Ein Lupanar, irgendwo an der Grenze der Subura zu den besseren Vierteln

  • Selenus war mit seinen Männern an der Grenze seines Bezirkes unterwegs, um die Heiligtümer der Laren an den Kreuzungen zu unterhalten und zu pflegen, als er in einer Seitengasse, leicht ausserhalb ihres eigentlichen Bezirkes, bereits innerhalb der Subura, ein Geschrei, Geheul und sonstigen Tumult vernahm.


    Ein Blick zu seinen Männern genügte und schnellen Schrittes näherte man sich der nächsten Kreuzung, wo besagte Seitenstrasse einmündete. Ein Blick um die Ecke zeigte ein erschreckendes Bild.


    Sim-Off:

    Für Awidan

  • Wer hätte jemals gedacht, dass mein Leben auf diese Weise enden würde? Vielleicht irgendein Neider, Crimas aus Lybien eventuell oder sonstwer, der mir keineswegs wohlgesonnen war. Dabei hatte alles relativ harmlos begonnen… vor etwa fünf Minuten:


    Cossutius Statius war eigentlich ein Mann wie aus dem Bilderbuch gewesen und lediglich mit dem einen Makel behaftet, der eigentlich keiner war: Er hatte das Lupanar „Zur Freude“ in der Nähe der Subura besucht, wo auch ich vor einigen Wochen ein neues Betätigungsfeld gefunden hatte. Natürlich nicht freiwillig, aber immerhin gehörte ich zu jenen Glückssuchern, die aus allem das Beste herausholen wollten. In diesem Falle aus dem Freier Statius, der sich das auch gerne gefallen ließ. Wir waren gerade dabei uns zu verabschieden, an der Hintertür des Etablissements und ich säuselte noch ein wenig herum, wobei er auch gar nicht abgeneigt erschien, noch ein weiteres Mal diesen Ort aufzusuchen – also mich, weil ich vielleicht auch seine Wange so schön streichelte. Und ich tat, was ich schon seit besagten Wochen getan hatte: Ich ließ mir ganze fünf Asse an Bezahlung in die leicht hingehaltene Hand abzählen und gönnte ihm daraufhin ein paar schmachtende Blicke. Das war eine Masche, sicherlich, aber sie lohnte doch sehr, zumal Kaeso, der Besitzer des Lupanars und somit auch der meinige, auch schon mit drei Assen für die Dienste seine Sklaven zufrieden war, weil er kein Wucherer sein wollte, selbst er Schulden ohne Ende hatte. Leider zahlte er deswegen keinerlei Peculium und besonders freundlich war er auch nicht unterwegs, wobei ich der Meinung war, dass meine Leistungen schon etwas mehr wert waren.


    Aus diesem Grund behielt ich die überzähligen zwei Asse auch für mich und hatte nun schon ganze vierzig davon an der Zahl, was nicht einmal übel war. Übel wurde es erst, als Olympia, die bemalte Diva des Lupanars und Starsprostituierte mir ausgerechnet in diesem Moment auf die Schliche gekommen war. Ohne dass ich es recht bemerkt hatte, war sie wohl – als alte Natter, die war - auch zu Kaeso hinüber gekrochen, um sich in ihrer Rolle als Liebling gleich noch ein wenig sicherer sein zu können. Eine Schande, zumal ich noch am Vortag so schöne Komplimente gemacht hatte, um mich mit ihr gut zu stellen. Leicht war das Leben hier nämlich keineswegs und es war doch immer von Vorteil, wenn man Freunde hatte. Diese waren aber wohl gerade aus, denn aus der Weite des Lupanars hörte ich schon das Löwengebrüll des Kaeso, der ein raumgreifendes verbales Organ hatte. Als ehemaliger Optio war das kein Wunder, auch wenn diese Zeit schon in weiter Vergangenheit für ihn lag. Wie auch immer. Ich wusste gleich, dass es um mich ging, denn das “AAAWIDAAAAN...“ war nicht zu überhören. “ZWEI ASSE MEHR?….DU KLEINER ELENDER SAUHU...“ Mehr bekam ich kaum noch mit, denn ich hatte mich schon auf den Weg gemacht. An Statius vorbei, der nun auf die Idee kam: “Hast du mich etwa mit dem Preis beschissen?“


