Lararium | Der Morgen stellt die Weichen

  • Später als Morrigan trat der Hausherr seinen allmorgendlichen Gang zum Lararium an. Anders als sonst, wo er stets der erste Opfernde war, hing heute ein feiner Duft im Atrium, der von einer bereits erfolgten Opferung am marmornen Hausaltar berichtete. Menecrates fragte sich, wer wohl zeitiger als er auf den Beinen stand, dachte dabei aber ausschließlich an seine Verwandten. Marcellus' Gewohnheiten kannte er noch nicht zur Genüge. Andererseits konnte auch jemand, den die Schlaflosigkeit plagte, am heutigen Tage schneller gewesen sein.


    Der Consul trug bereits die Toga Praetexta, weil heute wieder eine Sitzung der Kommission stattfand. Er zog ein Teilstück der Toga über den Kopf und sah sich nach einem assistierenden Sklaven um, damit er Weihrauchkörner in die Räucherschale rieseln lassen konnte.

  • Magrus war wie immer bereits zu früher Stunde unterwegs. Er bereitete sich für seinen Dienst vor, der aus etlichen Pflichten bestand, zur Zeit primär dem Dienst an der Porta. So kam er auch am Lararium vorbei, wo Dominus Herius Claudius Menecrates am Hausaltar opferte. Er begrüßte seinen Herrn.


    „Salve, Dominus.“

  • Auch Morrigan war ja schon auf den Beinen. Sie kam gerade mit frischem Wasser und einer Schale Obst, die sie in das kleine Arbeitszimmer des Consul bringen wollte ins Atrium.
    „Salve Dominus. Guten Morgen Magrus.“ Begrüßte sie beide. Sie sah, das der Claudier im Begriff war sein morgentlichtes Opfer durchzuführen. So stellte sie Schale und Krug ab, nahm die neben dem Altar stehende Wasserschale und das Tuch auf und ging damit ganz selbstverständlich zum Consul. Natürlich würde sie ihm die Weihrauchkörner in die Räucherschale rieseln lassen.

  • Während Morrigan mit Wasserschale und Tuch herantrat, konnte sich Magrus abschauen, wie er beim nächsten Mal wortlos unterstützen konnte. Morrigan kannte die Riten und wusste um die Abläufe und Erfordernisse. Während Menecrates seine Hände reinigte, wandte er sich an Magrus: "Als erstes erhalten die Helfer und Beschützer den Weihrauch." Anschließend hielt er Magrus die feuchten Hände hin, damit er sie mit Morrigans Tuch trockentupfen konnte.


    In der Zwischenzeit blickte Menecrates zu Morrigan. "Wer ist denn bereits vor mir aufgestanden? Es duftet nach in Rauch aufgegangenen Opfergaben." Er nahm an, es musste sich um Marcellus gehandelt haben, wollte aber eine Bestätigung.

  • Magrus beobachtete die Zeremonie genau und prägte sich alle Einzelheiten ein, um eventuell einmal dem Dominus assistieren zu können. Er war zwar kein sehr gläubiger Mensch, aber er was fasziniert vom Prunk, mit dem selbst auf einem privaten Hausaltar den Göttern geopfert wurde. Er hörte dann auch die Frage, die der Consul an Morrigan richtete. Er wusste genau, wer das war, da er Morrigan von Ferne gesehen hatte. Er würde aber sicher nichts sagen, da er nicht wusste, ob Morrigan das recht wäre. Wenn sie selbst nichts sagen sollte, würde auch er schweigen.

  • Morrigan, die sich den Vertrauens des Claudier zwar bewusst aber immer noch unsicher und voller Ängste war, stellte vorsichtig die Schüssel ab und reichte mit einem vorsichtigen Lächeln Magrus das Tuch, damit er dem Dominus die Hände abtrocknen konnte. „Nur du, Magrus und ich sind bereits wach Dominus.“ Sagte sie und etwas leiser und unsicher fügte sie an. „Ich... also in aller Frühe, als noch alles schlief, habe ich den Laren geopfert.“

  • Ein verstehendes Nicken folgte auf Morrigans Erklärung, bevor Menecrates' Mundwinkel ein Lächeln umspielte. "Das ist gut." Längst hatte er vergessen, wie sehr ihn ihr Bekenntnis zum Christentum schockiert hatte. Die vorgenommene Zwangsromanisierung stellte am Ende nur ein Ritual dar. Viel mehr zählte die Gewissheit, zu der er inzwischen gelangte, dass Morrigan nie eine wirkliche Christin war.


