Anis von Alexandria , Wahrsager und Astrologe

  • „Ein Medium ist wie der Name schon sagt, ein Vermittler zwischen Menschen und Göttern. Das ist diese Barbarin nicht. Wir Weisen aus Alexandria haben verschiedene Namen für Wesen, die Besessenheit auslösen, aber im Griechischen würde man ihn als kakodaimon, einen bösen Geist, bezeichnen.“


    Hairan hätte die Angelegenheit in bunten Farben ausmalen können, aber der Mann vor ihm sah nicht so aus, als wolle er allzu viel hören. Er war in Hairans Augen der typische römische Militärknochen, was in diesem Fall knappe klare Auskünfte und keinerlei künstlerische Ausschmückungen bedeutete, alles andere würde die Geduld des Urbaners überstrapazieren.
    Hairan sah Cerretanus durchdringend mit seinen schwarzen Augen an:
    „Nichts aufgefallen, was meine Erklärung belegt? Überlege, o edler Furius Cerretanus: Eine Unempfindlichkeit gegen Schmerzen vielleicht, so dass ihr Peitschenschläge, die einen starken Mann in die Knie zwingen würden, nicht das Geringste ausmachen?
    Lästern und Lachen in Situationen, in denen ein junges Mädchen zweifellos klagen und weinen würde?
    Diese erstaunliche Widerstandskraft und den Hass gegen das Menschengeschlecht geben ihr der böse Geist ein.
    Und denk nicht, wie es nahe läge, ein edler Römer könnte das Problem mit einem gezielten Schwerthieb lösen! Kaum wäre die Sklavin tot, würde sich der rasende Kakodaimon auf sein nächstes Opfer stürzen, vielleicht sogar auf ein Mitglied der glorreichen gens Furia.“


    Hairan schüttelte in gespieltem Entsetzen den Kopf. Ihm war gerade der Gedanke gekommen, nicht nur nichts für die Sklavin bezahlen zu müssen, sondern sie geschenkt zu bekommen und Geld obendrein:


    „In meiner Heimat ...äh Alexandria, gibt es nur eine Möglichkeit, mit solch einem Wesen fertig zu werden. Es muss in die Obhut der Magoi oder Zauberpriester gegeben werden. Denn wisse, der Kakodaimon hasst alle Lebenden so sehr, dass er mit seinen Drohungen oft wahre Weissagungen ausspricht. Hat nicht auch das besessene Mädchen Kyriakos vorausgesagt, sein Lupanar werde brennen? War es nicht so?
    Nur meine bescheidene Person kann den bösen Geist kontrollieren und seine Weissagekraft in den Dienst der Menschheit stellen.
    Wenn du möchtest, o edler Sohn des Mars, mache ich einen Kaufvertrag fertig, ich habe einen befreundeten Notar in...bei der Hand. Wie war noch die Vereinbarung?
    Du übergibst mir die Sklavin sowie hundert Denare, sobald sie aus dem Carcer kommt?“

  • Eigentlich interessierte Appius das ganze nicht. Er nickte beiläufig und täuschte Aufmerksamkeit vor
    Am Ende des Monilogs seines Gegenüber begann der Furier schallende zu lachen.


    " Du willst auch noch Hundert Denare von mir weil ich sie dir überlassen würde?


    Mann. Denkst du ich wäre eines dieser Opfer die du mit deinem Hokuspokus beeindrucken könntest?


    Du kannst sie haben sobald sie aus dem Carcer ist. Was danach kommt ist mir egal. Einzig allein meine dienstliche Pflicht wird sich noch damit beschäftigen."


    " Komm am besten morgen in der Castra vorbei. Da weiß ich mehr. Und nun...meine Zeit ist knapp.bich verabschiede mich höflichst.
    Habe die Ehre, Anis von Alexandria. Oder Hairan. Vale."

  • Hairan nickte, als der Optio der Urbaner seine Ansage wiederholte.
    Das nächste Wort "Hokuspokus" ließ ihn seufzen. Ein Ungläubiger.
    Ernst blickte er ihn an:
    "Ich bin nur ein Diener, edler Furier, doch die Götter lassen ihrer nicht spotten. Hüte dich vor Hybris, dem frevelhaften Übermut, er kann göttliches Unheil auf dich und die deinen herab rufen."

    Jemand anderes, der so frech aufgetreten wäre, wäre vermutlich nicht heil aus Hairans Halle gekommen, aber der Mann war Römer und Optio obendrein, zähneknirschend musste Hairan die Beleidigung seiner Kunst erdulden.


    Aber über die hundert Denare war noch nicht gesprochen worden.


    In diesem Moment sagte Furius Cerretanus: "Habe die Ehre, Anis von Alexandria. Oder Hairan. Vale."


    Hairan blieb ruhig, obwohl sein Verstand arbeitete: Hatte der Römer ihm gerade gedroht? Wußte er, wer und vor allendingen was er wirklich war? Bevor Hairan von Hyrcania nach Roma gekommen war, hatte er in anderen Städten gelebt: In Palmyra und in Alexandria. Hatte es aus diesen poleis Beschwerden oder Hinweise gegeben?


    Es war wohl besser, den Anweisungen des Urbaners zu folgen:
    "Morgen an der Castra, o Sohn des Mars", sprach er und legte die Fingerspitzen aneinander:
    "Vale bene"

  • Frisch aus den Thermen kommend, halsabwärts von einem Zupfer enthaart, in Duftöl gesalbt und stark geschminkt, erschienen Kyriakos und Evenor an der Tür des Anis von Alexandria. Der Mann hatte vor dem niederbrennenden Ganymed einen Denar springen lassen, da lohnte es sich, besondere Fürsorge beim Äußeren walten zu lassen. Beide Lupos trugen nichts als neue, pseudogriechische Röckchen. Nicht einmal Schuhe waren an ihnen zu finden. Kyriakos klopfte so, wie Anis von Alexandria es ihn angewiesen hatte.


    Im Hintergrund lungerte Nicon herum, der nicht wusste, was er machen sollte und darum die ganze Zeit mitgekommen war und nun einen Sitzplatz in einem der Hauseingänge bezog, wo er sich aus einer handlichen Amphore mit billigem Weinverschnitt volllaufen ließ. Die asoziale Körperhaltung stand im Gegensatz zu seinem herausgeputzten Äußeren und er war sichtlich angetrunken.


