatte, dass der Dienst nur im Tode endete. Inzwischen glaubte Verus dies auch aber dieses Heim war eine Möglichkeit, eine Alternative, zum absoluten Dienstende. Eine Möglichkeit, die nicht verstreichen sollte, denn auch mit diesem Heim war eine Pflicht verknüpft. Es war eine altruistische Möglichkeit, Menschen ein Heim zu geben, welches er selbst nie besessen hatte. Er würde Heimat schaffen können; wahr und klar. Doch es fehlte ihm der Mut. Zuviel hatte er von sich selbst zurückgelassen. "Ich bin Soldat. Ich habe kein Zuhause," war der Kommentar, der traurig aus seinem Mund fiel, bevor er eine widersprüchliche Antwort gab: "Aber sie verdienen ein Zuhause, welches ich nicht mehr haben kann. Es ist ein ferner Traum. Eine Idee, die ich gerne schenken möchte." Verus holte tief Luft und rang mit seinem Herzen, welches heftig und in Angst schlug.

  • Luna hörte zu. Sie verstand. Sie verstand wohl in diesem Augenblick mehr als Verus selbst. Langsam schüttelte sie den Kopf. „Du magst gerade kein Zuhause haben, aber du brauchst eins. Wie wir alle eins Brauchen. Ein Zuhause ist kein Ort, kein Bauwerk... es ist etwas anderes. Ein Ort der Geborgenheit, Sicherheit... der Ort, an dem wir aufgewachsen sind oder an dem wir unsere eigene Familie gründen. Da, wo man seinen ersten Kuss bekommen hat oder viele Personen kennt, die einem wichtig sind. All das kann ein Zuhause sein.“ Luna sprach leise und einfühlsam. „Du bist ein Entwurzelter. Entwurzelte bleiben ewig Suchende, denn sie sind immer auf der Suche nach einem Ort, der sich für wie ein Zuhause anfühlt. Du hast so eine Sehnsucht in dir, die immer da ist und nie schwächer wird.“ Luna sah Verus tief in die Augen und streichelt ihm sanft die Wange. „Ein Zuhause ist unser Zufluchtsort, ein Ort an dem wir uns zurückziehen, an dem wir Kraft tanken. Bau hier deinen Zufluchtsort. Ein Zufluchtsort für dich und deine Familie. Du bist der Älteste und hast damit auch die Verantwortung. Du bist für deine Sippe verantwortlich. Und gerade jetzt wo eurer altes Heim hier in Trümmern liegt musst du der sein, der ihnen einen Heimat und ein Zuhause gibt, damit sie sich wieder sicher und geborgen fühlen können.“ Dann flüsterte ganz leise "Gib mir ein Zuhause."

  • Verus brauchte Zeit. Viel Zeit, um zu verstehen, was dieses Zuhause war. Er verstand ihre Worte, ihre Berührung aber konnte nicht erfahren, was ein Zuhause war. Denn er hatte sich selbst davon entrissen, andere davon entrissen und war mit Sicherheit weit von dieser Heimat entfernt, die er stets suchte und zum Ideal erhoben hatte. Einem sinnlosen Ideal, welches niemals mit der Realität überleben konnte. "Ich gebe uns ein Zuhause," war seine knappe Antwort. Eine Antwort, die versuchte aufrichtig zu sein und wirkmächtig zu erscheinen aber scheiterte. Verus glaubte nicht daran, obwohl er es ehrlich meinte und daran glauben wollte, ein Zuhause zu schaffen. Es wäre niemals sein Zuhause, denn hier würde seine Familie leben, die ihn vergessen hatte und wieder vergessen würde. Selbst für Luna würde es niemals ein Zuhause sein, da es zu römisch war; zu erdrückend und in zu festen Linien gezogen. "Du bist mein Zuhause," sagte er schließlich und fand damit den wahren Kern seiner Sehnsucht. Luna war sein Zuhause. Sie gab ihm Halt und Zuflucht. Kein Gebäude konnte dies ersetzen. "Ich erbaue ein Haus als Unterstand und Schutz aber ein Zuhause wird es niemals sein," erklärte der Verlorene bitter. "Alleinig du bist mein Zuhause, Idun. Ich finde bei dir jenes Gefühl, welches mir kein Gebäude aus Stein und Holz geben kannn." Verus wollte sich diesem Gefühl stellen und sich nicht vor Luna verbergen.