    "Die Laren werden sich erkenntlich zeigen."
    Er betrachtete Morrigans Gesichtszüge, während er noch immer die Hände zum Trocknen in Richtung Magrus hielt. "Kennst du heute deinen Namen? Nenne ihn mir und nenne mir deine zukünftige Aufgabe, für die du dich entschieden hast. Ich werde dich dann in meine Gebete mit einbeziehen."
    Ein Gespräch am Altar entsprach nicht der Regel. In diesem Fall mochte aber der Ort dazu beitragen, eine Art Pakt zwischen Morrigan, den Claudiern und all ihren Schutzgeistern, den Laren, Manen und Penaten zu schließen.

  • Magrus hörte, dass Morrigan doch ihren Besuch im Lararium bestätigte und er war froh, dass der Consul erfreut darauf reagierte. Er bemerkte plötzlich, dass ihm der Dominus immer noch die Hände entgegenstreckte , die Magrus trocknen sollte. Schnell erledigte er die ihm zugedachte Tätigkeit. Am meisten freute ihn jedoch, dass Morrigan wie ausgewechselt war. Er hatte zwar keine Ahnung, was diese Änderung bewirkt hatte, aber das war ihm im Moment egal.

  • Morrigan war froh, dass der Claudier nicht Anstoß daran nahm, dass sie den Laren geopfert hatte. Sie nahm sich die Schale mit den Weihrauchkörnern um sie langsam in die Räucherschale rieseln zu lassen. Sie war nicht davon ausgegangen, dass hier und jetzt ein Gespräch stattfinden würde, dass war nicht üblich. So brauchte sie auch einen Moment um sich zu sammeln. Natürlich hatte sie die halbe Nacht damit zugebracht ihre Ängste zu bekämpfen. Mal war sie entschlossen gewesen den Prätorianern die Stirn zu bieten und ihren Namen zu tragen. Nur um ein paar Augenblick später diesen Gedanken wieder zu verwerfen. Sie war immer noch zu keinem wirklichen Ergebnis gekommen.
    Das der Claudier nun hier und jetzt eine Entscheidung forderte, ließ ihre Hände leicht zittern. Unsicher war ihr Blick, der den Consul traf. Er wollte sie in seine Gebete mit einschließen? Ihre Lippen bebten und wieder einmal musste sie mit den Tränen kämpfen. Diese Mal war ihr Versuch sie zu unterdrücken jedoch von Erfolg gekrönt. "Dominus, du sagtest es würde dir mehr nützen, wenn ich Maiordomus des Hauses wäre. Ich habe lang genug ein eigenes Geschäft geführt, so dass ich mir diese Aufgabe zutraue." Sagte sie zunächst auch um erstmal wieder ihre innere Ruhe zu finden, denn die Angst begann gerade wieder Besitz von ihr zu ergreifen.
    Ja sie wusste, das die Aufgabe des Verwalters nicht einfach werden würde, zumal sie sich täglich mit allen hier im Haus Beschäftigten auseinandersetzen musste. Aber sie wollte auch nicht den altgedienten Leibsklaven des Claudiers verdrängen. Und dann hatte der Claudier ja auch gesagt, dass es ihm mehr nützen würde, wenn sie die Aufgaben des Vilicus übernehmen würde. Und sie wollte nützlich sein.
    Aber immer noch stand die Nennung ihres Namens im Raum.
    Sie blickte den Consul an, ihr Blick streifte Magrus bevor sie dann zum Altar blickte. Die Laren kannten ihren Namen, ebenso wie die Götter. Vor den Göttern hatte jeder einen Namen. Als sie dachte, dass sie allein war und hier heute früh geopfert hatte, hatte sie ohne zu Zögern ihren Namen nennen können.
    So heftete sich ihr Blick fast schon hilfesuchend an den Altar und sie sagte leise. "Morrigan.". Als sie nun wieder den Claudier ansah, konnte er wohl deutlich erkennen, wie schwer ihr es gefallen war, diese Aufgabe zu erfüllen. Die Angst stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben, die Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen und kleine Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Und doch wiederholte sie nun den Claudier anblickend. "Morrigan, Dominus.".

  • Menecrates beschloss, dieses weichenstellende Gespräch bis zum Ende in die Opferhandlungen einzuschließen. Er würde sich morgen bei den Familiengeistern entschuldigen, dass er heute mit geteilter Aufmerksamkeit bei ihnen weilte. Er hoffte nicht nur auf ihr Verständnis, er glaubte fest daran, denn je stabiler der claudische Haushalt aufgestellt war umso weniger Schutz würde er benötigen, was auch die Schutzgeister erfreuen sollte. Diejenigen Gesiter, die fortlaufend besänftigt werden mussten, würde er morgen mit einem besonderen Opfer milde stimmen.
    Heute galt es, die Lebenden auf den richtigen Weg zu bringen.