    Kyriakos und Evenor jedoch nicht, sie waren nüchtern und boten einen adretten Anblick, wie sie da standen, der eine mit schwarzen, der andere mit dunkelblonden Locken und darauf warteten, dass sie eintreten durften.

  • Hairan, der nur mit einen längeren bequemen Chiton aus quittegelber Seide bekleidet war, öffnete seine Porta, denn es war schon spät, und er wollte ungern Überraschungen erleben. Mit einer Handbewegung ließ er beide Männer eintreten.


    Er betrachtete beide und würdigte durchaus, wie gut und sauber sie aussahen. Er kannte wie alle in der Subura das Unglück des Ganymeds; von dem Geldsegen, den Velia ausgeschüttet hatte, wußte er nichts.


    Hairan, soweit das bei ihm möglich war, schätzte Kyriakos. Der Lupanarbesitzer war sozusagen sein Geschäftspartner; man bestellte, bezahlte, und bekam die Ware wie versprochen geliefert.


    Da Hairan etwas Zeit mit den Lupos zu verbringen wünschte, hatte er Erfrischungen vorbereitet, auf seinem Schreibtisch standen drei Becher mit vermischtem Wein, daneben ein Krug Wasser und trockener Kuchen auf einem Teller.


    „Chairete, meine Hübschen.“, sagte er und wies auf dem Wein:


    „Der Junge darf etwas von dem Wein trinken, du jedoch erst später, mein Freund Kyriakos. Du musst dich an das Wasser halten, denn im Becher ist nephentes, über das euer Homer schrieb:

    Gegen Kummer und Groll und aller Leiden Gedächtnis.
    Kostet einer des Weins, mit dieser Würze gemischet;
    Dann benetzet den Tag ihm keine Träne die Wangen,
    Wär' ihm auch sein Vater und seine Mutter gestorben,
    Würde vor ihm sein Bruder, und sein geliebtester Sohn auch
    Mit dem Schwerte getötet, daß seine Augen es sähen.
    Siehe so heilsam war das künstlich bereitete Mittel….


    Leider beeinträchtigt es die Manneskraft, zumindest wenn man es nicht gewohnt ist.“

    Hairan nahm jedoch aus seinem Becher einen großen Schluck, seine Augen glitzerten noch schwärzer als sonst:
    Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme:
    „Habt ihr Nymphis nicht mitgebracht? Schade, ein wenig Musik erfreut durchaus. Das wird den Preis drücken, nicht wahr?“
    Hairan lehnte sich zurück und machte es sich bequem:
    „Nimm dir ruhig vom Kuchen, Junge!“, sagte er zu Evenor.
    Er hielt den Halbwüchsigen für einen Sklaven des Kyrikos. In den meisten Lupanaren arbeiteten Sklaven und Sklavinnen, und der Parther konnte sich nicht vorstellen, dass ein freier Mann solche Arbeit tat.


    Dann fuhr er fort:„ Die kultische Reinheit verbietet einem Magos den Eros, aber der Augenlust kann er sich hingeben. Ich sage dir jetzt, Freund Kyriakos, was ich mir vorgestellt habe...“


  • "Nymphis kann nicht mehr spielen", sagte Kyriakos. "Jemand anderes wird künftig musizieren müssen oder du musst allein mit den Augen genießen." Er trat ein. Evenor, der ihm folgte, sah sich ängstlich um, doch Kyriakos fürchtete weder Gott noch Mensch. Die Dinge, die ihm Angst machten, waren gesichtslos. Er betrachtete die hergerichteten Speisen und Getränke. "Nichts anderes als Wasser hat je meinen Durst gestillt." Außer ein einziges Mal und das war ihm gewaltsam eingeflößt worden. "Ich trinke keinen Wein und kein nephentes, dennoch danke ich dir für das Angebot. Evenor kann ihn haben. Er wird seine Manneskraft nicht benötigen, nehme ich an."


    Während Evenor sich auf die Einladung hin mit unverhohlener Gier auf den Kuchen stürzte, trank Kyriakos langsam etwas Wasser. Evenor schaufelte. Wie die meisten Straßenkinder hatte er weder Tischmanieren noch war er in der Lage, sich zu zügeln, wenn man ihm Speisen anbot. Fast ohne zu kauen schlang er den gesamten Kuchen hinunter und trank zwei Weinbecher leer, ohne einen Tropfen übrig zu lassen. Schließlich hatte Kyriakos abgelehnt. Binnen weniger Augenblicke war der Tisch, vom Wasser abgesehen, leergeräumt. Kyriakos verzichtete darauf, sich für Evenor zu entschuldigen. Der Magus würde wissen, wen er sich mit dem hübschen Jüngling bestellt hatte und dass er nichts anderes hätte erwarten können, wenn er einem Straßenjungen Speis und Trank anbot.


    "Also, mein Freund", sagte Kyriakos für seine Verhältnisse freundlich zu dem Mann, der sich Anis von Alexandria nannte. "Wie dürfen wir dich erfreuen?" Er hätte zu gern gewusst, welchen Nutzen er sich von seiner kultischen Reinheit versprach, aber das zu fragen war nicht der richtige Zeitpunkt.


    Sim-Off:

    Wie wirkt das Getränk auf Evenor? Wenn du möchtest, kannst du das gern ingame ausschreiben, was er nun nach der doppelten Dosis durchlebt.

  • „Ich hoffe doch, der kleine Nymphis befindet sich wohl.“, sagte Hairan und wechselte ins Griechische. Er sprach passabel koiné, das im Partherreich eine verbreitete Umgangssprache war, aber nicht so ,dass er sich einem Griechen gegenüber als Muttersprachler hätte ausgeben können. Kyriakos wußte, wie der Magus wirklich hieß und vermutlich auch, dass er aus einer bedeutenden parthischen Familie stammte, denn Hairan deutete das ihm gegenüber sehr gerne an.


