Untersuchungskommission zum Sklavenaufstand

  • Nach Abschluss der Planung berief Consul Claudius eine Senatssitzung ein. Er erhob sich und das Gemurmel verstummte.


    "Werte Senatoren, werte Beisitzer!
    Wie bei meiner Kandidaturrede angekündigt, rufe ich heute eine Untersuchungskommission ins Leben, die zunächst den Ursachen der Unruhen auf den Grund gehen soll. Hier und heute können auch Fragen zum Inhalt und Ablauf gestellt werden.
    Bevor ich einige Senatoren namentlich anspreche, möchte ich ein Wort zur Zusammensetzung dieser Kommission sagen: Anders als bei meiner Kandidaturrede angekündigt, lade ich NICHT die Köpfe der Stadteinheiten dazu. Ich bin zu dem Schluss gekommen, wenn ich andere Sichtweisen als die der bereits ermittelnden Führungskräfte des Staates in Erfahrung bringen möchte, muss ich zwangsläufig auch andere Soldaten, Offiziere, Bürger oder sogar Nichtbürger anhören."


    Er ließ die neue Information wirken, bevor er fortfuhr.
    "Nach wie vor soll die Arbeit dieser Untersuchungsgruppe nicht mit der Erforschung der Ursachenfrage beendet sein. Die erarbeiteten Ergebnisse werden zwar dem Senat und unserem Kaiser präsentiert, aber damit nicht genug: Im nächsten Schritt soll über Abhilfen beratschlagt und jene im Anschluss auch installiert werden."


    Er ließ den Blick schweifen und setzte erneut an zu sprechen.
    "Zuallererst benenne ich die Senatoren der Untersuchungskommission. Wer sich über die Auswahl wundert, dem kann ich erklären, dass ich einzelne Senatoren ausgeschlossen, ansonsten aber das Losprinzip angewendet habe.
    Ich lade, bitte, berufe - jeder möge das für ihn sympathischste Wort auswählen - folgende Senatoren in die Gruppe:
    Spurius Purgitius Macer,
    Lucius Iulius Centho,
    Marcus Iulius Dives,
    Caius Flavius Scato,
    Faustus Octavius Macer.

    Ich selbst bin natürlich auch Mitglied dieser Gruppe, werde die Zusammenkünfte aber in erster Linie moderieren."


    Er wartete kurz, ob es eine Nachfrage gab, dann fuhr er fort:
    "Das nächste Mitglied hat nicht das Los bestimmt, sondern eine praktische Erwägung. Es handelt sich um den amtierenden Quaestor Consulum
    Manius Flavius Gracchus Minor"


    Er blickte auf die mitgebrachte Wachstafel, um die nächsten Namen zu erinnern. Einen Hinweis schickte er voraus.
    "Welche Personen jeweils angehört werden sollen, erfahren alle berufenen Kommissionsmitglieder vor Ort bzw. beratschlagen dies die Mitglieder selbst. Der Sitzungsort wird nicht der Senat, sondern meine Villa sein.
    Nun zu den Offizieren: Folgende Militärangehörige verstärken die Ermittlungsgruppe:
    Tribun Lucius Petronius Crispus (CU),
    Tribun Lucius Iulius Antoninus (CU),
    Tribun Nero Laetilius Blasio (CP),
    Centurio Aulus Tiberius Verus (CP),
    Decurio Titus Vibius Vespa (CP),
    Optio Marcus Octavius Maro (CU).


    Der Termin für die erste Sitzung wird noch bekanntgegeben. Fest steht bisher nur, dass sie nach den Saturnalien stattfindet."


    Für Fragen stand der Consul zur Verfügung.

  • Macer hatte sich bisher nicht genauer mit den Plänen des Consuls beschäftigt, da zu Zeiten des Wahlkampfs die Einsetzung einer solchen Kommission noch weit weg war und er sicher war, dass noch viele Fragen zu klären waren. Außerdem hatte er angenommen, dass Claudius Menecrates die vorgesehenen Mitglieder vorab kontaktieren würde. Nun aber wurde er hier gleich ganz öffentlich in eine Kommission berufen, deren genauer Rahmen Macer noch immer nicht klar war. Also meldete er sich bald zu Wort.


    "Werter Consul, ich danke für das Vertrauen, welches du offenbar in meine Person setzt, da du mir einen Platz in der Kommission zugedacht hast. Doch bevor ich dir versichern kann, dass ich meine Pflichten zum Wohle Roms gerne erfüllen möchte, würde ich doch gerne etwas mehr über diese Pflichten erfahren. Und da es bekanntlich Pflichten nicht ohne Rechte gibt, erbitte ich auch dazu einige klärende Worte. Was ist der genaue Auftrag der Kommission? Wie lange hat sie Zeit, diesen zu erfüllen? Welche Mittel stehen ihr dazu zur Verfügung? Welche Grenzen gibt es zu beachten? Wem erstattet sie Bericht?"