    Aber auch das war Nebensache. Ich war schon bei der Tür angelangt und fast über die Schwelle, prallte aber dort dummerweise gegen Murenus, den ehemaligen Gladiator, den man hier auch ‚die Klinge‘ nannte. Dieser wollte mich auch sogleich ergreifen, doch ich hatte Glück, konnte gerade noch an ihm vorbei streifen, als das Glück mich auch schon wieder verließ und ich über einen Pflasterstein auf der Nebenstraße stolperte. Flüchtig war ich zu Boden gegangen, fand mich dann aber auch schon ergriffen und wieder unsanft auf die Füße gestellt. Von Mureus, der Klinge, grob am Hals gepackt und gegen die Lupanerfassade gedrückt hatte ich um Luft gerungen, als auch schon Kaeso, gefolgt von seiner rechten Hand Veratius zur Stelle war. Es war wirklich nicht mein Glückstag. Aus halb verdrehten Augen – mir fehlte ja reichlich Atemluft – konnte ich sehen, dass auch Olymipa frohlockend Stellung bezogen hatte und eine weitere Sklavin des Lupanars, die schöne, zierliche Helena mit der Blondhaarperrücke. Sie war wirklich wunderschön und nun wohl das Letzte, was ich noch erblicken würde. Aber auch das war ein Trugschluss gewesen.


    “ICH HABE DIR GESAGT, WAS PASSIERT, WENN HIER EINER KLAUT!“, bellte Kaseo lauthals, was auch wohl die Nachbarschaft nun informierte. Zum Glück war diese in dieser Seitenstraße rar gesäht. Leider würde es so wohl auch keine Zeugen geben. Mein: “Es waren doch nur zwei Asse!“, galten in diesem Falle nicht. Kaesos Laune war schon den ganzen Tag gereizt gewesen. Da kam ihm ein Ventil dafür wohl gerade recht.
    “Zwei? ZWEI? Ich war schon viermal bei dir, also sind es acht!“, hörte ich den Statius lamentieren. Irgendwoe fernab meines Gesichtfeldes. Vielleicht war der auch knapp bei Kasse. Prinzipienreiter war er. Das wusste ich genau.


    Ich hatte noch schwer geschluckt, als Kaesos Kopf auch schon ruckte, um Murenus zu bedeuten, dass er sein Werk beginnen konnte. Tatsächlich krachte unvermittelt eine schwere Faust in meinen Magen, was mir einmal mehr die Luft raubte. Fast auch schon die Sinne. “WO IST DIE VEFLUCHTE KOHLE? Olympia sagt, du stielst schon länger, du kleiner Scheißer! Womit verarschst du mich noch?“, hatte Kaeso von mir wissen wollen. Die schöne Helena schrie wie verrückt, wie mir nicht entging und sie wirkte sehr entsetzt. Auch ich hatte ja nun geschrien, nach einem schweren Atemzug, der mir geglückt war, was aber den zweiten Schlag an die Schläfe dann nicht hatte verhindern können, der mich hart auf das Pflaster beförderte. Mein Gesicht stand inzwischen in Flammen und Sterne tanzten vor den Augen, wobei meine Schulter es war, die von dem unglücklichen Aufprall kündete. Mein Magen befand sich bereits in der Unterwelt, mir wurde speiübel und etwas Warmes lief mir aus der Nase bis in den Mundwinkel. Der Schatten über mir war wieder Murenus. Das erkannte ich immerhin noch. Ich wollte schon davon kriechen, als mich auch noch etwas in die Seite traf. Veratius‘ Fuß, aber das konnte ich mir nur in etwa vorstellen, denn mittlerweile schien mein Körper nur noch aus Schmerzen zu bestehen. Kaeso brüllte weiter wie ein Stier, bedachte mich mit allerlei Tiernamen und abscheulichen anderen Schimpfwörtern, die aber einfach an mir vorbei gerauscht waren.


    Er hatte mehrfach angedeutet, was geschehen würde, wenn hier Dinge passierten, die nicht in seinem Sinne waren. Diebstahl zum Beispiel. Oder andere Betrügereien. Vom Ungehorsam ganz zu schweigen. Eigentlich hatte ich das alles auch gar nicht gewollt. Die Arbeit in einem Lupanar schon einmal gar nicht, aber wie so oft hatte mir mein wohl passables Äußeres dazu verholfen hier zu enden und völlig unansehenlich war ich ja auch wieder nicht. Außerdem hatte ich mir schnell eingeredet, es sei nur eine rein körperliche Angelegenheit, was auch den Tatsachen entsprach. Unschön, aber hilfreich. Kaeso war es auch gewesen, der mir eindringlich erklärt hatte, wie gut es sein würde, wenn ich mich schnell in verführerischster Art und Weise fügte, da ansonsten von meinen rein körperlichen Vorzügen nicht viel übrig bleiben würde und er mich an finstere Orte stecken würde, wie etwa die Mienen oder in die Cloaka Maxima.