    Der Parther sah regungslos zu, wie der junge Evenor gierig zugriff. Er warnte ihn nicht, als der Jüngling zwei Becher von dem angereicherten Wein trank, aber in seinem Mundwinkel zuckte es. Ein neuer Kunde für nepenthes? Einige der anspruchsvolleren Lupos und Lupas bezogen es aus seinem Haus, denn es half ihnen wunderbar, ihr Leben zu auszuhalten.Sogar die Zumutungen besonders widerlicher Kunden glitten an jemandem, der nepenthes getrunken hatte, ab wie Öl. Der Nachteil: Papaver*, das den Grundstoff bldete, war zwar wirkungsvoller, aber auch viel teurer als billiger Wein. Wer nepenthes verfiel, war gezwungen, über jedes Maß hinaus in den Lupanaren zu arbeiten oder zu stehlen.
    Die einzigen Hairan bekannten Lupos, die keinen Wert auf Rauschmittel legten, waren Kyriakos und Velia.


    Auch jetzt trank der ehemalige Lupanarbesitzer nur Wasser.


    Weil Kyriakos' jugendlicher Begleiter an den Trank nicht gewöhnt war, trat die Wirkung fast sofort ein: Evenors Augen glänzten groß und schwarz und ein seliges, etwas dümmliches Lächeln zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Er setzte sich auf die Stuhlkante und wiegte sich leicht hin -und her.


    Hairan selbst nahm einen großen Schluck aus seinem Becher, papaver war ein Bestandteil von Theriak, und der Parther war seit Kindesbeinen an Theriak gewöhnt worden.


    „Ich hoffe doch, dass Evenor jetzt nicht sofort einschläft.“,sprach er etwas amüsiert und kam dann zu seinem Wunsch:
    „Ich hatte kürzlich einen Kunden aus Hellas ,und seine Erzählung inspirierte mich zu einer anregenden Szene. Ich sah vor meinem inneren Auge den jungen Evenor als deinen Eromenos und du, Freund Kyriakos warst sein Erastes.**
    Ich wünsche das Vergnügen zu haben, zu sehen, wie leidenschaftlich ihr Griechen es mit euren Knaben treibt, denn das tut ihr doch wohl. Doch wie fangt ihr es an? Nähert ihr euch während der Lektüre?
    Reizt ihr den Jungen mit auserlesenen Zärtlichkeiten? Nehmt ihr ihn euch dann richtig her? Erlebt er Lust oder duldet er es nur? Vielleicht erinnerst du dich selbst noch an deine eigene Zeit als pais, als griechischer Knabe.“

    Den letzten Satz betonte Hairan mit einer gewissen Boshaftigkeit.
    Er nahm eine Schriftrolle von seinem Schreibtisch, beugte sich vor und drückte sie Evenor in die Hand, der sie jedoch beinahe fallen ließ, so sehr war er bereits weggetreten.


    „Na, na,na aber nicht doch, mein lieber Eromenos, auf zum Studium.“, sagte der Parther, und drehte Evenor so hin, dass er mit dem Rücken zu Kyriakos saß:
    „Mit diesem Spektakel würdet ihr mich in der Tat sehr erfreuen.“



    Sim-Off:


    * Opium
    ** Erastes/ Eromenos

  • "Nymphis wird sich bald wieder fangen."


    Dass Hairan in seiner Muttersprache redete, hatte einen unangenehmen Beigeschmack, der davon herrührte, dass hier die hellenische Kultur parodiert wurde. Kyriakos verzichtete darauf, dem Parther zu erklären, dass die Beziehung zwischen Erastes und Eromenos nicht zwingend körperlich sein musste, wenngleich sie es oft war. Sie waren nicht hier, um einen Plausch zu halten.


    "Ich erinnere mich gut an meinen Erastes."


    Die Finger von Kyriakos strichen um die Kehle von Evenor. Jetzt an Lysander zu denken war das Letzte, was ihm einfallen würde. Er konzentrierte sich lieber auf den Jüngling, um seinen alten Lehrer zu vergessen, der ihn zu Höchstleistungen gebracht und dann vernichtet hatte. Unter seinen Fingern spürte er die weichen Muskeln von Evenors schmalem Hals.


    "Wir stellen eine Szene aus Athen nach."


    So weit kam es noch, dass er zuließ, dass der Parther sich über Sparta lustig machte, wo man sich während der Leibesübungen annäherte. Athen war in Ordnung. Evenor versuchte ungeschickt, die Schriftrolle zu öffnen. Verkehrt herum betrachtete er den Inhalt. Sein hübsches Gesicht glotzte blöde, da er nicht lesen konnte und die Drogen taten ihr Übriges.


    "Müde, mein Schüler?", fragte Kyriakos fürsorglich, allerdings musste er auf Latein sprechen, da Evenor des Koiné nicht mächtig war, von einigen Alltagsfloskeln abgesehen. Mit einer Hand massierte der Spartiate den Nacken von Evenor, der den Kopf ins Genick legte und ihn angrinste. Kyriakos zu Diensten sein zu dürfen, war für die Jungs eine Ehre, die er nicht oft gewährte und nicht allen. Etwas, das Vorteile versprach und darum nicht ausgeschlagen wurde, selbst wenn sie gerade nicht arbeiten würden, sondern privat ein bisschen spielten.


    "... müde ...", brachte Evenor mit einigen Anlaufschwierigkeiten hervor.


    Kyriakos beugte sich über ihn, um ihn zu küssen. "Deine Stunde ist noch nicht vorüber. Wir sollten etwas für deine Aufmerksamkeit tun."

  • Hairan war es gleich, ob es eine Szene aus Athen oder Sparta oder sonst einer griechischen Stadt war, die die beiden Lupos nachstellen würden


    „Athen also, sehr schön“, lobte er und sah über Evenors Ungeschicklichkeit hinweg, mit der er einen gebildeten pais zu mimen versuchte. Ein Eromenos zu sein war etwas für freie Jünglinge aus bestem Hause, die zu den höchsten Anlagen Hoffnung gaben. Erastes zu sein war eine hohe Ehre für einen Mann von Adel an Geist und Körper, das wußte der Parther, und er zog sein Vergnügen aus der Travestie, mit der Kyriakos die Traditionen seines Landes gegen Bezahlung in den Schmutz ziehen sollte.


    Was der Grieche und sein Jüngling nun trieben, begann ihn zudem körperlich zu erregen, während er den Blick auf die beiden heftete, um sich von dem kommenden Spektakel keinen Moment entgehen zu lassen.


