Auf dunklen Pfaden
Die Nacht hatte ihr schwarzes Tuch auf die Urbs Aeterna gesenkt. Es war stockfinster, denn es gab keine Straßenbeleuchtung. Wer Feuer wollte, musste es mit sich tragen. Das einzige Licht war jenes, welches aus den Wohnungen und Geschäften drang, wo noch Öllampen brannten oder, hin und wieder, die Fackeln von Vigiles und Urbanern, wenn sie Streife gingen. Trotz der Finsternis war es nicht still, im Gegenteil herrschte enervierender Lärm. Nachts war es in Rom lauter als tags, denn erst nach Sonnenuntergang durften die schweren Ochsenkarren in die Stadt. Ihre Räder rumpelten über das Pflaster und die Hufe der Tiere klapperten dazu im Takt, was das Leben in der Subura auch akustisch qualvoll machte. Dazu kamen die Rufe der dazugehörigen Menschen, die sich gegenseitig beschimpften oder jemanden aufforderten, Platz zu machen. Sich hier um Ruhe zu bemühen, war müßig, weshalb niemand Rücksicht auf die Anwohner nahm.
Terpander bevorzugte als Nachtmensch die dunkle Zeit. In der Hitze Lakoniens, wo es von Frühling bis Herbst über dreißig Grad wurden, war es nur natürlich, vor allem die Zeiten der Dämmerung und der Dunkelheit zu nutzen. Der alte Sklave stand in der Nähe der Taberna, vor der sich mit Tiberios treffen wollte. Zwei halbnackte Huren gingen an ihm vorbei, ohne ihn zu bemerken, lasziv die Hinterteile schwingend. Sein Blick folgte ihnen nicht, denn jede Ablenkung im falschen Moment konnte tödlich enden. Gewohnheitsmäßig hatte Terpander sich in die finsterste Ecke gelehnt, wo er nahezu unsichtbar war. Das Licht mied er, um den Ratten der Subura kein leichtes Ziel zu bieten. Sein Blick wanderte immer wieder zu der Lichtinsel, welche vor der offenen Tür des Blinden Esels lag, wo die Gäste aus und ein gingen, doch er behielt die ganze Umgebung im Auge, als stünde er Wache. Wer einmal Soldat gewesen war, blieb es für immer.
Terpander war gespannt, ob Tiberios sich, wie die meisten es instinktiv taten, von Lichtinsel zu Lichtinsel hangeln würde, um nicht fehlzutreten, oder ob er mit den Schatten verschmelzen und die Wege mit den übrigen Sinnen ertasten würde.