Rechts und links neben der Eingangstür befand sie eine Schwer Holztür. Verziert mit dem Wappen der Tiberia. Luna klopfte kurz an und schon wurde sie von einem kräftigen Mann geöffnet. Dieser Mann war kein Sklave, nein es war einer der Veteranen, die im Haus lebten. Verus mochte die Tür keinem Sklaven überlassen, zumal alle im haus der Tiberier neu waren und noch nicht so viel Vertrauen da war. Die alten Sklaven sind alle im Zuge der Aufstände in Rom ermordet worden oder zu den Aufständischen übergelaufen. Deshalb und wegen seinem Mißtrauen allem gegenüber hatte Verus den Einlass der Villa in die Hände von Veteranen gelegt. Ihnen vertraute er. Nur wenn sie nicht verfügbar waren öffnete der Nubier die Tür. Heute aber nun war es ein alter Soldat der öfnete. Sein kantiges, von Furchen durchzogenes Gesicht erschien in dem Türspalt. Als er Luna und dann Verus erkannte wurde sogleich die Tür ganz geöffnet. „Salve Considius Crus. Ich hoffe der Tag war ruhig bisher?“ ragte sie freundlich. „Ja war er. Nur ein paar Bettler und Bittsteller. Nichts außergewöhnliches.“ Erwiderte der Mann brummig, aber trotz der brummigen Stimme konnte man kleinen Lachfältchen um seine Augen herum erkennen. „Gut dann steht ja einem deftigen Abendessen gleich nichts im Weg.“ Erwiderte Luna und sorgte damit dafür, dass sie die Mienes des ehemaligen Soldaten aufhellte. Dann fiel sein Blick auf das Bündel auf Verus Armen. „Oh was habt ihr da denn mitgebracht?“ Luna lachte. „Später Considius Crus. Verus hat sie auf dem Markt erstanden. Bei späteren Essen wirst du sie kennenlernen. Jetzt aber lass uns erst mal herein.“ Sagte die Germanin fröhlich und schon wurde der Einlass freigegeben. „Luna? Gibts nachher auch wieder das gute Bier aus deiner Heimat?“ Luna klopfte lachend auf ihre Korb und ging voran ins Atrium.
Sie rief nach zwei Sklaven, die sogleich die Anweisung erhielten das Bad vorzubereiten. „Lamia?“ Rief Luna und schon erschien eine gemütlich aussehende etwas runde Frau in der Tür der Küche. „Ja?“ „Wir haben heute einen Esser mehr.“ Sagte Luna fröhlich. „Ist gut.“ War die knappe Antwort, bevor die Frau wieder in der Culina verschwand. „Verus, du kannst sie jetzt herunterlassen.“ Fröhlich und um so vieles gelöster war Lunas Stimme hier im Haus. „Chyou, das hier ist jetzt dein zu Hause.“ sagte sie und gab der jungen Frau Gelegenheit sich im Atrium umzusehen.
Chyou - Eine neue Sklavin im Haus
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Chyou setzte vorsichtig ihren Fuß auf den Boden des Atriums. Der improvisierte Verband, den sie noch auf dem Marktplatz von Luna erhalten hatte, half dabei, den aufkeimenden Stich durch den kleinen Holzsplitter zu ertragen. Namen prasselten auf sie ein, die sie sich in der Kürze der Zeit unmöglich hätte merken können. Insbesondere da sie noch immer unter dem Eindruck der außerewöhnlichen Erfahrung stand, von ihrem neuen Eigentümer getragen worden zu sein. Den ganzen Weg bis zu seiner Villa hatte Aulus Tiberius Verus sie auf seinen muskulösen Armen gehalten, um ihr die Qual der Schritte zu ersparen. So viel Fürsorge einer Sklavin gegenüber - ihr gegenüber - empfand Chyou als befremdlich und sie hatte versucht,. Indes trug es dazu bei, die ungebrochen lodernde Flamme ihrer Furcht ein wenig zu dämpfen, denn ein Gefühl von Hoffnung stieg in Chyou auf. Hoffnung auf eine vielleicht ruhigere Zukunft mit dauerhafter und erträglicher Bleibe.
Jedes Detail in sich aufnehmend sah sich Chyou in dem ausladenden Atrium um. Es stellte den Reichtum der Herren dieses Hauses zur Schau, wirkte zugleich aber - zumindest in Chyous Augen - sehr kalt. Stein war das beherrschende Baumaterial und die wenigen, dezent eingesetzten Farben vermochten seine schwere Wucht kaum zu mildern. Die Villa war ein Gebäude gebaut mit dem Anspruch, für die Ewigkeit bestand zu haben. Ganz ähnlich den Ambitionen vieler Römer, was ihren Platz in der Geschichte betraf. In diesem Fall mochte sich zudem auch das soldatische Naturell ihres Dominus in dem Atrium widerspiegeln. Im Vergleich mit den Käfigen, Schuppen und dunklen Räumen, die Chyou bisher ihr "Zuhause" genannt hatte, war diese Villa die Verheißung aller Wünsche und Kritik lag ihr fern; - ohnehin stand es ihr nicht zu, solche zu äußern.