    Nur als Evenor vor sich hin grinste, rief er ihm zu:
    „Etwas mehr Ernst bei der Sache, Eromenos! Du kannst später schlafen, wenn ich mit deinem Herren noch ein wenig plaudere!“


    Evenor wollte ihn jedoch gar nicht ärgern, er hatte lediglich viel zu viel vom Nepenthes getrunken, was ihn zu leisem Gekicher verleitete. Gut so, dass Kyriakos ihm sein dummes Maul mit einem Kuss verschloss, sonst hätte der benommene Halbwüchsige die schöne Illusion zerstört, Zeuge eines intimen Momentes zu sein.


    Zwischendurch trank der Parther noch mehr von seinem Opiumgetränk, das er ausgezeichnet vertrug.


    „Ich bin ebenfalls dafür, etwas für seine Aufmerksamkeit zu tun!“, feuerte er den Lupo an, während er sich in seinem Sessel hinter seinem Schreibtisch zurücklehnte und seine rechte Hand unter seinem gelben Gewand mit ihrem einsamen Vergnügen begann.

  • Kyriakos brachte seinen Mund an das Ohr von Evenor, als würde er ihm zärtliche Worte zuraunen. Mit freundlichem Gesicht knurrte er leise: "Hör auf zu grinsen." Danach küsste er ihm das Ohr. Der Kopf von Evenor rollte einmal im Kreis, ehe er sich wieder fing. "Und LIES, du willst doch klug werden", fügte Kyriakos lauter hinzu. "Oder muss ich den Rohrstock holen? Wer seinen Schüler liebt, schlägt ihn, auch wenn jeder Hieb das eigene Herz trifft, sollte das notwendig sein."


    Diesen und ähnliche Sprüche hatte er selbst bis zum Abwinken gehört.


    Wenn ich dich schlage, ist es nur, weil es gut für dich ist.
    Schmerz hilft, Schmerz heilt, Schmerz lehrt.


    Und, und, und.


    "Bitte nicht ... ähm ... Herr Lehrer?" Evenor war selbst nüchtern nicht gerade der Hellste, ein erotisches Rollenspiel, noch dazu improvisiert, überforderte seine grauen Zellen endgültig. Und geschlagen werden wollte er auch nicht. Er hob erneut das Papyrus und wollte es weiter ausrollen, aber die Rolle schnappte immer wieder zusammen. Er giggelte.


    Kyriakos würde ihn gern schlagen. Aber das war wohl nicht das, was Hairan sehen wollte.


    So bedeutete er Evenor, aufzustehen und sich auf seinen Schoß zu setzen, so dass sie gemeinsam in das Pergament schauen konnten. Er half ihm mit einer Hand, es zu entrollen. Und während er tat, als würde er mit ihm gemeinam lesen üben, schlüpfte seine andere Hand unter das Röckchen von Evenor. Er streichelte ihn, um sich selbst anzuheizen, was Evenor empfand war nicht von Relevanz. Irgendwann konnte Hairan erahnen, dass unter dem Röckchen noch mehr vorgehen musste. Kyriakos zeigte ihm, was das war, indem er Evenors Schenkel mit der freien Hand öffnete, wodurch sich das sehr kurze Kleidungsstück sich weit genug hob. Er war nicht in dem Jüngeren, sondern klemmte zwischen seinen Beinen, denn so war es üblich zwischen Erastes und Eromenos. Seine Finger streichelten sie beide, während sie lesen übten, so dass Hairan etwas zu sehen hatte.


    Evenor schloss irgendwann die Augen und lehnte sich genüsslich nach hinten an Kyriakos an. Er konnte faul sein und seinen Rausch samt Streicheleinheit genießen, ohne sich abrackern oder Schmerzen leiden zu müssen und fand die Stunde darum gar nicht übel.

  • Hairan keuchte leise, als er den Älteren und den Jüngereren beim Schenkelverkehr beobachtete, ab und an
    stießen seine Knie an den Schreibtisch und brachten ihn zum Beben.
    Nach einer ganzen Weile stieß der Parther ein langezogenes Stöhnen aus, dann schloss er kurz seine Lider, und während er Entspannung erreichte, röhrte er:
    " Meine Nannaia! Meine Nannaia, o vergib mir, dass ich dich verlassen habe!“


    Kaum war so weit, wischte er sich mit angeekeltem Gesicht die Hände an dem Tuch auf seinem Schreibtisch ab, dann eilte er in die kleine Cella, die ihm als Bad diente, wusch sich im vollen Becken und schüttete sich Parfüm über seine Finger.


    Danach kam er wieder in den großen Saal, und seine schwarzen Augen waren wie zwei dunkle Abgründe im bleichen Gesicht.
    Seine Stimme war herrisch, als er auf Evenor deutete und Kyriakos befahl:
    „Lass ihn schlafen! Es geschieht ihm nichts. Nepenthes ist ein Heilmittel, mein Freund, gegen die Schmerzen des Körpers wie der Seele. Falls einer deiner Lupos wegen seiner Brandwunden nicht schlafen kann, gib ihm je nach körperlicher Konstitution acht bis zehn Tropfen in seinen Wein. Bei einem kleinen Kind wie Nymphis empfehle ich drei Tropfen auf ein Stofftuch, von dem es lutschen soll, um sicher zu gehen, dass es nicht in den Schlaf fällt, aus dem niemand erwacht.“


    In plötzlicher Großzügigkeit schob Hairan Kyriakos die kleine Phiole mit der dunklen Flüssigkeit hin:
    „Für deine armen Burschen, die im Feuer gelitten haben“, flüsterte er, und gerührt über seine eigene große Güte weinte er einen Moment, dann herrschte er unvermittelt Evenor an:
    „Konntest du nicht ein griechischer Jüngling sein, der wenigstens die Schriftrolle richtig herum hält? War das zu viel verlangt? Warum hat man mir nicht einen gebildeten jungen Lupo verschafft – falls das überhaupt existiert?! Aber du, Freund Kyriakos, du bist doch einer dieser griechischen Knabenschänder und außerdem ein Mann von Welt, richtig?...“