    Wie er den Worten des Consuls entnahm, gab es zumindest schon eine Liste von Personen, die angehört werden sollten, was ihn darauf schließen ließ, dass zumindest für manche seiner Fragen recht präzise Antworten zu erwarten waren.

  • Menecrates nickte, denn er besaß nicht nur Verständnis für die Nachfrage, sondern verspürte auch Freude über das Auseinandersetzen mit dem Thema.


    "Es gibt neben der Bitte, möglichst regelmäßig an den Treffen teilzunehmen, im Grunde nur eine Pflicht: Jeder einzelne von uns wird auf der Grundlage von Aussagen - sei es von Vorgeladenen oder von anderen Kommissionsmitgliedern - zu einer Meinung in Bezug auf die Ursachen der Unruhen kommen. Er wird Bewertungen treffen - was nicht ausbleiben wird - und Empfehlungen abgeben - was ich hoffe. Antrieb zu jeder Aussage soll einzig die Wahrheitsfindung und das Wohl des Staates sein. Private, wirtschaftliche oder religiöse Interessen dürfen keine Rolle spielen."
    Von sich aus hätte Menecrates das nie formuliert, sondern vorausgesetzt, aber im Nachhinein fand er gut, darauf hingewiesen zu haben.


    "Unser Projekt besitzt ein Grundgerüst, das es aber keineswegs in ein starres Konzept presst. Vielmehr erwarte ich eine Entwicklung während unserer Arbeit. Unser Weg ist gleichzeitig das Ziel, nämlich die Bestandsaufnahme des Sklavenaufstandes aus anderer Perspektive. Konkret bedeutet das:
    Wir erheben unsere Daten anders als die Cohortes Praetoriae. Wir verhören keine Täter, um deren Motivation zu ergründen, obwohl deren Motivation genau das ist, was wir ergründen wollen. Wir ermitteln mittels rückblickender Betrachtung. Dabei stoßen wir günstigenfalls auf Vorgänge, die unserer damaligen Wahrnehmung verborgen geblieben sind und uns heute Rückschlüsse auf die Ursache der Unruhen erlauben.
    Der Auftrag der Kommission ist also das Aufdecken von Ursachen, die zum Aufstand geführt haben. Wahrscheinlich werden wir keine Beweise finden, sondern Mutmaßungen anstellen, die auf Indizien beruhen. Im Abgleich mit den Ermittlungsergebnissen der CP lässt sich jedoch ein vollständigeres Abbild der Ausgangssituation darstellen als ohne unsere Arbeit. Sofern wir nicht frühzeitig zu einem überraschenden Ergebniss oder dem Scheitern des Projekts kommen, rechne ich damit, dass uns der Auftrag über die gesamte Legislaturperiode beschäftigen wird. Das Ende meiner Amtszeit wird jedoch nicht das Ende des Projekts bedeuten, wenngleich spätestens zu diesem Zeitpunkt vor dem Senat und dem Kaiser ein Ergebnisbericht vorgelegt werden soll."

    Über die Punkte Grenzen und Mittel dachte der Consul zunächst nach, bevor er antwortete.
    "Im Hinblick auf Grenzen und Mittel bin ich nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. Unser Mittel ist die Befragung - kein Zwang, selbstverständlich keine Folter, aber auch keine Entlohnung. Ich will zwar nicht ausschließen, dass es in Einzelfällen auch eine Art von Entlohnung geben kann, vor allem wenn Ängste einer Aussage entgegenstehen, aber publik möchte ich das nicht machen. Mit Grenzen kann ich im Augenblick wenig anfangen, außer dass wir nicht mit der Ermittlungsarbeit der Kaisergarde kollidieren wollen. Gern höre ich, wo du Grenzen sehen würdest. Dann weiß ich auch, was du meinst."


    Ein wichtiger Hinweis fiel ihm am Ende erst ein.
    "Den Einstieg in die Kommissionsarbeit stelle ich mir so vor, dass jedes Mitglied kurz referiert, wie es persönlich die Zeit unmittelbar vor dem Ausbruch der Unruhen wahrgenommen hat. Ich bin mir fast sicher, dass uns bereits diese Einblicke sehr überraschen werden."