  • Luna hörte Verus Worte. Nick nickte leicht, strich ihm noch einmal vertraut über die Wange. Dann beugte sie sich herab und löste Fenrirs Seil. Sie flüsterte dem Wolf in ihrer Sprache zu, dass er sich hier frei bewegen konnte, aber er sollte in der Nähe bleiben. Der Wolf, der nun schon Wochenlang in seiner Bewegung eingeschränkt war nutze die Chance und erkundete das Gelände.
    Luna erhob sich und blickte eine Weile dem Wolf nach, bevor sie sich wieder an Verus wandte. „Ich werde versuchen dir das zu sein.“ Wenn er sie als seine Zuhause ansah, dann sollte er dies tun. Sie wusste, dass es jtzt nur wenig brachte ihm von Gegenteil zu überzeugen. Sie würde es ihm zeigen. Sie würde ihm zeigen das ein heim, welches er aufbaute sicher irgendwann zu seinem Heim werden würde. Kein Unterstand, sondern ein Heim, ein Rückzugsort. Ein Ort, den er nach seinen Vorstellungen formen konnte.
    Sie sah sich etwas um. Ja es würde wohl viel Arbeit werden. Aber auch wenn die Villa hier größer war als die Hüter und Häuser der Dörfer in Germanien, so war es doch immer die selbe Arbeit. Ob nun groß oder klein. Man suchte in den Überresten nach brauchbaren. Alles was unbrauchbar war wurde weggeschafft und man baute wieder auf.
    Luna ging also ein paar Schritte in den Trümmern der Villa. Hier und da beäugte sie Gegenstände genauer.
    Irgendwann fiel ihr Blick auf eine Kiste, die bis auf ein paar Rußflecken unbeschädigt war. So zog sie nun also die Kiste etwas hervor und befand, dass sie wirklich noch stabil genug.
    Sie packte den Saum ihres wollenen Kleides und streckte ihn etwas nach oben. Und schon war sie dabei in den Trümmern nach jene Dingen zu suchen, die den Brand überstanden hatten. Dinge die von Wert waren. Ob nun materiellen oder von emotionalen Wert, dass sollte andere bestimmen. So fand sie hier eine kleine Statue, die eigentlich nur einer Waschung bedurfte und dann wieder ganz hergestellt wäre. Etwas weiter hinten fand sie Kleidung, die tatsächlich nur gewaschen werden musste. Unter einigen Trümmern holte sie eine kleinen Truhe mit Schmuck hervor.
    So fand sie viele kleine Dinge, die den Brand tatsächlich überlebt hatten. All diese Sache fanden ihren Weg in die bereitstehenden Kiste, dies sich nach und nach füllte. Irgendwann stieß sie auf einen Truhe, die offensichtlich aus Eisen gefertigt war. Das Feuer hatte ihr zumindest nichts anhaben können. Sie war verschlossen. So rief nach Verus um ihm ihren Fund zu zeigen. "Verus? Komm mal her. Ich habe hier etwas gefunden."