    Hairan vergaß die kultische Reinheit, legte dem Lupanarbesitzer die Hand auf die Schulter, zog ihn zu sich her und stieß hervor:
    „Stell dir vor, sie war zwölf Jahre alt, und tief verschleiert wurde sie in mein Haus geführt. Ich lüftete ihre Schleier, und meine Braut war schön, doch noch mehr war es die leuchtende, tiefe Intelligenz in ihren schwarzen Augen, die mich anzog. Keine Furcht vor mir hatte Nannaia, Tochter von Suren...“,
    Er nahm das Portrait der jungen Frau, das an einigen Stellen schon ausgeblichen war, in die Hand und hielt es Kyriakos unter die Nase:


    „Sieh sie an, sieh sie genau an, hörst du?...Ist sie nicht eine Schönheit? Gestehe, dass es keine wie sie gibt! Bald entdeckte sie, welche Kenntnisse ich über...Heilpflanzen hatte und weißt du, was dann geschah?“

  • Kyriakos stand auf, so dass auch Evenor sich erheben musste. Der Jüngling konnte sich kaum auf den Beinen halten und musste gestützt werden. Kyriakos verfrachtete ihn an eine Stelle, wo er nicht störte. Dort ließ er ihn niedersinken.


    "Schlaf, Evenor." Er strich ihm mit den Fingern über die Augen.


    "Ich schlafe", hauchte der Jüngling gehorsam, schloss die Lider und war sofort weggetreten. Offenbar hatte er nur noch mit Mühe gegen die Wirkung des Nephentes ankämpfen können. So brauchte Kyriakos nicht die geschenkte Phiole anreißen, für die er sich mit einem Nicken bedankte. Nun schaute Kyriakos sich das Bild an, was ihm vor das Gesicht gehalten wurde, ohne es anzufassen und so am Ende noch zu besudeln. Er pfiff anerkennend.


    "Deine Braut ist eine Schönheit. Wenn sie obendrein noch mit Verstand ausgestattet ist, macht das ihre Gegenwart sicher angenehm."


    Auf den Kommentar, er wäre ein Knabenschänder, gab Kyriakos keine Antwort. Evenor war mit 14 längst ein erwachsener Mann, aber manche Römer hatten sich da albern und offenbar auch einige Parther.


    "Ich habe nur geistlose Lupos, dafür sind sie hübsch", murrte er. Wer mal Verstand besessen hatte, der hatte ihn sich weggetrunken oder mit anderen Rauschmitteln zerstört. Der Einzige, der Verstand hatte, war Satibarzanes und der hatte ihn sitzen gelassen. "Aber das wird sich in Zukunft ändern. Ich habe vor, mein Geschäft wieder aufzubauen. Mit breiterem Angebot." Und zuverlässigerem Personal. "Ein gebildeter Jüngling ist ein interessanter Ansatz. Mal schauen, ob sich nicht einer organisieren lässt."


    Inzwischen war er ja "etwas" wohlhabender als noch vor kurzem. Er warf Hairan einen prüfenden Blick zu. Der Parther wirkte ganz aufgelöst, er hatte ihn sogar an der Schulter berührt und an sich herangezogen. Dass Kyriakos noch erregt war, schien ihn nicht zu stören. Kyriakos ließ es geschehen, ohne auszuweichen. Wenn Hairan seine kultische Reinheit befleckte, weil ein stehender Schwanz in seine Richtung zeigte, war es nicht Kyriakos' Schuld.


    "Deine Nannnaia. Was geschah denn, nachdem sie deine Kenntnisse über Heilpflanzen erkannte?"

  • „Ich gratuliere zu dem Ziel, dein Geschäft wieder aufzubauen; niemals unterkriegen lassen, was?! Einen gebildeten Lustknaben wirst auf dem Sklavenmarkt erwerben können, die Römer nennen so etwas „puer delicatus.“ und besorgen sie aus Alexandria oder Athen. Außerdem solltest du Eunuchen kaufen, Eunuchen zeugen von Luxus und Eleganz, selbst der göttliche Kaiser Nero hat einen geheiratet ; ich besaß früher selber welche, denn in Hyrcania hätte sich etwas anderes als ein Beschnittener meinem Weib nicht nähern dürfen.“


    Hairan schüttelte sich vor Abscheu:
    „Hier lassen sich Römerinnen von Sklaven, die noch im Besitz ihrer vollen Manneskraft sind, sogar ihre bloßen Leiber massieren, schamlose Huren alle miteinander.“, sagte er voller Hass, dann betrachtete er Kyriakos immer noch aufgerichteten Penis mit liebevollem Blick:
    „ Du bist ein mit klugem Geist und mit einem edlen Körper ausgestatteter Mann; gewiss warst du eine Freude für deinen Erastes, als du ein Jüngling warst.“, schmeichelte er:


    „Du hörst mir genau zu, nicht wahr?
    So höre nun die Geschichte meiner Nannaia. Als sie meine Kenntnisse über Heilpflanzen bemerkte, wurde sie meine Schülerin, meine Vertraute, meine Mitarbeiterin, ja meine Lehrerin. Niemals gab es ein Weib wie sie.
    Sie war es, die mich darauf brachte, dass Pflanzen bei Frauen und Kindern doch auch anders wirken könnten als bei den kräftigen Kriegsgefangenen, denen ich normalerweise meine Tränke verabreichte. Gemäß Nannaia bedurfte es genauerer Untersuchung der Wirkung und der notwendigen Dosen. So sehr manche dieser unwürdigen Sklavinnen um ihr Leben oder das ihrer Kinder flehten, Nannia fehlte jegliche Schwäche, die ihrem Geschlecht normalerweise anhaftet und lächelnd reichte sie ihnen den Becher mit dem Trunk. Wie du, Freund Kyriakos, war sie aufmerksam, und ihre kleine zarte Hand ritzte ihre Notizen in Wachstafeln. Nichts entging ihr, und wenn wir später das Lager teilten – wie sehr ich ihren weißen, schönen Körper liebte – erzählte sie mir mit leuchtenden Augen von ihrem Tagewerk.
    Glaub mir, Kyriakos, dies waren die glücklichen Tage von Hyrcania.


