Alpina schlug den Weg zum Rhenus an. Sie kannte den Weg sehr gut. Es ging durch den Vicus Navaliorum und dann am Flussufer entlang. Ursi liebte das Wasser und die Mutter musste immer sehr aufpassen, dass sich die Kleine nicht zu nah an das glitschige Ufer traute. Sie hatte Sorge, das Mädchen könne abrutschen und dann in den reißenden Fluten ertrinken.
Sonnenuntergang über dem Rhenus
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Am Hafen vorbei, weiter am Ufer entlang. Alles hatte sich verändert. Die Bäume trugen grünes saftiges Laub. Das Unterholz die Wiesen, alles grün, mit bunten Tupfern dazwischen. Unbeschwert zwitscherten die Vögel. Massa sah zum Fluss. Breit und träge wälzte sich das Wasser dahin. „ Wie geht es dir? Du siehst besser aus, als beim letzten Treffen in der Taberna und Ursi wächst und gedeiht.“ Es schien Alpina recht gut zu gehen. Er konnte keine Anzeichen entdecken, die vom Gegenteil sprachen. „ Gibt‘s in Mogontiacum Neuigkeiten? Ich war ein paar Tage nicht da.“ Er pflückte einen Grashalm und kaute auf ihm gedankenverloren herum.
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Alpina sah auf die Stromschnellen des Rhenus hinaus. Es ging ihr wieder besser, ja. Der Abort war spurenlos geblieben. Eine lange, heftige Blutung - nicht mehr. Er musste es nicht wissen.
"Ja, es geht mir soweit gut. Ich habe mich eine Weile nicht so wohl gefühlt. Ursi wächst und gedeiht. Es ist unglaublich wie schnell sie wächst."Gab es Neuigkeiten in Mogo. Ja, schon. Aber die kannte er sicher schon, oder nicht?
" Du weißt ja sicher, dass wir einen neuen LAPP bekommen, nicht wahr? Das pfeifen die Spatzen ja von den Dächern. Aber das neueste Gerücht ist, dass die Kaiserin den Legaten begleiten wird. Ich bin mir aber nicht sicher ob das so stimmt. Warum sollte die Kaiserin alleine ohne ihren Mann und ihren kleinen Sohn ins kühle und unfreundliche Germanien gehen? Eine Reise an diese gefährlich Grenze? Was hältst du davon?" -
Erfreulich, dass es ihr wieder gut ging. Massa fragte nicht was die Ursache war. Sie hatte sich erholt, das war wichtig.
„ Ein neuer LAPP , das weiß ich.“ Das dieser in Begleitung der Kaiserin hierher unterwegs war, das war allerdings eine Neuigkeit. Was war davon zu halten? „ Ich weiß nicht. Sollte es der Wahrheit entsprechen, wäre das für die Legion und alles was dran hängt gut.“ Viele Legionäre waren verunsichert, wussten nicht wie es wirklich weiter ging mit der secunda. Sie glaubten Worten nicht mehr. Sie wollten sehen, dass der Kaiser sie nicht verstoßen hatte. In Form der Kaiserin wäre allen genüge getan. Massa selbst machte sich dann ebenfalls Gedanken wie es weiter ging.„ Was macht die Taberna, läuft sie gut? Bleibt dir ausreichend Zeit für Ursi?“ Ein Pfauenauge saß auf einer Blume und suchte mit deinem Rüssel nach Nektar. "Ursi, sieh mal. Der Schmetterling hat zwei große Augen auf seinen Flügeln." Massa ging ein Stück näher an die Blume. Ganz vorsichtig, damit er nicht wegflatterte.
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Es schien Massa zu gefallen, dass die Kaiserin die Provinzen des Reiches besuchte und auch bei ihnen Station machte. Alpina konnte nachvollziehen, dass sich die Soldaten so weit entfernt von der Heimat oft etwas vergessen vom Kaiser im Herzen des Reiches fühlten.
