• Hallo zusammen. Aus aktuellem Grund möchte ich gerne einmal die Informationen, welche mir vorliegen, über die Strassenreinigung im antiken Rom zusammentragen. Es scheint mir nämlich, als wäre dies wieder einmal ein Thema, mit dem sich ausser mir nur wenige Leute im IR beschäftigen oder beschäftigt haben.
    Dies, obwohl es vermutlich für jeden Römer ein grosses und andauernd wichtiges Thema war, denn wohin mit all dem Dreck, den die Zugpferde der tausenden von Wagen jede Nacht machen? Wohin mit all dem Dreck, den die einfachen Bürger einfach in Töpfen sammeln und zum Fenster hinaus kippen, weil sie zu faul sind die hunderte von steilen Treppenstufen hinunter und wieder hinauf zu steigen, nur um ihren Nachttopf fein säuberlich auf die Strasse zu kippen?


    Als ich mich als Vigintivir für das Amt der Strassenreinigung gemeldet habe, wusste ich auch nicht viel. Ich hatte bloss eine Idee, dass es wohl eher unpraktisch war, wenn sich jeder selbst um alles kümmern musste und dass es wohl keine eigenen Magistrate geben würde, wenn es nicht auch eine Art Strassenreinigung gegeben hätte.


    In der Zwischenzeit ist mir vieles klarer geworden und auch meine Idee mit den Schwemmungen von Strassen ist nicht einfach an den Haaren herbei gezogen, sondern historisch belegt.


    Hier daher mein Artikel. Sollte ich mit etwas mehr Zeit herausfinden, dass ich den Artikel in unserer Wiki noch mit einem Detail ergänzen kann, so werde ich das später tun. Zumindest in Hinsicht auf die Anstellung von Reinigungskräften unterscheidet sich meine Primärquelle (Frontinus) nämlich von dem, was in der Wiki steht.


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    Strassenreinigung im alten Rom


    Im 1. Jahrhundert v.Chr. beginnt die verfolgbare Position der Aufseher über den Zustand der Strassen. Damals wurden in der römischen Republik alle 4 Aedile mit der Aufsicht über den Zustand der Strassen betraut.


    Zu trennen ist in dieser Hinsicht auf jeden Fall die Müllabfuhr von der Strassenreinigung. Während die Müllabfuhr nicht organisiert war, sondern per Gesetz jeder Bürger zur Entsorgung seines Abfalls verpflichtet war, wurde die Reinigung der Strassen vom täglich anfallenden Unrat zentral organisiert.


    Bereits im 1. Jhr. v.Chr. waren von den 26 Vigintisexviri deren 4 für die Strassen in der Stadt und nochmals 2 für die Strassen ausserhalb der Stadt zuständig. Dazu gehörte auch die Wasserversorgung der Stadt, denn diese Wasserstrassen wurden ebenfalls "viae" genannt und gaben mit Sicherheit mehr Arbeit als die normalen Strassen. Hier musste nämlich peinlich genau kontrolliert werden, dass niemand unrechtmässig Wasser abzweigte. Praktisch jeder Tropfen war nämlich genau verplant und der Staat generierte auch Einnahmen durch den Verkauf von Wasserrechten. (Frontinus - De aquis urbis Romae, 118 )


    Einer der wohl bekanntesten curatores viarum, wie sie damals in Kurzform genannt wurden, war Caius Iulius Caesar.


    Unter Augustus beschloss der Senat vor dem Jahr 13 v.Chr., die 2 curatores für die Strassen ausserhalb der Stadt zu streichen. Zusammen mit einer weiteren Streichung von 4 anderen Stellen entstand so das Vigintivirat des frühen Prinzipats.


    Die Entsorgung des Abfalls oblag also gemäss den Gesetzen jedem einzelnen Bürger. Dabei war oft unklar, wo man Abfall entsorgen durfte und wo es verboten war. Die Funde von verschiedenen Verbots-Tafeln lassen erahnen, dass man alles versuchte um eine geregelte Entsorgung zu erreichen. Die Funde von diversen, nach Material getrennten, Müllhalden lassen darauf schliessen, dass doch eine gewisse Organisation vorhanden war. Auch die Tatsache, dass die Karren zur Müllabfuhr per Gesetz (Lex Iulia municipalis) vom Tagfahrverbot in der Stadt ausdrücklich ausgenommen waren, zeugt von der Wichtigkeit dieses Anliegens. Trotzdem gibt es genügend schriftliche Primärquellen, welche sich über die fehlende Einhaltung der Regeln beschwerten, sei es weil der Schreiber gerade über eine Urindusche aus einem Wohnblock meckerte, oder ein Ladenbesitzer sich über den erschwerten Zugang zu seinem Geschäft auf Grund des Abfalls seines Nachbarn beschwerte.


    Die Strassenreinigung hingegen scheint im kollektiven Gedächtnis der Geschichte untergegangen zu sein. Nur eine einzige Stelle bei Frontinus gibt Aufschluss darüber, dass tatsächlich überschüssiges Wasser zur Reinigung der Strassen und der Cloaken benutzt wurde:
    111. Ueberlauf will ich dass Niemand leite, ausser welche durch meine oder der frühern Fürsten Bewilligung die Erlaubniss dazu haben. Denn, dass aus den Schlössern einiges Wasser ausfliesse, ist erforderlich, sowohl zur Gesundheit unserer Stadt, als auch zum Gebrauch bei dem Reinigen der Cloaken.
    Dennoch reichen die Hinweise aus, um eine staatlich organisierte Reinigungstruppe annehmen zu lassen. Auch die archäologischen Funde würden dazu passen. Sowohl die erhöhten Gehsteine in Pompeji, vermutlich tatsächlich gedacht um auch bei geschwemmten Strassen trockenen Fusses die Seite wechseln zu können, als auch die erhöhten Gehsteige in vielen anderen Städten des Imperiums erhalten so neben dem Hochwasserschutz eine zweite Bedeutung.
    Gestützt wird die Annahme einer Reinigungstruppe auch durch den folgenden Satz von Frontinus (118 ) "Die Besoldung wird der Staats-Dienerschaft aus der Staatskasse gezahlt ..." Dies deutet darauf hin, dass unter der Aufsicht der curatores viarum eine ganze Organisation von Menschen arbeiteten, welche alle aus der Staatskasse ihren Lohn erhielten.
    Doch scheinbar war es für die Römer damals so alltäglich und normal, dass jeden Morgen ein Trupp Strassenwischer kurz die Strassen schwemmte und putzte, dass niemand es nötig fand, darüber mehr zu schreiben als einen kleinen Satz.


    Quellen:
    Primärquelle:
    Sextus Julius Frontinus - De aquis urbis Romae - Link zur deutschen Übersetzung


    Sekundärquellen:
    - Wilhelm Kierdorf: Viginti(sex)viri. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/2, Metzler, Stuttgart 2002
    - https://de.wikipedia.org/wiki/Vigintisexviri
    - https://de.wikipedia.org/wiki/…e_im_R%C3%B6mischen_Reich

  • Das werde ich gerne, doch in der Wiki gibt es schon einen Eintrag:


    Hier


    Die Infos sind ziemlich deckungsgleich. Lediglich in der Interpretation, ob es nun eine staatliche Putzkolonne gab oder nicht, unterscheiden wir uns sehr.


    Ich sehe den Satz von Frontinus: "Die Besoldung wird der Staats-Dienerschaft aus der Staatskasse gezahlt ..." als Beweis dafür, dass es sehr wohl eine staatlich organisierte Putztruppe gab, der bisherige Wiki-Artikel geht davon aus, dass dies nicht so ist.

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