    Und das hatte er sehr ernst gemeint, wie ich nun feststellen musste. Er brüllte immerhin noch, dass es Dreck wie mich wie Treibgut an jedem Scheißtümpel geben würde. Teuer war ich ja auch nicht gewesen. Nun wirklich nicht. Bis wohl auf die verfluchten vierzig Asse am Ende. Verdammte Welt! Warum hatte ich mich verleiten lassen? Und warum hatte ich der missgünstigen Olympia bloß noch Komplimente gemacht? Ich war ein Narr und bald auch ein sehr toter Narr obendrein, denn Muranus, die Klinge, zog eine solche, wie ich ächtzend, mit blutender Nase und unterlaufendem Auge feststellte, als ich mich unter Schmerzen schnaufend auf den Rücken quälte. Meine Schulter brannte und ich wusste zu einhundert Prozent – auch wenn ich ansonsten ein sehr schlechter Rechner war – dass das Aufblitzen dieser Klinge der letzte Eindruck war, den ich aus dieser Welt mit in die nächste nehmen würde. Ganz bestimmt. So würde ich also sterben, wie ich geboren wurde: Maximal unerwünscht. Die schöne Helena würde ich nicht mehr zu Gesicht bekommen, doch zumindest hörte ich ihre hysterischen Schreie, die sich zu Beginn noch mit meinem eigenen gemischt hatten. Wie gut, dass es unter dieser Erkenntnis schwarz um mich werden wollte. “Wo ist das Geld? Das aus der Truhe hast du auch! Gib es zu!“, hörte ich aber noch eine schneidende Stimme. Kaeso. Recht nah sogar. Antworten konnte ich aber nicht mehr wirklich. Sterben aber wohl auch nicht? Ich konnte nichts mehr mit Gewissheit sagen – oder denken. Auch nichts über die Truhe und was dort wohl fehlen würde.

  • Von dem was ohne Zweifel auch gesprochen wurde, konnte man am Ende der Seitengasse nichts verstehen. Das Geschrei einer jungen Lupanar-Dame übertönte alles. Doch was ich mit meinen Männern da sah, das reichte aus, um uns zum Handeln zu bringen, zumal erst kürzlich 2 Iulier auf offener Strasse ermordet worden waren. Es sollte uns nicht geschehen, dass wir zusahen, wie jemand zu Tode geprügelt wurde. Spätestens als wir das Blitzen einer Klinge sahen, die innerhalb des Pomeriums eh verboten war, waren alle unsere Zweifel verflogen.


    HEEE, WAS TUT IHR DA? LASST DEN MANN IN RUHE! brüllten wir durcheinander und rannten auf die kleine Gruppe zu. Keiner von uns war unbewaffnet, die Knüppel und länglichen Ledersäcke, gefüllt mit Bleikugeln waren gefürchtete Waffen und konnten in den richtigen Händen mindestens gleich viel Schaden anrichten wie ein Küchenmesser.


    Alle 8 von uns teilten sich auf die Männer auf, welche auf einen am Boden liegenden weiteren Mann eindroschen und kugelten sie rennend über den Haufen. Lediglich ein Wandschrank von Mann, vermutlich ein ehemaliger Gladiator, blieb auf den Beinen und nutzte seine Klinge zur Verteidigung. Einer meiner Männer lag bereits blutend am Boden, doch gegen 4 weiter würde der Kampf nicht lange dauern.


    Der Besitzer des Lupanars, ein ehemaliger Optio, war mir bekannt, denn er wohnte in unserem Viertel und hatte überall Schulden, so auch bei mir und der Bruderschaft. Das würde ja lustig werden.

  • Des nahenden Todes numehr gewiss, hoffte ich natürlich, dass dieser recht schnell vonstatten gehen würde. Murenus, die Klinge, hatte einen sehr üblen Ruf und brüstete sich gerne mit seiner quälenden Langsamkeit im Meuchelgewerbe. Auch war mir ja Kaesos eindringliche Frage nicht entgangen, was meinem Restverstand unter der drohenden Fisnternis noch deutlich machte, dass – sollte ich noch welche haben – ich meine letzten Worte sehr, sehr weise wählen sollte. Helenas Schreie klingelten dabei noch in meinen Ohren, doch zu mehr als einem angestrengten Röcheln meinerseits brachte ich es nicht mehr. Alles in mir fühlte sich jetzt schon tot an, egal, wo die Klinge mich nun treffen würde. Würde es schmerzen? Ein letzter Bewusstseinsfunke verkündete mir noch Seltsames: Noch mehr Gebrüll. Schritte und in nächster Nähe, ein Ächtzen, das nicht von mir stammte. Etwas sehr Schweres fiel direkt neben mir zu Boden und es musste Kaeso höchst selbst sein, doch das bekam ich nicht mehr mit.