"Ich bin sehr gespannt auf die Kaiserin. Bislang habe ich noch keine zu Gesicht bekommen. Ich stelle mir alles sehr aufwändig und prunkvoll vor. Die Begleiter, die Kleidung, Frisuren und Schmuck. Ob ich wohl jemals wieder eine Kaiserin sehen werde?", sinnierte sie."Die Taberna läuft soweit gut. Ursi und ich haben ein Auskommen. Es könnte immer mehr sein, aber es ist genug um uns zu ernhähren. Die Zeit für Ursi ist beschränkt. Aber zum einen kennt sie es nur so und wenn sie mich sehen will muss sie ja nur innerhalb des Hauses zu mir kommen. Die unvorhergesehenen Hausbesuche sind kritischer. Wenn ich vom Tisch weggeholt werde, beispielsweise, oder wenn wir ein Spiel spielen oder ich mit ihr einen Ausflug geplant habe und dann eine Schwangere die Wehen bekommt, ist sie schon oft enttäuscht. Sie ist ja auch noch klein und versteht die Dringlichkeit eines solchen Einsatzes nicht. Aber sie wird es lernen. Da bin ich sicher."
Ursicina lief neben ihnen her und sammelte Stöckchen und Steinchen, die sie dann eher ungeschickt in den Fluss warf. Meist verfingen sich die Stöckchen schnell im Uferschilf und Ursi musste ein neues suchen. Dann entdeckte Massa einen Schmetterling - ein Pfauenauge. Ein wirklich schönes Wesen. Ursi kam näher und betrachtete den Schmetterlin. "Uiii!", entkam es ihr. "Schön! Wo der wohl hinfliegt? Was macht der Schmetterling den ganzen Tag so?"
Ihre großen Augen sahen Massa herausfordernd an. Es war der übliche "erklär´mir die Welt"-Blick der kleinen Kinder. -
Wie erklärte man einem kleine Kind einen Schmetterling? Massa überlegte. „ Ein Schmetterling fliegt von Blüte zu Blüte. Ihn lockt der süße Nektar mit dem die Blüten locken. Er lebt in den Tag hinein und erfreut sich an den wärmenden Strahlen der Sonne, an den Blumen und das jedes Jahr aufs neue. Er ist so wie du. Du magst Honigkekse und hüpfst gern herum.“ Das die Schmetterling die unsterblichen Seelen Verstorbener waren das musste sie jetzt noch nicht wissen. Sie waren bunt, sahen schön aus und flatterten unbeschwert durch die Luft. „ Man darf sie nur nicht anfassen, dann verlieren sie ihr buntes Kleid, können nicht mehr fliegen und sterben.“ Er stand auf und schon flog der Schmetterling weiter. Eine dicke Hummel mit weiß/gelbem Hinterteil machte sich auf der Blüte breit.
„ Unserem Augustus habe ich schon gegenüber gestanden. Die Augusta kenne ich nicht. Sehen werden wir sie bestimmt, wenn sie die Legion besucht. Ich kann dir dann erzählen wie sie aussieht. Das ich sie kennenlernen werde, glaube ich weniger. Es wird sich sicher alles in der Regia abspielen. Bis jetzt wissen wir auch noch nicht wann sie hier eintreffen werden.“ Was Massa wusste, dass der neue LAPP ein Decimus war. Der Name war ihm sehr geläufig. Nie hatte sich die Gelegenheit ergeben Serapio‘s Vater persönlich kennenzulernen. Vielleicht konnten sie hier ein paar private Worte miteinander Wechseln.
„ Am besten gehst du auf die Straße, wenn sie in Mogontiacum eintrifft oder stellst dich bei der Regia hin.“ Massa nahm seinen Grashalm und kitzelte Ursi am Ohr, als sie vor ihm lief. Ließ ihn schnell hinter seinem Rücken verschwinden und tat so, als wäre nichts gewesen. -
Amüsiert hörte Alpina zu. Ja der Schmetterling lebte in den Tag hiein, so wie sie. Und das mit den Honigkeksen wollte Ursi am liebsten gleich ausprobieren. Doch der Schmetterling war schon weitergeflogen. Also ass sie den Keks lieber selbst.
Was Massa dann über die Ankunft der Kaiserin und das Zeremoniell berichtete war interessant. Ja, sie wollte versuchen, sich an eine der Straßen zu stellen, um einen Blick auf die Kaiserin zu werfen.