  • Ein Zuhause. Ein Ort, der ihm stets fern schien und doch war Luna längst das helle Licht in seiner langen Nacht. Ihr gewählter Name war stets Weissagung und Wahrheit, denn sie war längst der strahlende Mond in seinem Leben. Wo er nur Dunkelheit sah, zeigte sie ihm Licht und die Sterne am Firmament. Verus ließ für eine Zeit seine Sorge zurück, war von einer Dankbarkeit erfüllt, trotz der grausamen Reue, die er nicht ablegen konnte. Er hatte ihr Schlimmes auf Befehl angetan, war unnötig brutal gewesen, um einen Zweifel seiner Hierachie zu vermeiden. Der Mann war feige gewesen, nutzte Gewalt, um sich zu verstecken, so dass er niemals vergessen konnte, was er war. "Du bist es längst," sagte er zaghaft, so als ob diese Worte geheim und vergänglich waren. Luna war alles für ihn, da sie ihm ein echtes Ideal war, welches greifbar war. Ihre Liebe war unberührt und nicht berechnet, um sozialen Wohlstand zu erringen. Sie war frei und errettete den Mann, der in seinen Zwängen ertrank. Luna entfernte sich, begann die Ruinen zu durchsuchen und ließ Verus verträumt zurück, der mit Reue ihr mit seinen Augen folgte, bevor er sich entschied ihr hinterher zu gehen. Die Ruinen schienen ihm eine passende Kulisse für seine Person. Ruinen standen ihm gut, so dass er diese im Gehen bewunderte und gleichsam seine Vergangenheit spiegelte. Er hatte viele Ruinen hinterlassen. Einst in Dakien, dann in Germanien und bald auch in Rom. Verus war Krieg, so dass er hier lernen konnte, was ihm stets folgte. Luna rief ihn. Der gediente Mann horchte auf und folgte dem Ruf mit festen Schritten, die den Staub unter den Füßen zum Knirschen brachten. Seine Geliebte hatte den Haustresor gefunden. Eine Kiste, in der Römer besondere Werte verwahrten, um ihren dauerhaften Besitzstand zu schützen. Meistens war es wertvolle Urkunden oder Erklärungen. Verus betrachtete das Eisenobjekt aufmerksam und lächelte dann salzig. "Das ist ein Tresor. Darin verwahren wir oft wertvolle Dinge. Es ist unser Familienschatz, wenn du so willst," erklärte Verus mit liebevoller Stimme und trat an Luna heran, um ihr seinen Arm um die Schulter zu legen. Es war nicht alles verloren. Sofern die Urkunden intakt waren oder das Gold noch vorhanden, konnte man den Wiederaufbau schneller anstreben. Die Familie begann nicht bei Punkt Null.

  • Ein Tresor? Mit dem Wort konnte Luna zunächst nichts anfangen. Zum Glück erklärte Verus es gleich. Sie nickte fröhlich und blickte ihn an, bevor sie sich bückte um die Kiste nun vollständig aus den -trümmern hervorzuziehen. Mit dem Saum ihres Kleides wischte sie fast schon ehrfürchtig darüber, bevor sie von unter her zu Verus aufsah. „Siehst du es ist wie ich gesagt habe, egal wie schlimm das Leben ist. Egal wie viel zerstört ist. Etwas überlebt immer, die Hoffnung.“ Noch einmal strich sie über die Eisentruhe. „Können wir sie irgendwie öffnen?“

  • Luna war wirklich eine Blüte in dieser Zeit. Sie war stets hoffnungsvoll, lebendig und wollte nicht verzweifeln. Verus hingegen ließ seine Blütenblätter längst im Wind seines Leben davonwehen. Er trug sein Gefängnis stets mit sich, wo Luna stets frei war. "Ich habe den Schlüssel nicht. Dieser müsste sich irgendwo in der Villa befinden oder besser... was von dieser üblich ist," sagte der geschundene Offizier, der nicht ganz wusste, wie er mit dieser Situation sauber umgehen sollte. "Ich kann ihn vielleicht aufbrechen lassen. Ich kenne ein paar Fachleute," meinte Verus und blickte fragend zu Luna herab.

  • Luna lächelte fröhlich. „Wir machen es so, du suchst jemanden, der das Ding auf bekommt und ich suche derweil, ob ich den Schlüssel und noch andere brauchbare Sachen finde.“ Sagte sich mit einem strahlenden Lächeln und einer Handbewegung, die Verus zeigte, dass er ruhig gehen könnte. Ja Luna hatte keine Angst hier allein zu sein, zumal sie es ja nicht war. Fenrirs wachsame Augen würde Wache halten. Schon war Luna wieder dabei, in den Trümmern nach Dingen zu suchen, dies diese sinnlos Zerstörrung überlebt hatten. Ja wenn man gelebt hatte wie sie, wusste man wie man mit Kleinigkeiten, die nicht zerstört waren etwas neues aufbauen konnte. Zumal sie auch glaubte, dass sicherlich der ein oder andere in der Familie froh darüber wäre in im neuen Heim alte Stücke wieder zu finden. Sie würden auch dem neuen Heim eine Seele verleihen, würde es damit zum Haus der Tiberii machen. „Los nun geh schon.“ Sagte sie fröhlich aber mit Nachdruck zu Verus, der immer noch mit seinen traurigen Augen nur dastand und Löcher in die Luft starrte. Sie muste ihn eindeutig aus seiner Dunkelheit, aus seiner Grübelei befreien, er würde sonst daran zu Grunde gehen. Sie warf ihm einen Handkuss zu, bevor sie hinter einer halb einstürzten Mauer aus seinem Sichtfeld verschwand.