    Unterdessen, während ich in ich die Bewusstlosigkeit gesackt war, hatte Kaeso wohl ein schwerer Schwinger mit einem sackähnlichen, recht schweren Gegenstand tatsächlich zu Boden geschickt, wobei auch Veratius alsbald nicht mehr auf den Beinen verweilte, sich aber deutlich heftiger zur Wehr gesetzt hatte als der Lupanarbesitzer, der kreischend und fluchend seine blutende Schläfe hielt und nunmehr wieder versuchte sich aufzurappeln. Veratius hatte einen der Männer, die so plötzlich erschienen waren, noch mit einer – kleineren Klinge – als jener des Murenus erwischt. Auch dieser lag nun auf dem Pflaster, wohl letzten Endes mehr von Fäusten getroffen, als von einem Messer, während Murenus noch dastand wie ein Baum und mit zornverzerrtem Gesicht die auch für ihn überraschenden Angreifer angeiferte wie ein grollender Bär in der Arena. Aber das lag in seinem Gemüt fest verankert, genauso wie der unverwüstliche Überlebsnwille, der ihn aus eben jener Arena letzten Endes auch lebend herausgebracht hatte.


    Die holde Olympia und Lupanarsternchen kreischte ebenso wie Kaeso, nur viel heller und rief permanent dessen Namen, ehe sie sogar versuchte dem ehemaligen Optio nahe zu kommen und ihm wieder auf die Beine zu verhelfen. Undankbar aber ragte er sie mit einer herrischen Armbewegung davon und unternahm die folgenden Versuche ganz allein. Helena schwieg mittlerweile und weinte vor sich hin, ehe sie freiwllig in die Knie brach und die Götter anrief. Der schöne Statius war wie ich nun bewusstlos, da er völlig überrant und von einem kontrollierten Schlag mit einem enormen Knüppel niedergestreckt worden war.
    “VERFLUCHTE GÖTTER DER UNTERWELT!“, verdammte Kaeso nun das Gesamtgeschehen und stierte den Angreifern entgegen, die sich noch mit Murenus befassten. Auch Veratius lebte noch und wältzte sich auf den Bauch, um irgendwie dann auf die Knie zu finden. Dabei hielt er sich die Schulter und fluchte ebenfalls, jedoch war ihm wohl deutlicher bewusst, dass die Chancen auf einen Sieg für die Lupanarbelegschaft sehr schlecht standen. Mureus holte noch einmal mit seiner Klinge aus und kämpfte nach wie vor. Verbissen und grollend, während von Statius noch immer nicht viel zu erwarten war. Er lag noch ausgestreckt da und regte sich nicht.


    Ganz im Gegensatz zu mir, der langsam wieder etwas Leben im Kopf verspürte und mühevoll mit dem Blinzeln begann. So sah also die Unterwelt aus, war mein erster Gedanke. Wie sonderbar. Gar nicht so anders, als die Welt, die ich gerade verlassen hatte. Ein rollender Blick zur Seite zeigte mir den Berg, der noch immer Kaesos Körper darstellte, der schwankend, jedoch aufrecht nun hin und her wankte. Etwas dahinter war sie. “Heee...leee...na,“ raunte ich belegt. Wir waren alle nunmehr wohl gestorben. Aber das konnte nicht sein. Nein, es war noch immer die Seitenstraße am Hinterausgang des Lupanars. Ich stöhnte meinen wieder einsetzenden Schmerz heraus. Nein, ich war am Leben, irgendwie und wusste gerade nichts mit diesem Umstand anzufangen. Dann hörte ich kaesos Stimme.


    “Was willst du, Selenus?“, fragte diese. Angeschlagen, aber nicht minder herausfordernd.
    Ich drehte mich mit der mir verbliebenen Kraft – nicht viel, aber sie reichte – auf den Bauch, was für meinen noch immer bestehenden Fluchtinstinkt eine deutlich bessere Lagerung war, während Kaeso nun Murenus Einhalt gebot. “LASS!“, herrschte er so laut er es noch vermochte, zischte dann seinen Schläfenschmerz hervor und starrte wieder die Männer an, die wohl meine Reise in die Unterwelt zu einem Stillstand gebracht hatten. Murenus senkte in der Tat seine Klinge.


    “Das ist eine Angelegenheit zwischen mir und meinem Sklaven,“ erklärte Kaeso nun deutlich ruhiger. Offenbar war er zu einer realistischen Einschätzung der Lage gekommen. “Das Dreckstück hat mich beklaut und meine Kunden beschissen!“, erklärte er noch obendrauf und deutete auf den armen, reglosen Statius dabei.

  • Der Kampf war schneller zu Ende, als ich es erwartet hatte.


    Also HIER hast du deinen Betrieb, Kaeso. Schön, dass du uns dies endlich mitteilst und dich nicht mehr vor mir versteckst! Was will ich wohl? Wie wäre es mit dem Geld, welches du der Bruderschaft schuldest? Sonst wäre ich wohl kaum mit meinen Männern hier.