Lächelnd beobachtete Alpina wie Massa Ursi tratzte. Die Kleine liebte solche Spiele und kicherte. Sie versuchte Massa zu umrunden um den frechen Grashalm zu finden. Nach einigen Fehlversuchen stampfte sie wütend auf. Tränen traten in ihre Augen. Aber als Alpina lachte und sie hochhob, war das schnell vergessen.
"Sieh mal, dort drüben kann man sich hinsetzen. Dann können wir den Sonnenuntergang beobachten. Es müsste bald soweit sein. Bei dem schönen Wetter heute, sollte ein feines Abendrot zu sehen sein", schlug die Hebamme vor. Dabei zeigte sie auf eine Ansammlung von Steinen, die nah am Ufer des Rhenus standen. -
Erwachsene konnten gemein sein. Ursi beruhigte sich auf Alpinas Arm schnell wieder. Die Sitzgelegenheit, die Alpina ausgemacht hatte, war sehr einladend. Massa lenkte seine Schritte in die Richtung. Der Blick ging frei übers Wasser und dazu der Sonnenuntergang. Ein sehr schöner Platz. Wäre da etwas zwischen ihnen, wäre er noch schöner. So war es einer der schönen Plätze am Rhenus um einfach die Natur, den Sonnenuntergang und die beginnende abendliche Stimmung zu genießen.
„ Es sind merkwürdige Zeiten. Der Frühling hat viel Unruhe in die Region gebracht. Der Sommer wird hoffentlich die gesuchte Ruhe wieder bringen. Für die Menschen hier wäre es sehr wichtig. Für die Legio um so mehr. Seit dem der alte Praefectus castrorum weg ist, hat sich vieles geändert. Es ist merkwürdig ohne Aufgaben da zu stehen. Tribun im Vergleich zum Nauarchos, ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wie Alexandria und Germanien.“ Für Alpina war das gerade garantiert uninteressant was er von sich gab. Er hätte auch lieber über was anderes gesprochen. Er hätte sie gerne einfach nur in den Arm genommen. Da gäbe es vieles, aber die Zeit war vorbei. Es spielte keine Rolle mehr. Massa sammelte ein paar Steine auf und warf sie in den Rhenus. Die Ringe, die entstanden wurden größer und größer bis sie verschwanden. „ Ursi? Pflückst du nachher auf dem Heimweg mit mir ein paar Blumen?“
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Es war sehr schön am Flussufer zu sitzen und den Sonnenuntergang zu betrachten.
Massa philosophierte über die durch den Wechsel des militärischen Personals entstandene Unruhe. Sie konnte verstehen, dass ihn das belastete.
"Vermisst du deine Position als Nauarchus? Warst du gern an Bord eines Schiffes? Ich habe es ja selbst nie erlebt."Sie sah ihm zu, wie er Steine ins Wasser warf. Er konnte ein angenehmer Gesprächspartner sein.
Als er Ursi darauf ansprach auf dem Rückweg noch ein paar Blumen zu pflücken strahlte die Kleine.
"Oh ja, Massa!"Das Mädchen begann schon am Flussufer die ersten Blumen zu suchen.
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Was sollt er ihr dazu sagen? Es war schwierig zu beschreiben. „ Weißt du, ich habe nicht nur ein Schiff befehligt. Es war das Flaggschiff der Flotille, der classis augusta alexandrina. Waren wir nicht auf See, habe ich die Aufgabe eines Kommandeurs eines Flottenstützpunktes inne gehabt. Eine kleinere Variante der castra mit allen Aufgaben. Ungefähr die Größe eines Alen-Castells.“ Er blickte einem springenden Fisch hinter her. „ Vermissen? Ja, so kann man es nennen.“ Ein Weg zurück gab es nicht. Er war jetzt Ritter und Tribun. Wieder Nauarchus wäre ein Rückschritt. „ Weißt du, das Meer verzeiht einem keinen Fehler. Du musst wissen was du tust. Es hängen viele Menschenleben davon ab.“ Die Sonne ging langsam unter. Massa fing an zu schwärmen.