    Mit trockenen Händen wies er nunmehr auf den Wein, bevor er sich Morrigan zuwandte.
    "Maiordomus, sehr schön", erwiderte er mit einem Lächeln. Er hörte, wie sie ihren Namen flüsterte, quittierte es mit einem weiteren Lächeln und richtete den Blick auf den Altar, bevor er die Hände hob.
    "Manen der Claudia, ihr Laren und Penaten. Vor euch steht ein Sohn eurer Nachkommen. Ich möchte euch Morrigan vorstellen. Sie übernimmt ab heute die Aufgaben eines Vilicus. Leitet sie auf sicheren Wegen und gebt ihr zu jeder Zeit ausreichend Gesundheit und Kraft." Er nickte zum Zeichen, dass nun der Wein geopfert werden könne. Bitten, die andere Personen oder Vorgänge betrafen, wollte er heute nicht äußern, um das Anliegen für Morrigan zentral zu stellen.

  • Morrigan hörte das der Claudier die Schutzgeister für sie anrief. Sie hatte einen dicken Kloss im hals und musste nun schon wieder mit den Tränen kämpfen.
    Selbst wenn man sie jetzt gefragt hätte, sie hätte ihre große Dankbarkeit, die sie gerade empfand gar nicht in Worten ausdrücken können.
    Wie selbstverständlich nahm sie den Wein und lies ihn langsam in die Opferschale fließen.
    Im Gedanken bat sie die Geister nochmal darum, dass sie diesen aufrechten Mann immer beschützen mögen.

  • Dem würzigen Duft folgte eine fruchtige Note, die der Wein produzierte, als er verdampfte. Menecrates atmete ihn ein, wenn auch nicht tief, weil er im Hals kratzte. Er betrachtete die Miniaturstatuen, die kunstvoll geschmiedete Opferschale und lauschte dem Knistern des Feuers. Einige Augenblicke gönnte er sich für ein stilles Gebet, bevor er sich vom Altar wegdrehte.


    "Morrigan, ich hätte eine erste, sehr wichtige Aufgabe für dich. Meine Amtszeit geht dem Ende entgegen und ich möchte wenigstens einmal mit meinem Quaestor ein gemütliches Beisammensein verleben. Wir hatten selten Zeit für private Gespräche. Er ging hier zwar ein und aus, aber wirklich bekannt hat er sich nicht mit den Bewohnern des Hauses machen können. Ich würde nicht jeden X-beliebigen Quaestor zu einer Cena laden, aber ihn schon. An der Cena soll natürlich die gesamte Familie teilnehmen: Silana, Galeo, Lucius und sofern die anderen Kinder zufällig zugegen sind, auch sie. Außerdem mein Sekretär."
    Damit war das Event umrissen. Konkrete Vorstellungen über den Ablauf hatte er bereits.


    "Ich wünsche mir ein Schautranchieren. Es wäre also notwendig, unter den Haussklaven einen Scissor ausfindig zu machen, der das gebratene Geflügel vor den Augen der Gäste zerlegt. Wir können natürlich auch einen Externen nehmen. Er müsste Kenntnisse in Anatomie besitzen, damit das Vorschneiden fachmännisch erfolgt. Die Auswahl der Beilagen würde ich dir überlassen. Vor- und Nachspeise ebenfalls. Meinst du, das bekommst du hin?"