    Wieder wurden Hairans Augen tränenfeucht, ohne dass er dem jedoch Aufmerksamkeit widmete; es war der Rausch, der ihn abwechselnd in bittere oder süße Stimmung brachte:
    „Daher kann ich dir genau sagen, wie viel du von jedem Mittel einem Knaben wie Nymphis geben kannst, ohne das ihm ein Leid geschieht; Nannaias Forschung machte das möglich.“


    Er schob Kyriakos zum Stuhl hin:
    „Dein puer delicatus schläft den süßen Schlaf von nepenthes. Kuchen hat er keinen übrig gelassen, und Wein magst du nicht, so nimm mit klarem Wasser vorlieb.“, sagte er ein wenig spöttisch:
    „ Nutzen wir die Pause, die uns Evenor verschafft. Erzähl mir o Freund Kyriakos, ob es in deiner Vergangenheit auch glücklichere Tage gegeben hat.“

  • "Aber was geschah dann?" Hairan schien seine Freude daran zu haben, sich jedes Mal an der spannendsten Stelle zu unterbrechen. "Du sprichst in der Vergangenheit von Nannaia."


    Kyriakos ließ sich auf dem Stuhl nieder. Seine Miene war ausdruckslos und seine Lust hatte sich verabschiedet, als Hairan erneut daran erinnerte wessen Eromenos er einst gewesen war.


    "Mein Erastes hat mich gehasst. Er hat mir das hier angetan."


    Er nickte kurz in Richtung seiner Füße. Bei dem Gedanken an Lysanders schwielige Hände, die ihn gierig betatschten, packte ihn die kalte Wut, mehr noch bei der Erinnerung, wie dieser ihn herumgereicht und an seinen Gefährten verborgt hatte, der keinen Eromenos besaß, als wäre Kyriakos ein Stück Vieh. In seiner Erinnerung waren die beiden Männer riesig und uralt, als sie seinen schmalen Körper zwischen sich klemmten, bis er keine Luft mehr bekam und ihn hinterher auslachten, wenn es ihm nicht gelang, zu überspielen, dass es ihm schlecht ging. Noch heute konnte man Kyriakos auf die Palme bringen, wenn man ihm auf den Hintern klatschte. Kyriakos trank Wasser, um sich zu beruhigen.


    "Schöne Tage", sagte er etwas zu laut. "Ja, die gab es. Bei den paides hatte ich in den ersten Jahren viel Freude. Mit sieben beginnt dort die Ausbildung. Das Leben in den agélai, den Jungengruppen, war eine unbeschwerte Zeit. Wir waren Tag und nach draußen, jagten, kämpften, tanzten, spielten. Der paidonómos, der uns trainierte, war ein anständiger Mann, der uns nicht öfter die Peitsche spüren ließ als notwendig war. Er brachte uns auch das Lesen bei." Und nicht der verdammte Erastes, der ihn mit 12 aus der Gruppe riss. "Mein einziges Gewand war ein phoinikis, ein kurzer Chiton, aber mehr brauchte ich nicht. Alles, was ich benötigte, hatte ich. Holz zu sammeln war eine unserer häufigsten Aufgaben, es trainierte die Kraft und fütterte das Feuer der phaiditia. Außerdem machte es mir Spaß. Ich hatte aufgrund meinter Tüchtigkeit in der Ausbildung mit meinem besten Freund Dorieus damals die ehrenvolle Aufgabe, die Heloten auszuspionieren und wenn wir nachts einen draußen erwischten oder einen belauschten, der schlecht über seine Herren sprach, durften wir ihn töten."


    Im Gegensatz zu Hairan erfüllte ihn das Sprechen über diese Zeiten nicht mit Freude, sondern mit Wut, weil sie vorbei waren.


    "Eunuchen sind zu teuer", sagte er, um wieder an die Gegenwart zu denken. "Es sei denn du weißt, wo man preiswert welche herbekommt." Er schaute kurz in Richtung von Evenor. Er war zwar schon 14 ... aber eine Kastration sollte dennoch nicht ohne Wirkung bleiben. "Du musst in Wohlstand geschwelgt haben. Warum aber lebst du nun hier, in der Subura? Warum hast du Nannaia nicht mitgenommen? Sie könnte dir hier helfen."

  • Hairan folgte dem Blick des ehemaligen Besitzers des Ganymed auf den schlafenden Evenor, und er nickte wissend:
    „Unzweifelhaft würde durch eine Kastration sein Wert steigen.“, stimmte er zu, denn immer noch hielt er den Halbwüchsigen für dessen Sklaven.


    Als Kyriakos aber sagte, dass sein Erastes ihn gehasst und verstümmelt hatte, zog Hairan eine Augenbraue hoch:
    „Dein Erastes muss ein wahrhaft grausamer Mann gewesen sein.“, sprach er und in seiner Stimme schwang eine gewisse Anerkennung mit; dann lachte er leise:
    „Doch deine spartiatische Erziehung in den agélai, klingt wie eine Kindheit aus unserer alter Zeit. Ist eine phaiditia ein Knabenhaus?
    Wir Parther sagten früher, ein Junge solle drei Dinge lernen: sich auf seinem Pferd halten, mit Pfeil und Bogen sein Ziel treffen und immer die Wahrheit sagen.“*


    Als Kyriakos davon sprach, wie er und sein bester Freund Heloten getötet hatten,
    nickte Hairan zustimmend und nahm erneut von Nepenthes:
    „Wen kümmert schon ihr Tod?
    Drei Jahre vergingen, und Nannaia und ich lebten in völliger geistiger und körperlicher Übereinstimmung zusammen.
    Ich schrieb an meinem bahnbrechenden Werk über Gifte, das selbst die Werke der Könige Mithridates und Attalos Medicus übertreffen sollte, und Nannaia selbst schrieb mir das Vorwort über den König auf dem Berg. Nur eine Bitterkeit gab es; sie schenkte mir keine Söhne. So oft sie empfing, stets verlor sie das Ungeborene. Dennoch hätte ich sie nie verstoßen.“

    Hairan wischte seine Augen:
    „Du glaubst doch auch nicht, dass Heloten und Sklaven wie wir von edlem Blut und Söhne des Dyaus pita, des höchsten Zeus sind?“, fragte er:
    "Hast du dich denn auch jemals gefragt, Freund Kyriakos, ob wir auch anders sterben als sie?"