  • Die Ausführungen fielen leider nur in Teilen so konkret aus, wie Macer sich das erhofft hatte, aber andererseits stellte der Consul ja auch Rückfragen, damit Macer seinerseits die Frage noch einmal schärfen konnte. "Ja, so etwas wie die Vermeidung von Kollisionen mit den Ermittlungen anderer Gremien meinte ich unter anderem", bestätigte er dann die Richtung seiner Gedanken. "Aber auch zeitliche Grenzen vielleicht, also wie weit wir in die Vergangenheit zurückgehen sollen oder räumliche Grenzen, in wie weit wir Einflussfaktoren von außerhalb Roms untersuchen sollen. Und natürlich eben auch die Grenzen, wen wir vorladen dürfen oder sollten und wen nicht oder zumindest nicht ohne Rücksprache", fügte er dann einige Beispiele für Grenzen hinzu, die er sehen konnte. Wobei letztgenannte Rücksprachen wohl recht einfach waren, wenn Menecrates selbst Teil der Kommission war. Letztlich war wohl ohnehin immer nur er derjenige, der beurteilen konnte, in wie weit eine Ermittlung noch im Sinne seiner Zielsetzung war und wo sie eine Grenze überschritt.

  • "Ah, du meintest zeitliche Grenzen in Bezug auf den Ermittlungsrahmen", sagte der Consul, der erst jetzt verstand. "Hierauf zielte unter anderem meine Aussage von vorhin ab, als ich meinte, ich erwarte und billige eine Entwicklung während unserer Arbeit. Das bedeutet: Ich ziehe nicht im Vorfeld Grenzen. Die Grenzen zieht die Kommission während ihrer Ermittlungsarbeit." Er nahm an, dass Senator Purgitius keineswegs mit dieser Antwort zufrieden war, daher holte er weiter aus.
    "Ich möchte es an einem Beispiel verdeutlichen. Wie bereits erwähnt, soll der Start in die Ermittlungsarbeit durch ein Referieren der Mitglieder erfolgen. Ich zum Beispiel kann weitgehend genau sagen, wann ich zum ersten Mal mit Vorboten zum Aufstand in Berührung gekommen bin. Im Nachhinein weiß ich, dass es Vorboten waren, damals wusste ich es nicht. Ich setze damit die erste Zeitmarke. Der nächste Referent bleibt entweder darunter oder er weitet sie aus. Falls letzteres, haben wir eine neue Zeitmarke - sprich: eine neue Grenze. In gleicher Weise läuft das bei den räumlichen Grenzen. Es geht hier um UNSERE Sichtweise, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Gibt es in unserem Kreis oder von den Geladenen niemand, der Einblicke in andere Provinzen hatte, dann bleiben wir auf Rom beschränkt."


    Bliebe noch der Punkt der Informanten.
    "Wen wir letztlich vorladen, beschließen wir einmütig. Es wird eine Grenze geben, denn sicherlich könnten wir endlos ermitteln, aber ich möchte nicht im Vorfeld Grenzmarken setzen. Keiner weiß, worauf wir stoßen, ob wir überhaupt auf etwas stoßen, daher muss jede Grenze anfangs noch verrückbar sein."

  • Auch die weiteren Antworten blieben trotz ihrer Ausführlichkeit vage, aber Macer verstand, dass genau dies die Absicht des Consuls war, der die Kommission offenbar nicht schon jetzt zu sehr in eine Richtung fokussieren wollte. "Danke für diese weiteren Erläuterungen. Ich sehe nun etwas klarer, was den Auftrag der Kommission betrifft", bestätigte Macer daher. "Ich möchte gerne meinen Anteil zu ihrem Gelingen beitragen", bestätigte er dann noch die Einladung, bevor er wieder Platz nahm. Tatsächlich fiel ihm diese Zusage leicht, denn genauso vage wie die Grenzen schien auch die Definition von Erfolg zu sein, der mit der Kommission einher ging. Seine Meinung konnte er beisteuern, da war sich Macer gewiss. Alles weitere würde sich wohl erst noch zeigen müssen.

  • Der Consul dankte mit einem Kopfnicken und als Macer wieder saß, blickte er in die Runde. "Gibt es weitere Fragen oder Anmerkungen oder ist es einem der geladenen Mitglieder zeitlich oder gesundheitlich nicht möglich, die Arbeit der Kommission zu unterstützen?"


    Würde sich niemand mehr zu Wort melden, bedeutete dies den Abschluss der Senatssitzung. Eine Anmerkung fügte er noch an.


    "Die Einladung zum ersten Treffen in meiner Villa erfolgt in Kürze und gelangt als Hauspost zum Empfänger. Ich danke euch."

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