  • Morrigan stellte alles was von der Opferung übrig geblieben war beiseite. Sie würde das hier später wegräumen. Dann sah sie den Consul an und verfolgte seine Anweisungen. “Natürlich Dominus.“ bestätigte sie alle seine Wünsche. Sie würde das sicherlich hinbekommen. Sie würde erst unter den Sklaven fragen, ob jemand mit derartigen Fähigkeiten war, wenn nicht, dann hatte sie schon jemanden im Hinterkopf. „Wann soll die Cena stattfinden? Und möchtest du noch ein Rahmenprogramm? Tanz oder Musik?“ Diese Punkte galt es noch zu klären, ansonsten hatte der Dominus ja recht gut beschrieben, was er sich vorstellte, das erleichtre ihr die Aufgabe ungemein. Sie wandte sich kurz an Magrus, der immer noch bei ihnen stand. „Magrus? Bist du so gut und rufst alle Sklaven in der Culina zusammen? Ich möchte ihnen die veränderten Bedingungen im Haus gern selbst erklären.“ sagte Morrigan im freundlichen Tonfall zu dem jungen Mann. Sie selbst nahm den Krug mit dem Wasser und die Schale mit dem frisch aufgeschnittenen Obst wieder auf und blickte zum Consul. „Eine Frage hätte ich noch. Die Abrechnung über das verbrauchte Haushaltsgeld möchte du sie wöchentlich oder monatlich?“ Sie setze sich langsam in Richtung des kleinen Arbeitszimmer in Bewegung um dort eben jenes frisches Wasser und die Obstschale abzustellen. Es war eine alte Tradition. Dies hatte sie früher schon immer getan. Sie wusste, das der alte Claudier mitunter zu wenig auf sich achtete. Früher war es Mansuri gewesen, die sie immer mit den Kleinigkeiten losgeschickt hatte, damit sie sie dem Claudier bringen konnte. Nun würde sie die Zubereitung und das Bereitstellen selbst übernehmen. In der Zeit ihrer Bewährung hatte sie das unterlassen, denn sie hatte es vermieden dem Claudier auch nur unter die Augen zutreten. Nun als seine Verwalterin des Hauses würden sich hier Wege unweigerlich des Öfteren kreuzen.

  • Magrus hatte nun einen Auftrag von Morrigan erhalten. Die Situation hatte sich nun also grundsätzlich geändert, es war so, wie er Morrigan prophezeit hatte. Sie würde wieder aud die Füße kommen. Darüber war er aus ganzem Herzen erfreut.


    „Ja, Morrigan, ich werde alle Sklaven in der Culina zusammenrufen. Es wird nicht lange dauern, du kannst dich auf mich verlassen.“

  • Menecrates schloss sich ein Stück des Weges an, bevor er ins Triclinium abbog. Zuerst brauchte er ein Frühstück, bevor es an die Arbeit ging. Für eine kulinarische Versorgung und die Erfrischung während des Dienstes sorgte Morrigan gerade.


    Kurz vor Erreichen des Tricliniums antwortete er: "Im Normalfalls bevorzuge ich wöchentliche Abrechnungen, weil sie weniger umfangreich sind. Allerdings kommt am Ende meiner Amtszeit noch sehr viel auf mich zu, weswegen ich nicht annehme, wöchentlich dafür Zeit opfern zu können. Ich muss mich auf dich verlassen und ich verlasse mich auch auf dich. Wir beginnen nach meiner Entlastung mit der Buchkontrolle. Vielleicht kann das aber auch mein Sekretär bis dahin oder generell übernehmen?" Eine Antwort wusste er nicht, aber er würde Faustus fragen.
    "Wenn du noch ein paar Nüsse ins Arbeitszimmer bringst, wäre mir sehr geholfen. Knabbereien scheinen Energien freizusetzen."


    Dann bog er ab und ließ sich auf einer Kline nieder. Sklavinnen sorgten für seine erste Mahltzeit des Tages.

  • Morrigan nickte. „Ich werde die Bücher bis zum Ende deiner Amtszeit führen und dann dir oder deinem Sekretär alles vorlegen.“ Wenn sein Sekretär, der sicher in der Amtszeit des Consuls auch einiges um die Ohren haben würde die Bücher früher sehen wollte würde Morrigan sie ihm vorlegen können. „Natürlich bringe ich dir noch ein paar Nüsse, Dominus.“ sagte sie mit einem kleinen Lächeln. „Ich wünsche dir einen erfolgreichen Tag.“ Morrigan hatte heute nicht mehr vor den Domninus bei seiner Arbeit zu stören, sie würde eh genug um die Ohren haben um die Bücher zu prüfen, sich damit vertraut zu machen, wer welche Aufgaben am besten konnte. Die Einteilungen des Haushaltes vorzunehmen, Aufgaben zuzuweisen. Die Bestände zu überprüfen und und und...
    Sie brachte also das Obst und das Wasser ins Arbeitszimmer. Nur wenig später sah man sie noch mal durch die Gänge huschen, denn auch eine Schale mit Nüssen fand ihren Weg in das Arbeitszimmer.
    Am nächsten Morgen würde der Claudier dann neben der Schale mit dem Obst, dem Krug mit dem Wasser auch eine Schale mit Nüssen bereit. Jeden Tag würden ihn dieses kleinen Leckereien jetzt begrüßen. Ab und an würde er auch mal süße Kleinigkeiten finden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!