    Sim-Off:

    * Herodot berichtet diese Erziehungsziele zumindest von den Persern

  • "Mein ehemaliger Erastes ist ein Arschloch", sagte Kyriakos ungerührt. "Wenn ich Lysander finde, töte ich ihn. Seine Spur hat mich nach Roma geführt, hier habe ich sie verloren. Der Nichtswürdige hat sich als Sklave verkaufen lassen, ich suche seinen Verkäufer, um herauszufinden, wohin er gelangte, aber ein Sklavenhändler ist naturgemäß oft auf Reisen. Bisher ist die Spur kalt und tot."


    Nun betrachteten sie beide Evenor, der arglos schlief.


    "Kennst du jemanden, der Eunuchen herstellt? Und bis zu welchem Alter macht das Sinn? Ich hätte noch einen zweiten Kandidaten."


    Bevor er das Leben des hübschen Evenor riskierte, wäre ein Testdurchlauf an einem weniger wertvollen Lupo nicht schlecht. Kyriakos hob den Blick und sah nach oben, als es um die Götter ging. Er selbst glaubte nicht mehr an ihre Existenz, aber das behielt er in der Regel besser für sich und so imitierte er diese götterfürchtige Geste.


    "Falls Heloten von Zeus abstammen, dann sind sie seine Arschgeburt. Und natürlich sterben Spartiaten anders, sie gehen mit Würde von dieser Welt. Heloten schreien und winseln um Gnade, wenn sie bemerken, dass ihr Ende naht. Ein Spartiate blickt dem Tod aufrecht entgegen. Du sicher auch, Freund Hairan. Oder warum fragst du? Ist Nannaia auf diesem Weg von dir gegangen?"


    Als Hairan seine Tränen wegwischte, zeigte Kyriakos keine Regung. Jeder Versuch des Zuspruchs oder Trosts würde einem Mann Schwäche attestieren. Man wartete kommentarlos, bis er sich von allein beruhigte, so brachte man ihm am wenigsten Schande. Wobei Kyriakos sich selbst zurückgezogen hätte, wenn ihm die Beherrschung entglitt, anstatt sich in Gegenwart eines anderen diese Blöße zu geben, aber Hairan war eben nur ein Parther.


    "Eine pheiditia ist eine Speisegemeinschaft in Sparta, im übrigen hellenischen Gebiet heißt sie syssition. Das ist eine Männermahlgemeinschaft. Der Name pheiditia ist ein Scherz. Er kommt von pheidesthai - sparen. Die gemeinsamen Mahlzeiten in Sparta sind doch eher karg. Teilnehmen darf man erst mit 20 Jahren, aber Holz sammeln schon eher."


    Sim-Off:

    Ich hatte mich im letzten Post verschrieben - es heißt üblicher Weise nicht phaiditia sondern pheiditia. Wobei an manchen Stellen ebenso die Variante mit a zu finden ist.

  • „Das kommt darauf an, was du mit deinem Eunuchen bezwecken möchtest.“, erwiderte Hairan gutgelaunt:
    „Um einen puer delicatus zu schaffen, nimmt man Knaben, die noch keine Schambehaarung haben und folglich jünger sind als dein Evenor. Verschnittene Männer dagegen dienen als Wächter des gynaikon, der Frauengemächer. In der Tat habe ich schon die Betäubungstränke für den Eingriff hergestellt; denn schließlich sollte die Entmannung, falls sie nicht etwa zur Bestrafung eines Kriegsgefangenen dient, nicht schmerzhaft sein, und warum sollte der kleine Evenor bestraft werden?"


    Außer für seine Dummheit, eine Schriftrolle verkehrt herum zu halten, dachte Hairan.


    Als Kyriakos seinen Erastes ein Arschloch nannte und ankündigte, ihn zu töten, brach der Parther in Gelächter aus. Einfach zu köstlich dieser Kyriakos!
    „Ja, bring ihn ruhig um, deinen Erastes!“, wieherte er:
    „Meiner Erfahrung nach sind alle Sklaven Tratschmäuler, warum fragst du nicht einen von denen, ob sie einen
    älteren Spartiaten kennen? Die Römer geben ihnen ja sogar Geld für die Lupanare; bestimmt kommen auch Sklaven-Kunden zu deinen Lupos! “


    Hairan hörte auf zu lachen und wurde ernst, nun wischte er sich erneut die Augen:
    „Nannaia lebt, obwohl ich mich frage, ob ihr Schicksal nicht schlimmer ist als der Tod.“, sagte er
    sehr düster:
    Und natürlich sterben Spartiaten anders, sie gehen mit Würde von dieser Welt. Heloten schreien und winseln um Gnade, wenn sie bemerken, dass ihr Ende naht. Ein Spartiate blickt dem Tod aufrecht entgegen - das ist eine interessante These, Freund Kyriakos.
    Nannaia, die keine Furcht kannte, jeden Gedanken auch bis zur letzten Konsequenz zu Ende zu denken, wollte es genau wissen: Stirbt ein Mann von Adel auf die gleiche Weise wie ein Gefangener oder Sklave? Braucht es mehr oder weniger von Gift? Und was ist mit Frauen und Kindern von edlem Blut?“

    Hairan sah die gemalten Götterstatuen an den Wänden an, im flackernden Licht der Öllampen schienen sie sich zu bewegen; es waren nicht seine Götter, dennoch furchterregend, einen Moment nur, dann glitt wieder ein Lächeln über sein Gesicht:
    „Pheidita von pheidesthai– einmalig! Diesen Scherz muss ich mir merken!“Er trank weiter, mittlerweile war er beim fünften Becher Nepenthes angelangt, und buchstabierte wispernd das Wort „p-h-e-i-d-e-s-t-h-a-i, sparen, wegen der spartanischen Kost...“ und lachte kurz auf, dann richtete er seinen Blick fast drohend auf Kyriakos:
    Gaspar Surena, der greise Onkel meines Weibes, war dann der Erste.“, sagte er sachlich und ohne eine Spur von Belustigung.

  • | Titus


    Wie zuletzt von einem der Vögelchen bemerkt gab es einen neuen Laden im Revier der Krähe der noch nicht Besuch erhalten hatte von ein paar freundlichen Mitarbeitern des Helvetius Archias. Heute sollte das nachgeholt werden, doch abweichend vom üblichen System kamen zu Hairan nicht zwei, oder mehr Banditen, um das Schutzgeld zu erpressen, sondern... Titus.