    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der verprügelte Mann versuchte sich irgendwie zu erheben. Ich machte einen Schritt zu ihm hinüber und stellte meinen Fuss auf seinen Rücken. Hier geblieben!


    Dann wandte ich mich der kreischenden Sirene zu, welche versucht hatte, Kaeso zu helfen. Halt deinen Schnabel sonst müssen wir ihn stopfen!


    Die Männer, welche den Hühnen umzingelt hatten, blieben wachsam und liessen diesen nicht aus den Augen, während die restlichen die am letzten beiden Männer in Schach hielten. Einer davon war nicht wirklich ein Problem. Dem Aussehen nach war dies wohl ein Freier.


    Also Kaeso, was ist hier los? Das da ist dein Sklave? Ich nickte mit dem Kopf zum Verprügelten hin, der unter meinem Fuss kaum einen Wank machte.
    Und er soll dich bestohlen, die Gäste betrogen haben? Dann ist die Sachlage ja ganz einfach! Du wolltest diesen Dieb loswerden, der es dir verunmöglichte deine Schulden bei uns zu bezahlen. Dabei werden wir dir gerne helfen.


    Ein Blick in die Runde zeigte, dass meine Männer verstanden, worauf ich hinaus wollte. Ein breites Grinsen machte sich in ihren Gesichtern bemerkbar. Und auch Kaeso schien zu merken, wohin das Gespräch führen würde, da er krampfhaft versuchte einen Satz zu basteln um mir etwas zu erklären. Doch er scheiterte immer wieder daran.


    Halt den Mund! Ich mache dir jetzt einen Vorschlag. Da du diesen Sklaven nicht mehr willst, werden wir ihn mitnehmen und dich so von dieser Last befreien. Im Gegenzug dazu werden deine Schulden bei uns verdoppelt, da wir die einen derart grossen Gefallen erweisen und dir die korrekte Bestattung dieses Sterbenden hier abnehmen.
    Kaeso begann irgend etwas zu wimmern und die Sirene fauchte uns giftig an, so dass einer meiner Männer sie in den Schwitzkasten nehmen musste.
    Wenn dir dieser Vorschlag nicht gefällt, dann möchten wir unser Geld gerne jetzt abholen, da wir gerade zufällig in dieser Gegend sind.


    Erwartungsvoll schaute ich Kaeso an. Er wusste genau, was passieren würde, wenn er nicht zahlen konnte. Oft gingen Häuser in ähnlichen Situationen in Flammen auf, nur um danach als Ruinen vom entsprechenden Geldgeber gekauft und für neue Zwecke genutzt zu werden. In unserem Fall wäre dies eine Erweiterung unseres Machtbereiches.

  • Mein Blicke war mühevoll dem ausgestreckten Arm des Kaeso gefolgt. In der Tat war Statius nicht allzu gut aus der Sache heraus gekommen. Vielleicht mochte mein Dominus auch recht haben und ich hatte den armen Statius ein wenig mehr erleichtert als es sich dieser gewünscht hätte, doch bei Kaeso lag die Sache anders. Ich mochte ein Narr sein, aber lebensmüde war ich eigentlich nie gewesen. Bis jetzt. Beklaut hatte ich ihn jedenfalls nicht! Ich schnaufte, noch während er sprach und wollte nun wirklich alle Anstrengungen in die glückliche Fügung meines blanken Überlebens setzen und dem Geschehen entkommen, weshalb ich mich sehr mühte, mich ein wenig hinfort zu hangeln. Was auch immer der Lupanarbesitzer mit diesem Selenus zu bereden hatte – ich wollte kein Teil dessen sein. Mir ging es gerade nicht sonderlich gut und warum sich gerade Keaso vor jemandem hatte verstecken müssen, schien mir für meinen Fortbestand kein sonderlich günstiges Wissen zu sein. Von Bruderschaften verstand ich nichts, auch wenn ich in einem sehr fernen Leben einmal in der Tat wohl auch einmal Brüder gehabt hatte. Sonderlich weit trugen mich meine Unterarme aber nun nicht über das Pflaster, denn ein unbarmherziger Fuß fand auf meinen Rücken und drückte mich zurück auf den Boden der sehr, sehr schmerzhaften Tatsachen, was meinen Magen in meinem schmerzenden Leib neuerlich zum Rebellieren brachte.