  • Gehen? Wie sollte er gehen? Einfach gehen? Verus wollte die Geste missverstehen, da er seinen Lebensmond nicht alleine lassen wollte. "Ja, ich gehe schon," gab der Mann missmutig von sich und tappte mit gesenktem Haupt, einem Besiegten gleich, davon. Ja, Luna hatte deutliche Kommandogewalt über den Soldaten bewiesen, der seinen neuen Befehl achtsam auszuführen gedachte. Er würde bald mit einem Vertrauten aus der Kaserne der Prätorianer zurückkehren. Die Prätorianer hatten viele Spezialisten, um auch viele Szenarien für den Kaisern erfüllen zu können. So hatten sie auch einen erfahrenen Schmied, der gelegentlich auch Tresore und Geldschatullen für die Männer in Schwarz aufbrach, um deren Inhalte zu sichten. Neben seinen regulären Aufgaben der Materialwartung und der Fertigung von hochwertigen Waffen, wie kleinen Dolchklingen, die man recht gut verdeckt tragen konnte. (In späterer Zeit und in einem fiktiven Werk dieser Zeit würde man ihn Q' nennen.) Verus kehrte also nach knapp zwei Stunden zurück und würde von diesem Fachmann begleitet, der seltsam verschroben wirkte mit seinem Rauschebart nach griechischer Mode.

  • Luna machte sich auf die Suche. Während sie nun nach dem Schlüssel suchte fing sie auch schin an die Dinge die noch zugebrauchen waren zusammenzuräumen. Und dann gab es noch den zweiten Haufen, auf jenem landeten alle Dinge die beim besten willen nicht mehr zu retten waren. Sie waren nun schon zwei anehenliche Häufchen zusammengekommen. Als Verus wieder auftauchte, hatte Luna den Schlüssel immer noch nicht gefunden, dennoch lächelte sie ihm fröhlich mit rußverschmierten Gesicht und Händen zu. „Ah deine Suche war also erfolgreicher als meine.“ rief sie ihm fröhlich entgegen.

  • Verus war erleichtert, seine Luna zu sehen. Sie gab ihm jeden Tag neuen Halt in seinem Abgrund, in jenen er sich gerne stürzte, um im Fallen seine Erlösung zu erbeten. Der Schmied schien grimmig und trat bereits an Luna vorbei zum Tresor. Er sagte nichts und begann sofort mit schwerem Werkzeug seine Arbeit am Schloss. "Ich habe ihm bereits alles berichtet. Er machte sich direkt an die Arbeit," erklärte Verus nüchtern und breitete seine Arm aus, um Luna zu umarmen. Er vertraute dem Schmied, der ohnehin wenig Interessen außerhalb seines Aufgabengebietes hatte. Das rußverschmierte Gesicht der Sklavin störte den Trecenarius nicht, der durchaus schmutzigere Arbeit erledigte, die nicht immer abzuwaschen war. Echter Schmutz war Verus ohnehin lieber, da man diesen garantiert abwaschen konnte.

  • Luna erhob sich lachend. Bevor sie sich jedoch in seine ausgebreiteten Arme begab, versuchte sie wenigstens etwas von der Asche und dem Schutz von ihrer Kleidung, ihren Händen und ihrem Gesicht zu entfernen. Es blieb bei diesem untauglichen Versuch. Sie verschmierte das rußig Zeug nur ordentlich. Sie schaute sich ihre Kleidung und Hände an und konnte sich lebhaft vorstellen, wie ihr Gesicht aussehen mochte. Sie zuckte mit den Schultern und begab sich in die Arme ihres Dominus. Dann schaute sie interessiert dem Schmied bei der Arbeit zu. Nervös tippelte sie von einem Fuß auf den anderen. Sie war gespannt, welchen Schatz sie da ausgegraben hatte. Sie kuschelte sich in Verus starke Arme und flüsterte leise. „Was meinst du was da alles drin ist? Ob es genug ist um dein Heim ... also den Stammsitz wieder aufzubauen. Ich habe übrigens noch einige Sache gefunden, die nicht zerstört wurden. Du musst dir überlegen, wo man sie lagern kann, bis das Haus wieder steht.“ Der Schmied versuchte sich immer noch an dem Tresor. Der ließ sich aber auch feiern. Luna versuchte ihre Neugier in den Griff zu bekommen. „Verus? Meinst du Fenrir kann hier bleiben? Ich meine hier auf dem Grundstück. Ich glaube im Haus des Aureliers ist er gerade mal geduldet und ihn den ganzen Tag an der Leine halten, das möchte ich nicht. Die Mauer muss nur an ein paar Stellen erneuert werden, dann kann niemand aufs Grundstück.Hier könnte er sich wenigstens etwas freier fühlen.“ Sagte sie und sah Verus mit großen fragenden Augen erwartungsvoll an.