„Zu sehen wie dieses große Schiff über das Wasser gleitet. Wie der Wind das Segel bläht und das Schiff scheinbar mühelos voran treibt. Die Küste an einem vorbei zieht. Das sind die Tage, die man genießt.“ Massa stupste eine Hummel mit seinem Finger an. Brummend tat sie ihrem Unmut kund, blieb auf der Blüte sitzen. Die dicken Brummer waren friedliche Gesellen, man durfte es nur nicht übertreiben. Massa ließ sie in Ruhe und erzählte weiter.„ Die Tage mit schlechtem Wetter auf See vergisst man dann gerne. Was man eigentlich nicht tun sollte. Meter hohe Wellen. Der Wind peitsch über das Schiff. Der Mast droht zu brechen. Das große Schiff wird zum Spielzeug eines zürnenden Gottes, der das Meer aufwühlt und die Stürme los schickt. Überall knarrt und knackt es. Dein Gubernator gibt alles um das Schiff in den Wind zu drehen. Dem tobenden Meer so wenig wie möglich Angriffsfläche zu geben. Schreit den Männer Befehle zu. Vier, sechs, acht Mann stehen an den Rudern und kämpfen. Männer, die versuchen das Segel zu sichern werden von Brechern erfasst und wie Puppen von Bord gespült. Du kannst nur ohnmächtig zu sehen. Diese Stunden hasst man. Dieses ausgeliefert sein.“ Der Kampf gegen die Piraten war etwas ganz anderes. „ Die Piraten hingegen waren eine kalkulierbare Größe. Sie waren nie in großen Verbänden unterwegs. Einmal von uns gefunden, waren sie dem Tod geweiht.“ Das erinnerte ihn an die Aktion mit dem Petronier.
Mit der Dämmerung wurde es kühl. Andere Vögel begannen ihren Gesang. Die Schmetterlinge, Bienen und Hummeln versteckten sich. Die Mücken wurden aktiver. An Massa‘s Ohr summte es verdächtig. Er schlug zu. Diese kleinen Biester. „ Lass uns zurück gehen.“
Auf dem Weg gab es viele Blumen. Blaue rote, gelbe und weiße. Ursi pflückte fleißig und drückte sie Massa in die Hand. Er pflückte mal da eine und mal da. Der Strauß wuchs. -
Die Raeterin lauschte den Ausführungen des Deicimers. Er erzählte von seinen Fahrten über das Meer. Alpina hatte noch nie das Meer gesehen. Sie konnte sich so viel Wasser und die Naturgewalten der See nicht wirklich vorstellen. Allerdings stellte sie sich peitschenden Wind und Meter hohe Wellen nicht eben gemütlich vor. Um ehrlich zu sein, sie wollte niemals auf einem Schiff ein solches Unwetter erleben müssen. Schon alleine seine eindrücklichen Schilderungen ließen ihren Magen rebellieren, ganz zu schweigen von der Vorstellung wie man sich in Wirklichkeit fühlen musste. Stundenlang. Ohne die Sicherheit des Festlandes. Furchtbar!!
Und dann auch ncoh die Aussicht auf Piraten... Brrr! Nein, Alpina wollte nicht tauschen mit den Seemännern.Auf dem Rückweg sammelten Massa und Ursi jede Menge Blumen und machten daraus einen wunderschönen Strauß mit Wildblumen. Er würde ihre Stube schmücken wenn sie erst wieder an der Casa Helvetia waren.
Es war ein sehr schöner Ausflug gewesen. Als sie an der Tür der Casa waren, sah sie Massa mit einem sanften Lächeln an.
"Danke für den schönen Ausflug, Massa! Ich habe es sehr genossen! Vielelicht können wir so etwas bei Gelegenheit wiederholen. Ich würde dich noch mit hineinbitten, aber..." sie sah auf Ursi. "Ich glaube es wäre nicht richtig... du verstehst...?" -
Den Dank für den Ausflug nahm er zur Kenntnis. Ein schöner Abschluss seiner Rundreise am Limes. Er verstand zwar nicht was sie meinte, aber hätte von sich aus dankend abgelehnt mit hinein zu kommen.
Für ihn stand eigentlich fest, so lange er hier bei der Legion seinen Dienst versah würde er es vermeiden das Haus zu betreten. Gerüchte waren schnell in Umlauf gebracht und die brauchte er derzeit nicht." Dann wünsche ich euch einen schönen Abend und mögen die Götter euch beschützen."
Es wurde dunkel. Zeit die castra aufzusuchen und den Abend gemütlich ausklingen zu lassen.
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