    Unterdessen krakehlte Olympia wieder, doch auch sie wurde zur Raison gebracht und verstummte schließlich sogar unter einer harschen Ermahnung. Sie sah grauenvoll aus mit ihren nunmehr zerrauften Haaren, doch wie grauenvoll das alles wirklich war, hatte ich noch immer zur Gänze erfasst. Kaeso schenkte mir einen sehr üblen Blick, der überhaupt nichts Gutes erahnen ließ und ich musste schwer schlucken. Vor allem aber gegen die wieder einsetzende Übelkeit an, während der Anführer der Sieger des kleinen Straßenscharmützels wissen wollte, was hier los war. Kaeso verzog das Gesicht und sah nun aus, als hätte er die Süße einer Gerberei erschnuppert. Aber Erklärungsversuche waren seinerseits wohl gerade müßig und wohl auch nicht wirklich erwünscht, zumal er nichts Vernünftiges zusammen brachte. Dann aber folgte etwas, was mir noch mehr die Luft aus den Lungen trieb. Wegen dem Schmerz, ja, aber nun auch noch wegen aufkeimender Verzweiflung, als deutlich wurde, dass ich wohl die Last war, von der man ihn befreien wollte und wie es bei mir ankam, war mein Überleben – so qualvoll es sich auch gerade für mich anfühlte – wohl nun doch nur noch die Frage einer recht kurzen Zeitspanne war. Ich gab einen gemarterten Laut von mir, als mich der Satzfetzen “korrekte Bestattung des hier Sterbenden“ erreichte.


    Außerdem hatte Olympia nun wieder einen Moment die volle Aufmerksamkeit, was ich eher von Kaeso vermutet hätte, der so erschreckend kleinlaut geworden war, jedoch noch so unglaublich hasserfüllt dreinschaute. Nicht auf meinen Retter, der mir meine Bestattung sichern wollte, sondern auf mich. Dass es um seine Schulden ging dämmerte mir nur recht langsam und rang nun recht heftig nach Atem. Zum Einen, weil dieser immer noch ein wenig fehlte, zum Anderen, weil mein Magen mich dazu brachte. Für Kaeso ging es hier um bares Geld. Seine Schulden, welche sich nun verdoppelt hatten und welche sehr zeitnah – quasi im direkten Jetzt – fällig zu sein schienen.
    Kaeso beschaute mich wie eine Made, die hilflos auf einer zu harten Fruchtschale gelandet war, dann zog er sehr tief und geräuschvoll seinen Atem ein und allem, was dieser sonst noch mit sich führte und spuckte kräftig aus. Auf den Boden. Mir quasi vor das Gesicht. Einen großen Brocken, sodass ich unwillkürlich zusammen zuckte. "Das ist nur für ihn!", erklärte Kaeso, wohl um des lieben Freidens willen mit einem Fingerzeig auf mich. Eine Chance in weiteren Verhandlungen sah er wohl nicht. Dafür aber kurz zu der unglückseligen Olympia hinüber, deren Kopf noch unter einem starken Arm klemmte, was sie sich so sicherlich niemals gewünscht hatte und dann zu Murenus und Veratius, die ebenso unfreundlich dreinschauten wie Kaeso nun. Jedoch auch irgendwie schicksalsergeben.


    “Behalt die elende Ratte!“, knurrte Kaeso dann. “Und bestatte sie an einem sehr sicheren Ort!“ Ich hörte deutlich heraus, dass hier keine generöse Geste und wohlgemeinter Rat war. In der Nähe hörte man nun auch wieder Helena weinen. Ein herzzerreißendes Schluchzen. “Von mir aus nimm‘ die auch mit!“, sagte Kaeso in Richtung Selenus und machte ein wegwerfende Handbewegung. “Und die Schulden bleiben Schulden!… Einfache Schulden.“ Dann wischte er sich noch einmal über die angeschlagene Schläfe. “Und dann begrab sie beide wo immer du willst!“
    Dann schnaubte Kaeso ein dumpfes Lachen heraus und sah noch einmal in die Runde. Irgendwie schon wie ein geschlagener Mann, der am liebsten aus unterdrücktem Zorn das tun würde, was ich nun tat. Nichts hielt es mehr auf und ich würgte elend und gequält meinen – wenn auch spärlichen - Mageninhalt auf das Straßenpflaster.

  • 2 Sklaven für den Preis einer Schuld, die noch immer auf dem ursprünglichen Niveau verblieb? Das war nun mal ein Vorschlag, mit dem ich sehr gut leben konnte, bedeutete es doch für mich und die Bruderschaft einzig und allein den Gewinn von 2 Sklaven.


    Daher fixierte ich Kaeso mit meinem strengsten Blick, der es auch schon geschafft hatte ganz andere Männer klein zu kriegen: Gut, ich nehme beide mit und deine Schulden verbleiben in der ursprünglichen Höhe. Doch wehe dir, wenn in Zukunft diesen beiden irgend ein Härchen gekrümmt wird. Was auch immer geschieht, betrifft es diese Beiden hier, dann mache ich dich persönlich dafür verantwortlich!


    Derweil kotzte der Sklave unter meinem Fuss auf den Boden, so dass ich jenen schnell weghob und einen Schritt auf die Seite machte. Kotze auf meinen Schuhen, das konnte ich heute nun wirklich nicht auch noch brauchen.