    Da ein windiger Astrologe (und genau auf das ließ das Türschild eben schließen) nicht gerade als große Gefahr eingestuft wurde (im Gegensatz z.B. zu einem muskelbepackten, aufbrausenden Lupanarbesitzer) hatte Räuberhauptmann Babilus für den anstehenden Besuch Titus und Cicatrix, einen der niederen Räuber, ausgewählt, um mit dem Besitzer zu sprechen. So hatte Babilus die wirklich brauchbaren Männer für wichtigere Aufgaben frei. Cicatrix jedoch hatte es geschafft sich ebenfalls aus der Affäre zu winden, da er mit Titus am Vortag gewettet hatte wer mehr saufen könne, der Gewinner müsste dann nicht mit und da jeder -außer Titus- wusste, wieviel Titus vertrug (bzw. nicht vertrug), war der Gewinner eigentlich schon im Vorhinein festgestanden und so kam es, dass Titus an diesem Morgen alleine und noch leicht verkatert auf dem Weg zum Astrologen war, während Cicatrix seinen Sieg feierte und sich ein paar schöne Stunden im Lupanar Magnum Momentum machte.
    Endlich am Ziel angekommen öffnete Titus die Tür und trat ein. Ihm war etwas mulmig zumute, das hier war schließlich das erste Mal, dass er eine Schutzgelderpressung alleine durchzog. Hoffentlich würde alles nach Plan verlaufen.

  • Die Wände waren blutrot gestrichen. Ein lokaler Künstler hatte aegyptische Götter aufgemalt oder was er für aegyptische Götter hielt, denn er kam nicht aus jener Gegend..
    Aber Anubis mit dem Schakalkopf, Horus mit dem Falkenkopf und Sachmet, die Löwenköpfige, die Krankheiten brachte, konnte man gut erkennen; sie ragten grellfarbig und überlebensgroß an der Rückwand emphor.
    Licht und Luft fluteten durch eine Luke an der Decke hinein, denn es gab in dem großen Raum keine Fenster.


    Ein leichter Luftzug bewegte Glöckchen und Münzen, die unter der Luke aufgehängt worden waren. Der Weihrauch aus der kupfernen Schale kräuselte sich und stieg zur Decke , die dunkelpurpurnen Vorhänge, die die Tür zum Garten verdeckten, blähten sich, als würden sie von unsichtbarer Hand bewegt.
    Vor der Götterwand stand ein schwarzer Tisch. Darauf befanden sich eine Weihrauchschale , ein Dolch mit seltsamen Zeichen auf der Schneide und einem schlangenköpfigen Griff und ein menschlicher Totenkopf, in dessen Augenhöhlen zwei Kristalle funkelten.


    Hinter dem Tisch stand ein Sessel, vor dem Tisch derer zwei. Sitzflächen und Rückenlehne waren aus schwarzen Lederbändern geflochten.
    Auf dem Sessel saß der Herr des Hauses, Hairan Karena, der sich in Roma „Anis von Alexandria“ nannte.


    Hairan hatte gerade eine überbesorgte Mutter, deren Sohn sich frisch zu den Legionen gemeldet hatte, beruhigt, was nicht allzu schwierig war, da an allen Grenzen des Imperiums im großen und ganzen Frieden herrschte. Was sollte dem Bengel schon groß passieren, außer dass ihm sein Centurio wegen irgendeinem nicht geputzten Metallteil an der Rüstung eins überzog? Der Parther hatte der Frau eines der billigen metallenen Schutzamulette mit dem Namen des Mars, die er selbst herstellte, angedreht und sah ihr zu, wie sie zufrieden aus dem großen Raum wackelte
    - da trat Titus ein.


    Der Mann hatte nicht dreimal angeklopft, was Hairans Laune in den Keller sinken ließ. Groß und deutlich stand „Dreimal anklopfen“ an der Tür, und mittlerweile gab es sogar die Zeichnung einer Klopfhand mit drei Strichen für Ausländer und Analphabeten, denn Diskretion war dem Magus äußerst wichtig.



    Hairan griff zu seinem Dolch, der auf seinem Schreibtisch lag.
    Die Waffe mit ihrem Schlangengriff war besonders; aber genauso besonders war das Gift aus verrotteten Vipern, mit dem die Spitze getränkt war, und welches einen Mann durch nur einen kleinen Ritzer elendig töten konnte. Der Parther hatte sie noch nie benutzen müssen; normalerweise flößten die Atmosphäre des Raumes und sein Ruf Kunden Respekt ein, doch gab es immer ein erstes Mal, nicht wahr?


    Er richtete seinen Blick auf den Eintretenden und sprach sehr sanft:
    „Salve, mein Freund! Ich hoffe, es existiert ein triftiger Grund für dein Eindringen bei dem berühmten Anis von Alexandria“

  • "Was ich mit einem Eunuchen bezwecken möchte?", fragte Kyriakos entgeistert. "Liegt das nicht auf der Hand? Ich möchte ihn vermieten. Ein süßer zarter Knabe ist etwas anderes als ein haariger Mann. Würde es sich aber um einen Eunuchen handeln, dann wäre da vielleicht noch der Reiz des Besonderen, auch wenn schon Haare vorhanden sind. Ich hätte alte Kandidaten, die vielleicht auf diese Weise noch einmal an Wert gewinnen. Ich würde das bei Gelegenheit gern testen, Freund Hairan, dafür sollen die heutigen Dienste für dich umsonst sein.


    Einen Sklaven nach den Händlern zu fragen, ist keine schlechte Idee ... so wird sich der fette Kerl sicher finden lassen."


    Er musterte Hairan mit neuem Interesse, als dieser von Nannaias Experimenten sprach. Langsam glaubte er zu ahnen, warum ein Mann von Hairans früherem Reichtum nun in der Subura hausen musste. Der Kerl hatte so einiges auf dem Kerbholz, denn wie er soeben angedeutet hatte, waren sogar die Mitglieder der Familie seiner Frau den Experimenten zum Opfer gefallen.


    "Zu welchem Ergebnis seid ihr gekommen? Sterben alle gleich? Wenn Nannaias Schicksal schlimmer als der Tod ist, warum schenkst du ihr kein würdevolles Ende?"

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