Bei der Erwähnung von Essen knurrte Chyous Magen unwillkürlich. Sofort suchte sie den Blick von Luna und neigte den Kopf. "Vergebung ... Domina." Die kurze Pause verriet, dass Chyou nicht sicher darin war, wie sie Luna ansprechen sollte. Auf dem Markt hatte sie ihr von der Verbeugung abgeraten, den Titel aber nicht korrigiert. Er erschien Chyou daher nur folgerichtig. "Dein Zuhause gleicht dem Heim der Götter selbst", erwiderte sie sogleich darauf und versuchte sich erstmals in einem schüchternen Lächeln, um deutlich zu machen, dass sie ihre Worte durchaus ernst meinte.
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Luna griff vorsichtig mit der Hand unter das Kinn von Chyou und hob ihren Kopf an. „Unser Zusahuse Chyou....Ich bin Sklavin, so wie du.“ Antwortete Luna im sanften Ton. „Verus gab mir den Namen Luna, so kannst du mich also auch nennen.“ Sagte sie zu der Kleinen fremdländischen Frau. „Wen du hier im Haus mit Domina ansprechen muss, dass erkläre ich dir später … obwohl ich denke wohl eher morgen. Heute würde das zu weit führen.. und Chyou für Hunger muss man sich nicht entschuldigen.“ Luna sprach leise und sanft mit der Frau. Sie hatte den Eindruck, das Chyou von all den Eindrücken erschlagen wurde, dass es ihr nur noch mehr Angst machte. Um so leiser und freundlich redete Luna mit ihr. „Ich würde sagen, wir gehen ins Bad und säubern dich, dann bekommst du eine frische Tunika – diese hier ist ja schmutzig – entfernen den Splitter und dann essen wir.“ Sagte sie und nahm nun sanft die Hand der Sklavin um sie zum Balneum zu führen.
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Verus war erleichtert seinen Erwerb absetzen zu können. Zwar war der Soldat stark aber eine Person lange zu tragen, war auch für ihn und seine strammen Oberarme eine Belastung. Immerhin war er die letzte Zeit hauptsächlich schreibend tätig, so dass er nicht in den Umfang seine Arme bearbeiten konnte. Er war ein wenig aus der Übung aber nicht vollkommen erschlafft. In vielerlei Hinsicht war er immer noch ein Kämpfer und seine körperliche Erscheinung schrie dies auch in die Welt. Nicht nur die Narben, sondern auch die breiten Schultern und stämmigen Beine. "Mein Zuhause," kommentierte Verus mit einem Augenzwinkern zu Luna. "Unser aller Zuhause," korrigierte er sich selbst gespielt und klopfte Chyou sanft auf die Schulter. "Du gehörst nun zu uns," versichterte Verus, der zwar nicht ganz auf seine Paranoia verzichten konnte aber Chyou aus erfindlichen Gründen dies nicht spüren lassen wollte. "Wir reden später. Luna zeigt dir alles und wie ich feststelle, kümmert sie sich bereits um dich," verlautbarte der Hausherr, der nun einen latenten Durst auf Wein verspürte. "Ich begebe mich in meine Arbeitsstube, Luna." In der Tat hatte er noch ein wenig Arbeit vor sich, da aktuelle Listen seiner Einheit gepflegt werden musste. Die Speculatores stellten erneut Anforderungen an Ausrüstung, die gegengeprüft werden musste. Mit bärenstarken Schritten, tappsend aber nicht elegant, trat er durch die Porta ins Haus und überließ Luna das Feld. Sie wusste, was gut war und er selbst konnte sich frei um seine Belange kümmern. Später würde er mit Chyou das Einführungsgespräch führen, welches er mit jedem Sklaven oder Angestellten führte. Eben die Darlegung der Hausregeln. Er war froh, dass dieser Kauf sich emotional gut anfühlte und er das erste mal seit langem wieder daran glaubte, dass noch etwas Gutes in ihm war.
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Chyou erwiderte Lunas Blick, just als diese ihren Kopf am Kinn sanft anhob. Eine stumme Aufforderung, diesmal fast mehr eine Bitte, der sie an diesem Tage bereits zum dritten Mal Folge leistete. "Ja, Luna", antwortete Chyou leise und wäre beinahe dem Instinkt verfallen, ihre Augen wieder gen Boden zu richten. Auf die Erklärung Lunas, für Hunger müsse man sich nicht entschuldigen, formte sie ein vorsichtiges Lächeln mit einer bleibenden Spur von Unsicherheit auf ihren schmalen Lippen. In der Vergangenheit hatte Chyou einige Male als Dienstmädchen zur Verfügung gestanden, wenn ihre Besitzer rauschende Feste für den treuen Kundenstamm veranstaltet hatten und sie selbst nicht zur dargebotenen Ware zählte. Während einer solchen Feier den Fehler zu begehen, sich in einem menschlichen Bedürfnissen zu verraten, konnte fatale Konsequenzen nach sich ziehen.
Als Luna einmal mehr ihre Hand ergriff, verkrampfte Chyou für einige Herzschläge und der Druck ihrer Finger wurde stärker als beabsichtigt. Aber nicht die Berührung war der Grund dafür, sondern die Ankündigung ein Bad zu nehmen. Chyous Herz beschleunigte sich, wenn ihr Atem auch ruhig blieb und ihre Gesichtszüge wie eingefroren wirkten. Dann fiel ihr Blick auf den sich entfernenden Soldaten Aulus Tiberius Verus und zugleich gemahnte der schmerzende Holzsplitter in Chyous Fuß, dass persönliche Pflege dringend angeraten war. So ging der Moment rasch wieder vorbei und sie folgte Luna ...
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