    Meine Männer gaben nach meiner Ansage einen Weg frei für die weiteren Personen, damit sich diese wieder in das Lupanar zurückziehen konnten. Dabei blieben sie jedoch wachsam, da die Klingen noch immer vorhanden waren.


    Dem scheinbar geprellten Freier warf ich 2 Doppelasse vor die Füsse: Hier, dein nächster Fick geht auf mich.

  • Irgendwie lief es nicht wirklich so, wie Kaeso sich die ganze Sache vorgestellt hatte. Das merkte und hörte man ihm auch deutlich an, denn er grunzte nun guttural, was sich recht entfernt nach einem wenig amüsierten Lachen anhörte. Doch mir war es just in diesem Moment gleichgültig, wie es dem Kaeso, dem Veratius oder gar Murenus, der Klinge, erging. Wichtig war einzig und allein der Umstand, dass ich noch am Leben war. Aktuell nicht sonderlich glücklich, aber immerhin. Meine Blicke wendeten von dem von mir besudelten Pflaster hin zu Helena, welche wohl gerade mit ihrem Schicksal in Kontakt gekommen war, denn sie schluchtze nun einfach weiter und schlug die Hände vor ihr reizendes Gesicht. Vielleicht war meine Beerdigung doch noch nicht so fix, denn was bei Gott, hatte denn das arme Mädchen damit zu tun? Sie konnte ja nichts für meine Tollheit und für Kaesos plötzliche Mordlust. Mein Geist verarbeitete aber noch die Worte des Kaeso, dass ich wohl nun meiner Arbeit ledig war und nicht mehr ins Lupanar zurück musste – was mein sicheres Ende gewesen wäre. Auch Helena wohl nicht, der wohl ob dieses Umstandes nur deswegen das Herz gerade so schwer war, weil das so überraschend für sie kam. Außerdem war sie ja in Liebe entbrannt. Leider nicht zu mir, aber zu einem gewissen Glaucinos, der ein deutlich stattlicher Peregriner war, wohl einer der Thermen arbeitete und öfters mal vorbei schaute. Als ich die frohe Botschaft vernahm, nicht mehr in des Kaesos Nähe geraten zu müssen schnaufte ich erleichtert durch und blickte dann zu dem Lupanarbesitzer auf, was ich nun eben deutlich freier konnte, da der Fuß in meinem Rücken nun verschwunden war.


    “Ich sag‘ mach‘ was du willst mit denen!“, ranzte Kaeso, verschränkte die Arme vor der Brust und gönnte dem Selenus noch einen finster-trüben Blick. Verletzter Stolz war auch bei Veratius zu finden, der sich aufraffte und seine vom Straßenstaub verschmutzte Tunika glättete, ehe er hinüber zum Hintereingang des Etablissements schlingerte – in welchem – so fiel mir auf, ja aber noch meine ganzen vierzig Asse in einem verdeckten Mauerspalt lagerten! Etwas alarmiert hob ich nun doch den dröhndenen Kopf nopch mehr und kämpfte nun meinerseits, mich etwas mehr aufzurichten. Unterdessen beschaute ich, wie Selenus, mein Retter, dem noch immer halbtoten schönen Statius zwei Doppelasse vor die Füße warf. Mein nunmehr ehemaliger Freier hatte zumindest die Augen wieder geöffnet und es geschafft, sich an die Stirn zu fassen, ehe er so deutlich aufstöhnte, wie ich es schon öfters in den letzten Minuten getan hatte. Dankbarkeit über den Obulus, war dies jedoch wohl nicht. Auch in meinem Kopf brummte noch der Bienenschwarm, der nach einem Ausweg suchte und immerhin schaffte ich es nun schon eigenständig zu sitzen, wobei ich mir noch den Bauch hielt. Das Elend an diesem Tag hieß Awidan und ebenso wohl auch das Glück. Ein Glück, welches Helena noch immer beschluchzte.