  • Luna gab ihm Nähe, was ihn ruhig stimmte und für einen Moment seine Ängste vertrieb. Er war ganz Mensch und nicht mehr nur Soldat. Verus konnte sich nicht mehr verstecken, sondern zeigte seine verletzte Seite, die nach Mitgefühl und Wärme sehnte. Als sie sich an ihn kuschelte, fiel diese Stille in seine Sprache, die diesen wertvollen Augenblick nicht zerstören wollte. Verus spürte seinen Herzschlag, und ein sanftes Rauschen in seinen Adern, welche sich dehnten und sich für Luna öffneten. Er machte sich verwundbar, angreifbar und gab Kraft auf, um Liebe zu erlauben. Liebe war Mut und Verus fand diesen Mut, indem er seinen Arm fest um Luna schloss, in der Gewissheit, dass es echt war. Dieser Moment war echter als alle anderen, die er vergessen wollte. Hier war er frei, nicht bestimmt und gelenkt, sondern liebte und durch diese Liebe lebte er als Mensch, nicht mehr als kalte Bestie der römischen Macht. Ihr Flüstern gebot einer Antwort, so dass sich Verus der Stille entledigen musste, was ihm schwer fiel. "Es werden Urkunden sein. Unser verbriefter Besitz und er wird ausreichen, dass wir erneut als Familie beginnen können," war der erste Teilsatz, den er sanftmütig hervorbrachte. "Wir können sie in der Castra lagern. Als Trecenarius wird mir niemand widersprechen," meinte er dann in weiteren Worten und war erleichtert, dass seine Position ihm wenigstens hierbei helfen konnte. Schließlich war Fenrir das Thema. Verus war nicht erstaunt über Lunas Sorge. Denn er teilte sie selbst. Ihre Augen waren wunderbar und ließen Verus staunen. "Er kann hier bleiben," war der abgenickte Kommentar und gleichsam Antwort.

  • Ihre Tagen waren lang. Immer wieder war sie hier und beaufsichtigte den Wiederaufbau. Verus hatte ihr freie Hand gelassen und die restliche Familienmitglieder interessierten sich scheinbar nicht dafür. So war es nun also Luna, die sich hier um alles kümmerte.
    Sie war dennoch versuchte einen Kompromiss zu finden. Verus hätte ja am liebsten eine Insula mit vielen kleinen Wohnungen. Sie konnte sich aber vorstellen, dass das dem Rest der Familie nicht schmeckte. So wie Luna sie einschätze wollten die etwas Repräsentatives. Immer wieder hatte sie sich mit dem Architekten getroffen Zeichnungen und Plänen wurden gemacht und verworfen. Bis Luna schließlich zufrieden gewesen war. Nun würden neben dem Eingang der Villa ein paar Ladengeschäfte unterkommen und so auch Geld in die Familienkasse durch Mieteinnahmen bringen. Aber nach der Eingangstür würde man sich in eine repräsentativen römischen Stadtvilla wiederfinden.
    Die Bauarbeiten waren in den letzten Zügen. Die ersten Möbel wurden auch schon angeliefert und fanden in den Räumen ihren Platz. Luna war im hinteren bereits fertiggestellten Bereich des Hauses, damit beschäftigt, die Staub der Arbeiten zu entfernen. Sie richtet hier die Zimmer bereits ein. Ja die Arbeiten gingen gut voran. Hunderte von Arbeitern und Sklaven wuselten jeden Tag bis sogar spät in die Nacht. Denn Luna machte Druck. Sie wusste zwar, dass die Familie gut untergebracht war, aber ein heim war doch eben ein Heim.
    Ja in wenigen Tagen würden die Familie Tiberia wieder hier residieren.


    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/big/4l83-4f-5772.jpg]

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!