[Peristylium] Briefe schreiben.

  • Es war der erste wirklich warme Tag seit ihrer Ankunft gewesen und so hatte Esquilina die Gunst des Tages genutzt und saß mit hoch gereffter tunica an ihrem Lieblingsplatz am Rande des Venusbrunnens, die Füße in das Wasser getaucht. Sie schnippste mit den Zehen Wasserspritzer über die Oberfläche, als Licinus, der gerade Korrespondenz durchgesehen hatte, ins freie trat?


    "Bist du fertig?" fragte das Kind ungeduldig, denn sie wollte noch ein bisschen mit ihrem Papa spielen.
    "Nein, ein Brief noch", bekam sie zur Antwort und Licinus klang dabei verdächtig unbetrübt. "Aber ich glaube, dass ich den nicht alleine Lesen sollte. Alpina hat geschrieben. Breda, sei so gut und bring mir doch etwas zu trinken." Währendessen zog Licinus einen der Klappstühle auf die Rasenfläche und setzte sich neben den Brunnen.


    "Dann lass uns mal sehen, was deine Freundin so schreibt!"


    Amüsiert schmunzelte Licinus. Für ihn war der Brief so sehr ähnlich zu einer Unterhaltung mit der Hebamme, dass er sich einbildete ihre Stimme zu hören, während er die Worte las.
    Die medizinischen Ratschläge zu beginn, Alpinas Wissenschatz war gigantisch und ihr Talent einen medizinischen Rat so freundlich und mit aufrechter Fürsorge zu würzen, dass nicht mal er daran dachte, ihn zu ignorieren. Und die Sorge um seine Gesundheit.


    "Papa, schreiben wir eine Antwort? Jetzt? Bevor Pina sich sorgen macht?!" antwortete das Kind nachdem sie den Brief gelesen hatten und Licinus hatte nichts dagegen, das sofort zu tun.


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    Susina Alpina
    Casa Helvetia
    Mogontiacum


    Liebe Alpina,


    wir beide haben uns sehr über deinen Brief gefreut.


    Ich danke dir herzlich für deine medizinischen Ratschläge und werde mich mal umsehen, ob sich auf den hiesigen Märkten diese geheimnisvolle Knolle findet. Pfefferminze gibt es, ich weiß zufällig, dass wir sogar welche im Haus als Gewürz haben.


    Nun, ich verlasse mich noch auf den medicus in der castra. Der Mann macht ein ganz kompetenten Eindruck und in der apotheca würde dir wohl das Herz übergehen. Man merkt, dass wir hier in Rom sind und die Geldreserven der Prätorianer größer sind, als die einer legio an der Grenze.


    Ansonsten gewöhne ich mich langsam an die Arbeit hier und auch an meine Pflichten als Hausherrn der Casa. Kurz nach meiner Ankunft hier mussten die beiden Senatoren nämlich Rom aus verschiedenen Gründen kurzfristig verlassen.


    Ich freue mich darauf schon bald wieder von euch zu hören, denn was du geschrieben hast gilt auch umgekehrt. Und stups Ursicina mal auf die Nase von mir.


    in treuer Freundschaft


    Dein Licinus


    Liebe Pina und liebe Ursi,


    es ist weit, weißt du und deshalb kann man nicht einfach so kommen. Aber ich will euch auch besuchen. Vor allem wenn Papa lange arbeiten muss und ich schlafen muss bevor er heimkommt. Aber das ist nicht oft.


    Ich lerne ganz fleißig, damit ich irgendwann mal genauso viel kann wie du, Pina. Und auf Papa pass ich auch auf. Aber eigentlich macht er gar nicht so viele Dummheiten. Auch wenn ich den Leuten ständig erklären muss, dass sie sich nach links stellen müssen, wenn sie mit ihm reden. Erwachsene sind manchmal sooo doof. Du und Papa natürlich nicht.


    Ich vermiss euch


    Esquilina.


    Licinus guckte ein bisschen streng, als er gelesen hatte, was Esquilina geschrieben hatte. Er musste dem kidn langsam beibringen, was man sagen durfte und was nicht. Aber der Brief ging an Alpina. Die würde ein offenes Wort eher schätzen.

  • Dieses Mal saß Licinus allein an Esquilinas Lieblingsplatz im Perystilum, um den Brief zu beantworten. Das Kind befand sich im vorderen Teil des Hauses und erhielt Unterricht.


    Der Brief war schon ein paar Tage älter und aber bevor er eine Antwort hatte aufsetzen können, hatte er ein wenig in die Privilegienschublade greifen müssen und herausfinden, wo dieser Mann denn nun wohnte.


    Heute hatte sein treuer adlatus die Antwort gebracht und damit konnte Licinus den letzten Teil des Briefes formulieren.


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    Susina Alpina
    Casa Helvetia
    Mogontiacum


    Liebe Alpina,


    bitte entschuldige, dass es etas länger gedauert hat. Dafür kann ich dir jetzt sagen, dass der Autor deines Buches tatsächlich eine Schule hier in Rom gegründet hat, die er wohl auch selbst regelmäßig besucht. Aber auch sonst finden sich dort verschiedene medici ein.


    Mir geht es gesundheitlich gut. Du musst dir um uns keine Sorgen machen. Auch wenn Rom ein Moloch ist und voller Dämpfe scheinen wir beide nicht empfindlich darauf zu reagieren. Zu meiner großen Erleichterung muss ich sagen. Mein Ohr macht mir die bekannten Probleme, aber ich komme mittlerweile damit klar.
    Esquilina übt sich übrigens fleißig darin, Leute zu ermahnen, laut und deutlich und vor allem von der richtigen Seite mit mir zu reden.
    Sonst komme ich mir hier wie der alte vom Berg vor. Meine gesamte Verwandtschaft in der casa Iulia ist deutlich jünger als ich.


    Esquilinas Schule geht gut voran. Sie ließt mittlerweile wirklich flüssig. Im Moment ist sie auch dort und lässt dich ganz lieb grüßen. Sie vermisst dich noch immer und Ursi auch, und ich denke nicht, dass sich das in den kommenden Jahren ändern wird. Sie ist eine treue kleine Seele.


    In ergebener, tiefer Freundschaft,


    dein Licinus


    Fertig war der Brief, aber Licinus hielt in der Hand und starrte noch eine ganze Weile darauf. Sie würde alles möglich machen, Licinus lächelte bitter. Rom oder Ephesus, was machte das schon, beides war gleich weit von Mogontiacum weg. Und auch wenn er für einen Moment die vorstellung schön fand, seine Freundin hier in Rom zu wissen, verschob er den Gedanken schnell wieder. Nie würde Alpina ihre Patienten in Germania aufgeben und etwas so verrücktes machen, wie nach Rom kommen nur um hier Vorlesungen zu hören. Dafür war sie viel zu vernünftig.
    Entschlossen und mit einem Seufzer des Bedauerns packte er den Breif zusammen und versiegelte ihn. Ein Sklave würde ihn nachher auf die Post bringen.

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