    Olympia trollte sich davon und nestelte sich dabei in ihrer üppigen, aber angegriffenen Haarpracht herum und Murenus ging rückwärts hin zum Hintereingang, in welchen sich Kaeso nun zurück zog, aber dann doch noch einmal herum drehte. “Sowas wie die finde ich an jeder Kreuzung,“ knurrte Kaeso dem Selenus entgegen und schenkte ihm einen Blick, in welchem man mit etwas Fantasie ablesen konnte: Und du kannst nicht an jeder davon gleichzeitig sein! Dann verschwand der ehemalige Opitio mit Veratius, der ein Bein nachzog, aber dem Kunden und Freier noch auf die Füße half und nur Murenus blieb wie ein Mahnmal in der Türe stehen, ohne den Eindruck zu erwecken, sich noch einmal fortbewegen zu wollen. Nur Olympia ließ er nach den anderen noch hinein, die hoffentlich nichts vom Versteck meiner Asse wusste. Aber die waren nun verloren. “Waaaaruuuuum!?“, weinte Helena und nahm die Hände vom Gesicht. “Ich habe nichts getaaaaaaan!“ Ich seufzte schwer, hielt meinen Bauch und tastete dann sehr, sehr zaghaft meinen Rippenbogen entlang. Dann wendete sich meinen Blick zum ersten Mal den fremden Männern entgegen und schließlich Selenus. “… Ich… auch nicht!“, hauchte ich noch unter dem Eindruck von den Schlägen und dem Tritt. “Ich hab‘... nix gestohlen von dem! Ehrlich!“, erklärte ich aber trotzdem tapfer weiter, ehe mir noch mehr einfiel, was eigentlich noch wichtiger war:“Danke!“ Auch ganz ehrlich!

  • Nachdem Kaeso und seine Truppe sich wieder verzogen hatten und nur der Hühne noch die Porta zum Lupanar bewachte, sammelten sich meine Männer um mich und warteten auf meine Befehle.


    Also, ihr habt es gehört, die 2 nehmen wir mit. Bitte vorsichtig, wir schauen uns die Verletzungen in unserem Quartier dann an.


    Sofort teilten sich die Männer auf und führten die beiden neuen Sklaven zwischen sich zurück in die Hauptstrasse, weg aus dem fremden Bezirk wieder in unseren zurück.


    Als wir auf der Hauptstrasse und damit in unserem Bezirk wieder angelangt waren, atmete ich hörbar auf.
    Zum Glück hatten wir es nicht noch mit der Bruderschaft der Subura zu tun! Ich werde dem Chef morgen wohl einen Besuch abstatten müssen, um die Wogen zu glätten. Aber jetzt nichts wie zurück in unser Quartier und seht zu, dass die beiden Sklaven nicht abhauen!


    Dann zu den beiden Sklaven gewandt: Ihr könnt uns dann nachher erzählen, worum es hier ging und was ihr getan oder nicht getan habt. Jetzt müssen wir erst einmal von den Strassen verschwinden!

  • Der Hinweis an die siegreichen Mannen, seites des Selenus, doch bitte vorsichtig zu sein, waren Töne, welche sonderbar in meinen Ohren klangen, doch nur, weil sie so unglaublich ungewohnt waren. Da jedwede Aggression auch obenrein nun fehlte, wuchs meine Zuversicht ins Unermessliche. Wo auch immer das besagte Quartier sein mochte, dort wollte ich hin. Nur aus dieser Gasse fort, von diesem Lupanar und Kaeso ganz zu schweigen. Auf diesen schlichten Befehl hin, kamen nun die Fremden auf mich zu. Ebenso auf Helena, die noch immer vor sich hin weinte und die Welt nur noch schwer zu verstehen schien. Ich konnte es ihr nachempfinden, denn mir war es der Öfteren bereits so ergangen und so wirklich gewöhnte man sich nie daran. Auch nicht an die flammenden Qualen, als ich nun wirklich beidseits an den Achseln hochgezogen und aus der Straße navigiert wurde, was ich mir natürlich schlaff wie dröger Wasserschlauch mehr als nur gefallen ließ.


    Was es mit der Bruderschaft der Subura auf sich hatte, hatte ich es höchstens nur einmal Munkeln gehört. In den Nischen des Lupanars, doch war ich stets zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen und eben den Realien, die das Überleben forderte, aufrichtigte Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Auch hatte es sich für mich zu sehr nach Ärger angehört, den ich allerdings herzlich wenig hatte gebrauchen können. Nun aber war er wohl da, als ungebetener Gast, und man musste sehen, wie die Äpfel nun vom Baum fielen und sich die Sterne neu ordnen ließen. Nach einem Geächzte und leidendem Gejammer, welches ich jedoch – wohlgermerkt – trotz meines Zustandes sehr mannhaft zu unterdrücken versuchte, wurde das Angestrebte denn dann auch erreicht. Die beiden Männer achteten noch immer sehr darauf, dass ich wie befohlen, nicht abhauen konnte, wobei mein Weg jedoch kein wirklich weiter geworden wäre. Auch Helena ließ sich führen und leiten, war jedoch auch noch mit ihren Tränen beschäftigt. Nachher, wann auch immer, würden wir sagen können, warum der Kaeso mich gerne nicht mehr auf Welt gewusst hätte. Mir war das eindeutig klar, Helena jedoch nicht, die mir noch zugewispert hatte, dass “Alles deine Schuld! war. Also eben die meine, wie ich betrübt wohl auch zugeben musste. Doch wer hätte denn mit etwas derartigem rechnen können? Ich jedenfalls nicht!


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